BT-Drucksache 17/5933

Entwurf eines Strafrechtsänderungsgesetzes - Bestechung und Bestechlichkeit von Abgeordneten

Vom 25. Mai 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/5933
17. Wahlperiode 25. 05. 2011

Gesetzentwurf
der Abgeordneten Jerzy Montag, Ingrid Hönlinger, Memet Kilic,
Dr. Konstantin von Notz, Wolfgang Wieland, Joseph Philip Winkler
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Entwurf eines Strafrechtsänderungsgesetzes – Bestechung und Bestechlichkeit
von Abgeordneten

A. Problem

Übereinkommen der Vereinten Nationen und des Europarates gegen Korruption
fordern die Signatarstaaten auf, die Bestechung und Bestechlichkeit von Man-
datsträgern und Abgeordneten konsequent unter Strafe zu stellen. Die geltende
Regelung der Abgeordnetenbestechung in § 108e des Strafgesetzbuchs (StGB)
wird diesen Anforderungen nicht gerecht. Dadurch wird die Bekämpfung der
Korruption geschwächt und das Ansehen Deutschlands in der Welt beschädigt.

Die Vorschrift ist seit ihrer Einführung als völlig unzureichende und symboli-
sche Regelung kritisiert worden, weil sie wesentliche Tätigkeiten von Abgeord-
neten in den Parlamenten – jenseits der Abstimmungen – nicht erfasse. Auch der
Bundesgerichtshof – Urteil vom 9. Mai 2006 (5 StR 453/05) – hat den Gesetz-
geber deshalb aufgefordert, in diesem Bereich eine Erweiterung der Strafbarkeit
vorzusehen. Änderungsbedarf ergibt sich auch vor dem Hintergrund, dass nach
Artikel 2 § 2 des Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 17. Dezember 1997
über die Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger im internatio-
nalen Geschäftsverkehr (IntBestG) die Bestechung und Bestechlichkeit auslän-
discher Mandatsträger in einem wesentlich größeren Maße als bei deutschen
Abgeordneten strafbar ist.

B. Lösung

Der Vorschlag weitet die Strafbarkeit nach § 108e StGB aus, soweit dies zur Er-
füllung der von Deutschland eingegangenen internationalen Verpflichtungen
notwendig ist. Die Ausgestaltung des Tatbestandes berücksichtigt auch die Wer-
tungen des Abgeordneten- und des Parteiengesetzes und der Verhaltensregeln
für die Mitglieder des Deutschen Bundestages sowie seiner Geschäftsordnung.
C. Alternativen

Der neue Tatbestand ersetzt den bisherigen § 108e StGB. Abweichend hiervon
hätte die neue Bestimmung auch ergänzend zum bisherigen Tatbestand gesetzt
werden können. Ein materieller Gewinn wäre hiermit jedoch nicht verbunden,
da der neue Tatbestand auch alle Sachverhalte erfasst, die bereits bisher strafbar
waren.

Drucksache 17/5933 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

D. Kosten

Den Ländern könnten Mehrkosten entstehen; jedoch nur, wenn es vermehrt zu
Strafverfahren in diesem Bereich kommen sollte. Die genaue Höhe der Kosten
lässt sich insoweit nicht prognostizieren.

1. einer Volksvertretung des Bundes, der Länder, Gemein-
den oder Gemeindeverbände oder

2. eines Gesetzgebungsorgans eines ausländischen Staates,
des Europäischen Parlaments oder einer parlamenta-
rischen Versammlung einer sonstigen internationalen
Organisation einen rechtswidrigen Vorteil für sich oder
einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich ver-
sprechen lässt oder annimmt, dass er in Ausübung seines
Mandates in der Volksvertretung oder im Gesetzgebungs-
organ eine Handlung zur Vertretung oder Durchsetzung
der Interessen des Leistenden oder eines Dritten vor-
nehme oder unterlasse, wird mit Freiheitsstrafe bis zu
fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer einem Mitglied

(4) Einem Mitglied im Sinne der Absätze 1 und 2 steht
eine Person gleich, die sich um ein Mandat in einer Volksver-
tretung oder einem Gesetzgebungsorgan bewirbt.

(5) Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Mo-
naten wegen einer Straftat nach den Absätzen 1 bis 3 kann
das Gericht die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu
erlangen, und das Recht, in öffentlichen Angelegenheiten zu
wählen oder zu stimmen, aberkennen.“

Artikel 2

Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.

Berlin, den 25. Mai 2011

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/5933

Entwurf eines Strafrechtsänderungsgesetzes – Bestechung und Bestechlichkeit
von Abgeordneten

Vom …

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1

Änderung des Strafgesetzbuchs

Das Strafgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung
vom 13. November 1978 (BGBl. I S. 1789), zuletzt geändert
durch … (BGBl. I S. …), wird wie folgt geändert:

§ 108e wird wie folgt gefasst:

㤠108e
Bestechlichkeit und Bestechung der Mitglieder

von Volksvertretungen

(1) Wer als Mitglied

1. einer Volksvertretung des Bundes, der Länder, Gemein-
den oder Gemeindeverbände oder

2. eines Gesetzgebungsorgans eines ausländischen Staates,
des Europäischen Parlaments oder einer parlamenta-
rischen Versammlung einer sonstigen internationalen
Organisation einen rechtswidrigen Vorteil für dieses oder
einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht
oder gewährt, dass er in Ausübung seines Mandates in
der Volksvertretung oder im Gesetzgebungsorgan eine
Handlung zur Vertretung oder Durchsetzung seiner oder
eines Dritten Interessen vornehme oder unterlasse.

(3) Ein rechtswidriger Vorteil liegt vor, wenn seine Ver-
knüpfung mit der Gegenleistung als verwerflich anzusehen
ist.

Zur Neufassung des § 108e StGB im Einzelnen neten, die zum Mandat gehört, also in Ausübung des Manda-

Schutzgut der neuen Vorschrift ist eine von illegitimer Ein-
flussnahme freie Willensbildung und -betätigung der Parla-
mente (siehe zur Definition der Parlamente oben die Num-

tes in der Volksvertretung oder im Gesetzgebungsorgan ge-
leistet wird. Diese Begrenzung ist notwendig, da nur solche
Leistungen erfasst werden sollen, die zum Kernbereich der
Drucksache 17/5933 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Begründung

Zu Artikel 1 (Änderung des Strafgesetzbuchs)

Allgemeines

1. Das Strafrechtsübereinkommen über Korruption des
Europarates vom 27. Januar 1999, das Deutschland bisher
ohne Ratifizierung am 27. Januar 1999 gezeichnet hat, ver-
langt Strafvorschriften gegen Amtsträger, die bei der Wahr-
nehmung ihrer Aufgaben bestechen oder sich bestechen las-
sen. Den Amtsträgern sind in dem Übereinkommen alle Mit-
glieder von öffentlich-rechtlichen Körperschaften gleichge-
stellt, die Gesetzgebungsbefugnisse ausüben.

Gleiches gilt für das Übereinkommen der Vereinten Natio-
nen gegen Korruption vom 9. Dezember 2003, das Deutsch-
land bisher ohne Ratifizierung am 9. Dezember 2003 ge-
zeichnet hat, welches für die Bestechung und Bestechlich-
keit von Amtsträgern in Ausübung ihrer Dienstpflichten eine
Bestrafung fordert. Das Übereinkommen zählt zu Amts-
trägern auch alle Personen, die durch Wahlen ein Amt im
Bereich der Gesetzgebung erhalten haben.

Eine wortwörtliche Übertragung in deutsche Strafnormen
stößt auf erhebliche Schwierigkeiten, weil nach deutschem
Rechtsverständnis Mitglieder von öffentlich-rechtlichen
Körperschaften, die Gesetzgebungsbefugnisse ausüben, oder
Personen, die durch Wahlen ein Amt im Bereich der Gesetz-
gebung erhalten haben, keine „Dienstpflichten“ ausüben
oder „Amtsaufgaben“ erfüllen. Das Grundgesetz bestimmt
für die Abgeordneten des Deutschen Bundestages, dass sie
Vertreter des ganzen Volkes sind, an Aufträge und Weisun-
gen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen
(Artikel 38 des Grundgesetzes – GG). Abgeordnete üben in
den Volksvertretungen und Gesetzgebungsorganen ihr je-
weiliges freies Mandat aus.

Der Vorschlag eines neu gefassten § 108e StGB benennt des-
halb als zentrales Anknüpfungsmerkmal einer Handlung, an
die sich eine mögliche Strafbarkeit knüpfen könnte, die Aus-
übung des Mandats in einer Volksvertretung oder einem Ge-
setzgebungsorgan.

Der deutsche Gesetzgeber konnte sich zwar dazu durchrin-
gen, die Bestechung ausländischer Abgeordneter im Inland
unter Strafe zu stellen (Gesetz zur Bekämpfung internationa-
ler Bestechung – IntBestG – vom 10. September 1998). In-
ländische Abgeordnete werden aber lediglich in Fällen des
Stimmenkaufs und -verkaufs bestraft und sind somit weitge-
hend von der Bestrafung wegen Bestechlichkeit ausgenom-
men. Die sich daraus ergebende Ungleichgewichtung des
Schutzes deutscher und ausländischer bestechlicher Parla-
mentarier ist jedoch völlig unglaubwürdig und nicht länger
hinnehmbar.

2. Die Gesetzbebungskompetenz folgt aus Artikel 74 Ab-
satz 1 Nummer 1 GG.

werden. Deshalb wird der Tatbestand der Abgeordnetenbe-
stechung auf alle Handlungen in Ausübung des Mandats in
einer Volksvertretung oder einem Gesetzgebungsorgan aus-
gedehnt.

Die Regelung der Bestechung sowie Bestechlichkeit von Ab-
geordneten soll weiterhin in einem gesonderten und spezifi-
schen Straftatbestand erfolgen, da Abgeordnete nicht Amts-
trägern im Sinne von § 331 ff. StGB gleichgestellt werden
können. Ihre Rechtsstellung ist mit derjenigen der Beamten
nicht vergleichbar. Wie bei § 331 ff. StGB ist der neue § 108e
StGB aber in einen Tatbestand der Bestechlichkeit (Absatz 1)
und einen der Bestechung (Absatz 2) unterteilt. In beiden Fäl-
len wird eine konkrete Unrechtsvereinbarung vorausgesetzt
(siehe genauer insbesondere zu Absatz 1). Auf eine Regelung
zur Strafbarkeit des Versuchs wurde verzichtet, da die Straf-
barkeit ohnehin weit vorverlagert ist (fordern, anbieten).

Zu Absatz 1

Auf Seiten von Abgeordneten ist das Fordern, sich verspre-
chen lassen oder Annehmen eines – rechtswidrigen – Vor-
teils unter Strafe gestellt. Diese Handlungen treten – im Ein-
klang mit den Regelungen in den Übereinkommen – an die
Stelle des bisherigen Verkaufens der Stimme. Erfasst werden
auch Konstellationen, in denen der – rechtswidrige – Vorteil
an einen Dritten gehen soll, um Umgehungshandlungen zu
erfassen. Dies entspricht auch den Übereinkommen. Der
Vorteil muss nicht notwendigerweise rein wirtschaftlicher
Natur sein.

Für Bundestagsabgeordnete ist die Entgegennahme von Vor-
teilen, die nach den Verhaltensregeln für Mitglieder des
Deutschen Bundetages zulässig ist, nicht rechtswidrig. So ist
es rechtmäßig, Geldspenden und Zuwendungen aller Art, die
für die politische Tätigkeit – unkonditioniert – zur Verfü-
gung gestellt werden, anzunehmen. Das gilt auch für geld-
werte Zuwendungen aus Anlass der Wahrnehmung interpar-
lamentarischer oder internationaler Beziehungen oder zur
Teilnahme an Veranstaltungen zur Darstellung der Stand-
punkte des Deutschen Bundestages oder der Fraktion.
Rechtswidrig hingegen ist die Entgegennahme von Spenden
unter Verstoß gegen § 25 Absatz 2 des Parteiengesetzes
(PartG). Dazu gehören insbesondere Spenden, die erkennbar
in Erwartung oder als Gegenleistung eines bestimmten wirt-
schaftlichen oder politischen Vorteils gewährt werden.
Rechtswidrig kann die Annahme eines Vorteils im Sinne der
Vorschrift also dann sein, wenn sie nicht von den Verhaltens-
regeln oder der gängigen Verhaltenspraxis der jeweiligen
Volksvertretung, des Gesetzgebungsorgans, der parlamenta-
rischen Versammlung oder der sonstigen internationalen Or-
ganisation in dieser oder einer ähnlichen Form anerkannt ist
und ihre Verknüpfung mit der Gegenleistung als verwerflich
anzusehen ist.

Zur Strafbarkeit gehört nur die Gegenleistung des Abgeord-
mern 1 und 2). Dieses Schutzgut kann nicht nur durch ein
direktes Kaufen und Verkaufen von Stimmen beeinträchtigt

Mandatsausübung gehören und deswegen das Schutzgut der
freien Willensbildung und -betätigung der demokratisch-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/5933

parlamentarischen Gesetzgebungsorgane unmittelbar tan-
gieren. Deshalb sieht der Entwurf vor, dass die zugesagte
oder angebotene Handlung eine sein muss, die in Ausübung
des Mandates erfolgt, wenn sich der Abgeordnete dabei nicht
von seinem Gewissen und seiner politischen Überzeugung
leiten lässt, sondern nur zur Vertretung oder zur Durchset-
zung der Interessen eines Dritten handelt.

Damit folgt die Regelung auch dem Gedanken des § 44a Ab-
satz 2 des Abgeordnetengesetzes (AbgG), wonach es den
Abgeordneten des Deutschen Bundestages insbesondere
verwehrt ist, Geld oder geldwerte Leistungen von Dritten an-
zunehmen, die nur deshalb gewährt werden, weil dafür die
Vertretung und Durchsetzung der Interessen des Leistenden
erwartet wird. Es ist zwar den Abgeordneten des Deutschen
Bundestages nach § 44a Absatz 2 AbgG auch untersagt, Geld
oder geldwerte Leistungen von Dritten anzunehmen, wenn
eine solche Leistung lediglich ohne eine angemessene – be-
rufliche oder sonstige – Gegenleistung gewährt wird. Es
wurde aber davon abgesehen, auch diese Fälle unter Strafe
zu stellen, weil § 44a Absatz 2 AbgG insoweit schon den bö-
sen Schein möglicher illegitimer Beeinflussung von Abgeord-
neten ausschließen will, ohne dass eine solche vorliegt oder
nachgewiesen werden kann. Strafbar bleiben jedoch Fälle,
bei denen scheinbar legale Beschäftigungs- oder Auftrags-
verhältnisse mit Abgeordneten nur zur Abdeckung tatsäch-
licher konkreter Bestechungsvorgänge konstruiert werden.

Zwischen Leistung und Gegenleistung muss ein qualifizier-
ter Unrechtszusammenhang bestehen. Dies bringt der Ent-
wurf dadurch zum Ausdruck, dass die Gegenleistung für die
konkrete zur Vertretung oder Durchsetzung der Interessen
des Leistenden vorzunehmende Handlung („dafür“) gefor-
dert oder angenommen wird oder der Abgeordnete sich dafür
die Gegenleistung versprechen lässt. In der Variante des For-
derns ist ein konkretes Ansinnen in Richtung einer Unrechts-
vereinbarung notwendig, bei den anderen Tatbestandsvari-
anten das Zustandekommen einer solchen Vereinbarung. Mit
dieser Regelung nimmt der Entwurf auch auf Vorschriften
Bezug, die für die Annahme von Spenden durch Abgeord-
nete des Deutschen Bundestages gelten; mögen sie an diese
persönlich oder an Dritte – zum Beispiel die politische Partei
des Abgeordneten – adressiert sein. § 4 der Verhaltensregeln
für Abgeordnete des Deutschen Bundestages definiert Spen-
den als Geldbeträge oder geldwerte Leistungen aller Art, die
für die politische Tätigkeit zur Verfügung gestellt werden.
Ihre Annahme ist nach § 25 Absatz 2 Nummer 7 PartG
untersagt, wenn sie erkennbar in Erwartung oder als Gegen-
leistung eines bestimmten wirtschaftlichen oder politischen
Vorteils gewährt werden.

Der Entwurf sieht davon ab, die Annahme jeglicher Spenden
unter Strafe zu stellen. Dies wird von den Übereinkommen
nicht gefordert. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfas-
sungsgerichts ist es geradezu geboten, dass sich Parteien
(auch) aus Spenden finanzieren, die sie aus der Mitte der Ge-
sellschaft erhalten. Spender lassen sich indessen zunehmend
davon leiten, ob die bedachten Abgeordneten oder Parteien
Auffassungen vertreten, die den ihren entsprechen und die in
ihrem Interesse liegen. Würde daher zur Begründung der
Strafbarkeit nicht eine spezifische Unrechtsvereinbarung ge-
fordert, so wäre es strafbar, wenn einem Abgeordneten mit-

Ausübung seines Mandates für politische Ziele einsetzt, die
den Vorstellungen des Spenders entsprechen. Gleiches
würde etwa für den Abgeordneten gelten, der erläutert, er sei
fest entschlossen, sich jetzt und auch künftig für bestimmte
politische Ziele in Ausübung seines Mandates einzusetzen
und dass es für seine Partei wichtig wäre, wenn der Spender,
soweit er die politischen Ziele teilt, seine Partei auch finan-
ziell unterstützt.

Wo also Spenden an Abgeordnete oder ihre Parteien nur all-
gemein wegen der bekannten politischen Ausrichtung – auch
wenn diese ein konkretes Verhalten im Parlament erwarten
lässt – geleistet werden, scheidet eine Anwendung des Tat-
bestandes aus. Damit werden die Fälle straflos gestellt, die
sonst von der Rechtsprechung mit einer einschränkenden
Auslegung aus dem Tatbestand ausgenommen werden müss-
ten (vgl. zu einem kommunalen Wahlbeamten, Bundes-
gerichtshof, Urteil vom 28. Oktober 2004, 3 StR 301/03,
NJW 2004 S. 3569), damit Widersprüche mit dem auch ver-
fassungsrechtlich vorgegebenen System der Parteienfinan-
zierung vermieden werden. Die Übereinkommen gehen
ebenfalls nur von der Strafbarkeit so eingeschränkter Tat-
handlungen aus, weil sie ebenfalls eine konkrete Unrechts-
vereinbarung zur Grundlage einer Strafbarkeit machen.

Zu Absatz 2

Die Vorschrift stellt das Anbieten, Versprechen oder Gewäh-
ren eines – rechtswidrigen – Vorteils als Gegenleistung für
eine konkrete Handlung in Ausübung eines Mandates in
einer Volksvertretung oder einem Gesetzgebungsorgan unter
Strafe. Im Übrigen gelten die Ausführungen zu Absatz 1 ent-
sprechend.

Zu Absatz 3

In Anlehnung an die Systematik und Rechtsprechung zur
Nötigung (§ 240 StGB) werden ausdrücklich nur diejenigen
rechtswidrigen Vorteile unter Strafe gestellt, bei denen sich
die Verknüpfung des Vorteils mit der Gegenleistung als be-
sonders verwerflich darstellt. Die Übereinkommen sprechen
insoweit übereinstimmend von ungerechtfertigten Vorteilen.
In der Sache sollen Fälle sogenannter politischer Tausch-
oder Gegenseitigkeitsgeschäfte aus der Strafbarkeit genom-
men werden, in denen Abgeordnete die Ausübung ihres
Mandates in der Volksvertretung oder im Gesetzgebungsor-
gan davon abhängig machen, dass eine Gegenleistung, die
sich ebenfalls als eine Ausübung des Mandates in der Volks-
vertretung oder im Gesetzgebungsorgan darstellt, erbracht
wird. Politisches Handeln auf Gegenseitigkeit ist in der deut-
schen parlamentarischen Kultur grundsätzlich sozialadä-
quat, was nicht zuletzt Koalitionsvereinbarungen offenba-
ren. Es beeinträchtigt das Schutzgut – die von illegitimer
Einflussnahme freie Willensbildung und -betätigung des
Parlaments – nicht. Solches Handeln bleibt daher – wie beim
bisherigen § 108e StGB (vgl. Tröndle/Fischer, Kommentar
zum Strafgesetzbuch, 58. Auflage, § 108e Rn. 8a) – straffrei.

Zu Absatz 4

Die Regelung stellt Wahlbewerber bei der Anwendung der
Absätze 1 und 2 Mandatsinhabern gleich. Andernfalls hätten
Wahlbewerber im politischen Wettbewerb einen gleichheits-
widrigen Vorteil, da sie sich sanktionsfrei Mittel für ihren
geteilt würde, dass seine Partei eine Spende erhalte, weil er
sich, wovon der Spender auch in der Zukunft ausgeht, in

Wahlkampf durch Zusagen über ihr späteres Verhalten als
Abgeordnete verschaffen könnten.

Drucksache 17/5933 destag – 17. Wahlperiode
– 6 – Deutscher Bun

Zu Absatz 5

Die Regelung entspricht dem bisherigen § 108e Absatz 2
StGB.

Zu Artikel 2 (Inkrafttreten)

Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten des Gesetzes.

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