BT-Drucksache 17/8587

Juristische Aufarbeitung der Gewalt und politischer Neuanfang für den Jemen

Vom 8. Februar 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/8587
17. Wahlperiode 08. 02. 2012

Antrag
der Abgeordneten Kerstin Müller (Köln), Thilo Hoppe, Volker Beck (Köln),
Marieluise Beck (Bremen), Agnes Brugger, Viola von Cramon-Taubadel, Uwe
Kekeritz, Katja Keul, Ute Koczy, Tom Koenigs, Omid Nouripour, Lisa Paus, Claudia
Roth (Augsburg), Manuel Sarrazin, Dr. Frithjof Schmidt, Hans-Christian Ströbele
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Juristische Aufarbeitung der Gewalt und politischer Neuanfang für den Jemen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Der Jemen kommt trotz der Unterzeichnung des vom Golfkooperationsrat (Gulf
Cooperation Council – GCC) ausgehandelten Abkommens durch den Präsiden-
ten Ali Abdullah Saleh nicht zur Ruhe. Nach der Unterzeichnung des Abkom-
mens gab es in weiten Teilen des Landes erneut Demonstrationen, Unruhen und
Zusammenstöße, bei denen hunderte Menschen getötet wurden. Im Norden hal-
ten die Kämpfe zwischen den Houthi-Rebellen und salafistischen Kämpfern an.
Besonders in der Stadt Taiz kam es wiederholt zu Zusammenstößen zwischen
dem Regierungstruppen und Demonstranten. Hier wurden nach Angaben der
Vereinten Nationen (United Nations – UN) allein 140 Kinder durch die Armee
getötet.

Seit Februar 2011 demonstrieren regelmäßig mehrere hunderttausend Men-
schen für einen Rücktritt Ali Abdullah Salehs. Auf die Demonstrationen ant-
wortete das Regime zum Teil mit äußerster Brutalität und gezielten Tötungen.

Durch den anhaltenden Druck der Demonstranten unterzeichnete Ali Abdullah
Saleh am 23. November 2011 das GCC-Abkommen unter der Vermittlung der
Vereinten Nationen. Im Jemen gibt es allerdings weiterhin massive Proteste
gegen die in Saudi-Arabien getroffene Abmachung. Denn als Gegenleistung für
seinen Rücktritt wird dem Präsidenten, seiner Familie sowie seinen engsten Ver-
bündeten Straffreiheit zugesichert. Angesichts der schweren Menschenrechts-
verletzungen im Jemen geht die im Abkommen zugesicherte Immunität für Ali
Abdullah Saleh und andere Verantwortliche zu weit. Die Demonstranten wollen
Ali Abdullah Saleh daher wegen der Tötung von Teilnehmern der friedlichen
Protestaktionen in den vergangenen Monaten vor Gericht stellen.

Am 21. Januar 2012 wurde das umstrittene Abkommen als Gesetz im jemeniti-
schen Parlament verabschiedet, welches Ali Abdullah Saleh und vielen seiner

politischen Verbündeten Immunität für politisch motivierte Verbrechen zusichert
und es damit unmöglich macht, die Entscheidung rückgängig zu machen. Zehn-
tausende Demonstranten forderten als Reaktion auf die Verabschiedung die
Todesstrafe für den Präsidenten.

Nach dem Rücktritt des jemenitischen Präsidenten Ali Abdullah Saleh ist der
Oppositionschef Mohammed Basindawa mit der Bildung einer Übergangs-

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regierung beauftragt worden. Die vorgezogenen Präsidentschaftswahlen werden
am 21. Februar 2012 den Vizepräsidenten Abed Rabbo Mansur Hadi zum Präsi-
denten des Jemen bestimmen. Dieser soll als Präsident ein Verfassungskomitee
einsetzen. Über die von diesem Komitee ausgearbeitete Verfassung soll das Volk
abstimmen. Im letzten Schritt dieses politischen Prozesses werden dann in zwei
Jahren Parlamentswahlen abgehalten.

Ali Abdullah Saleh hat am 22. Januar 2012 den Jemen verlassen, um sich in
New York medizinisch behandeln zu lassen. In einer zuvor gehaltenen Fern-
sehansprache erklärte er, dass er nach Abschluss der Behandlung in den Jemen
zurückkehren werde. Auch wenn Ali Abdullah Saleh zusicherte, sein Amt zu
räumen, sagte er in seiner Rede, dass er das Amt nur temporär an Abed Rabbo
Mansur Hadi abgeben werde. Wenn Ali Abdullah Saleh in den Jemen zurück-
kehrt, um wieder politisch aktiv zu werden, muss das Abkommen als geschei-
tert angesehen werden und ist damit eine bittere Farce.

Bei Zusammenstößen von Opposition und Sicherheitskräften des Regimes star-
ben seit Jahresbeginn nach unterschiedlichen Angaben der jemenitischen Oppo-
sition bereits über 1 500 Demonstranten. Unter den Toten befinden sich zahl-
reiche Frauen und Kinder. Der Jemen wird durch die fortwährende Krise in
erheblichem Maße weiter destabilisiert. Dazu kommt ein bisher unbekanntes
Erstarken von al-Qaida auf der Arabischen Halbinsel. Die Organisation schaffte
es in den vergangenen Monaten wiederholt, ganze Städte unter ihre Kontrolle
zu bringen. Zuletzt besetzte sie die südjemenitische Stadt Radaa und versuchte
dadurch, die Freilassung von Häftlingen aus dem US-Gefangenenlager Guantá-
namo zu erwirken.

Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat die Behörden im Jemen zu einer
juristischen Aufarbeitung der monatelangen Gewalt im Land aufgefordert. Der
Sicherheitsrat fordert, dass alle, die für Gewalt, Menschenrechtsverletzungen
und Misshandlungen verantwortlich sind, zur Rechenschaft gezogen werden
müssen. Allerdings nahm der Sicherheitsrat Ali Abdullah Saleh nicht in die
Forderung auf.

Der Jemen ist das ärmste arabische Land und steht zurzeit auf Platz 154 des
Human Development Index. Der Jemen muss nicht nur die aktuelle politische
Situation bewältigen, gleichzeitig droht das Land in eine folgenschwere wirt-
schaftliche und humanitäre Krise zu stürzen.

Die Arbeitslosenquote stieg im Jahr 2012 zum ersten Mal über die 50-Prozent-
Marke, da viele Firmen, ausgelöst durch die schlechte Sicherheitslage, ihre
Tätigkeiten eingestellt haben. Es gibt kaum noch Elektrizität und Gas in vielen
Städten, zudem steigen die Preise für Lebensmittel. Das Amt für die Koordinie-
rung humanitärer Angelegenheiten der Vereinten Nationen (OCHA) warnte be-
reits im Dezember 2011 vor dem Ausbruch einer humanitären Katastrohe. Seit-
dem hat sich die Situation weiter verschlechtert.

Das weitere Vorgehen der Bundesregierung mit Blick auf die Krise im Jemen
muss sich von folgenden Aspekten leiten lassen:

• Es gibt keine Zukunft für das politische System Ali Abdullah Salehs. Ali Ab-
dullah Saleh darf nicht in das Amt des Präsidenten zurückkehren. Stattdes-
sen müssen er und andere Verantwortliche des Regimes sich vor dem Inter-
nationalen Strafgerichtshof für ihr Handeln verantworten.

• Der politische Neuanfang muss alle politischen und gesellschaftlichen
Akteure einschließen, um zu verhindern, dass es zu einem Bürgerkrieg
kommt. Die Jugend- und Demokratiebewegung, die Houthi-Rebellen sowie
die Sezessionsbewegung des Südens sind dabei als die wichtigsten Akteure
zu nennen.

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• Die internationale Staatengemeinschaft muss die Menschen im Jemen auf
ihrem Weg zur Demokratie mit allen Kräften unterstürzen.

• Saudi-Arabien stellt mit mehreren hundert Millionen US-Dollar das wich-
tigste bilaterale Geberland für den Jemen dar. Es hat bisher das Unrechts-
regime stabilisiert und damit das Engagement, die Wahrung der Menschen-
rechte und den legitimen Kampf für Freiheit und Demokratie auf der
Arabischen Halbinsel und insbesondere im Jemen behindert. Diese gezielte
Destabilisierung des Landes muss ein Ende haben.

• Es muss einen strukturellen Neuanfang im Jemen geben. Dabei sind die
politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Zusammenführung von
Nord- und Südjemen und die Zusammenführung der gespaltenen Armee-
bestände von entscheidender Bedeutung.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. Ali Abdullah Saleh sowie weiteren Mitgliedern seiner Familie und anderen
Unterstützern der Familie Saleh klar zu machen, dass sie dauerhaft abtreten
müssen, um so den Weg für einen demokratischen Wandel im Jemen freizu-
machen;

2. sich im UN-Sicherheitsrat verstärkt für gezielte Sanktionen wie das Einfrie-
ren von Konten und Vermögenswerten sowie für Reisebeschränkungen ge-
gen Ali Abdullah Saleh und seine Unterstützer einzusetzen;

3. das sofortige Einfrieren von in Deutschland bestehenden Konten und Vermö-
genswerten von Ali Abdullah Saleh, seiner Familie und seinen politischen
Verbündeten durchzusetzen und darüber hinaus verstärkt auch in der EU dar-
auf hinzuwirken, die weiteren in der EU liegenden Gelder des Regimes
schnellstmöglich einzufrieren und Reisebeschränkungen gegenüber Ali Ab-
dullah Saleh und Mitgliedern seines Regimes auszusprechen;

4. eine Nachforschung einzuleiten, um Ali Abdullah Salehs Gelder, die nicht
auf seinen Namen geführt werden, einzufrieren und eine Untersuchung der
Vermögenswerte von Ali Abdullah Salehs Vertrautem Shaher Abdelhak ein-
zuleiten um festzustellen, ob dieser Ali Abdullah Salehs Gelder nach Europa
transportiert hat;

5. sich gemeinsam mit der EU im UN-Sicherheitsrat für einen Beschluss einzu-
setzen, dass sich Ali Abdullah Saleh und andere Verantwortliche des Re-
gimes vor dem Internationalen Strafgerichtshof verantworten müssen;

6. sich für die Umstrukturierung der jemenitischen Sicherheitskräfte und der
Armee einzusetzen, um die Armee und die Sicherheitskräfte zu rechtsstaat-
lich agierenden Trägern des Staates zu machen und um so einen Neuanfang
zu forcieren;

7. als vorsitzendes Land in der UN-Arbeitsgruppe „Kinder und bewaffnete
Konflikte“ Nachforschungen in Bezug auf den Einsatz von Minderjährigen
(Kindersoldaten) in der jemenitischen Armee und bewaffneten Oppositions-
gruppen einzuleiten;

8. gegenüber Saudi-Arabien darauf hinzuwirken, die Demokratiebewegung des
Jemen nicht weiter zu behindern;

9. hinsichtlich der Bekämpfung des internationalen Terrorismus im Jemen in-
nerhalb der UN die Einhaltung der Menschenrechte und des Völkerrechts
einzufordern und sich insbesondere gegen extralegale Tötungen durch ein-
zelne Mitglieder der internationalen Staatengemeinschaft einzusetzen;

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10. die humanitäre Hilfe auszuweiten, um die Ärmsten der Armen zu unter-
stützten und um den katastrophalen Missständen entgegenzuwirken, die
durch die Ausweitung der politischen Krise weiter verstärkt worden sind;

11. einen politischen Neuanfang im Jemen gemeinsam mit der EU zu unter-
stützen und dabei eine zentrale Rolle zu übernehmen, da sich viele Staaten
des Golfkooperationsrates durch ihren Umgang mit Demokratiebewegun-
gen im eigenen Land diskreditiert haben;

12. der Übergangsregierung unter dem Oppositionschef Mohammed Basindawa
anzubieten, bei der Organisation von freien und fairen Wahlen unterstützend
zur Seite zu stehen.

Berlin, den 7. Februar 2012

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

Begründung

Ali Abdullah Saleh hat zwar das Abkommen des Golfkooperationsrates unter-
zeichnet und damit seinen Rücktritt zugesichert; es bleibt dennoch abzuwarten,
ob es zu einer wirklichen Transformation der politischen Verhältnisse kommen
wird. Es kommt weiterhin zu gewaltsamen Zusammenstößen, bei denen bereits
mehrere hundert Menschen getötet worden sind, weil die Demonstranten ihre
Forderungen durch das Abkommen nicht erfüllt sehen. Die Frustration der
Demonstranten wurde durch die Verabschiedung des Gesetzes durch das jeme-
nitische Parlament am 21. Januar 2012 deutlich verschärft.

Hinzu kommt, dass durch den akuten Wassermangel und die grassierende
Armut langfristig eine humanitäre Katastrophe droht.

42 Prozent der Bevölkerung des Jemen leben bereits unterhalb der Armuts-
grenze und die Arbeitslosigkeit stieg im Jahr 2011 erstmals über 50 Prozent.
Überaus besorgniserregend ist die Versorgungssituation mit Wasser und Nah-
rungsmitteln. Die Hauptstadt Sanaa wird bereits in wenigen Jahren aufgrund
von Wassermangel unbewohnbar sein.

Die Vertreterin des OCHA Catherine Bragg gab am 29. November 2011 nach
viertägigem Aufenthalt im Jemen bekannt, dass sich die humanitäre Situation im
Land drastisch verschlechtert hat. Der Jemen hat bereits jetzt eine der höchsten
Unterernährungsrate der Welt. Das OCHA warnt vor dem Zusammenbruch des
Versorgungssystems und einer aufkommenden Gesundheitskrise. Im Süden des
Landes sind laut dem Bericht mehrere zehntausend Menschen vertrieben worden,
im Norden sind es bereits 300 000 Menschen, die durch die Kämpfe in der Pro-
vinz Saada auf der Flucht sind. Viele von ihnen können nicht zurückkehren, da
sie Racheakte und Übergriffe befürchten müssen. Für Sofortmaßnahmen werden
174 Mio. US-Dollar benötigt, um Nahrungsmittel und medizinische Hilfe zu
finanzieren. Obwohl Ali Abdullah Saleh dem Abkommen des Golfkooperations-
rates zugestimmt hat, ist nach Einschätzung des OCHA davon auszugehen, dass
sich die humanitäre Situation im Jahr 2012 weiter verschlechtern wird.

Der seit Jahresbeginn anhaltende Aufstand im Jemen hat zusammen mit der
dramatischen humanitären Lage im Land eine Situation geschaffen, die sich zu
einem flächendeckenden Bürgerkrieg ausweiten könnte, wenn nicht schnell
Lösungen gefunden werden.

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Im Jemen wurden schwerste Menschenrechtsverbrechen begangen. Ohne Ge-
rechtigkeit kann es aber keinen dauerhaften Frieden geben. Doch gehen durch
das GCC-Abkommen Verbrecher wie Ali Abdullah Saleh und seine engsten
Vertrauten straflos aus. Wenn die Forderungen der Demonstranten nicht erfüllt
werden und niemand zur Rechenschaft gezogen wird, wird es keinen Frieden
und keine nachhaltige Stabilität geben.

Das Regime von Ali Abdullah Saleh stützt sich auf ein System basierend auf
Korruption und Nepotismus. Es wird nicht eindeutig nachzuweisen sein, wie
viel Geld durch den Präsidenten, seine Familienangehörigen und Vertrauten
veruntreut wurde. Wichtig ist aber, dass so viel wie möglich von diesem Geld
an die Bevölkerung zurückgeführt wird, um so den Aufbau eines neuen Staats-
systems zu unterstützen.

Ein Hauptproblem im Jemen ist die Kontrolle des Militärs und des Sicherheits-
apparats durch die Familie und enge Verbündete von Ali Abdullah Saleh. Sein
Sohn führt die republikanische Garde sowie die Antiterroreinheit an, Ali Abdul-
lah Salehs Neffe kontrolliert die zentralen Sicherheitseinheiten und Ali Abdul-
lah Salehs Bruder die Luftwaffe. Deshalb ist die Restrukturierung des Militärs
und der Sicherheitskräfte von äußerster Bedeutung für eine wirkliche Verände-
rung des Systems und den angestrebten Wandel im Jemen.

Die Durchsetzungsmechanismen des Golfkooperationsratsabkommens sind
nicht vollends durchdacht und weisen an wichtigen Stellen entscheidende
Lücken auf. Das Abkommen dient lediglich seiner diplomatischen Hauptauf-
gabe, den Rücktritt von Ali Abdullah Saleh zu implementieren. Es enthält leider
keine klare Forderung nach dem Rücktritt von Ali Abdullah Salehs Familien-
mitgliedern. Auch fehlt die Forderung nach dem Rücktritt von General Ali
Mohsen al-Ahmar.

Das GCC-Abkommen richtet sich nur an die offiziellen Parteien und vergisst
darüber hinaus die Aktivisten der Jugend- und Demokratiebewegung wie auch
deren Forderungen. Auch die Sezessionsbewegung des Südens und die Houthi-
Bewegung des Nordes werden nicht durch das Abkommen vertreten, da diese
wichtigen Gruppen nicht an den Verhandlungen beteiligt waren.

Zudem sind diese Gruppen nicht Teil der Regierung der nationalen Einheit, da
dort nur die parlamentarische Opposition und die Regierungspartei vertreten ist.

Die für den 21. Februar 2012 angesetzten Wahlen sollen den Anfang einer neuen
Zeit für den Jemen markieren. Allerdings wird der Neuanfang durch einen
fehlerhaften Prozess eingeleitet, da der Vizepräsident Abed Rabbo Mansur Hadi
auf keinen Gegenkandidaten treffen wird. Die parlamentarische Opposition und
die Regierungspartei haben sich auf Abed Rabbo Mansur Hadi geeinigt, um so
eine politische Blockade zu verhindern. Diese Personenwahl wird die Demokra-
tiebewegung nicht zufrieden stimmen.

Es besteht weiter die Gefahr, dass Ali Abdullah Saleh und seine Verbündeten
nichts unversucht lassen werden, um die politischen Konflikte hinsichtlich der
Wahlen aufrecht zu halten, um so einen endgültigen Rücktritt nach hinten zu
verschieben und sicherzustellen, dass politische Verbündete und Familien-
angehörige wichtige Positionen im Staat erhalten werden. Dies birgt weiterhin
Potenzial für eine militärische Eskalation und letztlich für einen Bürgerkrieg,
der das Land vollkommen an den Abgrund führen würde.

Auch wenn Ali Abdullah Saleh in die USA gereist ist, bedeutet dies nicht, dass
er sich dem Plan des Golfkooperationsrates weiter beugen wird. Bislang hat
sich Ali Abdullah Saleh weder aus der Politik herausgehalten noch kam es zu
einer Personaländerungen in hohen Positionen der Politik, der Bürokratie und
des Militärs. Es besteht daher weiter die Gefahr, dass Ali Abdullah Saleh nach

seinem Aufenthalt in den USA nicht nur in den Jemen, sondern auch in die

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jemenitische Politik zurückkehrt. Dies würde die angespannte Situation weiter
eskalieren lassen. Die Demonstrationen halten an und Menschen werden wei-
terhin Opfer der Gewalt des Regimes. In der Hauptstadt sind die Demonstranten
durch die Armeeeinheit des desertierten Generals Ali Mohsen al-Ahmar weit-
gehend geschützt. In Städten wie Taiz, einer der Hochburgen des Aufstandes,
sind die Demonstranten den Angriffen der Regierungstruppen schutzlos aus-
geliefert. Daher starben dort seit der Unterzeichnung des GCC-Abkommens
mehrere hundert Menschen.

Die Angst vor einem Bürgerkrieg, der mit dem Zerfall des ohnehin schon
brüchigen Staatswesens enden könnte, wächst weiter. Das Land an der Süd-
spitze der Arabischen Halbinsel ist nicht nur konfessionell gespalten, sondern
auch durch rivalisierende Clans zerklüftet. Besonders besorgniserregend ist die
hohe Zahl von Waffen im Jemen. Weiterhin sind die Probleme der Sezessions-
bewegung des Südens und der Houthi-Rebellen bedrohlich. Diesen Gruppen
werden erhebliche Zugeständnisse gemacht werden müssen, um sie in neue
Staatsstrukturen einbinden zu können.

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