BT-Drucksache 17/7637

Gegen eine Aufweichung des Verbotes von Streumunition

Vom 9. November 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/7637
17. Wahlperiode 09. 11. 2011

Antrag
der Abgeordneten Uta Zapf, Dr. h. c. Gernot Erler, Petra Ernstberger, Iris Gleicke,
Ute Kumpf, Dr. Rolf Mützenich, Thomas Oppermann, Dr. Frank-Walter Steinmeier
und der Fraktion der SPD
sowie der Abgeordneten Agnes Malczak, Volker Beck (Köln), Marieluise Beck
(Bremen), Viola von Cramon-Taubadel, Thilo Hoppe, Uwe Kekeritz, Katja Keul,
Ute Koczy, Tom Koenigs, Kerstin Müller (Köln), Omid Nouripour, Lisa Paus,
Claudia Roth (Augsburg), Manuel Sarrazin, Dr. Frithjof Schmidt,
Hans-Christian Ströbele und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Gegen eine Aufweichung des Verbots von Streumunition

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

1. Die Konvention gegen Streumunition (Convention on Cluster Munitions –
CCM), die am 1. August 2010 in Kraft trat, ist ein Meilenstein für den
Schutz der Zivilbevölkerung vor dieser grausamen Waffe. Sie stellt eine be-
deutende Weiterentwicklung des Humanitären Völkerrechts dar. Bereits jetzt
hat sie maßgeblich dazu beigetragen, weltweit das Bewusstsein für die
schwerwiegenden Folgen des Einsatzes von Streumunition zu stärken. Die
internationale Ächtung der jüngsten Einsätze von Streumunition durch
libysche und thailändische Truppen ist ein Beleg für die unverzichtbare
normenbildende Wirkung der CCM. Die durch sie gesetzten Normen dürfen
daher unter keinen Umständen untergraben werden.

Die Bundesrepublik Deutschland hat sich mit der Ratifikation der CCM
dazu verpflichtet, das Verbot des Einsatzes, der Herstellung und Weitergabe
von Streumunition konsequent und umfassend umzusetzen. Hierzu gehört
auch und insbesondere, dafür Sorge zu tragen, dass die von der CCM gesetz-
ten Standards nicht unterlaufen, herabgesenkt oder gar verdrängt werden.
Dies ist umso dringlicher, als noch immer nicht alle Staaten der CCM bei-
getreten sind.

2. Die Mehrzahl der Hersteller- und Besitzerstaaten, darunter die USA, China
und Russland, gehören nicht zu den Vertragsstaaten. Einige davon setzen
sich für neue Standards ein, welche die CCM-Standards unterlaufen. Diese
Bemühungen konzentrieren sich auf das VN-Waffenübereinkommen (Con-
vention on Certain Conventional Weapons – CCW), wo im November dieses

Jahres Entscheidungen über den aktuellen Protokollentwurf VI zu Streu-
munition anstehen. Dieses sieht grundsätzlich nur ein umfassendes Verbot
von Streumunition vor, die vor 1980 produziert wurde. Neuere Typen dieser
Waffe wären damit erlaubt, für einen Zeitraum von zwölf Jahren sogar
solche, die über keinen Sicherheitsmechanismus verfügen. Nach dieser Zeit
lässt das Protokoll Streumunition mit nur einem Sicherheitsmechanismus

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zu, obwohl klar ist, dass solche Mechanismen oft nicht funktionieren. Darü-
ber hinaus würden in dem Protokoll deutlich längere Übergangsfristen als
bisher gültig festgelegt. Die Frage der Anzahl der Submunition wird in dem
Protokoll nicht geregelt.

3. Eine Verabschiedung würde somit neue völkerrechtliche Standards setzen,
welche die CCM-Standards relativieren und Streumunition de facto relegi-
timieren würde. Dies würde auch der Zielstellung des CCW, Zivilpersonen
zu schützen und besonders grausame Verletzungen zu verhindern, widerspre-
chen. Die Befürworter eines solchen schwachen Teilverbots argumentieren
dagegen, dass sich dem CCW mehr Staaten mit großen Streumunitions-
beständen anschließen könnten. Die Quantität der Teilnehmerstaaten
bestimmt jedoch nicht allein die Qualität einer Norm im Humanitären Völ-
kerrecht. Im Gegenteil, hier würde eine von mehr Staaten durchgesetzte
schlechtere Regelung eine von weniger Staaten getragene bessere Regelung
verdrängen. Die daraus resultierende Regression eines gesetzten Standards
wäre ein Präzedenzfall in der Geschichte des Humanitären Völkerrechts.
Die Bundesrepublik Deutschland ist völkerrechtlich an die CCM gebunden
und dazu verpflichtet, eine solche Erosion des Verbots von Streumunition zu
verhindern.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. Veto gegen den aktuellen Protokollentwurf VI des VN-Waffenübereinkom-
mens zu Streumunition einzulegen;

2. sich entschieden jedem Abkommen zu Streumunition entgegenzustellen,
welches einen Rückschritt gegenüber der CCM darstellt;

3. sich für die Universalisierung des Verbots von Streumunition durch eine
Universalisierung der CCM einzusetzen.

Berlin, den 8. November 2011

Dr. Frank-Walter Steinmeier und Fraktion
Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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