BT-Drucksache 17/6486

Einsetzung einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Vorbereitung eines "Rentenüberleitungsabschlussgesetzes" und zur Einrichtung eines "Härtefallfonds"

Vom 6. Juli 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/6486
17. Wahlperiode 06. 07. 2011

Antrag
der Abgeordneten Iris Gleicke, Anette Kramme, Silvia Schmidt (Eisleben),
Dr. Peter Danckert, Petra Ernstberger, Wolfgang Gunkel, Gabriele Hiller-Ohm,
Dr. Eva Högl, Josip Juratovic, Daniela Kolbe (Leipzig), Angelika Krüger-Leißner,
Ute Kumpf, Steffen-Claudio Lemme, Burkhard Lischka, Gabriele Lösekrug-Möller,
Caren Marks, Katja Mast, Petra Merkel (Berlin), Thomas Oppermann, Mechthild
Rawert, Carsten Schneider (Erfurt), Ottmar Schreiner, Swen Schulz (Spandau),
Sonja Steffen, Dr. h. c. Wolfgang Thierse, Wolfgang Tiefensee, Dr. Marlies
Volkmer, Andrea Wicklein, Waltraud Wolff (Wolmirstedt), Dagmar Ziegler,
Dr. Frank-Walter Steinmeier und der Fraktion der SPD

Einsetzung einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Vorbereitung eines
„Rentenüberleitungsabschlussgesetzes“ und zur Einrichtung eines
„Härtefallfonds“

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Neben der Vereinheitlichung der Rechengrößen der Rentenversicherung in Ost
und West müssen mehr als 20 Jahre nach der deutschen Einheit weitere offene
Fragen der Rentenüberleitung abschließend geklärt werden. Auch die bei der
Überleitung der Alterssicherung der DDR in das bundesdeutsche Rentenrecht
getroffenen Regelungen müssen im Interesse des Rechtsfriedens und der Voll-
endung der deutschen Einheit endlich abschließend geklärt werden.

Fest steht, dass die Überleitung bis heute kein alle Interessen befriedendes
Recht geschaffen hat. Im Zuge der Überleitung sind soziale Härten und Un-
gleichbehandlungen entstanden, die bis heute weiter bestehen. Dabei geht es
jedoch nicht etwa darum, die zu Recht abgeschafften Privilegien für ehemals
staats- und parteinahe Dienstleistende wieder einzuführen.

Es gilt ebenso festzuhalten, dass man den erreichten politischen Interessenaus-
gleich im Nachhinein aufkündigen würde, wollte man heute neue rentenrecht-
liche Regelungen schaffen, um einzelne Betroffenengruppen über Leistungs-
ausweitungen besserzustellen. Dies würde zu neuen Abgrenzungsfragen und
damit möglicherweise zu neuen Klagewellen führen und das Rentenüberlei-
tungsrecht aufs Neue in Frage stellen.
Deshalb muss im Interesse der Betroffenen nach Alternativen gesucht werden,
die geeignet sind, infolge der Rentenüberleitung verursachte soziale Verwer-
fungen abzumildern. Dies ist auch vor dem Hintergrund der gerade in den ost-
deutschen Bundesländern bedrohlich wachsenden Altersarmut von großer Be-
deutung.

Die Verpflichtung zur Angleichung der Lebensverhältnisse in Ost und West, die
sich aus Artikel 30 Absatz 5 Satz 3 des Einigungsvertrages und aus dem Grund-

Drucksache 17/6486 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
gesetz ergibt, betrachten wir als gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Deshalb
müssen die Kosten zur Lösung der offenen Rentenfragen von allen und nicht nur
von den Beitragszahlern getragen werden. Die Einrichtung eines „Härtefall-
fonds“ ist geeignet, die Interessen der einzelnen Betroffenen und des Gemein-
wohls in Einklang zu bringen und soziale Härten abzufedern.

Die von der Bundesregierung im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und
FDP angekündigte Vereinheitlichung der Rentensysteme soll deshalb mittels
eines „Rentenüberleitungsabschlussgesetzes“ um die abschließende Klärung
der offenen Überleitungsfragen ergänzt werden.

II. Der Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

auf die Einrichtung einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Vorbereitung eines
„Rentenüberleitungsabschlussgesetzes“ und eines „Härtefallfonds“ hinzuwir-
ken, die

● die sozialen Wirkungen der Rentenüberleitung auf Handlungsbedarfe unter-
sucht und einer umfangreichen Bestandsaufnahme unterzieht;

● konkrete Vorschläge zur Ausgestaltung einer Transferleistung für die Betrof-
fenen formuliert;

● zu korrigierende soziale Härten genau definiert. In Frage kommen hier u. a.
Renten, die unter oder in etwa auf dem Niveau der Grundsicherung im Alter
nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch liegen. Diese Versorgungslücken
müssen größtenteils auf die Rentenüberleitung zurückzuführen sein und dür-
fen nicht nur Ursache eines generell niedrigen Alterseinkommens sein, das
sich auch nach Anwendung des Rentenrechts der DDR ergeben hätte;

● schließlich ein Finanzierungskonzept vorlegt, in dem eine möglichst kon-
krete Prognose und Bereitstellung der benötigten Mittel durch Bund und
Länder dargelegt wird. Die Leistungen aus dem „Härtefallfonds“ sollen aus
dem Steueraufkommen finanziert werden.

Berlin, den 6. Juli 2011

Dr. Frank-Walter Steinmeier und Fraktion

Begründung

Von großen Teilen der ostdeutschen Öffentlichkeit wird dennoch zu Recht kriti-
siert, dass Anwartschaften einzelner Berufsgruppen aus den Sonder- und Zu-
satzversorgungssystemen bisher nur unzureichend im Rentenüberleitungsge-
setz (RÜG) erfasst werden. Dies hat seit Anbeginn zu Protesten, Petitionen und
nicht zuletzt Klagen durch alle gerichtlichen Instanzen geführt. Aus grundsätz-
lichen sozialpolitischen Erwägungen und gerade vor dem Hintergrund sozialer
Verwerfungen, die durch die Unterschiedlichkeit der beiden Rentensysteme
entstanden sind, muss für Härtefälle ein sozialer Ausgleich geschaffen werden.
Dieser soll dort greifen, wo soziale Härten entstanden sind und als gesamt-
gesellschaftliche Aufgabe aus Steuermitteln finanziert werden.

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.