BT-Drucksache 17/4771

Wirtschaftsförderung durch den Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Dirk Niebel bei der Reise in den Irak im Februar 2011

Vom 14. Februar 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/4771
17. Wahlperiode 14. 02. 2011

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ute Koczy, Thilo Hoppe, Uwe Kekeritz, Priska Hinz (Herborn),
Marieluise Beck (Bremen), Volker Beck (Köln), Viola von Cramon-Taubadel,
Dr. Thomas Gambke, Ulrike Höfken, Katja Keul, Tom Koenigs, Agnes Malczak,
Kerstin Müller (Köln), Ingrid Nestle, Omid Nouripour, Claudia Roth (Augsburg),
Manuel Sarrazin, Dr. Frithjof Schmidt, Hans-Christian Ströbele, Dr. Harald Terpe
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Wirtschaftsförderung durch den Bundesminister
für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
Dirk Niebel bei der Reise in den Irak im Februar 2011

Die Bundesregierung bemüht sich seit 2008 intensiv, die Beziehungen zum Irak
zu verbessern. Schwerpunkte der Zusammenarbeit mit dem Irak sind bislang
die Förderung von rechtsstaatlichen und demokratischen Strukturen, die kultu-
relle Zusammenarbeit und die Förderung der Wirtschaftsbeziehungen.

Der Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Dirk
Niebel, bereiste Anfang Februar 2011 den Irak. Im Rahmen der Reise sollte er
die Städte Erbil, Bagdad und Basra besuchen.

Die kurdische Nachrichtenagentur AK-News (www.aknews.com/en/aknews/2/
214006/) kündigte bereits am 28. Januar 2011 an, dass der Bundesminister mit
einer Delegation Irak bereisen werde. Laut dieser Meldung sollte der Bundes-
minister von Bankexpert(inn)en und Handelskammervertreter(inne)n begleitet
werden. In der Region Kurdistan-Irak wolle er mit Unternehmer(inne)n und
Bankvertreter(inne)n zusammentreffen, um die Wirtschafts- und Handelsbezie-
hungen zwischen dem Irak und Deutschland anzukurbeln. Außerdem wolle er
ein Abkommen zwischen der Kurdischen und der Deutschen Handelskammer
vermitteln.

Während der Reise erklärte der Bundesentwicklungsminister, dass besonders
das Know-how deutscher Firmen gefragt und die Marke „Made in Germany“
sehr beliebt sei. Außerdem erklärte er, das Ziel sei, die Rahmenbedingungen für
wirtschaftliches Engagement weiter zu verbessern. Laut „dpa“ hat der Bundes-
entwicklungsminister deutsche Unternehmen zu verstärkten Investitionen im
Irak aufgerufen. Das Interesse an einer Kooperation mit Deutschland sei im
Irak enorm. Deutsche Firmen sollten sich ganz in Ruhe anschauen, wo sie

Chancen und Möglichkeiten sähen.

Laut der irakischen Zeitung „Ittihad“ hat der Bundesentwicklungsminister auch
das Gas-Pipeline-Projekt in der kurdischen Region angesprochen. Deutschland
habe vor, das irakische Gasnetz mit der Nabucco-Pipeline zu verbinden, weil
dieses Projekt im Interesse Deutschlands liege. Außerdem sei der Bundesminis-
ter bestrebt, den Warenaustausch mit dem Irak zu steigern.

Drucksache 17/4771 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Die angeblich unflexible und unpraktische Visavergabe an Iraker wird immer
wieder als Hindernis für die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bezie-
hungen zwischen Deutschland und Irak genannt. So beklagen Geschäftsleute,
dass andere europäische Länder hier sehr viel besser arbeiteten (vgl. u. a.
www.wp-irak.de/index.php/component/content/article/91-mittelstand/493-das-
sicherheitsproblem-wird-ueberbewertet). Der Staatsminister im Auswärtigen
Amt, Dr. Werner Hoyer, erklärte am 18. Mai 2010, dass zukünftig in Erbil
ebenso wie in Bagdad Visa erteilt würden (vgl. www.wp-irak.de/index.php/com-
ponent/content/article/68-politik/408-aussenpolitik-eine-gewisse-hoffnung-auf-
demokratie-und- frieden). Gemäß den Angaben der Webseite der Deutschen
Botschaft Bagdad müssen Iraker einen Visumsantrag je nach Reisezweck und
Aufenthaltsort immer noch in Bagdad, Erbil, Amman, Ankara oder Damaskus
stellen.

Medienberichten (u. a. DER TAGESSPIEGEL am 3. Februar 2011) zufolge
wurde die Reise des Bundesentwicklungsministers in Bagdad dadurch ver-
zögert, dass eine Startgebühr am Flughafen angeblich nicht bezahlt worden
war. Die Reise konnte angeblich erst fortgesetzt werden, nachdem die Gebühr
ein zweites Mal entrichtet worden war.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche entwicklungspolitischen Zielsetzungen hatte die Reise des Bundes-
ministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Dirk Nie-
bel?

2. Welche außenpolitischen Zielsetzungen hatte die Reise des Bundesent-
wicklungsministers Dirk Niebel?

3. Welche wirtschaftspolitischen Zielsetzungen hatte die Reise des Bundes-
entwicklungsministers Dirk Niebel?

4. Welche menschenrechtlichen Zielsetzungen hatte die Reise des Bundesent-
wicklungsministers Dirk Niebel?

5. Welche Termine absolvierte der Bundesentwicklungsminister im Irak (bitte
nach Personen und Institutionen auflisten)?

6. Aus welchem Grund besuchte die Delegation nicht wie geplant die Stadt
Basra?

7. Welche Personen, die nicht der Bundesregierung angehören, waren Teil der
Delegation (bitte nach Funktion und entsendender Stelle auflisten)?

8. Welche Abkommen oder Verträge wurden während der Reise unterzeichnet
bzw. in die Wege geleitet (bitte Vertragspartner und Inhalt auflisten)?

9. Was beinhaltet das vom irakischen Planungsminister und Bundesentwick-
lungsminister Dirk Niebel unterzeichnete Memorandum of Understanding
(MoU) zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit?

10. Welche Maßnahmen und Programme der Entwicklungszusammenarbeit
finanziert das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung (BMZ) oder andere Bundesministerien zurzeit im Irak (bitte
nach Einzelplan, Sektor, Laufzeit, Zielsetzung, Finanzierung und iraki-
schen Kooperationspartnern auflisten)?

11. Welche Maßnahmen führt die KfW Bankengruppe derzeit im Irak durch?

12. Welche Maßnahmen führt die Deutsche Gesellschaft für Internationale
Zusammenarbeit (GIZ) GmbH derzeit im Irak durch?

Welche Maßnahmen sind in der Zukunft geplant?
13. Welche dieser GIZ-Maßnahmen werden aktuell oder zukünftig von der
GIZ International Services durchgeführt?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/4771

14. Welche weiteren Maßnahmen und Programme plant das BMZ in den kom-
menden Jahren im Irak zu finanzieren (bitte nach Sektor, Laufzeit, Ziel-
setzung, Finanzierung, Durchführungsorganisation und irakischen Koope-
rationspartnern auflisten)?

15. Wie schätzt die Bundesregierung die Entwicklungsmöglichkeiten der Re-
gion Kurdistan-Irak im Vergleich zu den zentral verwalteten Provinzen
ein?

16. Plant die Bundesregierung in Erbil ein Büro der GIZ zu eröffnen?

a) Falls ja, was ist das Ziel des GIZ-Büros in Erbil?

b) Welche Programmaktivitäten sollen vom GIZ-Büro in Erbil durchge-
führt werden (Sektoren, Kosten)?

c) Wie viele deutsche und nationale Mitarbeiter sollen im GIZ-Büro in
Erbil arbeiten, und welche Personalkosten werden hierfür veranschlagt?

d) Mit welchen Partnern wird die GIZ in Erbil zusammenarbeiten?

e) Welche Maßnahmen sollen von GIZ International Services in Erbil
durchgeführt werden?

f) Welchen geographischen Zuständigkeitsbereich wird die GIZ-Präsenz
in Erbil erhalten?

17. Plant die GIZ im Irak an weiteren Standorten, außer in Erbil, ein Büro zu
eröffnen?

18. Welche Zielsetzungen verfolgt das Programm der GIZ zur Beratung der
irakischen Regierung beim wirtschaftlichen Transformationsprozess?

19. Seit wann läuft dieses Programm, und wie hoch sind die Kosten des Pro-
gramms?

20. Welche Erfolge hat das Programm bisher erzielt?

21. Welche Public-Private-Partnerships werden zurzeit vom BMZ im Irak ge-
fördert?

22. Welche Rolle hat das Gasnetz-Projekt der kurdischen Region bei der Reise
des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
gespielt und bei welchen Gesprächen des Bundesentwicklungsministers
war dieses Projekt Thema?

23. Inwiefern treffen Aussagen der Zeitung „Ittihad“ zu, wonach der Bundesent-
wicklungsminister während seiner Reise angekündigt habe, dass Deutsch-
land das irakische Gasnetz mit der Nabucco-Pipeline verbinden möchte?

24. Welche Verbindung besteht zwischen diesen Aussagen des Bundesent-
wicklungsministers und dem entwicklungspolitischen Auftrag der Reise in
den Irak?

25. Wie viele Wirtschaftsbüros fördert die Bundesregierung im Irak?

Ist der Aufbau weiterer Büros geplant?

26. Welche effektive und nachprüfbare Leistung haben diese Büros bislang er-
zielt?

Wie wird diese Leistung dokumentiert?

27. Beabsichtigt die Bundesregierung, auch weiterhin das Entwicklungshilfe-
Unternehmen AGEF (Arbeitsgruppe Entwicklung und Fachkräfte im
Bereich der Migration und Entwicklungszusammenarbeit) mit dem Betrieb
des Wirtschaftsbüros und der Vertretung deutscher Wirtschaftsinteressen
zu befassen?
Falls nicht, welche Institution soll damit betraut werden?

Drucksache 17/4771 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
28. Ist beabsichtigt, dass der Betrieb der Wirtschaftsbüros, wie in den Jahren
2009 und 2010 auch, weiterhin aus dem Haushalt des Auswärtigen Amts
finanziert werden soll?

Falls nicht, wie wird die Finanzierung zukünftig geleistet?

29. Können seit dem Anschlag auf die deutsche Botschaft in Bagdad im April
2010 dort wieder Visa erteilt werden?

Wenn ja, wie viele Visa (bitte getrennt nach Kategorien) werden pro Monat
erteilt?

Wie ist die Entwicklung in den letzten fünf Jahren?

30. Beabsichtigt die Bundesregierung, zukünftig auch Touristen- und Ge-
schäftsvisa neuer „Kunden“ in Bagdad zu erteilen?

Wenn ja, wann oder unter welchen Voraussetzungen?

Wenn nein, warum nicht?

31. Wie viele Visa (bitte getrennt nach Kategorien) pro Monat werden vom
Generalkonsulat Erbil erteilt?

Wie ist die Entwicklung seit der Eröffnung des Generalkonsulats?

32. Beabsichtigt die Bundesregierung, zukünftig auch Touristen- und Ge-
schäftsvisa für Antragsteller aus der als sicher geltenden Region Kurdistan-
Irak nur in Ankara auszustellen, oder werden Visa für neue „Kunden“ zu-
künftig auch in Erbil erteilt?

Wenn Letzteres nicht zutrifft, warum nicht?

Wenn ja, ab wann?

Wird die Regelung nur für Bewohner der Region Kurdistan-Irak oder für
alle Iraker gelten?

33. Zahlte die Bundesregierung, am 2. Februar 2011 am Flughafen von Bagdad
2 500 US-Dollar oder einen anderen Betrag, obwohl die fälligen Gebühren
für die Nutzung des Flughafens nach Angaben der Bundesregierung bereits
entrichtet worden waren (Meldung der Süddeutschen Zeitung vom 3. Februar
2011)?

Wenn ja, warum?

34. Ist davon auszugehen, dass es sich bei den 2 500 US-Dollar um Schmier-
geld handelte, das gezahlt werden musste, um die Starterlaubnis zu bekom-
men?

Wenn nein, welche Erklärung gibt es dafür, dass die Gebühr zweimal be-
zahlt werden musste?

35. Hat die Bundesregierung die irakische Seite aufgefordert, die 2 500 US-
Dollar zurückzuerstatten?

36. Wurden die 2 500 US-Dollar von der irakischen Seite zurückerstattet?

Berlin, den 11. Februar 2011

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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