BT-Drucksache 17/5912

Mehr Bewegungsfreiheit für Asylsuchende und Geduldete

Vom 25. Mai 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/5912
17. Wahlperiode 25. 05. 2011

Antrag
der Abgeordneten Rüdiger Veit, Gabriele Fograscher, Petra Ernstberger,
Iris Gleicke, Wolfgang Gunkel, Michael Hartmann (Wackernheim), Frank
Hofmann (Volkach), Daniela Kolbe (Leipzig), Ute Kumpf, Kirsten Lühmann,
Thomas Oppermann, Gerold Reichenbach, Dr. Dieter Wiefelspütz,
Dr. Frank-Walter Steinmeier und der Fraktion der SPD

Mehr Bewegungsfreiheit für Asylsuchende und Geduldete

Der Bundestag wolle beschließen:

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, einen Gesetzentwurf
mit folgendem Inhalt vorzulegen:

1. Der räumliche Aufenthalt von Asylbewerbern und Geduldeten kann nicht
länger beschränkt werden.

2. Asylbewerber können allerdings weiterhin verpflichtet werden, ihren Wohn-
sitz in einer bestimmten Gemeinde, einem bestimmten Landkreis oder ei-
nem bestimmten Bundesland zu nehmen. Das Gleiche gilt für Geduldete, al-
lerdings längstens befristet bis zur Aufnahme einer Beschäftigung.

Berlin, den 25. Mai 2011

Dr. Frank-Walter Steinmeier und Fraktion

Begründung

Die Aufenthaltsgestattung von Asylbewerbern ist bislang auf den Landkreis
oder die Stadt beschränkt, dem bzw. der sie zugewiesen sind. In diesem Gebiet
müssen sie nicht nur wohnen, sie dürfen es vielmehr grundsätzlich nicht verlas-
sen.

Das führt für die Betroffenen zu einer starken Einschränkung der Bewegungs-
freiheit und zu unerwünschter sozialer Isolation.

Zwar können Ausnahmen beantragt werden. Doch ist das Verfahren kompli-

ziert und wird bislang meist restriktiv gehandhabt. Verschärft wird die Situation
dadurch, dass der Verstoß gegen die räumliche Beschränkung mit Freiheits-
strafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe geahndet werden kann. Diese Situ-
ation ist für die Betroffenen kaum erträglich. Ob die grundsätzlich begrüßens-
werte, jüngst beschlossene Soll-Ausnahme zugunsten berufstätiger Asylbewer-
ber Verbesserungen bringt, bleibt abzuwarten.

Drucksache 17/5912 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Die räumliche Beschränkung für Asylbewerber, meist als Residenzpflicht be-
zeichnet, ist deshalb abzuschaffen. Bewegungsfreiheit muss unabhängig vom
behördlichen Ermessen, ohne Gebühren und ohne strafrechtliche Sanktionie-
rung bestehen.

Stattdessen sollen Asylbewerber künftig nur noch verpflichtet werden können,
ihren Wohnsitz in einer bestimmten Gemeinde, einem bestimmten Landkreis
oder einem bestimmten Bundesland zu nehmen. Dies ist erforderlich, um einen
weiterhin gerechten Ausgleich zwischen den Bundesländern sowie innerhalb
der Bundesländer zwischen den Landkreisen oder Kommunen zu gewährleis-
ten. Denn die Sozialleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz werden
grundsätzlich von den Kommunen getragen. Ohne die hier vorgeschlagene
Wohnortregelung wäre zu befürchten, dass es zu einer besonders hohen finan-
ziellen Belastung der urbanen Ballungszentren kommt.

Diese Bewegungsfreiheit soll nur bei in der Person des Betroffenen liegenden
Gründen einschränkbar sein, etwa bei Straftaten oder der Unterstützung einer
extremistischen Organisation.

Auch für Geduldete soll mehr Bewegungsfreiheit hergestellt werden. Bislang
ist auch ihr Aufenthalt beschränkt – je nach lokaler Behördenpraxis auf das
Land, den Landkreis oder die Gemeinde. Sie leiden unter einer mitunter jahre-
langen sowie kaum erträglichen örtlichen und sozialen Isolation.

Auch hier gibt es Ausnahmen, unter anderem zur Ausübung einer Beschäfti-
gung. Doch auch hier gelten die oben beschriebenen Probleme.

Viele Geduldete sind schon seit Jahren, oftmals unverschuldet, an der Ausreise
gehindert. Klares Ziel muss bei ihnen die Abschaffung der so genannten
Kettenduldungen bleiben: Wer längere Zeit unverschuldet an der Ausreise ge-
hindert ist, soll eine Aufenthaltserlaubnis erhalten. Auch das würde den Kreis
der von der räumlichen Beschränkung Betroffenen deutlich verringern.

Solange diese Praxis der Kettenduldungen allerdings fortbesteht, gilt es, unzu-
mutbare Beschränkungen der Bewegungsfreiheit zu beseitigen. Ebenso wie
Asylsuchende sollen auch Geduldete künftig lediglich verpflichtet sein, ihren
Wohnsitz in einer bestimmten Gemeinde, einem bestimmten Landkreis oder
einem bestimmten Bundesland zu nehmen. Auch diese Bewegungsfreiheit soll
allein bei in der Person des Betroffenen liegenden Gründen einschränkbar sein,
etwa bei Straftaten, bei Unterstützung einer extremistischen Vereinigung, bei
falschen Angaben zur Identität oder bei fehlender Mitwirkung bei der Pass-
beschaffung.

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.