BT-Drucksache 17/7355

Den Rüstungsexportbericht 2010 unverzüglich vorlegen und künftig ausführlicher gestalten

Vom 19. Oktober 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/7355
17. Wahlperiode 19. 10. 2011

Antrag
der Abgeordneten Katja Keul, Agnes Malczak, Marieluise Beck (Bremen), Volker
Beck (Köln), Viola von Cramon-Taubadel, Ekin Deligöz, Kai Gehring, Thilo Hoppe,
Uwe Kekeritz, Ute Koczy, Tom Koenigs, Kerstin Müller (Köln), Omid Nouripour,
Lisa Paus, Claudia Roth (Augsburg), Manuel Sarrazin, Dr. Frithjof Schmidt,
Hans-Christian Ströbele der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Den Rüstungsexportbericht 2010 unverzüglich vorlegen und künftig ausführlicher
gestalten

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Einer restriktiven Rüstungsexportpolitik kommt eine besondere friedens- und
sicherheitspolitische Bedeutung zu, die sich unter anderem in Artikel 26 des
Grundgesetztes widerspiegelt: „Zur Kriegsführung bestimmte Waffen dürfen
nur mit Genehmigung der Bundesregierung hergestellt, befördert und in Verkehr
gebracht werden.“

Die rechtliche Grundlage für die Genehmigung von Rüstungsexporten bilden im
Kern das Außenwirtschaftsgesetz, die Außenwirtschaftsverordnung und das
Kriegswaffenkontrollgesetz. Kriterien für die politische Entscheidungsfindung
werden durch die Rüstungsexportrichtlinien der Bundesregierung sowie den Ge-
meinsamen Standunkt der EU betreffend gemeinsame Regeln für die Kontrolle
der Ausfuhr von Militärtechnologie und Militärgütern vorgegeben.

Der Rüstungsexportbericht der Bundesregierung ist – neben dem parlamentari-
schen Fragerecht – derzeit das einzige Instrument, das dem Deutschen Bundes-
tag einen Einblick in die Genehmigungspolitik der Bundesregierung ermöglicht.
Er basiert auf Abschnitt V der Rüstungsexportrichtlinien der Bundesregierung.
Es ist eine alljährliche Unterrichtung vorgesehen, in der die Umsetzung der
Grundsätze der deutschen Rüstungsexportpolitik im abgelaufenen Kalenderjahr
aufgezeigt sowie die von der Bundesregierung erteilten Exportgenehmigungen
für Kriegswaffen und sonstige Rüstungsgüter im Rahmen der gesetzlichen Be-
stimmungen aufgeschlüsselt werden.

Der Deutsche Bundestag hat wiederholt eine qualitativ bessere und zeitnähere
Unterrichtung – parallel zum Jahresabrüstungsbericht – gefordert. In der Praxis
erscheint der Rüstungsexportbericht mit erheblicher Verzögerung zum Berichts-

zeitraum, im Extremfall erst im übernächsten Jahr mit 15-monatiger Verspätung.
Dafür gibt es keinen sachlichen Grund, da das Datenmaterial weit vorher vor-
liegt.

Transparenz ist die Voraussetzung für öffentliche und parlamentarische Kon-
trolle. Rüstungsgeschäfte dürfen nicht im Dunkeln bleiben. Andere Länder
unterrichten ihre Parlamente und die Öffentlichkeit inzwischen früher, öfter und

Drucksache 17/7355 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

in wichtigen Teilen umfassender als die Bundesregierung. Eine in ihrem Aus-
maß nicht nachvollziehbare Geheimhaltung und die Nichterfassung der tatsäch-
lichen Ausfuhr aller Rüstungsausfuhren schränken die Aussagekraft des Rüs-
tungsexportberichts der Bundesregierung erheblich ein.

● Der Deutsche Bundestag braucht künftig bessere Instrumente, die auf prakti-
kablem und gegebenenfalls vertraulichem Weg seine rechtzeitige Beteiligung
an Entscheidungen über Rüstungsexporte sicherstellt. In diesem Verfahren
sind positiv entschiedene Voranfragen und Anträge zum Rüstungsexport von
Seiten der Bundesregierung zeitnah vorzulegen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

● den Rüstungsexportbericht 2010 unverzüglich vorzulegen;

● ihren Rüstungsexportbericht bis spätestens drei Monate nach Ablauf eines
Kalenderhalbjahres vorzulegen;

● den Rüstungsexportbericht u. a. durch folgende Angaben zu ergänzen:

– tatsächlich getätigte Rüstungsgüterausfuhren,

– – einzelne Waffentypen,

– – erteilte und gültige Produktionslizenzen,

– – gültige Sammelausfuhr- bzw. Allgemeingenehmigungen,

– im Rahmen der Verteidigungsgüterrichtlinie durch Deutschland zertifi-
zierte Unternehmen,

– im Rahmen von Allgemeingenehmigungen und Sammelausfuhrgenehmi-
gungen getätigte Ausfuhren,

– Dual-Use-Ausfuhren und

– im Zusammenhang mit Rüstungsexporten stehende Bürgschaften und
Offset-Geschäfte;

● das dem Rüstungsexportbericht zugrundeliegende Datenmaterial bei Verfüg-
barkeit, also auch vor Erscheinen des Rüstungsexportberichtes, in Form einer
öffentlich zugänglichen Datenbank bereitzustellen;

● den Deutschen Bundestag künftig auf geeignetem Weg frühzeitig und recht-
zeitig in den Entscheidungsprozess über Rüstungsexporte einzubeziehen;

● Entscheidung des Bundessicherheitsrates zu Rüstungsexporten dem Bundes-
tag zeitnah bekannt zu machen und zu begründen.

Berlin, den 19. Oktober 2011

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

Begründung

Seit Erscheinen des Rüstungsexportberichts hat sich gezeigt, dass der Zeitpunkt
seiner Vorlage nicht ausreicht, um eine angemessene Transparenz herzustellen,
die eine effektive Kontrolle der Rüstungsexportpolitik der Bundesregierung
durch das Parlament ermöglichen würde. Die teilweise erst im übernächsten Jahr
erfolgende und daher immens verspätete Vorlage des Rüstungsexportberichts

führt diese Art der Unterrichtung zunehmend ad absurdum.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/7355

Inhaltlich stimmen die im Rüstungsexportbericht enthaltenen Informationen
nicht mit den Informationsbedürfnissen der Abgeordneten überein. Im Gegen-
teil: mit Verweis auf den über Monate hinweg in Erarbeitung und regierungs-
internen Abstimmungen befindlichen Exportbericht wurden Anfragen der Ab-
geordneten nicht beantwortet. Damit hat sich die Informationslage de facto
sogar verschlechtert. Auf jeden Fall muss künftig wieder sichergestellt werden,
dass die Anfragen der Abgeordneten sachgerecht, umfassend und in geeigneter
Weise beantwortet werden.

Es muss daher ein Mechanismus gefunden werden, über den sich die Bundesre-
gierung und das Parlament über die Berichtsinhalte und Schwerpunkte verstän-
digen können. Dazu wäre die gemeinsame Beratung und Auswertung des je-
weils letzten Rüstungsexportberichts und daraufhin die Verständigung auf zu
beachtende Inhalte und Schwerpunkte in einem zuständigen Ausschuss – bei-
spielsweise dem Unterausschuss Abrüstung, Rüstungskontrolle und Nichtver-
breitung – ein geeignetes Instrument.

Eine Reihe wichtiger Daten wird bislang noch nicht erfasst oder im Bericht auf-
geführt. Durch die Einführung einer Meldepflicht bei erfolgter Ausfuhr wäre es
möglich, auch die Ausfuhr von Rüstungsgütern statistisch zu erfassen. Angaben
zu Ausfuhren im Rahmen von Allgemein- bzw. Sammelgenehmigungen werden
besonders im Zuge der Umsetzung der Verteidigungsgüterrichtlinie zwingend
notwendig, da ansonsten signifikante Teile der deutschen Ausfuhren in All-
gemeinposten verschwinden. Auch Dual-Use-Ausfuhren, Hermesbürgschaften
und Offset-Geschäfte sind relevante Ergänzungen zur bisherigen Berichtspraxis.
Grundsätzlich dienen die geforderten Ergänzungen dazu, die durch die Wissen-
schaft und Parlamentarier identifizierten Defizite des Rüstungsexportberichts zu
beheben, um ein höheres Maß an Transparenz zu erreichen.

Um weitere Untersuchungen im parlamentarischen sowie wissenschaftlichen
Raum zu ermöglichen, ist Datenmaterial zu Rüstungsexporten in einer Daten-
bank bereitzustellen. Das Internet bietet dazu Möglichkeiten rascher, umfassen-
der und gut aufbereiteter Information. Daten können auf diesem Wege umgehend
der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden. Seitens der Bundesregierung
wäre dies eine einfach umzusetzende Dienstleistung, die einen immensen Ein-
fluss vor allem auf die Ausweitung der Transparenz in diesem Politikfeld zur
Folge hätte.

Über die Verbesserung dieser Berichterstattung hinaus, ist es zudem zwingend
erforderlich, dass die Bundesregierung den Bundestag zeitnah über rüstungs-
exportrelevante Entscheidungen des Bundessicherheitsrates unterrichtet. Eine
Kontrolle des Regierungshandelns wird überhaupt erst durch eine solche Infor-
mierung möglich. Wenn die Entscheidung getroffen wurde, besteht kein Grund,
diese weiterhin gegenüber dem Bundestag geheim zu halten. Diese Unterrich-
tung muss vor allem bei der Ausfuhr von Kriegswaffen in Drittstaaten eine
Begründung umfassen, die das besondere außen- und sicherheitspolitische Inte-
resse im jeweiligen Fall darlegt.

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