BT-Drucksache 17/7736

AWACS-Flüge über Afghanistan

Vom 14. November 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/7736
17. Wahlperiode 14. 11. 2011

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Omid Nouripour, Agnes Malczak, Volker Beck (Köln),
Marieluise Beck (Bremen), Viola von Cramon-Taubadel, Thilo Hoppe,
Uwe Kekeritz, Katja Keul, Ute Koczy, Tom Koenigs, Kerstin Müller (Köln),
Lisa Paus, Claudia Roth (Augsburg), Manuel Sarrazin, Dr. Frithjof Schmidt,
Hans-Christian Ströbele und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

AWACS-Flüge über Afghanistan

Am 25. März 2011 stimmte der Deutsche Bundestag der Beteiligung deutscher
Bundeswehrsoldatinnen und Bundeswehrsoldaten am Einsatz von AWACS-Flü-
gen (AWACS: Airborne Warning and Control System) über Afghanistan im
Rahmen der Internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe in Afghanistan
(ISAF) zu. Begründet wurde der Einsatz von AWACS-Maschinen von der
Bundesregierung u. a. mit der Notwendigkeit, eine Koordinierung und Über-
wachung des Luftraums zu gewährleisten und damit die Sicherheit des Luft-
raums über Afghanistan insgesamt zu ermöglichen.

Hintergrund ist die Tatsache, dass in den letzten Jahren das zivile und militäri-
sche Aufkommen von Luftraumnutzern über Afghanistan erheblich gestiegen
ist. Gleichzeitig verfügte Afghanistan zur Zeit der Mandatierung des AWACS-
Einsatzes nach wie vor nicht über hinreichende Kapazitäten in der zivilen Luft-
verkehrskontrolle. Schwachstellen waren vor allem die nicht vorhandene und
technisch veraltete Ausstattung der Flughäfen und die prekäre Situation im
personellen Bereich zum Betreiben eines Flughafens. Es fehlte weiterhin an den
nötigen Flugsicherungseinrichtungen sowie an der notwendigen Aus- und Wei-
terbildung und Lizenzierung der Fluglotsen.

Seit dem Jahr 2004 werden verschiedene Schritte unternommen, um den afgha-
nischen Zivilflugsektor aufzubauen und ein Luftüberwachungssystem – wie in
anderen Ländern üblich – einzurichten. Die Bundesregierung hat in der Vergan-
genheit in diesem Zusammenhang wiederholt auf verschiedene Projekte und
Maßnahmen verwiesen, die diesen Prozess unterstützen sollen. Gleichzeitig lie-
gen dem Deutschen Bundestag nur sehr wenige Informationen darüber vor, wie
sich die Situation mit Blick auf den Aufbau des afghanischen Zivilflugsektors
aktuell darstellt.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie hat sich das zivile und militärische Flugaufkommen seit dem Jahr 2004
im afghanischen Luftraum entwickelt (bitte nach Jahr sowie zivilen und
militärischen Flugbewegungen aufschlüsseln)?

2. Wie viele Beinahe-Flugunfälle und wie viele tatsächlichen Unfälle hat es seit
2004 im afghanischen Luftraum gegeben (bitte nach Jahr sowie Beteiligung
ziviler und militärischer Maschinen aufschlüsseln)?

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3. Wie stellt sich die derzeitige Situation mit Blick auf die Ausbildung und
Lizenzierung afghanischer Fluglotsen dar?

a) Wie viele Fluglotsen werden für den Betrieb der afghanischen Flughäfen
benötigt?

b) Wie viele Fluglotsen haben ihre Ausbildung bereits abgeschlossen und
wurden lizenziert?

4. Wie weit ist der Aufbau des zivilen afghanischen Luftüberwachungssystems
fortgeschritten?

a) Wann ist mit einer beginnenden Nutzung des Systems zu rechnen?

b) Welche Kosten wurden bisher für den Aufbau des Systems sowie die Aus-
bildung des Personals benötigt, und aus welchen Quellen wurde dies
finanziert?

c) Welche Kosten werden künftig pro Jahr für den Betrieb des Systems sowie
für die Bezahlung des benötigten Personals benötigt, und wie soll die
Finanzierung konkret erfolgen?

d) Inwiefern ist mit der beginnenden Nutzung des Systems eine vollständige,
afghanistanweite zivile Luftraumüberwachung möglich, und inwieweit
wird damit die Nutzung der AWACS-Aufklärungsflüge obsolet?

e) Welchen Anteil (finanziell und personell) hatte Deutschland in der Ver-
gangenheit am Aufbau des Systems und der Ausbildung des benötigten
Personals, wie beteiligt sich Deutschland aktuell, und wie sehen mittel-
und langfristige Planungen der Bundesrepublik Deutschland für die Unter-
stützung Afghanistans bei der Umsetzung eines zivilen Luftraumüber-
wachungssystems aus?

f) Welche finanziellen, personellen und sonstigen Probleme gab und gibt es
beim Aufbau des Systems, und welche Lösungsansätze werden dies-
bezüglich verfolgt?

5. Wann ist mit dem Abschluss des Projekts zur Umsetzung des so genannten
International Civil Aviation Organization-Regelwerks zu rechnen?

a) Was sind die Zielsetzungen hinter der Umsetzung des Regelwerks?

b) Welche Probleme gibt es bei der Umsetzung des Regelwerks?

6. Inwiefern wurde wie geplant in der zweiten Jahreshälfte 2011 mit dem Auf-
bau einer Akademie für Zivilluftfahrt in Afghanistan begonnen, und wann ist
mit der Fertigstellung zu rechnen?

a) Wie beteiligt sich die Bundesregierung hier finanziell und personell?

b) Welche Aufgaben und Kapazitäten soll die Akademie nach ihrer Fertig-
stellung haben?

c) Wie soll die künftige Finanzierung der Akademie nach ihrer Fertigstellung
gewährleistet werden, und welchen Beitrag plant die Bundesrepublik
Deutschland hier in den kommenden Jahren zu leisten?

d) Plant Deutschland für die Zukunft eine personelle Unterstützung der Aka-
demie?

7. Wann rechnet die Bundesregierung mit der Fertigstellung des zivilen Flug-
hafens in Mazar-e Sharif?

a) Welche Kapazitäten wird der Flughafen für den zivilen Luftverkehr bereit-
stellen?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/7736

b) Inwiefern ist auch die Abwicklung militärischer Flugbewegungen über
diesen Flughafen geplant?

c) Inwiefern soll der Flughafen lediglich für einen regionalen oder aber für
den internationalen Flugverkehr genutzt werden?

8. Wie lange ist aus Sicht der Bundesregierung der Einsatz der AWACS-Flug-
zeuge zur Unterstützung der Luftraumüberwachung über Afghanistan nö-
tig, und wie wird dies begründet?

a) Inwiefern, und in welchem Zeitraum ist mit einer Reduzierung der
AWACS-Luftraumüberwachungsflüge im Zuge des weiteren Aufbaus
des zivilen afghanischen Luftraumüberwachungssystems geplant?

b) Wann, und warum plant die Bundesregierung, sich aus der Beteiligung
an den Luftraumüberwachungsflügen der AWACS-Maschinen über
Afghanistan zurückzuziehen?

9. Wie viele AWACS-Maschinen mit wie viel Personal werden derzeit ein-
gesetzt (bitte nach nationalen Anteilen aufschlüsseln)?

Inwiefern sind Veränderungen beim Umfang der Flüge und des eingesetzten
Personals geplant?

10. Inwieweit bleibt es bei der derzeitigen Stationierung der AWACS-Flug-
zeuge sowie des dazugehörigen Personals im Camp Marmal in Afghanistan,
und inwiefern sind andere Stationierungsoptionen geplant?

11. Welche Aufgaben jenseits der zivilen Luftraumüberwachung übernehmen
die AWACS-Maschinen?

12. Welche Erfüllungsquote besteht insgesamt bei Einsatzflügen der AWACS-
Maschinen über Afghanistan?

Welche nichtwitterungsbedingten Gründe gibt es für Ausfälle von AWACS-
Flügen über Afghanistan?

13. Welche Mehrbelastungen entstehen durch die Stationierung der AWACS-
Aufklärungsflugzeuge für den Flughafen im Camp Marmal in Afghanistan?

14. Inwiefern können AWACS-Flüge Radarschatten kompensieren?

a) Wo befinden sich nach wie vor Radarschatten, die eine AWACS-Luft-
raumüberwachung nötig machen?

b) Inwieweit werden nach Abschluss des Aufbaus des zivilen Luftraum-
überwachungssystems weiterhin Radarschatten bestehen, und inwiefern
werden diese als Sicherheitsrisiko für Zivilflüge angesehen?

15. Wann ist die Umsetzung eines Multilaterationsprogrammes zur passiven
Ortung durch Triangulation geplant?

a) Welche Staaten beteiligen sich daran mit welchen Mitteln?

b) Für welche konkreten Zwecke wird die Umsetzung eines solchen Sys-
tems geplant, und wie beteiligt sich die Bundesregierung daran?

16. Inwiefern bleibt die Einschätzung des Parlamentarischen Staatssekretärs
beim Bundesminister der Verteidigung, Thomas Kossendey, bestehen, nach
der von einer dauerhaften Stationierung der AWACS-Flugzeuge in Mazar-e
Sharif abgesehen werden sollte (Schreiben vom 6. Juni 2011 an die Mitglie-
der des Verteidigungsausschusses des Deutschen Bundestages, Ausschuss-
drucksache 17(12)629)?

Drucksache 17/7736 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
17. Inwieweit wird nach wie vor versucht, AWACS-Maschinen auf der Arabi-
schen Halbinsel zu stationieren, und von dort aus Flüge über Afghanistan
durchzuführen?

a) Welche Probleme verhindern eine solche Stationierung?

b) Inwiefern rechnet die Bundesregierung noch mit dem erfolgreichen Ab-
schluss notwendiger Abkommen für Überflugrechte und Stationierung
mit den betroffenen Staaten?

Berlin, den 14. November 2011

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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