BT-Drucksache 17/4214

Finanzierung der Umsetzung kommunaler Lärmaktionspläne gemäß EU-Richtlinie

Vom 14. Dezember 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/4214
17. Wahlperiode 14. 12. 2010

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Dagmar Enkelmann, Katrin Kunert, Dr. Dietmar Bartsch,
Karin Binder, Caren Lay, Jens Petermann, Ingrid Remmers, Dr. Ilja Seifert,
Kersten Steinke, Sabine Stüber, Dr. Kirsten Tackmann und der Fraktion DIE LINKE.

Finanzierung der Umsetzung kommunaler Lärmaktionspläne gemäß EU-Richtlinie

Im Juni 2002 verabschiedeten das Europäische Parlament und der Rat der
Europäischen Union die Richtlinie 2002/49/EG (Richtlinie) über die Bewertung
und Bekämpfung von Umgebungslärm. Diese Richtlinie wurde am 24. Juni
2005, insbesondere durch Änderungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes
(BImSchG), in nationales Recht umgesetzt. Die in der Richtlinie verlangte
Lärmkartierung ist von den Kommunen in der Bundesrepublik Deutschland in
der zweiten Jahreshälfte 2007 abgeschlossen worden. Als Folgeschritt waren
von den Kommunen bis zum 18. Juli 2008 Aktionspläne auszuarbeiten, in denen
Lärmprobleme und Auswirkungen an Hauptverkehrsstraßen (mehr als sechs
Millionen Fahrzeuge jährlich), an Haupteisenbahnstrecken (mehr als 60 000
Züge jährlich) sowie an Großflughäfen und in Ballungsräumen mit mehr als
250 000 Einwohnern dargestellt werden. Bis zum Jahr 2013 sollen Aktionspläne
– insbesondere mit lärmbekämpfenden oder -verringernden Maßnahmen – für
alle Ballungsräume sowie sämtliche Hauptverkehrsstraßen und Haupteisen-
bahnstrecken vorliegen. Diese Pläne sind alle fünf Jahre zu erneuern.

Nun kommt es auf eine wirksame Lärmsanierung in den Städten und Gemeinden
an. Nach vorliegenden Rückmeldungen der Kommunen beziffert der Deutsche
Städte- und Gemeindebund (DStGB) das bundesweite Finanzierungsvolumen
allein für eine wirksame Lärmsanierung von Straßen in kommunaler Träger-
schaft auf rund 2 Mrd. Euro.

Im Jahr 2008 gab es intensive Verhandlungen zur Auflage eines Finanzierungs-
programms (Bund/Länder/Kommunen) zur Lärmsanierung an kommunalen
Straßen. Angesichts der einsetzenden Finanz- und Wirtschaftskrise wurde dieser
Weg nicht weiter verfolgt. Dafür ermöglichte das dann beschlossene Konjunk-
turpaket II die Förderung von Lärmschutzmaßnahmen an kommunalen Straßen
(§ 3 Absatz 1 Nummer 2 des Zukunftsinvestitionsgesetzes – ZuInvG) für die
Jahre 2009 und 2010. Diese Förderung läuft nicht allein Ende dieses Jahres aus;
ihr Umfang reicht ohnehin nicht aus, um alle im Rahmen der Lärmaktions-
planung identifizierten Lärmprobleme zu beseitigen. Von Seiten der Länder und
des DStGB ist mehrfach eine Fortsetzung der mit dem Konjunkturpaket II

begonnenen Finanzierung von Lärmminderungsmaßnahmen an kommunalen
Straßen eingefordert worden. So hatte der DStGB Anfang 2010 verlangt, ein
„Lärmsanierungsprogramm für Straßen in kommunaler Trägerschaft“ aufzu-
legen.

Drucksache 17/4214 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie viele Mittel wurden im Rahmen des Konjunkturpakets II für die Lärm-
sanierung an kommunalen Straßen eingesetzt, und um wie viel Prozent wur-
den dadurch die im Rahmen der Lärmaktionsplanung identifizierten Lärm-
probleme reduziert?

2. Waren im Rahmen des Konjunkturpakets II für die Lärmsanierung an kom-
munalen Straßen finanzielle Anreize für Maßnahmen zur Lärmminderung
durch Vermeidung und Verlagerung von Verkehr, zur Geschwindigkeits-
reduzierung und Verstetigung des Verkehrs vorgesehen?

Wenn ja, welche?

3. In welchen Bundesländern wurden derartige lärmmindernde Maßnahmen
mit wie vielen Mitteln unterstützt?

4. Wird die Bundesregierung die Bund-/Länder-Beratung auf der Grundlage
des Grundlagenpapiers der Umweltministerkonferenz „Lärmsanierung an
hochbelasteten Straßen – Finanzhilfen für die Kommunen“ vom 4. Novem-
ber 2008 fortsetzen?

Wenn ja, wann, und mit welcher Zielstellung?

Wenn nein, warum nicht?

5. Für welche Orte in der Nähe von Hauptverkehrsstraßen mit einem Verkehrs-
aufkommen von über sechs Millionen Kraftfahrzeugen pro Jahr, in der Nähe
von Haupteisenbahnstrecken mit einem Verkehrsaufkommen von über
60 000 Zügen pro Jahr und in der Nähe von Großflughäfen wurden bisher
Lärmaktionspläne erstellt (§ 47d Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 BImSchG)?

6. Für welche Ballungsräume mit mehr als 250 000 Einwohnern wurden bisher
Lärmaktionspläne erstellt (§ 47d Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 BImSchG)?

7. In welcher Weise üben die Gemeinden ihr Ermessen gemäß § 47d Absatz 1
Satz 3 BImSchG aus?

8. Welche Maßnahmen zur Reduzierung der Geräuschbelastung sind von den
Gemeinden bisher ergriffen worden (bitte in tabellarischer Form aufschlüs-
seln)?

9. Welche Kosten sind den Gemeinden bisher durch die in der vorherigen
Frage genannten Maßnahmen entstanden (bitte in tabellarischer Form auf-
schlüsseln)?

10. Von welchen Gesamtkosten für die Gemeinden geht die Bundesregierung
nach dem derzeitigen Planungsstand aus?

11. Plant die Bundesregierung, sich im grundgesetzlich möglichen Rahmen an
den zu erwartenden Kosten zu beteiligen?

12. Bestehen in den Ländern Förderprogramme, die von den Kommunen bei
der Erarbeitung und Umsetzung der Lärmaktionspläne in Anspruch genom-
men werden können?

Wenn ja, ist eine Unterstützung der Kommunen durch die Länder in diesen
Förderprogrammen an bestimmte Bedingungen geknüpft (bitte nach Län-
dern aufschlüsseln)?

13. Welche Förderprogramme des Bundes können Kommunen zur Erarbeitung
und Umsetzung von Lärmaktionsplänen in Anspruch nehmen?

14. Wie wird sichergestellt, dass die betroffenen Bürgerinnen und Bürger bzw.
Anlieger ihr Recht auf Anhörung zu den Vorschlägen der Lärmaktionspläne

gemäß § 47d Absatz 3 Satz 1 BImSchG tatsächlich wahrnehmen können?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/4214

15. Wie ist das in § 47d Absatz 3 Satz 1 BImSchG erwähnte Anhörungsverfah-
ren ausgestaltet?

16. Wie wird den Anforderungen der Rechtzeitigkeit und der Effektivität (§ 47
Absatz 3 Satz 2 BImSchG) bei der Möglichkeit der Mitwirkung an der Aus-
arbeitung und Überprüfung der Lärmaktionspläne Genüge getan?

Wie sind die entsprechenden Verfahren ausgestaltet?

17. Welche Argumente haben die Bundesregierung dazu bewogen, in § 47e
Absatz 1 BImSchG die Gemeinden als grundsätzlich zuständige Behörden
zu bestimmen und damit entsprechende Kostenfolgen auszulösen, obwohl
dies durch die Richtlinie 2002/49/EG nicht vorgegeben wird?

Berlin, den 14. Dezember 2010

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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