BT-Drucksache 17/5911

Kooperativen Föderalismus für Bildung stärken

Vom 25. Mai 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/5911
17. Wahlperiode 25. 05. 2011

Antrag
der Abgeordneten Marianne Schieder (Schwandorf), Swen Schulz (Spandau),
Dr. Ernst Dieter Rossmann, Christine Lambrecht, Willi Brase, Ulla Burchardt,
Sebastian Edathy, Ingo Egloff, Petra Ernstberger, Dr. Edgar Franke,
Michael Gerdes, Iris Gleicke, Petra Hinz (Essen), Dr. Eva Högl, Christel Humme,
Oliver Kaczmarek, Ute Kumpf, Burkhard Lischka, Caren Marks, Thomas
Oppermann, Florian Pronold, René Röspel, Sonja Steffen, Christoph Strässer,
Dagmar Ziegler, Dr. Frank-Walter Steinmeier und der Fraktion der SPD

Kooperativen Föderalismus für Bildung stärken

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Eine gerechte Bildungsteilhabe ist eine wesentliche Voraussetzung für eine
nachhaltige gesellschaftliche Teilhabe, positive Lebensperspektiven und für
eine selbstbestimmte Lebensführung. Bildung ist ein Menschenrecht und steht
jeder Einzelnen und jedem Einzelnen in gleicher Weise zu. Als öffentliches Gut
bleibt es Aufgabe des Staates, ein gerechtes und leistungsfähiges Bildungs-
wesen zu gewährleisten. Grundsätzlich hat sich der Bildungsföderalismus dabei
bewährt. Er muss jedoch im Lichte neuer gesellschaftlicher Entwicklungen so-
wie sich ändernder bildungspolitischer Herausforderungen regelmäßig über-
prüft, bei Bedarf angepasst und im Sinne eines kooperativen Föderalismus wei-
terentwickelt werden.

Die Bildungspolitik steht unverkennbar vor steigenden Herausforderungen. Sie
ist eine tragende Säule unserer Gesellschaft und bedarf einer ganzheitlichen
Strategie, die alle politischen Ebenen mit einbezieht. Für das Zusammenwirken
der unterschiedlichen Akteure braucht es verbindliche Regelungen, die endlich
eine sinnvolle und notwendige Kooperation zwischen Bund und Ländern zu-
lässt.

Die Internationalisierung der Bildung und die Schaffung eines europäischen
Bildungsraumes erzeugen neue Möglichkeiten und Chancen, aber auch einen
länderübergreifenden Anpassungsbedarf, um sie nutzen zu können. Zunehmend
individuelle Bildungsbiographien folgen ebenso steigenden wie veränderlichen
Anforderungen an Kenntnissen und Fähigkeiten der Beschäftigten in einer wis-
sensgetriebenen Wirtschaft. Hinzu kommen der Bedeutungszuwachs der früh-
kindlichen Bildung, der integrativen und inklusiven Bildung, das Ziel der Si-

cherung und Weiterentwicklung der kommunalen Bildungsinfrastrukturen so-
wie die Bewältigung des Strukturwandels in der Hochschullandschaft als über-
greifende Aufgabenstellungen, die sich einer exklusiven Zuordnung zu einer
einzigen politischen Gestaltungsebene zunehmend entziehen.

Drucksache 17/5911 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Die gegenwärtigen verfassungsrechtlichen Möglichkeiten zur Bildungszusam-
menarbeit von Bund, Ländern und Kommunen sind in Anbetracht dieser bil-
dungspolitischen Herausforderungen unzureichend. Der Ausschluss der sub-
stanziellen Zusammenarbeit von Bund und Ländern in der allgemeinen Bildung
und der Vorbehalt der Gesetzgebungsbefugnis für Bundesfinanzhilfen erschwe-
ren sachgerechte Lösungsansätze und etablieren praxisferne, aber politisch un-
überbrückbare Gestaltungsgrenzen von Bund und Ländern.

Die zweite Stufe der Föderalismusreform konnte hier nur teilweise eine Verbes-
serung erzielen, denn die bildungspolitischen Herausforderungen bestehen un-
abhängig von der Frage, ob natürliche bzw. menschengemachte Katastrophen
die Finanzlage des Staates beeinträchtigen.

Die Themenagenda der bisherigen Bildungsgipfel von Bund und Ländern so-
wie der „Qualifizierungsinitiative für Deutschland“, aber auch zahlreiche der-
zeit nicht mögliche Initiativen für die Verbesserung der Bildungssituation bele-
gen den zunehmenden Zwang zur kooperativen Aufgabenwahrnehmung. Hinzu
kommt der immer lauter werdende Ruf nach der Setzung gemeinsamer Stan-
dards.

Eine mögliche flexible Lösung ist die Schaffung einer eigenständigen verfas-
sungsrechtlichen Kooperationsnorm für Bildung von Bund und Ländern. Ihr
Regelungsgehalt sollte die Möglichkeit eröffnen, dass Bund und Länder ge-
meinsame Leistungs- und Qualitätsstandards entwickeln und bei Bedarf zur Si-
cherstellung der Leistungsfähigkeit des Bildungswesens auf Grundlage von
Vereinbarungen zusammenwirken können. Die primäre Zuständigkeit der Län-
der für das Bildungswesen bleibt unberührt.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

einen Gesetzentwurf zur Änderung des Grundgesetzes (GG) vorzulegen, der
Folgendes beinhaltet:

1. In Artikel 91b GG wird für den Bildungsbereich eine weitergehende Mög-
lichkeit zur Kooperation von Bund und Ländern vorgesehen.

2. Diese soll Bund und Ländern eröffnen,

a) gemeinsame Leistungs- und Qualitätsstandards zu entwickeln und

b) bei den notwendigen Maßnahmen zur Sicherstellung der Leistungsfähig-
keit des Bildungswesens zusammenwirken zu können.

Berlin, den 25. Mai 2011

Dr. Frank-Walter Steinmeier und Fraktion

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