BT-Drucksache 17/4075

Nationale Engagementstrategie der Bundesregierung

Vom 1. Dezember 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/4075
17. Wahlperiode 01. 12. 2010

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Britta Haßelmann, Kai Gehring, Ingrid Hönlinger,
Monika Lazar, Tabea Rößner, Elisabeth Scharfenberg, Ekin Deligöz,
Priska Hinz (Herborn), Katja Dörner, Agnes Krumwiede, Krista Sager
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Nationale Engagementstrategie der Bundesregierung

Demokratie braucht bürgerschaftliches Engagement. Engagement bedeutet so-
ziale und kulturelle Teilhabe sowie persönliche Weiterentwicklung für jede und
jeden von uns. Für die Zukunft unseres Gemeinwesens bedeutet Engagement
Kreativität und Solidarität. Eine lebendige Zivilgesellschaft braucht die Einmi-
schung und Beteiligung vieler Menschen, ob jung oder alt, das zeichnet sie aus.

Mit der Enquete-Kommission „Zukunft des Bürgerschaftlichen Engagements“
wurde ein Paradigmenwechsel in der Wahrnehmung des bürgerschaftlichen En-
gagements eingeläutet: weg von der traditionellen Orientierung auf das Ehren-
amt hin zu einem Leitbild einer lebendigen Zivilgesellschaft. Unsere Gesell-
schaft braucht die Eigeninitiative von Menschen für ihren Zusammenhalt. Eine
zukunftsfähige Engagementpolitik muss deswegen Perspektiven für eine bewe-
gende und sinnstiftende Kraft von bürgerschaftlichem Engagement entwickeln.
Die vielfältigen Formen des bürgerschaftlichen Engagements spiegeln die Viel-
falt unserer Gesellschaft wider. Deshalb braucht bürgerschaftliches Engagement
Freiraum und Unterstützung.

Am 6. Oktober 2010 wurde durch die Bundesregierung die nationale Engage-
mentstrategie beschlossen. Auf dieser Grundlage soll das bürgerschaftliche
Engagement in Deutschland gestärkt und das Potenzial des bürgerschaftlichen
Engagements gewinnbringend für die Gesellschaft genutzt werden. Ziel der
nationalen Engagmentstrategie ist es, so die Bundesregierung, die diesbezügli-
chen Vorhaben von Bund, Ländern und Kommunen zu harmonisieren sowie
Stiftungen aber auch Unternehmen stärker mit einzubeziehen. Weiterhin sollen
Anerkennung und Wertschätzung des bürgerschaftlichen Engagements gestei-
gert und allgemeine Rahmenbedingungen, in denen sich bürgerschaftliches En-
gagement wiederfindet, verbessert werden. Die Bundesregierung stellt zudem in
Aussicht, Foren des Austauschs zu fördern und eine Anlaufstelle für soziale In-
novationen einzurichten. Die nationale Engagementstrategie weist dabei auf die
unterschiedlichsten (Modell-)Projekte hin, die von der Bundesregierung derzeit
verfolgt und gefördert werden und die im Zusammenhang mit bürgerschaft-
lichem Engagement stehen.
Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche konkreten Maßnahmen plant die Bundesregierung, um die Zusam-
menarbeit zwischen Bund, Ländern und Kommunen im Politikfeld der sog.
Engagementpolitik sicherzustellen?

Drucksache 17/4075 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

2. Welche konkreten Maßnahmen wird die Bundesregierung ergreifen, um die
enge Abstimmung in der sog. Engagementpolitik zwischen den Bundes-
ressorts sicherzustellen?

3. Welche Maßnahmen sieht die Bundesregierung vor, um das Ziel der natio-
nalen Engagementstrategie der Förderung und Weiterentwicklung von re-
gionalen Vernetzungen verschiedener Institutionen, Ländervertretungen,
Städten und Gemeinden zu erreichen?

4. Gehört nach Ansicht der Bundesregierung die Infrastrukturförderung mit zu
den förderlichen Rahmenbedingungen für bürgerschaftliches Engagement?

Wenn nein, warum nicht, und wie sollen Infrastrukturen alternativ gewähr-
leistet werden?

Wenn ja, in welcher Form?

5. Gibt es Pläne, auf der Basis eines Staatsvertrags die infrastrukturelle Förde-
rung und Zusammenarbeit von Bund, Ländern und Kommunen zur weiteren
Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements zu etablieren?

6. Plant die Bundesregierung, staatliche und besonders regionale wie kommu-
nale Stellen zur Förderung des bürgerschaftlichen Engagements vor Ort zu
unterstützen?

Wenn nein, warum nicht?

Wenn ja, welche Maßnahmen wird die Bundesregierung zu deren Unterstüt-
zung ergreifen?

7. Welche weiteren Möglichkeiten der infrastrukturellen Förderung bürger-
schaftlichen Engagements auf kommunaler Ebene sieht die Bundesregie-
rung neben Bürgerstiftungen und Mehrgenerationenhäusern?

8. Plant die Bundesregierung weitere Untersuchungen zu Fragen der infra-
strukturellen Förderung bürgerschaftlichen Engagements?

9. Wie kann nach Meinung der Bundesregierung die Förderung bürgerschaft-
lichen Engagements vor Ort gesichert werden?

10. Welche Rolle spielen bereits bestehende Ansprechpartner für bürgerschaft-
liches Engagement in der Fläche wie Seniorenbüros, Freiwilligenagenturen,
Selbsthilfeeinrichtungen etc. für die Bundesregierung?

11. Wird die Bundesregierung die in Frage 10 genannten bestehenden infra-
strukturellen Einrichtungen fördern?

Wenn ja, wie?

12. Plant die Bundesregierung, staatliche und kommunale Einrichtungen, ange-
sichts der finanziellen Notlage vieler Kommunen, finanziell zu unterstüt-
zen?

13. Plant die Bundesregierung, neben Bürgerpreisen die Anerkennung bürger-
schaftlich engagierter Bürgerinnen und Bürger zu unterstützen?

Wenn ja, wie?

Wenn nein, warum nicht?

14. Plant die Bundesregierung Vergünstigungen beispielsweise in Form einer
Ehrenamtscard oder steuerlicher Vorteile für Bürgerinnen und Bürger, die
sich bürgerschaftlich engagieren?

15. Gibt es Pläne, ein Statusgesetz für bürgerschaftlich Engagierte einzuführen?

Wenn ja, wie gestalten sich diese?
Wenn nein, warum nicht?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/4075

16. Wie steht die Bundesregierung zur von Prof. Dr. Gerhard Igl vorgeschlage-
nen Gesetzesänderung der Artikel 74 und 91 des Grundgesetzes?

17. Welchen Stellenwert hätten die vorgeschlagenen Änderungen des Grund-
gesetzes zur Verstetigung der Engagementförderung für die Bundesregie-
rung?

18. Gibt es Überlegungen, das Kooperationsverbot im Grundgesetz für die En-
gagementförderung zu überdenken?

19. Welche Pläne hat die Bundesregierung über die regelmäßige Berichterstat-
tung zu einzelnen Themen im bürgerschaftlichen Engagement hinaus, ihre
Modellprojekte zu evaluieren und bei Erfolg eine entsprechende Finanzie-
rung zu garantieren?

20. Wird die Bundesregierung die Finanzkraft der Bürgerstiftungen vor dem
Hintergrund des Finanzvolumens von 151,9 Mio. Euro im Jahr 2009 (ak-
tueller Länderspiegel) zusätzlich stärken?

Wenn ja, welche Maßnahmen sind angedacht und wann?

Wenn nein, warum nicht?

21. Mit welchen Summen an Fördermitteln für Stiftungen und Unternehmen für
bürgerschaftliches Engagement rechnet die Bundesregierung bis 2012?

22. Geht die Bundesregierung davon aus, dass Finanzmittel von Stiftungen und
Unternehmen zur dauerhaften Finanzierung von Projekten und Program-
men für bürgerschaftliches Engagement beitragen?

Wenn ja, wie will sie die Finanzierung der Projekte für die Zukunft verläss-
lich sichern?

Wenn nein, welche anderweitigen Maßnahmen zur Sicherung der Finanzie-
rung der Projekte sind vorgesehen?

23. Plant die Bundesregierung weitere Änderungen im Zuwendungs-, Gemein-
nützigkeits- und Stiftungsrecht?

Wenn ja, welche?

24. Wird die Bundesregierung im Rahmen der Vereinfachung des Zuwendungs-
rechts die Lockerung des Jährlichkeitsprinzips einführen?

Wenn nein, warum nicht?

25. Wird die Bundesregierung im Rahmen der Vereinfachung des Zuwendungs-
rechts bürgerschaftliches Engagement als Eigenmittel anerkennen lassen?

Wenn nein, warum nicht?

26. Wird die Bundesregierung im Rahmen der Vereinfachung des Zuwendungs-
rechts das Rücklagenverbot in der Projektförderung lockern?

Wenn nein, warum nicht?

27. Wird die Bundesregierung im Rahmen der Vereinfachung des Zuwendungs-
rechts das Besserstellungsverbot aufheben?

Wenn nein, warum nicht?

28. Wird die Bundesregierung im Rahmen der Vereinfachung des Zuwendungs-
rechts verlässlichere Grundlagen in der Finanzierung bürgerschaftlichen
Engagements für Zuwendungsempfängerinnen und -empfänger schaffen?

Wenn nein, warum nicht?

29. Wird die Bundesregierung im Rahmen der Vereinfachung des Zuwendungs-
rechts den Verdacht verdeckter Entgelte im Umsatzsteuerrecht eindeutig

regeln?

Wenn nein, warum nicht?

Drucksache 17/4075 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

30. Wird die Bundesregierung im Rahmen der Vereinfachung des Zuwendungs-
rechts die Verwaltungsvorschriften und Nebenbestimmungen zu § 44 der
Bundeshaushaltsordnung vereinfachen?

Wenn nein, warum nicht?

Wenn ja, inwieweit wird sie das Zuwendungsrecht vereinfachen?

31. Wird die Bundesregierung im Rahmen der Vereinfachung des Zuwendungs-
rechts vereinfachte Zuwendungsverfahren bei kleineren Zuwendungsbeträ-
gen zulassen?

Wenn nein, warum nicht?

Wenn ja, welche Beträge sind hier angedacht?

32. Welche Lösungen hat die Bundesregierung im Rahmen der Vereinbarkeit
des deutschen Gemeinnützigkeitsrechts mit Regelungen der Europäischen
Union?

33. Inwiefern plant die Bundesregierungen darüber hinaus Änderungen des
Stiftungs- und Vereinsrechts zur Stärkung des bürgerschaftlichen Engage-
ments?

34. Plant die Bundesregierung, erweiterte Transparenzpflichten für Stiftungen
einzuführen?

Wenn nein, warum nicht?

Wenn ja, wie?

35. Warum wird das Nationale Forum für Engagement und Partizipation im fol-
genden Haushaltsjahr 2011 ausgeschrieben?

36. Wer wird das Dialogforum „Bürgerschaftliches Engagement“ zur weiteren
Umsetzung des Nationalen Integrationsplans durchführen?

37. Wie soll das Ziel, zivilgesellschaftliche Organisationen und Migranten-
selbstorganisationen in das genannte Dialogforum zu integrieren, umgesetzt
werden?

38. Wie erfolgt die Auswahl der Beteiligten am Dialogforum „Bürgerschaft-
liches Engagement“?

39. Welche finanziellen Mittel werden hierfür in welcher Höhe bereitgestellt?

40. Wann wird die Bundesregierung einen Gesetzentwurf für ein Freiwilligen-
dienstestatusgesetz vorlegen, und inwiefern will sie darin den sozialversi-
cherungsrechtlichen Status in den unterschiedlichen Dienstformen klären?

41. Wie werden im Übergang vom Zivildienst zum Bundesfreiwilligendienst
und den bereits bestehenden Freiwilligendiensten Strukturen des Träger-
prinzips und der Beteiligung der Zivilgesellschaft gesichert?

42. In welchen Schritten und zeitlichen Abständen plant die Bundesregierung
den Übergang von einem Bundesfreiwilligendienst zu einem Freiwilligen-
dienst in Trägerstrukturen?

43. Wie will die Bundesregierung künftig die Trägervielfalt der Freiwilligen-
dienste und insbesondere die Möglichkeiten kleiner Träger sicherstellen?

44. Inwiefern ist geplant, dem bisherigen Bundesamt für den Zivildienst neue
Aufgaben im Bereich der Freiwilligendienste und in anderen Bereichen zu
übertragen (bitte jeweils aufschlüsseln)?

45. Inwieweit werden zukünftig Migrantenselbstorganisationen unterstützt, um
Jugendfreiwilligendienstlern/Jugendfreiwilligendienstlerinnen aber auch

im Allgemeinen bürgerschaftlich engagierten Migrantinnen und Migranten
zu begegnen?

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46. Arbeiten andere Bundesministerien an der Planung des Europäischen Jahres
der Freiwilligentätigkeit mit?

Wenn ja, welche?

Wenn nein, warum nicht?

47. Was erhofft sich die Bundesregierung vom Europäischen Jahr der Freiwilli-
gentätigkeit?

Berlin, den 1. Dezember 2010

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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