BT-Drucksache 17/6368

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und FDP - Drucksachen 17/6070, 17/6361 - Entwurf eines Dreizehnten Gesetzes zur Änderung des Atomgesetzes

Vom 29. Juni 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/6368
17. Wahlperiode 29. 06. 2011

Entschließungsantrag
der Abgeordneten Jürgen Trittin, Renate Künast, Bärbel Höhn, Sylvia Kotting-Uhl,
Hans-Josef Fell, Oliver Krischer, Ingrid Nestle, Dorothea Steiner, Undine Kurth
(Quedlinburg), Nicole Maisch, Dr. Hermann Ott, Kerstin Andreae, Cornelia Behm,
Birgitt Bender, Harald Ebner, Dr. Thomas Gambke, Katrin Göring-Eckardt, Bettina
Herlitzius, Priska Hinz (Herborn), Dr. Anton Hofreiter, Stephan Kühn, Markus Kurth,
Beate Müller-Gemmeke, Friedrich Ostendorff, Claudia Roth (Augsburg),
Christine Scheel, Markus Tressel, Daniela Wagner, Dr. Valerie Wilms und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und FDP
– Drucksachen 17/6070, 17/6361 –

Entwurf eines Dreizehnten Gesetzes zur Änderung des Atomgesetzes

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die Atomkatastrophe in Fukushima hat die Welt wachgerüttelt. Dass in einem
Hochtechnologieland mehrere Atomreaktoren gleichzeitig außer Kontrolle ge-
raten und es zu drei parallelen Kernschmelzen kommt, zeigt, welch unermess-
liches Risiko diese Technologie für die Menschen bedeutet. Die ganze Trag-
weite der Katastrophe ist bis heute noch nicht absehbar. Aber eines ist jetzt
schon klar: Die Menschen in der Region und weit darüber hinaus werden noch
jahrzehntelang unter den Folgen leiden.

Fukushima hat nicht nur in Deutschland die Koordinaten der Energiepolitik
grundlegend verschoben. In vielen Ländern weltweit steigt die Ablehnung der
Atomkraft in der Bevölkerung, so in der Türkei, in Japan, Tschechien, Polen
oder sogar in Frankreich. In Italien stimmten bei einem Referendum rund
95 Prozent gegen die Atomenergie. Ein erfolgreicher Komplettausstieg aus der
Atomenergie in einem Industrieland wie Deutschland wird diese Entwicklun-
gen unterstützen und den Druck für einen europa- und weltweiten Ausstieg
erhöhen.
Der Beschluss zur 13. Novelle des Atomgesetzes gibt den vielen Menschen,
den Umweltverbänden und der Anti-AKW-Bewegung Recht, die seit vielen
Jahren für die Stilllegung der Atomkraftwerke (AKW) in Deutschland auf die
Straße gehen. Die Laufzeitverlängerung wird zurückgenommen, die sieben
ältesten AKW plus Krümmel gehen endgültig vom Netz und für jedes einzelne
AKW wird ein festes Enddatum gesetzt. Damit wird fast die Hälfte der deut-
schen AKW sofort und endgültig stillgelegt.

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Mit der Rücknahme der Laufzeitverlängerungen kehren die Bundesregierung
und die sie tragenden Fraktionen zum rot-grünen Atomkonsens von 2001 zu-
rück. Diese Gesetzesnovelle ist ein Schritt in die richtige Richtung. Allerdings
ist sie nur der Anfang auf dem Weg zum endgültigen Atomausstieg.

Der Abschaltplan der Bundesregierung bis 2022 ist allerdings nicht der
schnellstmögliche Atomausstieg. Der Deutsche Bundestag erwartet, dass die
Bundesregierung durch einen beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Ener-
gien die Voraussetzungen für einen schnelleren Atomausstieg schafft, wie sie
etwa das Umweltbundesamt durchgerechnet hat. Ein breiter Konsens möglichst
aller politischen Parteien im Deutschen Bundestag und auch in der Gesellschaft
ist für den Ausstieg aus der Hochrisikotechnologie Atom ein Wert an sich.
Aber: Wenn die Bundesregierung einen wirklichen, breiten gesellschaftlichen
Konsens für den Atomausstieg will und nicht nur einen politischen Parteien-
konsens, dann muss sie die Umweltverbände und die Anti-AKW-Bewegung in
den Dialog mit einbeziehen. Und der Atomausstieg sollte durch eine von einer
breiten Mehrheit getragene Grundgesetzänderung unumkehrbar gemacht wer-
den.

Die heute beschlossene Atomwende ist notwendig, aber nicht hinreichend. Sie
ist nicht mehr und nicht weniger als eine Zwischenetappe auf dem Weg zum
Ende der Atomkraft und für einen grundlegenden Umbau der energetischen In-
frastruktur unseres Landes hin zu den erneuerbaren Energien. Doch wir sind
noch lange nicht am Ziel.

Die Sicherheit der noch laufenden AKW muss deutlich verbessert werden – das
ist eine Lehre aus Fukushima. Jedes AKW bleibt eine Gefahr, daher brauchen
wir höhere Sicherheitsanforderungen als bisher, entsprechende Nachrüstungen
müssen zeitnah umgesetzt werden. Aus diesem Grund ist es nicht akzeptabel,
dass die Bundesregierung noch zwei Jahre lang eines der alten AKW als so ge-
nannte Kaltreserve vorhalten will. Dies ist energiewirtschaftlicher Unsinn, weil
nur Gas- und Biomassekraftwerke im Bedarfsfall schnell und flexibel hoch-
gefahren werden können. Und es ist unnötig gefährlich – auch die Fukushima-
Reaktoren waren nicht am Netz, als die Kernschmelzen eintraten. Auch ist die
behauptete Gigawatt-Stromlücke zu Spitzenzeiten im Winter nicht belegt. Das
Öko-Institut e. V. hat errechnet, dass etwaige Stromlücken mit der vorhandenen
konventionellen Kraftwerksreserve abgedeckt werden können. Darüber hinaus
besteht die Möglichkeit, Verbrauchsspitzen gezielt abzusenken (Lastmanage-
ment). Diese wird bislang noch so gut wie gar nicht genutzt.

In die Endlagerfrage ist endlich Bewegung gekommen, ausgelöst durch die Be-
reitschaft der neuen grün-roten Landesregierung, eine Endlagersuche auch in
Baden-Württemberg zuzulassen. Ein konkreter Vorschlag für eine ergebnisof-
fene, bundesweite Endlagersuche wurde von der Bundesregierung trotz Zusage
an die Ministerpräsidenten bislang nicht vorgelegt. Stattdessen wird in Gorle-
ben weitergebaut. So provoziert die Bundesregierung weiterhin Massenproteste
beim nächsten Atommülltransport nach Gorleben.

Umfassende Neuorientierung der Energiepolitik nötig

Der Ausstieg aus der Atomkraft ist aber nur die eine Seite der Medaille, der
Klimaschutz bleibt eine unserer größten Zukunftsaufgaben. Der Klimawandel
schreitet schneller voran als dies noch vor wenigen Jahren abzusehen war und
die Folgen der Erderwärmung sind vielerorts bereits seit Jahren spürbar. Es ist
also Zeit für eine umfassende Energiewende. Die Zukunft gehört einer grünen
Energieerzeugung, die erneuerbar, dezentral, demokratisch, effizient und ener-
giesparend ist.
Die rot-grüne Bundesregierung hat insbesondere mit dem Erneuerbaren-Ener-
gien-Gesetz den Umstieg vor gut zehn Jahren eingeleitet und ihn gegen den er-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/6368

bitterten Widerstand der damaligen Opposition verteidigt. Der Deutsche Bundes-
tag begrüßt, dass nunmehr auch CDU, CSU und FDP – die auf Landesebene den
Ausbau von Windenergie systematisch bürokratisch verhindern, auf Bundes-
und Europaebene gegen den Emissionshandel gekämpft haben und bis heute ver-
bindliche Energiesparziele ablehnen – offensichtlich die Notwendigkeit einer
neuen Energiepolitik einsehen.

Die Umsetzung ist allerdings ungenügend. Anstatt zielstrebig den vollständigen
Umstieg auf erneuerbar erzeugten Strom anzugehen, strebt die Bundesregierung
bis 2020 einen Ökostromanteil von mindestens 35 Prozent an. In Wahrheit wird
damit der Ausbau erneuerbarer Energien nicht ambitioniert vorangetrieben und
nicht beschleunigt. Großanlagen werden gegenüber dezentralen Kleinanlagen
begünstigt, die Industrie großzügig von der Umlage befreit. Das ist sozial unge-
recht und schädlich für den Ausbau erneuerbarer Energien.

Nicht die dezentralen erneuerbare Energien und die dezentrale Kraft-Wärme-
Kopplung (KWK) sollen den größten Anteil des wegfallenden Atomstroms er-
setzen, die Bundesregierung setzt stattdessen auf zentralisierte Strukturen. Dafür
sollen die Planung gestrafft, die Bürgerbeteiligung eingeschränkt und der Neu-
bau konventioneller Kraftwerke mit Milliardenbeträgen subventioniert werden –
ausgerechnet aus Einnahmen des Emissionshandels, die für Klimaschutz, er-
neuerbare Energien und Energiesparmaßnahmen zur Verfügung stehen sollen.

Der Ausbau notwendiger neuer Stromtrassen kann nicht von oben herab ange-
ordnet werden, sondern nur gemeinsam und mit Akzeptanz der Bürgerinnen
und Bürger realisiert werden.

Beim Energiesparen ist ein komplettes Umdenken der Bundesregierung not-
wendig. Auf EU-Ebene blockiert sie bisher ein verbindliches Einsparziel von
20 Prozent. In Deutschland fehlen wirksame Maßnahmen zur Senkung des
Stromverbrauchs. Das erst kürzlich von der Bundesregierung radikal gekürzte
Gebäudesanierungsprogramm wird viel zu zögerlich wieder aufgestockt. Dabei
stößt 1 Euro Fördermittel 8 Euro Privatinvestitionen an, das bringt Milliarden-
aufträge für Handwerk und Industrie und finanziert sich über die Steuereinnah-
men selbst. Klimaschutz, Arbeitsplätze und Einsparungen in Milliardenhöhe
bleiben so auf der Strecke.

Mit der steuerlichen Förderung von energetischen Sanierungsmaßnahmen ver-
folgt die Bundesregierung grundsätzlich das richtige Ziel. Es muss allerdings
verhindert werden, dass sich hier eine intransparente Steuersubvention zu
einem neuen Schlupfloch entwickelt, von dem vor allem Unternehmen und
Menschen mit hohem Einkommen profitieren, die sich wenig ambitionierte
Sanierungen teuer fördern lassen.

Die jetzt von der Bundesregierung und den Koalitionsfraktionen der CDU/CSU
und FDP vorgelegten Gesetzesnovellen zum Ausbau der erneuerbaren Energien,
der Leitungsnetze und Speicherkapazitäten werden dem Anspruch einer echten
Energiewende nicht gerecht.

Jetzt ist die Zeit, weiter in eine Energiewende zu investieren. Deutschland muss
raus aus der Atomkraft, endgültig und zügig – und ohne Nostalgie für Kohle
und Öl. Zugleich wird damit Klimaschutz mit hoher Priorität umgesetzt, neue
Kohlekraftwerke sind damit nicht zu vereinbaren. Unser Land hat die gesell-
schaftlichen, technologischen und ökonomischen Möglichkeiten, bereits bis
2030 vollständig auf erneuerbaren Strom umzusteigen. Diese Chance wollen
wir nutzen und zügig die nächsten Schritte ergreifen.

Drucksache 17/6368 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung daher auf,

zur Vollendung eines endgültigen und sicheren Ausstiegs aus der Atomenergie:

● die Sicherheit der weiter laufenden AKW deutlich zu verbessern. Das Kern-
technische Regelwerk muss endlich in Kraft gesetzt und zügig weiterent-
wickelt werden. Entsprechende Nachrüstungen, die sich daraus und aus den
Erkenntnissen von Fukushima an den AKW ergeben, sind durchzusetzen.
Alle AKW sollen in einem angemessenen Zeitraum den Nachweis erbrin-
gen, dass ein Absturz eines Passagierflugzeugs nicht zu einer nuklearen
Katastrophe führt;

● die durch den „Stress-Test“ der Reaktorsicherheitskommission aufgeworfe-
nen Sicherheitsfragen für den Betrieb von Atomkraftwerken belastbar zu
Ende zu untersuchen, um auf dieser Grundlage neue Anforderungen an alle
kerntechnischen Anlagen (inklusive Zwischenlager, Urananreicherung,
Brennelementefertigung, Konditionierungsanlagen etc.) zu definieren sowie
alle dem Prozess zugrunde liegenden Unterlagen zu veröffentlichen;

● den Strahlenschutz für das gesamte in AKW eingesetzte Personal deutlich
zu verbessern;

● gesetzlich zu verankern, dass von der Atomaufsicht angeordnete sicherheits-
technisch erforderliche Nachrüstungen nicht länger zu Entschädigungs-
pflichten der Allgemeinheit gegenüber den Betreibern führen;

● die Versicherungspflicht, die sogenannte Deckungsvorsorge, für den Betrieb
von AKW deutlich anzuheben. Wenn am Versicherungsmarkt keine Deckung
zu erzielen ist, sollen die Betreiber verpflichtet werden, ihre Risiken beim
Staat gegen Gebühr zu versichern;

● die Brennelementesteuer solange zu erheben, wie die AKW am Netz sind und
sie schrittweise anheben. Dadurch werden die ungerechtfertigten ökono-
mischen Vorteile der AKW verringert und gerechte Energiepreise erreicht;

● gemäß den Forderungen des Bundesrates einen Gesetzentwurf vorzulegen,
der letztlich alle Anlagen des Kernbrennstoffkreislaufs wie die Urananrei-
cherungsanlage Gronau schließt, um den Atomausstieg konsequent und
glaubwürdig zu vollenden;

● es zu unterstützen, dass der breite gesellschaftliche Konsens über das end-
gültige Ende der Atomkraftnutzung in Deutschland im Grundgesetz veran-
kert wird;

● keine Hermes-Kredite für den Bau von AKW, wie für Angra 3 in Brasilien,
oder andere Nukleartechnologien mehr zu vergeben;

● Forschungsgelder nicht mehr in die Entwicklung atomarer Technologien
– inklusive Kernfusion und Transmutation – fließen zu lassen, sondern sie für
die Entwicklung erneuerbarer Energien und neuer Energiespeicher einzu-
setzen;

● als Eigentümer öffentlich-rechtlicher und privater Banken auf eine Verhin-
derung der Finanzierung von Atomprojekten hinzuwirken und sich als An-
teilseigner internationaler Entwicklungsbanken für ein Finanzierungsverbot
von Atomprojekten einzusetzen;

● Schritte zu unternehmen, aus dem Vertrag zur Gründung der Europäischen
Atomgemeinschaft (Euratom) auszusteigen;

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/6368

zur Klärung der Endlagerfrage:

● den Bau des Atommüllendlagers in Gorleben sofort zu beenden und ein End-
lagersuchgesetz, das auf den Empfehlungen des Arbeitskreises Auswahlver-
fahren Endlagerstandorte (AkEnd) aufbaut, vorzulegen um in einem ergebnis-
offenen, bundesweit vergleichenden Endlagersuchverfahren den bestmög-
lichen Endlagerstandort zu suchen;

zur umfassenden Förderung der erneuerbaren Energien, einer dezentralen und
effizienten Energienutzung und des Energiesparens:

● im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) einen Anteil der erneuerbaren Ener-
gien an der Stromerzeugung von deutlich über 40 Prozent als Zielsetzung bis
2020 festzuschreiben. Außerdem sind im EEG deutliche Verbesserungen
vorzunehmen, u. a. durch einen Verzicht auf eine wachstumsbremsende
Deckelung, die Erhöhung der Zielwerte für den Zubau von Solarstromanla-
gen und Wiedereinführung der Förderung von Anlagen auf unproblema-
tischen Freiflächen sowie eine Verschiebung der Förderschwerpunkte von
zentralen Großanlagen hin zu dezentralen kleinen Anlagen, insbesondere bei
Bioenergienutzung. Die Einführung verbindlicher und strenger ökologisch-
sozialer Nachhaltigkeitskriterien für die Biomasseerzeugung ist für deren
künftige Nutzung von zentraler Bedeutung. Die Wirtschaftsbereiche, die
von der Umlage befreit werden, müssen – auch durch gezielte Energiespar-
maßnahmen – eingedämmt und nicht ausgedehnt werden;

● die Förderung der Forschung in den Bereichen erneuerbare Energien und
Speichertechnologien deutlich zu erhöhen und die Einführung innovativer
Technologien in diesem Bereich anzureizen;

● umgehend Maßnahmen zu ergreifen, die den klimaschädlichen Neubau von
Kohlekraftwerken verhindern und für eine Übergangszeit wegfallender
Atomstrom durch flexible Gaskraftwerke und Kraft-Wärme-Kopplungsanla-
gen (KWK-Anlagen) ersetzen. Dazu müssen für Kraftwerksneubauten Fle-
xibilitätsanforderungen und Mindestwirkungsgrade eingeführt werden. Die
Förderbedingungen für KWK-Anlagen sollen verbessert werden sowie als
neues Instrument Kapazitätsmärkte für neue, flexible und klimafreundliche
Kraftwerke und das Absenken von Lasten getestet werden, die nicht nur den
erzeugten Strom, sondern auch die Bereitstellung von Leistung ökonomisch
honorieren;

● umgehend ein Konzept und Umsetzungsmaßnahmen vorzulegen, mit denen
in Deutschland bis 2020 der Energieverbrauch um 20 Prozent gesenkt wird.
Dazu ist ein Mix aus konkreten Energiesparvorgaben, besserer Beratung und
Information sowie unbürokratischer und höherer Förderung nötig. Wesent-
liche Grundlage ist ein neues Energieeffizienzgesetz mit verbindlichen Zie-
len, Sparvorgaben für Energieversorger und Energie-Audits für Unterneh-
men;

● die Energiesparförderung deutlich aufzustocken. Dazu sollen das Gebäude-
sanierungsprogramm umgehend auf 2 Mrd. Euro erhöht und verstetigt sowie
ein neuer Energiesparfonds in Höhe von 3 Mrd. Euro eingerichtet werden,
aus dem Information und Beratung, Stromsparmaßnahmen sowie die ener-
getische Sanierung in Quartieren mit hohem Anteil einkommensschwacher
Haushalte gefördert werden. Auch in der Bauleitplanung sollen Energie-
einsparungen und erneuerbare Energien erleichtert werden. Die steuerliche
Förderung soll – ohne die effizienter wirkende Förderung der KfW Banken-
gruppe zu schwächen – so ausgestaltet werden, dass Menschen mit höheren
Einkommen für dieselbe Sanierungsmaßnahmen nicht stärker gefördert wer-
den als Menschen mit niedrigeren Einkommen. Steuerlich geförderte Maß-

nahmen dürfen nicht als Kosten auf die Mieter umgelegt werden und sollen
an anspruchsvollen Sanierungsstandards geknüpft werden;

Drucksache 17/6368 – 6 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

zur Neuausrichtung der Energieinfrastruktur auf die vollständige Umstellung
auf erneuerbare Energien:

● einen Netzausbau unter öffentlicher Kontrolle auf der Grundlage eines
„Bundesplans Stromnetze“ zu gewährleisten, der auf transparenten Daten
basiert, von der Bundesnetzagentur erstellt und in einem demokratischen
Diskurs legitimiert wird, sowie eine verbindliche Bund-Länder-Initiative zur
Beschleunigung der Planungsprozesse zu initiieren. Die Beschleunigung des
Netzausbaus wird gelingen, wenn die Bürgerbeteiligung ausgebaut und ver-
bessert und ihre tatsächlichen Einflussmöglichkeiten und die demokratische
Teilhabe vor Ort sichergestellt werden. Der Einsatz von Erdkabeln und die
Planung von Alternativtrassen müssen deutlich vereinfacht werden, vertret-
bare Mehrkosten sollen von der Bundesnetzagentur anerkannt und auf die
Netzentgelte umgelegt werden können. Für den Neubau von 110-kV-Hoch-
spannungsleitungen ist grundsätzlich Erdverkabelung vorzusehen;

● umgehend ein Konzept und ein Maßnahmenpaket vorzulegen, wie durch die
Erschließung neuer Speicher und die Modernisierung der Verteilnetze die
Voraussetzung für eine vollständige und sichere Versorgung aus erneuer-
baren Energien sichergestellt werden können. Neue Kabel zu den Wasser-
speichern Skandinaviens und in den Alpen sollen kurzfristige Speicher-
kapazitäten erschließen. Die Entwicklung neuer Speicherlösungen, etwa die
Methanisierung, muss gefördert werden;

zur Absicherung des nationalen und internationalen Klimaschutzes:

● die Einnahmen aus dem Emissionshandel vollständig in den Klimaschutz zu
investieren und nicht durch Zahlungen zur Stromkostenkompensierung an
die Industrie oder zur Finanzierung fossiler Kraftwerke zu mindern;

● die Mittel für die nationale Energiewende nicht auf Kosten des internationa-
len Klimaschutzes bereitzustellen, sondern die in Kopenhagen vereinbarten
Mittel endlich in vollem Umfang zur Verfügung zu stellen;

● für das kommende Haushaltsjahr ein schlüssiges Konzept zum Abbau um-
welt- und klimaschädlicher Subventionen vorzulegen.

Berlin, den 28. Juni 2011

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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