BT-Drucksache 17/7540

Stellung ausgegründeter Privatkliniken

Vom 27. Oktober 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/7540
17. Wahlperiode 27. 10. 2011

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Harald Terpe, Birgitt Bender, Elisabeth Scharfenberg,
Britta Haßelmann, Sven-Christian Kindler, Markus Kurth, Dr. Tobias Lindner und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Stellung ausgegründeter Privatkliniken

Krankenhäuser nutzen in zunehmendem Maße die Möglichkeit, Privatkliniken
aus bestehenden Plankrankenhäusern auszugründen (vgl. Süddeutsche Zeitung
vom 30. September 2011; DER SPIEGEL vom 28. Juli 2008). Diese Privat-
kliniken unterliegen nicht den Bestimmungen des Krankenhausrechts insbeson-
dere in Bezug auf die Entgeltberechnung. Somit können hier mit Privatpatien-
tinnen und -patienten bei gleicher medizinischer Leistung deutlich höhere
Erlöse erzielt werden. Vor diesem Hintergrund hat der Bundesgerichtshof am
21. April 2011 (III ZR 114/10) entschieden, dass eine von einem Plankranken-
haus betriebene Privatklinik auch dann nicht den Bestimmungen des Kranken-
hausentgeltrechts unterliegt, wenn diese ihre Patientinnen und Patienten mit
Mitteln und medizinischem Personal des Plankrankenhauses behandelt und
letztlich identische Leistungen erbringt. In einem Änderungsantrag zum Ent-
wurf des GKV-Versorgungsstrukturgesetzes (Bundestagsdrucksache 17/6906)
beabsichtigen die Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und FDP, zumindest für
allgemeine Krankenhausleistungen eine Bindung an bestehende Entgeltrege-
lungen herbeizuführen.

Da die o. g. Regelung nur allgemeine nicht aber alle Krankenhausleistungen
inklusive Wahlleistungen umfasst, bleibt auch weiterhin ein starker Anreiz zur
Herausnahme der Privatpatientinnen und -patienten aus der bislang bestehen-
den einheitlichen Behandlungs- und Abrechnungssystematik bestehen. In der
Folge könnten die Behandlungskosten für Privatpatienten und Beihilfeberech-
tigte und somit auch Beihilfeträger wie Länder und Kommunen erheblich stei-
gen. Zudem klagen Patientinnen und Patienten darüber, dass sie in diese erheb-
lich teurere Behandlung nicht eingewilligt haben (Süddeutsche Zeitung vom
30. September 2011).

Wir fragen die Bundesregierung:

1. a) Wie viele aus Plankrankenhäusern ausgegründete Privatkliniken bestehen
nach Kenntnis der Bundesregierung?
b) Welchen Anteil am Umsatz der Krankenhausträger haben derartige aus-
gegründete Privatkliniken nach Kenntnis der Bundesregierung?

2. Wie beurteilt die Bundesregierung den Umstand, dass in ausgegründeten
Privatkliniken mitunter weit höhere Entgelte als im verbundenen Plan-
krankenhaus bezahlt werden sollen, obwohl die medizinischen Leistungen
der Privatklinik in ihrer Art dem öffentlichen Versorgungsauftrag ent-
sprechen?

Drucksache 17/7540 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
3. Inwieweit teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass eine Ausweitung
der Ausgründungen und einer damit verbundenen Abrechnungspraxis zu
weiter steigenden Beiträgen in der privaten Krankenversicherung führt?

Wenn ja, welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung daraus?

Wenn nein, warum nicht?

4. Wie will die Bundesregierung sicherstellen, dass Plankrankenhäuser, die
eine Privatklinik ausgründen, nicht ihre öffentlichen Mittel (Infrastruktur-
investitionen durch die Bundesländer und Betriebsmittel durch die Kranken-
kassen) zur rein privatwirtschaftlichen Gewinnerzielung einsetzen?

5. a) Warum soll nach Auffassung der Bundesregierung die Entgeltbindung bei
der Ausgründung von Privatkliniken nur für allgemeine Krankenhaus-
leistungen nicht aber für Wahlleistungen gelten?

b) Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass mit dieser Regelung die
bestehenden Anreize zur Ausgründung von Privatkliniken aus öffentlich
finanzierten Plankrankenhäusern fortbestehen?

Wenn nein, warum nicht?

6. Auf welche Weise stellt die Bundesregierung vor dem Hintergrund des aktu-
ellen Urteils des Bundesgerichtshofs vom 21. April 2011 sicher, dass Plan-
krankenhäuser, die eine Privatklinik ausgründen, ihren gesetzlichen Versor-
gungsauftrag gegenüber allen gesetzlich und privat versicherten Patientinnen
und Patienten weiterhin uneingeschränkt und in gleicher Weise erfüllen?

7. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass Plankrankenhäusern der
Status der Gemeinnützigkeit im Hinblick auf Umsatzsteuer, Gewerbesteuer
und Grundsteuer zu entziehen ist, wenn diese zum Zwecke der Entgeltmaxi-
mierung eine Privatklinik ausgründen und ihr gemeinnütziges Vermögen der
Privatklinik zweckwidrig zur Mitnutzung überlassen?

Wenn ja, warum?

Wenn nein, warum nicht?

8. a) Wie bewertet die Bundesregierung Fälle (vgl. Süddeutsche Zeitung vom
30. September 2011), bei denen privat Versicherte ohne deren ausdrück-
liche Einwilligung in ausgegründeten Privatkliniken behandelt wurden,
und welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung daraus?

b) Wie will die Bundesregierung verhindern, dass beihilfeberechtigte Ver-
sicherte in ausgegründeten Privatkliniken behandelt werden, obwohl die
einschlägigen Beihilfevorschriften (vgl. etwa § 26 der Bundesbeihilfe-
verordnung, BBhV) keine vollständige Kostenerstattung bei Behandlun-
gen in Privatkliniken vorsehen?

9. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass insbesondere aus Gründen
des Patienten- bzw. Verbraucherschutzes zwischen den Entgeltregeln für
reine Privatkliniken einerseits und Privatausgründungen an Plankranken-
häusern andererseits rechtlich unterschieden werden muss?

Wenn ja, welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung daraus?

Wenn nein, warum nicht?

Berlin, den 27. Oktober 2011

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.