BT-Drucksache 17/9034

Novelle des Bundesberggesetzes und anderer Vorschriften zur bergbaulichen Vorhabengenehmigung

Vom 21. März 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/9034
17. Wahlperiode 21. 03. 2012

Antrag
der Abgeordneten Eva Bulling-Schröter, Dorothee Menzner, Ralph Lenkert,
Dr. Barbara Höll, Dr. Dagmar Enkelmann, Dr. Lukrezia Jochimsen, Katja Kipping,
Harald Koch, Katrin Kunert, Ulla Lötzer, Wolfgang Neskovic, Jens Petermann,
Ingrid Remmers, Sabine Stüber, Dr. Kirsten Tackmann, Johanna Voß, Harald
Weinberg, Jörn Wunderlich und der Fraktion DIE LINKE.

Novelle des Bundesberggesetzes und anderer Vorschriften zur bergbaulichen
Vorhabengenehmigung

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die Verfügbarkeit von Bodenschätzen ist eine elementare Voraussetzung für die
wirtschaftliche Tätigkeit einer Volkswirtschaft. Ihr Abbau verursacht jedoch na-
turgemäß erhebliche Eingriffe in die Lebensverhältnisse von Menschen sowie in
die Natur und Landschaft. Insbesondere große Tagebaue, wie sie bei der Gewin-
nung von Braunkohle angelegt werden, haben enorme Konsequenzen für
Mensch und Umwelt. Tagebauvorhaben löschen ganze Landstriche in ihrem bis-
herigen Charakter aus. Sie zerstören irreversibel Grundwasserflüsse und haben
im Betrieb Staub und Lärm zur Folge. Eigentümer, Mieter oder Pächter abbau-
bedrohter Grundstücke verlieren mit dem Abbau ihre unmittelbare Heimat und
vielfach auch ihre bisherige Existenzgrundlage.

Wegen der großen Bedeutung von Bodenschätzen für die Wirtschaft auf der
einen Seite sowie der vielfältigen und tiefgreifenden negativen Auswirkungen
ihres Abbaus auf der anderen Seite ist eine Gesetzgebung zur Konfliktregelung
notwendig, welche den Erfordernissen der Rohstoffversorgung Rechnung trägt,
dabei aber die Interessen der Umwelt und der vom Abbau betroffenen Menschen
und Unternehmen angemessen berücksichtigt. Insbesondere das geltende Bun-
desberggesetz (BBergG) wird diesem Anspruch in keiner Weise gerecht.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

ein Gesetz zur Novellierung des BBergG und anderer Vorschriften zur bergbau-
lichen Vorhabengenehmigung vorzulegen, welches die materiellen Genehmi-
gungsvoraussetzungen so neu fasst, dass ein Primat zur Konfliktvermeidung
gegenüber einer Konfliktentscheidung etabliert wird und die Genehmigungs-

erteilung in Abhängigkeit von der Schwere der bergbaubedingten Eingriffe in
die Rechte Dritter oder die Umwelt an die Erfüllung besonderer Anforderungen
– betreffend die Bedarfsfeststellung – geknüpft wird.

Die Vorschriften zur Genehmigung von Bergbauvorhaben werden nach dem
Vorbild des Planfeststellungsverfahrens und unter Berücksichtigung der in der
Natur des Bergbaus liegenden Besonderheiten neu gestaltet. Die materiellen Ge-

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nehmigungsvoraussetzungen sind mit geeigneten Regelungen betreffend die In-
formation und Beteiligung von Öffentlichkeit, Trägern öffentlicher Belange,
Interessenverbänden und potenziell betroffenen Menschen sowie mit umfassen-
dem Rechtsschutz zu flankieren.

Konkret soll das Gesetz folgende Kernpunkte enthalten:

1. Die Gewinnung von unter Siedlungen lagernden Rohstoffen wird von Geset-
zes wegen ausgeschlossen, sofern der Abbau eine Aufgabe der Wohnnutzung
dienender Immobilien bedingt. Der Abbau von Rohstoffen unter besiedeltem
Gebiet kann ausnahmsweise dann genehmigungsfähig sein, wenn mit den be-
troffenen Grundstückseigentümern und Nutzungsberechtigten sowie der je-
weils zuständigen kommunalen Vertretung (Stadtrat, Gemeinderat, Kreistag)
über die Durchführung des Vorhabens Einvernehmen erzielt ist und zudem
eine nachhaltige Schädigung von Natur, Landschaft und Umwelt im Sinne
der diesbezüglichen Schutzvorschriften nicht zu befürchten ist. Der automa-
tische Vorrang der Rohstoffgewinnung gegenüber anderen Interessen soll da-
durch beendet werden.

Ausnahmsweise ist eine Genehmigung auch gegen den Willen der betroffe-
nen Menschen vorzusehen, wenn im Planfeststellungsverfahren nach Num-
mer 4 zusätzlich zu den sonstigen Prüfungen festgestellt wird, dass

a) die Realisierung des Vorhabens aus Gründen eines unabweisbaren Erfor-
dernisses zur Wahrung eines volkswirtschaftlichen Bedarfs an dem betref-
fenden Rohstoff zwingend erforderlich ist und

b) keine alternative Möglichkeit zur Abwendung einer konkret nachzuwei-
senden schädlichen Auswirkung auf die Volkswirtschaft besteht.

Für die Gewinnung von Rohstoffen, die nicht unter Siedlungen lagern, ist
eine Bedarfsfeststellung vorzusehen, die im Planfeststellungsverfahren nach
Nummer 4 zusätzlich zu den sonstigen Prüfungen vorzunehmen ist und – in
Abhängigkeit von der Schwere der bergbaubedingten Eingriffe in Rechte
Dritter oder die Umwelt – unterschiedlich starke Nachweise für den volks-
wirtschaftlichen Bedarf verlangt.

2. Die Voraussetzungen für die Genehmigung bergrechtlicher Vorhaben sind so
auszugestalten, dass sie nicht im Wege einfacher Abwägung verschiedener
Interessen überwunden werden können.

3. Das Vorliegen der Ausnahmevoraussetzungen muss der Vorhabenträger sub-
stantiiert glaubhaft machen.

4. An die Stelle des bisherigen Rahmenbetriebsplans tritt obligatorisch das
Planfeststellungsverfahren, welches eine umfassende Information, Öffent-
lichkeitsbeteiligung, den Zugang zu Gerichten sowie eine Umweltverträg-
lichkeitsprüfung gewährleistet und in einen für maximal zehn Jahre, in
Ausnahmefällen 15 Jahre, gültigen Planfeststellungsbeschluss mündet. Im
Verfahren sind Vorhabenalternativen und Varianten zu prüfen und gegebe-
nenfalls behördlich festzulegen, um die Eingriffe in die Umwelt, die Land-
schaft und das Eigentum zu minimieren. Ferner hat der Planfeststellungsbe-
schluss die wesentlichen Elemente des heutigen Abschlussbetriebsplans zu
umfassen, so dass bereits vor Beginn des Bergbaus Klarheit über Art und
Umfang der Wiederherstellung bzw. Rekultivierung der Landschaft, des Um-
gangs mit Abraum und Abfällen oder des Versatzes/der Verfüllung von ge-
schaffenen Hohlräumen und Senken herrscht. Die Genehmigung von Anla-
gen zur Aufbereitung und Weiterverarbeitung der gewonnenen Bodenschätze
erfolgt ebenfalls im Planfeststellungsverfahren mit einer Umweltverträglich-
keitsprüfung (UVP).

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5. Neben einer öffentlichen Bekanntmachung der Vorhabenplanung ist auch
eine individuelle Benachrichtigung der ermittelbaren Eigentümer der im
betroffenen Gebiet befindlichen Grundstücke vorzusehen; Gleiches gilt in
Bezug auf die Träger öffentlicher Belange sowie anerkannte Naturschutz-
und Umweltverbände.

6. Die Genehmigung zur Durchführung von Bergbauvorhaben muss in vollem
Umfang einer gerichtlichen Prüfung unterzogen werden können. Im Hin-
blick auf umweltschutzrechtliche Vorschriften und die Frage des Bedarfs ist
staatlich anerkannten Umweltverbänden, Interessenvertretungen von Berg-
baubetroffenen sowie betroffenen Kommunen eine Prozessführungsbefug-
nis einzuräumen.

7. Im Zuge des Bergbaus sind alle relevanten Daten zu Auswirkungen des Vor-
habens auf die Geologie und die Umwelt sowie sonstige Monitoringdaten
zu veröffentlichen, die notwendig sind, um kontinuierlich die Auswirkun-
gen des Abbaus auf die Umwelt und umliegende Siedlungen, u. a. für die
Feststellung von Bergschäden, abschätzen zu können. Die Daten sind alle
zwei Jahre schriftlich und im Internet frei zugänglich und kostenfrei zu ver-
öffentlichen.

8. Die Vorschriften zur vorgelagerten Verleihung von Bergbauberechtigungen
an „bergfreien“ Bodenschätzen im BBergG werden ebenso abgeschafft wie
Abbaurechte, die sich bei „grundeigenen“ Bodenschätzen bereits aus dem
Grundeigentum ableiten. An die Stelle treten staatliche Entscheidungen
über die Zuweisung von Rechten am jeweiligen Bodenschatz, die gemein-
sam mit der Entscheidung über die Vorhabengenehmigung fallen. Alte
Rechte laufen zeitlich begrenzt aus, sofern für den Abbau des betreffenden
Bodenschatzes noch keine Zulassung eines Rahmenbetriebsplans beantragt
wurde.

9. Das Verhältnis von – der Durchführung von Bergbauvorhaben vorgela-
gerten – fachplanungsrechtlichen und raumordnungsrechtlichen Genehmi-
gungen sowie deren Bedeutung im Rahmen einer nachfolgenden Verwal-
tungsentscheidung über den Zugriff oder die Beeinträchtigung einzelner
Grundstücke im Rahmen von Abbauvorhaben ist durch ein Bundesgesetz zu
regeln, um existierende Unklarheiten über die Bindungskraft der genannten
vorgelagerten Genehmigungen auszuräumen.

10. Die Unterscheidung von grundeigenem und bergfreiem Bodenschatz im
BBergG ist abzuschaffen. Zudem sind sämtliche Bodenschätze, die gegen-
wärtig außerhalb des BBergG behandelt werden – wie mineralische Mas-
senrohstoffe (Kiese, Sande etc.) –, dem reformierten BBergG zu unterwer-
fen. Damit unterliegen in Deutschland künftig sämtliche Bodenschätze dem
BBergG, wobei die Bodenschätze als bergfrei zu definieren sind. Für beste-
hende Eigentumstitel an ungeförderten Bodenschätzen ist für 25 Jahre Be-
standsschutz zu gewähren, sofern sie nicht weiterveräußert werden. Boden-
schätze, die nach einem bereits beantragten Rahmenbetriebsplan abgebaut
werden oder werden sollen, stehen bezüglich der in den Sätzen 1 und 2 vor-
gesehenen Einordung unbeschränkt unter Bestandsschutz.

11. In § 1 Nummer 2 der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung
bergbaulicher Vorhaben (UVP-V Bergbau) ist bei der Gewinnung von Erd-
gas zu gewerblichen Zwecken die Mengenschwelle, ab der eine Umweltver-
träglichkeitsprüfung durchgeführt werden muss, von täglich 500 000 Ku-
bikmetern auf täglich 5 000 Kubikmeter Fördervolumen zu senken.

12. Auf die geförderten Bodenschätze ist eine Förderabgabe von mindestens
15 Prozent des Marktwertes zu erheben, der für im Geltungsbereich des

BBergG gewonnene Bodenschätze dieser Art innerhalb des Erhebungszeit-
raums durchschnittlich erzielt wird. Für Bodenschätze, die keinen Markt-

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wert haben, hat die zuständige Behörde nach der Anhörung sachverständi-
ger Stellen den für die Förderabgabe zugrunde zu legenden Wert festzuset-
zen. Die den Ländern in § 32 Absatz 1 BBergG eingeräumte Möglichkeit,
Erlaubnisse, Bewilligungen und Bergwerkseigentum auf bestimmte Boden-
schätze oder in bestimmten Gebieten von der Feldes- und Förderabgabe zu
befreien, wird gestrichen.

13. Die in § 120 BBergG verankerte Bergschadensvermutung für den Unterta-
gebergbau wird auf Tagebaue ausgedehnt.

14. In § 126 Absatz 1 und 3 BBergG wird jeweils der Verweis eingefügt, dass
die für die Haftung für Bergschäden wichtigen §§ 114 bis 221 BBergG auch
für Untergrundspeicher sowie mit diesen Speichern verbundene Pipelines
gelten.

15. Die Entschädigungsregeln im BBergG für den Rechtsverlust bzw. für Ver-
mögensnachteile, die Grundeigentümer bei Grundabtretungen im Zusam-
menhang mit Bergbaumaßnahmen erleiden, sind künftig so zu erweitern,
dass die Betroffenen nach der Umsiedlung an einen anderen Ort mindestens
eine gleichwertige Lebensweise nach Größe und Qualität des Grundstücks,
der darauf befindlichen Gebäude und Anlagen sowie des sozialen und kul-
turellen Wohnumfeldes haben können. Adäquat der Regelung für Grund-
stückseigentümer sind Entschädigungsregeln für Mieterinnen und Mieter
von Wohnungen, Grundstücken oder Gewerbeflächen zu schaffen. Sie sol-
len diesen bei einem notwendigen Umzug im Zusammenhang mit Bergbau-
maßnahmen sowohl eine vergleichbare Existenz in Bezug auf eine neue
Wohnung und das soziale und kulturelle Umfeld bzw. das Geschäft ermög-
lichen als auch jene Aufwendungen ersetzen, die infolge des Umzugs selbst
entstehen bzw. durch in Anspruch genommene Zeit zur Informationsbe-
schaffung und Interessenvertretung sowie zur Umzugsvorbereitung zu ver-
zeichnen sind. Darüber hinaus sind Regelungen festzulegen, um persönliche
und soziale Härten auszugleichen.

16. Für etwaige Bergschäden sowie als finanzielle Absicherung der Rekultivie-
rung von Bergbaulandschaften entsprechend dem Planfeststellungsbe-
schluss ist von den Vorhabenträgern eine angemessene Sicherheitsleistung
zu hinterlegen, um bergbaubedingte Schäden an Oberflächeneigentum oder
der Umwelt auch dann regulieren zu können, wenn der Vorhabenträger in-
solvent geht oder sein Unternehmen anderweitig aufgelöst werden sollte.
Die Sicherheitsleistungen werden in jährlichen Vorauszahlungen entspre-
chend dem Bergbaufortschritt hinterlegt und sind grundsätzlich rückzahl-
bar. Sie sind mindestens für die Zeit bis zum Abschluss der Rekultivierung,
im Falle der finanziellen Absicherung gegen die Folgen möglicher Berg-
schäden darüber hinaus für den Zeitraum von 30 Jahren nach Schließung
des Bergbaus, zu hinterlegen.

17. Für den Zeitraum, bis zu dem ein modernes Bergrecht entsprechend den
Nummern 1 bis 16 in Kraft tritt, sind durch eine unverzügliche Gesetzesän-
derung jene Ausnahmen aufzuheben, die auf dem Gebiet der neuen Bundes-
länder in Altfällen für mineralische Massenrohstoffe wie Kiese und Sande
bezüglich der Unterordnung unter das BBergG gelten.

Berlin, den 20. März 2012

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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Begründung

Automatischen Vorrang der Rohstoffgewinnung beenden

Das BBergG ist in seiner gegenwärtigen Fassung in besonderer Weise darauf
ausgelegt, die Aufsuchung, Gewinnung und Aufbereitung von Bodenschätzen
zu ermöglichen und zu fördern. Demgegenüber sind die Belange der im Ein-
wirkungsbereich eines Bergbauvorhabens lebenden Menschen und die Interes-
sen des Umweltschutzes in den Regelungen des BBergG äußerst schwach
ausgeprägt. Es fehlt insbesondere an starken Schutzpositionen, die einem Vor-
haben zur Durchführung eines Abbauvorhabens klare Grenzen setzen (verglei-
che Teßmer, Dirk: Novellierungsbedarf des deutschen Bergrechts, Rechtsgut-
achten, Rechtsanwälte Philipp-Gerlach & Teßmer, 2010).

Die Auswirkungen von Bergbauvorhaben sind nicht nur räumlich sowie von der
Tiefe der Eingriffe in die Lebensbereiche betroffener Menschen und der Umwelt
gravierend. Sie sind auch schwieriger zu ermitteln und zu prognostizieren als bei
anderen Vorhaben der Fachplanung (Straßenbau, Schienenwege, Wasserstraßen,
Flughäfen, Anlagen nach dem Immissionsschutzrecht etc.). So ist die Gewin-
nung von Bodenschätzen im Tief- oder Tagebau mit erheblichen Unsicherheiten
hinsichtlich geologischer Reaktionen verbunden. Auch die Beeinflussung von
Grundwasserströmen und -ständen sowie das Ausmaß von Erschütterungen oder
sich einstellenden Geländeabsenkungen können nicht präzise vorhergesagt wer-
den.

Besonders schwierig sind die Ermittlung und Bewertung des Ausmaßes der Be-
lastungen für die im Abbaugebiet lebenden Menschen. Neben den materiellen
Vermögenseinbußen sind für betroffene Bürgerinnen und Bürger auch subjek-
tive, individuelle Empfindungen wie der Verlust von Heimat ausschlaggebend.
Sie können starke psychische und physische Auswirkungen auf die Gesundheit
haben. Die begrenzten Möglichkeiten zur Abschätzung der Folgen langfristiger
und großflächiger Bergbauvorhaben für Menschen und Umwelt sind in den
Regelungen zur bergrechtlichen Vorhabensgenehmigung jedoch unzureichend
berücksichtigt. Dies gilt auch im Hinblick auf das Fehlen von unternehmeri-
schen Pflichten zu deren Ermittlung und Beseitigung.

Die Schwere der durch Bergbauvorhaben bewirkten Eingriffe zu Lasten öffent-
licher und privater Schutzgüter steht in diametralem Gegensatz zu den durch die
Regelungen des Bergrechts gesetzten Anforderungen an die Erteilung von Ge-
nehmigungen zur Durchführung bergbaulicher Vorhaben. Sowohl die Eigen-
tümer von unmittelbar oder mittelbar durch Bergbauvorhaben beeinträchtigten
Grundstücken als auch ohne Eigentümerstellung betroffene Menschen werden
bei grundlegenden bergrechtlichen Entscheidungen zur Vorbereitung des Berg-
baus weder beteiligt noch werden deren Belange anderweitig mit Gewicht be-
rücksichtigt.

Das vor der Aufnahme von bergbaulicher Tätigkeit durchzuführende bergrecht-
liche Vorhabengenehmigungsverfahren ist nicht nur geprägt durch das Fehlen
von behördlichen Befugnissen zur Beurteilung der Erforderlichkeit eines kon-
kreten Bergbauvorhabens, sondern auch durch einen Mangel an Ermächtigung
zur Einwirkung auf die unternehmerischen Planungen, etwa in Bezug auf Vor-
habenalternativen und Varianten. Bei dem Vorliegen der im BBergG aufge-
führten Voraussetzungen – deren Erfüllung in der Praxis keinem Bergbauvorha-
ben Schwierigkeiten bereitet – hat der Bergbauunternehmer einen Anspruch auf
die Zulassung seines Betriebsplans. Die Behörde soll nach dem geltenden Berg-
recht kein planerisches Ermessen ausüben dürfen, sondern hat eine sogenannte
gebundene Entscheidung zu treffen. Kurzum, sie muss dem Vorhaben in der be-
antragten Form stattgeben, sofern formale Voraussetzungen erfüllt sind.
Das Bergrecht bedarf hier einer grundlegenden Revision. Insbesondere muss aus
dem Eigentumsgrundrecht in Artikel 14 Absatz 1 des Grundgesetzes (GG) und

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dem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz in Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 GG
folgen, dass eine Enteignung für ein Bergbauvorhaben nur dann ausnahmsweise
zugelassen werden darf, wenn feststeht, dass die Inanspruchnahme des Grund-
stücks alternativlos zwingend erforderlich ist, um einen im dringenden Bedürf-
nis des Allgemeinwohls liegenden Zweck zu verfolgen. Eine solche Prüfung er-
folgt gegenwärtig bei Bergbauvorhaben nicht. Dementsprechend sehen die
Nummern 1 bis 3 des Antrags Änderungen im BBergG vor, die eine solche
zwingend vorschreiben. Der Vorhabenträger muss dabei das Vorliegen der Aus-
nahmevoraussetzungen substantiiert glaubhaft machen.

Ersatz des Rahmenbetriebsplans durch ein Planfeststellungsverfahren

Die Betriebsplanzulassungsentscheidungen zu allen aktiven großflächigen Ta-
gebauvorhaben betreffen jeweils nur den bergrechtlichen Sachverhalt und erge-
hen vorbehaltlich der nach anderen Fachgesetzen (insbesondere Naturschutz-
recht, Wasserrecht) für den Eingriff erforderlichen Genehmigungen. Die für das
Gesamtvorhaben erforderlichen Genehmigungen müssen jedoch bei der Auf-
nahme der bergbaulichen Tätigkeit noch nicht vorliegen oder auch nur beantragt
worden sein. Deren Erteilung erfolgt vielmehr abschnittsweise und zum Teil erst
viele Jahre nach dem Aufschluss des Tagebaus. Zwar ist seit einer Bergrechts-
novelle im Jahr 1990 für umweltverträglichkeitsprüfungspflichtige Bergbau-
vorhaben die Durchführung eines (besonderen) bergrechtlichen Planfeststel-
lungsverfahrens vorgesehen, in dessen Rahmen auch über die nach anderen
Fachgesetzen erforderlichen Genehmigungen entschieden wird. Aufgrund von
Übergangsregelungen und der hierzu ergangenen Rechtsprechung der Verwal-
tungsgerichte wurden indessen die Vorschriften über das bergrechtliche Plan-
feststellungsverfahren bislang noch bei keinem einzigen Braunkohlentagebau
angewandt. Selbst die Fortführung der aktiven Tagebaue über die gegenwärtig
bergrechtlich genehmigten Abbaugrenzen hinaus dürfte – jedenfalls nach bishe-
riger Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts – von der Planfeststellungs- und
UVP-Pflichtigkeit befreit sein.

Insgesamt gilt gegenwärtig für umweltverträglichkeitsprüfungspflichtige Berg-
bauvorhaben, für die die Entscheidung über die Rahmenbetriebsplanzulassung
in der Form eines Planfeststellungsbeschlusses nach § 52 Absatz 2a, § 57a ff.
BBergG ergeht, dass für die bergrechtliche Planfeststellung erhebliche Sonder-
regelungen etabliert wurden. Diese stehen aber der Lösung der vorhabenbeding-
ten Probleme gerade entgegen.

Aufgrund der in zeitlicher wie inhaltlicher Hinsicht erfolgenden Staffelung ver-
schiedener, für die Genehmigung eines Bergbauvorhabens zu jeweils einzelnen
Teilaspekten durchzuführender, Verwaltungsverfahren und deren mangelhafter
Ausgestaltung hinsichtlich der Öffentlichkeitsbeteiligung fehlt es dem Gesamt-
prozess zur Genehmigung von Bergbauvorhaben grundlegend an Transparenz,
an Effektivität und auch an Vermittlung von Planungssicherheit für alle Betei-
ligten. Schon allein nach den Vorschriften des BBergG sind die Verfahren auf
Vergaben der Bergbaubewilligung, der sukzessiven Zulassung von Rahmen-,
Haupt- und Sonderbetriebsplänen und schließlich gegebenenfalls der bergrecht-
lichen Grundabtretung durchzuführen. Soweit die Rahmenbetriebsplanzulas-
sung nicht per bergrechtlichem Planfeststellungsbeschluss ergangen ist, sind fer-
ner die fachgesetzlichen Genehmigungsverfahren, insbesondere bezüglich der
Eingriffe in Natur, Landschaft und Wasserhaushalt, durchzuführen. Vorgelagert
kommen nach Landesrecht noch landesplanerische Entscheidungen auf der
Ebene der Raumordnung und Landesplanung betreffend die Entwicklung der
Flächennutzung hinzu, deren Bindungskraft im Übrigen umstritten ist. Im
gesamten umrissenen Prozess werden Grundsatzentscheidungen getroffen, die
dem Rechtsschutz des Einzelnen nicht zugänglich sind, gleichwohl den Ent-

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scheidungen im bergrechtlichen Genehmigungsverfahren erhebliche Bedeutung
bei der Beurteilung der Interessenlagen zukommt.

Im BBergG und der zu dessen Vorschriften ergangenen Rechtsprechung ist
weiterhin nicht abschließend geklärt, inwieweit im Rahmen der bergrechtlichen
Vorhabengenehmigungsentscheidung die Rechte der bergbaubetroffenen Grund-
stückseigentümer zu berücksichtigen sind. Nach bislang herrschender Auffas-
sung erfolgt die Entscheidung über die Zulässigkeit des Zugriffs auf das Ober-
flächeneigentum erst nach der Genehmigung und Aufnahme des Abbaubetrie-
bes. In der Praxis wird das Verfahren auf die Grundabtretung (Enteignung) mit
einem zeitlichen Vorlauf von ein bis drei Jahren zum Datum des geplanten Zu-
griffs eingeleitet. Erst im Rahmen der bergrechtlichen Grundabtretung erfolgt
eine auch die verfassungsrechtlichen Anforderungen des Artikels 14 GG be-
rücksichtigende Entscheidung über die Zulässigkeit des Grundstückszugriffs.
Zu diesem Zeitpunkt sind hinsichtlich der Führung des Tagebaus regelmäßig be-
reits über Jahre oder sogar Jahrzehnte hinweg Fakten geschaffen worden. Insbe-
sondere ist zu diesem Zeitpunkt im Normalfall die Umsiedlungsplanung nicht
nur abgeschlossen, sondern auch bereits weitestgehend durchgeführt.

Unter dem Strich muss der Prozess der Vorhabengenehmigung im geltenden
Bergrecht als wenig transparent, kompliziert und in den Folgen als rechtsunsi-
cher bewertet werden. Darüber hinaus ist er in der Abwägung verschiedener
Interessen undemokratisch zu Gunsten der Abbauunternehmen und zu Lasten
der Bürgerinnen und Bürger sowie der Umwelt. Aus diesem Grund wird in
Nummer 4 gefordert, dass an die Stelle des bisherigen Rahmenbetriebsplans ein
Planfeststellungsverfahren über das Gesamtvorhaben treten muss, bei dem die
letztliche Entscheidung über die Zulässigkeit des Abbaus nach der Prüfung
sämtlicher Belange und nach einer UVP fällt, bei dem auch Vorhabenalternati-
ven und Varianten sowie Art und Umfang der Rekultivierung bzw. Wiederher-
stellung nach dem Abschluss der Rohstoffförderung geprüft werden. Anlagen
zur Aufbereitung und Weiterverarbeitung der gewonnenen Bodenschätze sollen
Bestandteil des Planfeststellungsverfahrens mit UVP sein. Der Planfeststel-
lungsbeschluss würde für zehn Jahre, in Ausnahmefällen für 15 Jahre gelten, so
dass einerseits Planungssicherheit für einen längeren Zeitraum besteht, ande-
rerseits aber auch in überschaubaren Zeitabschnitten neue wissenschaftliche
Erkenntnisse, energiewirtschaftliche Rahmenbedingungen und Interessenlagen
berücksichtigt werden können. Die Verpflichtung zur Anpassung des Bergbau-
prozesses entsprechend dem jeweils vom Gesetzgeber festgestellten Stand der
Technik bleibt vom Gültigkeitszeitraum des Planfeststellungsbeschlusses unbe-
rührt. Das Planfeststellungsverfahren ersetzt nicht die verschiedenen nachfol-
genden Betriebspläne (Hauptbetriebsplan, gegebenenfalls Sonderbetriebsplan,
Abschlussbetriebsplan) eines Bergbauprojekts, die wegen der Besonderheiten
des Bergbaus abschnittsweise erstellt werden müssen.

Informationspflichten sowie Beteiligungs- und Klagemöglichkeiten erweitern

Da sich nur über eine intensive Beteiligung – insbesondere der von einem Berg-
bauvorhaben betroffenen Menschen – das Vorliegen der Genehmigungsvoraus-
setzungen im erforderlichen Umfang prüfen lässt, sind gehobene Anforderun-
gen an die Information über die Vorhabenplanung zu etablieren. Dies verlangen
auch die durch ein Bergbauvorhaben bewirkten schwerwiegenden Eingriffe in
die Belange der betroffenen Menschen im grundrechtsrelevanten Bereich sowie
der Umwelt. In den Nummern 5 bis 7 des Antrags werden darum entsprechende
Anforderungen an das Bergrecht beschrieben. Dazu zählen die öffentliche und
individuelle Bekanntmachung eines Vorhabens sowie die Schaffung der Mög-
lichkeit einer vollumfänglichen gerichtlichen Prüfung der Genehmigung zur
Durchführung von Bergbauvorhaben. Dabei muss im Hinblick auf umwelt-

schutzrechtliche Vorschriften und die Frage des Bedarfs den von staatlicher

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Stelle anerkannten Umweltverbänden genauso ein Klagerecht eingeräumt wer-
den wie Betroffenenvertretungen von Anwohnerinnen und Anwohnern oder
Kommunen. Zudem müssen alle vorhabenrelevanten Daten – einschließlich der
Daten des Monitorings während der Durchführung und nach Abschluss des Be-
triebs – alle zwei Jahre schriftlich und im Internet frei zugänglich und kostenfrei
veröffentlicht werden.

Abschaffung vorgelagerter Bergbauberechtigungen

Ein Defizit des geltenden Bergrechts liegt in den Regelungen des BBergG zur
Vergabe einer Bergbauberechtigung begründet, die durch die Erteilung einer Be-
willigung oder durch die Verleihung von Bergwerkseigentum erfolgen kann.
Beide Berechtigungen sind den eigentlichen bergrechtlichen Genehmigungsver-
fahren vorgelagert. Mit ihnen werden von Bergbehörden auf Antrag quasi
„Claims“ an abbauwillige Unternehmen vergeben. Diese Verleihung einer Berg-
bauberechtigung erfolgt in der Regel ohne die Kenntnis oder Beteiligung der
Grundstückseigentümer, von Kommunen oder Umweltverbänden, die gleich-
wohl hier nicht weniger gewährt wird als das exklusive Recht, den Bodenschatz,
für den das Bergwerkseigentum verliehen ist, in einem in der Oberfläche be-
grenzten Feld abzubauen bis zur „ewigen Teufe“ – also theoretisch bis zum Erd-
mittelpunkt. Die Verleihung erfolgt also obwohl überhaupt nicht feststeht, ob an
dieser Stelle der Abbau in der Abwägung der Interessen von Grundstückseigen-
tümerinnen und Grundstückseigentümern, Umwelt und Kommunen sowie von
Alternativen überhaupt zulässig sein wird.

Mit der Inhaberschaft der Bergbauberechtigung ist zwar noch keine Genehmi-
gung zur eigentlichen Durchführung von Bergbautätigkeiten verbunden. Gleich-
wohl setzen diese den bergbaulichen Vorhaben vorgelagerten Konzessionsver-
gaben faktisch Ablaufketten von Verfahren in Gang und begründen zudem (über
mögliche Förderabgaben) gleichgerichtete Interessen zwischen Behörden und
Unternehmen, an deren Ende oft der tatsächliche Abbau steht. Es ist jedoch ab-
surd, dass betroffene Grundstückseigentümer und Träger von öffentlichen Inte-
ressen erst in späteren Verfahrensschritten einbezogen werden können. In Num-
mer 7 ist darum die Abschaffung von Vorschriften zur vorgelagerten Verleihung
von Bergbauberechtigungen an „bergfreien“ Bodenschätzen vorgesehen. An-
stelle dieser soll die staatliche Entscheidung über die Zuweisung von Rechten
am Bodenschatz mit der Entscheidung über die Vorhabengenehmigung getrof-
fen bzw. konzentriert werden. Mit dieser Regelung werden die Rechte der
betroffenen Grundstückseigentümer sowie die Rechte der Umwelt und der be-
troffenen Kommunen im Rahmen eines durchzuführenden Planfeststellungs-
verfahrens deutlich gestärkt, in dem über die Zulässigkeit des Eingriffs unter Be-
trachtung der Auswirkungen des Gesamtvorhabens entschieden wird.

Verhältnis verschiedener Genehmigungen zueinander klären

Mit der Forderung in Nummer 9 soll durch ein Bundesgesetz das bislang unklare
Verhältnis geregelt werden, das besteht zwischen den fachplanungsrechtlichen
und raumordnungsrechtlichen Genehmigungen, Stellungnahmen und Plänen,
die der Durchführung von Bergbauvorhaben vorgelagert sind (wasserrechtliche
Genehmigung, Landesentwicklungspläne, Braunkohlepläne, Bewirtschaftungs-
pläne nach Artikel 13 der EU-Wasserrahmenrichtlinie etc.), und deren Bedeu-
tung im Rahmen einer nachfolgenden Verwaltungsentscheidung über den Zu-
griff oder die Beeinträchtigung einzelner Grundstücke.

Ungerechtfertigte Unterscheidungen bei Bodenschätzen beseitigen
Die im BBergG existierende Unterscheidung in „grundeigene“ und „bergfreie“
Bodenschätze sowie die wieder andere Behandlungen von mineralischen Mas-

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senrohstoffen außerhalb des BBergG ist überholt und nicht sachgemäß. In die
Kategorie der grundeigenen Bodenschätze unter dem BBergG fällt eine Reihe
wertvollerer Mineralien wie z. B. Bauxit, Glimmer, Karolien und hochwertiges
Quarz. Bei diesen ist der Grundstückseigentümer der Fläche über den Boden-
schätzen auch Eigentümer der Bodenschätze. Gleiches gilt bei mineralischen
Massenrohstoffen wie Kies und Sand, Hartstein und Naturstein, die nicht unter
das BBergG fallen. Im Gegensatz dazu sind bergfreie Bodenschätze wie Kohle,
Gas, Erze oder Salz bis zu ihrer Lösung oder Freisetzung „herrenlos“. Diese Un-
terscheidungen sind schon aufgrund der sich stetig ändernden Bedeutung einzel-
ner Rohstoffe für die Wirtschaft nicht gerechtfertigt. Darüber hinaus ist nicht
nachvollziehbar, warum ein Grundstückseigentümer, bei dem zufällig beispiels-
weise Bauxit, Glimmer oder Kies unter dem Grundstück lagert, leistungslos
über den Marktwert der Bodenschätze verfügen kann. Nummer 10 folgt deshalb
dem Grundsatz, dass alle Bodenschätze Gemeineigentum sein sollen, solange
sie im Boden sind. Er wird dadurch erfüllt, dass künftig alle Bodenschätze un-
terschiedslos nach dem (reformierten) Bergrecht behandelt und hierin als „berg-
frei“ eingestuft werden. Mit dieser Regelung wird gleichzeitig der Abbau jeg-
licher Bodenschätze einem Planfeststellungsverfahren mit UVP unterworfen.
Für bestehende Eigentumstitel an ungeförderten Bodenschätzen soll für 25 Jahre
Bestandsschutz gelten, sofern sie nicht weiter veräußert werden. Für Boden-
schätze, die nach einem bereits beantragten Rahmenbetriebsplan abgebaut wer-
den oder werden sollen, soll dieser Bestandsschutz unbeschränkt gelten.

Stärkung der UVP auch beim so genannten Fracking

Mit Nummer 11 soll für das so genannte Fracking nach unkonventionellem Erd-
gas die UVP-Schwelle auf ein realistisches und – angesichts der mit dem Fra-
cking verbundenen Risiken für Mensch und Umwelt, etwa durch das Einpressen
von giftigen Stoffen in den Untergrund – angemessenes Maß gesenkt werden,
sofern das Fracking nicht aufgrund des mit dieser Technologie verbundenen
Risikos ohnehin verboten wird. Laut der UVP-V Bergbau liegt die Mengen-
schwelle, ab der eine UVP beim Fracking durchgeführt werden muss, gegenwär-
tig bei einem Fördervolumen von täglich 500 000 Kubikmetern Erdgas. Diese
Grenze ist vollkommen willkürlich; sie wurde weder in Deutschland noch in den
USA – wo das Fracking in einem großen Maße angewendet wird – jemals er-
reicht. Sie soll daher von täglich 500 000 Kubikmetern auf täglich 5 000 Kubik-
meter Fördervolumen sinken.

Förderabgabe

Die in Nummer 12 geforderten Regelungen zur Förderabgabe haben zwei Funk-
tionen. Erstens wird der gegenwärtig im BBergG festgelegte Satz dieser Berg-
werksteuer von 10 auf 15 Prozent auf den Marktwert der geförderten Boden-
schätze erhöht, um einen rationelleren Einsatz von Rohstoffen anzureizen.
Zweitens soll verbindlich gemacht werden, dass eine Förderabgabe ausnahms-
los zu entrichten ist, da die Bundesländer gegenwärtig vielfach auf die Erhebung
einer solchen Abgabe verzichten, obwohl mit den Rohstoffen und deren Verwer-
tung in der Regel enorme Gewinne gemacht werden.

Haftung und Beweislast neu gestalten

Die Nummern 13 und 14 des Antrags verlangen eine Angleichung der Haftungs-
regeln im Bergrecht, die für Tagebaue sowie Untergrundspeicher gelten, an jene
– schärferen –, die für den Untertagebergbau gelten.

Die Haftungsregeln für den Untertagebergbau sind entsprechend den Besonder-

heiten des Bergbaus gegenwärtig akzeptabel ausgestaltet. Gemäß § 114 Absatz 1
BBergG ist für die Haftung der Unternehmen bei Bergschäden entgegen den

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Haftungsregeln nach § 823 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) kein
Verschulden (Fahrlässigkeit oder Vorsatz) erforderlich. Gemäß § 120 BBergG
hat nicht der Geschädigte die Beweislast des Kausalzusammenhangs zwischen
der Tätigkeit des Unternehmens und dem Schaden, sondern es wird kraft Geset-
zes vermutet, dass der Schaden auf die Tätigkeit des Unternehmens zurückzu-
führen ist. Zudem ist in § 119 BBergG eine gesamtschuldnerische Haftung der
als Schädiger in Betracht kommenden Unternehmen normiert. Der Geschädigte
muss also nicht eruieren, wer von den in Betracht kommenden Unternehmen in
Wahrheit verantwortlich ist, sondern kann sich eines aussuchen. Auch die
§§ 115 bis 118 sowie 221 regeln Details der Haftungsregeln im Bergbau, die im
Zusammenhang über die Normen des § 823 Absatz 1 BGB hinausgehen und so
dem besonderen Charakter bergbaulicher Tätigkeiten Rechnung tragen.

§ 120 BBergG gilt jedoch nur für den untertägigen Bergbau, nicht für Tagebaue.
Mit Nummer 13 des Antrags soll darum die in § 120 BBergG verankerte Berg-
schadensvermutung auf Tagebaue ausgedehnt werden. Somit wird die Beweis-
last vom Geschädigten auf den Vorhabenträger übertragen.

Zudem gelten nach § 2 Absatz 2 letzter Halbsatz BBergG die Bestimmungen des
BBergG und damit auch der §§ 114 bis 221 BBergG nur, „soweit dies ausdrück-
lich bestimmt ist“. § 126 BBergG zur Untergrundspeicherung führt zwar Vor-
schriften des Bundesberggesetzes an, die auch für Untergrundspeicher gelten,
aber die für die Haftung für Bergschäden wichtigen §§ 114 bis 121 BBergG
werden in den fraglichen Absätzen 1 und 3 nicht aufgeführt. Dementsprechend
dürften Schadenersatzansprüche von geschädigten Grundstücks- und Gebäude-
eigentümern zurzeit keinerlei Aussicht auf Erfolg haben. Die in Nummer 14 des
Antrags verlangte Ergänzung des § 126 BBergG verschafft den §§ 114 bis 121
BBergG auch für Untergrundspeicher und mit diesen Speichern verbundene
Pipelines Geltung. Damit werden Bürgerinnen und Bürger, die durch die ge-
nannten Anlagen geschädigt werden, hinsichtlich der Beweislast und der Haf-
tungsregeln mit den durch den Bergbau Geschädigten gleichgestellt.

Weitergehende Entschädigungsregeln einführen

Bergbaumaßnahmen sind vielfach, insbesondere im Tagebau, mit Umsiedlun-
gen von Menschen und der Zerstörung ihres bisherigen sozialen und kulturellen
Lebensumfeldes verbunden. Werden Umsiedlungen notwendig, bedeuten sie
überdies einen enormen Zeitaufwand in der Vorbereitung und Durchführung.
Sie erfordern ferner Aufwendungen für Informationsbeschaffung und Interes-
senvertretung. Dies alles gilt nicht nur für Grundstückseigentümer, sondern auch
für Mieterinnen und Mieter von Wohnungen, Grundstücken und Geschäfts-
flächen. Gewerbetreibende werden gegebenenfalls in Gebiete umgesiedelt, in
denen für ihr Gewerbe bereits alteingesessene Anbieter existieren. Dies kann ge-
gebenenfalls den Verlust der beruflichen Existenz bedeuten.

Die gegenwärtig existierenden Entschädigungsregeln berücksichtigen nur unzu-
reichend die vielfältigen Eingriffe in das Vermögen und die Ertragsfähigkeit so-
wie die mit der Umsiedlung einhergehenden Aufwendungen und Härten. Unter
anderem ermöglicht es der Grundsatz der Entschädigung nach dem Verkehrs-
wert des Gegenstandes gerade bei alten Häusern nicht, sich mit einer Entschä-
digungssumme ein neues Haus in ähnlicher Größe zu bauen. Die zusätzlichen
Aufwendungen, die Mieterinnen und Mietern im Zusammenhang mit Umsied-
lungen entstehen, werden vielfach nicht oder zu gering entschädigt. Gleiches gilt
für Gewerbetreibende. Aus diesen Gründen wird in Nummer 15 gefordert, die
Entschädigungsregeln im BBergG entsprechend neu auszugestalten.

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Sicherheitsleistung

Die in Nummer 16 geforderte Sicherheitsleistung soll die Bewältigung der Fol-
gen etwaiger Bergschäden sowie die Rekultivierung von Bergwerksfolgeland-
schaften finanziell absichern. Bergbaubedingte Schäden an Oberflächeneigen-
tum oder der Umwelt müssen auch dann ohne Inanspruchnahme der öffentlichen
Hand reguliert werden können, wenn der Vorhabenträger insolvent geht oder
sein Unternehmen anderweitig aufgelöst werden sollte. Der Zeitraum von der
Einzahlung bei der zuständigen Behörde bis zur Auflösung und Rückzahlung
der Sicherheitsleistung soll die Zeit vom Beginn der Förderung des Bodenschat-
zes bis zum Abschluss der Rekultivierung betragen; im Falle der finanziellen
Absicherung gegen die Folgen möglicher Bergschäden darüber hinaus den Zeit-
raum von 30 Jahren nach Schließung des Bergbaus umfassen.

Ausnahmen für die neuen Bundesländer endgültig abschaffen

Über 20 Jahre nach der Wiedervereinigung ist es überfällig, letzte Ausnahmen
abzuschaffen, die im Bereich der mineralischen Massenrohstoffe (z. B. Kiese
und Sande) de facto bis heute unterschiedliches Recht in Ost und West bewirken.
Diese Rohstoffe, die in Westdeutschland nie unter das BBergG fielen, unterla-
gen in Ostdeutschland seit August 1990 infolge eines Gesetzes der letzten DDR-
Regierung unter Lothar de Maizière (CDU) dem Bergrecht, in dem sie als berg-
freie Bodenschätze definiert wurden. Vor allem westdeutsche Rohstoffhändler
erwarben in der Folge von der Treuhandanstalt in den neuen Bundesländern
Bergwerkseigentum für Lagerstätten von Kies, Sand oder Naturstein in großem
Umfang. Die Rohstoffgebiete sind dadurch zum Teil immer noch der Planungs-
hoheit der Kommunen sowie der Verfügungsberechtigung der Grundeigentümer
entzogen. 1996 erfolgte mit dem Gesetz zur Vereinheitlichung der Rechtsver-
hältnisse bei Bodenschätzen, eingereicht von den Fraktionen CDU/CSU, SPD,
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und F.D.P., zwar die Rechtsangleichung. Für die
rund 1 500 bestehenden Abbaurechte wurde in diesem Gesetz jedoch Vertrau-
ensschutz gewährt, der in der Folge Teile Ostdeutschlands zur bundesdeutschen
Baustoffgrube machte. Schließlich war die gleichzeitig im Gesetz verankerte
Möglichkeit zum Widerruf ungenutzten Bergwerkseigentums zahnlos. Es
reichte bereits das Einreichen eines Betriebsplans zum Beginn einer Aufsu-
chung oder Gewinnung, um das Recht zu behalten. Heute bestehen immer noch
rund 40 ungenutzte Bergrechte weiter. Es gibt keinen Grund, diese den Inhabern
nicht zu entziehen. Durch die Forderung in Nummer 17 kann für die betroffe-
nen Grundeigentümerinnen, Grundeigentümer und Kommunen endlich Rechts-
sicherheit geschaffen werden.

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