BT-Drucksache 17/6883

Erkenntnisse über und Konsequenzen aus dem Schießunfall auf dem Truppenübungsplatz Grafenwöhr am 8. Juli 2011

Vom 1. September 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/6883
17. Wahlperiode 01. 09. 2011

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Uwe Kekeritz, Agnes Malczak, Marieluise Beck (Bremen),
Volker Beck (Köln), Viola von Cramon-Taubadel, Thilo Hoppe, Katja Keul,
Ute Koczy, Tom Koenigs, Kerstin Müller (Köln), Omid Nouripour, Lisa Paus,
Claudia Roth (Augsburg), Manuel Sarrazin, Dr. Frithjof Schmidt,
Hans-Christian Ströbele und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Erkenntnisse über und Konsequenzen aus dem Schießunfall auf dem
Truppenübungsplatz Grafenwöhr am 8. Juli 2011

Am 8. Juli 2011 kam es auf dem zur ausschließlichen Nutzung der US-Armee
überlassenen Truppenübungsplatz Grafenwöhr zu einem Schießunfall. Mehrere
Kugeln unter anderem aus einem 12,7 mm-Maschinengewehr schlugen Presse-
berichten zufolge im angrenzenden Grafenwöhr ein. In rund vier Kilometern
Entfernung zum Abschussort durchschlug ein Geschoss die Glastür der Berufs-
schule, drei weitere trafen Wohnhäuser. Insgesamt elf Einschüsse wurden an
Gebäuden in Stadt und Garnison festgestellt. Den Berichten war zu entnehmen,
dass der Unfall bei einer Übung zum Schutz von Fahrzeugkolonnen mit gelän-
degängigen Fahrzeugen (Humvees) geschehen sei.

Abgesehen vom aktuellen Vorfall, beklagen sich die Bewohner in den westlich
des Truppenübungsplatzes gelegenen Gemeinden seit geraumer Zeit über eine
das erträgliche Maß überschreitende Belastung durch Schießlärm.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche Vorkehrungen zum Schutz des Standortpersonals bzw. der umlie-
genden Bevölkerung vor Beschuss der umliegenden Wohnbebauung und
Schießlärm existierten bislang am Truppenübungsplatz Grafenwöhr, und
welche sind geplant oder derzeit in der Umsetzung

a) an der betroffenen Schießbahn 118,

b) an der Schießbahn 213,

c) an den weiteren Schießbahnen auf dem Gelände?

2. Welche Dienst- und Durchführungsvorschriften galten bislang auf dem
Truppenübungsplatz Grafenwöhr zum Schutz vor Schießunfällen mit Aus-
wirkungen auf dem Gelände selbst und darüber hinaus?
3. Wurden bislang die umliegenden Gemeinden und damit deren Bürgerinnen
und Bürger über bevorstehende Übungen und unter Umständen über von
diesen ausgehenden Gefahren vorab informiert, und falls ja, in welcher
Form und wann?

Würde eine solche Information irgendeinen Einfluss auf die Sicherheitslage
der Bürgerinnen und Bürger haben?

Drucksache 17/6883 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

4. Hält die Bundesregierung die bestehenden Sicherheitsvorkehrungen für
ausreichend, und falls nicht,

a) wo und warum im Einzelnen sieht sie Nachbesserungsbedarf,

b) wann gedenkt sie Abhilfe zu schaffen oder diese von den US-Streitkräf-
ten zu verlangen?

5. Hat sich an den Sicherheitsvorkehrungen seit dem Schießunfall am 8. Juli
2011 etwas geändert, und

a) falls nein, warum nicht,

b) falls ja, was im Einzelnen?

6. Welche Rolle spielt der Deutsche Militärische Vertreter (DMV) bei der
Kontrolle und Überwachung der durchgeführten Manöver, und inwiefern
kann er Einfluss auf die Manöver der übenden nicht-deutschen Streitkräfte
nehmen?

7. Wie werden die Übungen auf dem Truppenübungsplatz durch deutsche Be-
hörden, abgesehen vom DMV, kontrolliert und ggf. beeinflusst?

8. Was war der konkrete Übungsinhalt und Ablauf des am 8. Juli 2011 durch-
geführten Manövers, das zu dem Beschuss Grafenwöhrs führte, und wie oft
wurden vergleichbare Übungen bereits in der Vergangenheit durchgeführt,
ohne dass es dabei zu Zwischenfällen kam?

9. Wurde die Übung entsprechend allen Vorkehrungen zur Sicherheit ausge-
führt, falls nein, welche Regeln wurden im Einzelnen verletzt?

10. War der Beschuss von Teilen Grafenwöhrs in der Art und Ausführung der
konkreten Übung wegen falscher Planung unvermeidlich angelegt, oder
wurde die Übung entgegen der Planung ausgeführt?

11. Kam es bei der Übung zu unvorhergesehenen Ereignissen im simulierten
Gefechtsablauf, und falls ja, zu welchen?

12. Welche weiteren Umstände führten zum Beschuss von zivilen Gebäuden in
Grafenwöhr?

13. Wurde und wird diese konkrete Übung, die zu dem Schießunfall führte,
oder vergleichbare Übungen weiter auf dem Truppenübungsplatz durchge-
führt, oder sind derartige Übungen bis zur Klärung der Umstände bzw. den
daraus gezogenen Konsequenzen ausgesetzt?

14. Waren für diesen Tag noch weitere Manöver geplant, und wurden diese
nach Bekanntwerden des Schießunfalls abgebrochen?

15. Welche Waffensysteme und welche Munition wurden bei der Übung, bei
der es zum Schießunfall kam, konkret eingesetzt?

16. Warum wurde bei dieser Übung scharfe Munition zum Einsatz gebracht,
und ist dies die übliche Vorgehensweise?

17. Wie groß ist die Reichweite der eingesetzten Waffen, und in welcher Ent-
fernung zur nächsten Wohnbebauung fand diese Übung der US-Streitkräfte
statt?

18. Welche weiteren Schießübungen finden auf dem Truppenübungsplatz Gra-
fenwöhr statt, und in welcher Entfernung zur nächsten Wohnbebauung
werden diese durchgeführt (ggf. Beantwortung mit Lageplan des Truppen-
übungsplatzes)?

19. Hat sich in den letzten Jahren der Inhalt der durchgeführten Manöver und
Schießübungen auf den Truppenübungsplatz Grafenwöhr verändert, und

wenn ja, inwiefern?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/6883

20. Wurden die Sicherheitsvorkehrungen zum Schutz des Personals auf dem
Truppenübungsplatz und der umliegenden Bevölkerung den veränderten
Übungsinhalten angepasst oder steht diese Anpassung noch aus?

21. Ist es zutreffend, dass die Bundeswehr in diesem Jahr bei Konsultationen
bereits entsprechende Vorkehrungen zum Schutz der Anwohnerinnen und
Anwohner vor Beschuss und Lärm vom Betreiber des Truppenübungs-
platzes, dem Joint Multinational Training Center (JMTC) bzw. dem Eigen-
tümer, der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, verlangt hat, und wel-
che waren dies im Einzelnen?

22. Inwieweit wurde den Forderungen der Bundeswehr zum Schutz der Bevöl-
kerung am Truppenübungsplatz bereits entsprochen bzw. inwiefern ist das
geplant, und wer trägt die anfallenden Kosten?

23. Ist es zutreffend, dass derzeit eine nachträgliche Anordnung nach § 17 des
Bundes-Immissionsschutzgesetzes zur Einschränkung des Schießbetriebes
auf der Schießbahn 213 erarbeitet wird, und falls ja,

a) wann ist mit deren Inkrafttreten zu rechnen,

b) wie wird die Einschränkung ausfallen,

c) wie kann sich diese Wirkung gegenüber den Gaststreitkräften entfalten?

24. Gibt es eine bundesgesetzliche Grundlage für einen verhängten Baustopp
bzw. für die Ankündigung in den an die Schießbahn 213 angrenzenden Orts-
teilen Nitzlbuch und Bernreuth der Stadt Auerbach/OPf keine Baugeneh-
migungen für Wohnhäuser mehr zu erteilen, und

a) falls ja, welche sind dies im Einzelnen,

b) falls nein, existieren landesgesetzliche Grundlagen?

25. Sehen diese gesetzlichen Regelungen Entschädigungsleistungen für die
Eigentümer von betroffenen Grundstücken vor, und falls ja, wer hat diese
zu tragen?

26. Hat die Bundesregierung Kenntnis über durchgeführte Lärmgutachten im
Umfeld des Truppenübungsplatzes Grafenwöhr, und

a) falls ja, mit welchem Ergebnis,

b) falls ja, von wem wurden diese wann durchgeführt,

c) falls nein, sind solche durch die Bundeswehr, die Bundesanstalt für Im-
mobilienaufgaben oder weitere Bundesbehörden bzw. – je nach Kennt-
nis der Bundesregierung – durch Landes- oder Kommunalbehörden ge-
plant?

27. Hat die Bundesregierung Kenntnis von vergleichbaren Schießunfällen zum
Unfall am 8. Juli 2011 (bitte mit Angabe von Datum, ggf. Standort und
konkreter Auswirkung)

a) am Standort Grafenwöhr,

b) an anderen Standorten in der Bundesrepublik Deutschland?

28. Ist die Bundesregierung bereit, den Betrieb auf dem Truppenübungsplatz
Grafenwöhr bis zur Herstellung geeigneter Vorkehrungen zum Schutz der
umliegenden Bevölkerung vor Beschuss und Schießlärm einzuschränken
oder gänzlich auszusetzen bzw. dies zu verlangen, und falls nein, warum
nicht?

Berlin, den 1. September 2011
Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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