BT-Drucksache 17/4062

zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP -17/3403- Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des Rechts der Sicherungsverwahrung und zu begleitenden Regelungen

Vom 1. Dezember 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/4062
17. Wahlperiode 01. 12. 2010

Beschlussempfehlung und Bericht
des Rechtsausschusses (6. Ausschuss)

zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP
– Drucksache 17/3403 –

Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des Rechts der Sicherungsverwahrung
und zu begleitenden Regelungen

A. Problem

Das Recht der Sicherungsverwahrung ist insbesondere infolge des seit dem
10. Mai 2010 endgültigen Urteils des Europäischen Gerichtshofs für Menschen-
rechte (EGMR) vom 17. Dezember 2009 reformbedürftig. Der vorliegende Ge-
setzentwurf hat eine grundlegende Überarbeitung des Rechts der Sicherungs-
verwahrung zum Ziel. Es soll ein System geschaffen werden, das einen
angemessenen Schutz der Allgemeinheit vor gefährlichen Straftätern ermög-
licht, dabei aber rechtsstaatliche Anforderungen wahrt und dem Ausnahmecha-
rakter der Sicherungsverwahrung Rechnung trägt.

Die Möglichkeiten der Anordnung einer primären Sicherungsverwahrung sollen
konsolidiert, im Bereich der vorbehaltenen Sicherungsverwahrung ausgeweitet
und bei der nachträglichen Sicherungsverwahrung beschränkt werden. Im Be-
reich der Führungsaufsicht soll das Instrument der elektronischen Aufenthalts-
überwachung eingeführt und die Möglichkeit ausgedehnt werden, die Führungs-
aufsicht unbefristet zu verlängern. Im Rahmen der engen Vorgaben des
Grundgesetzes und der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und
Grundfreiheiten (EMRK) soll überdies eine Rechtsgrundlage geschaffen wer-
den, die eine sichere Unterbringung von weiterhin gefährlichen, psychisch ge-
störten Straftätern ermöglicht, die infolge des Urteils des EGMR aus der Siche-
rungsverwahrung zu entlassen sind oder bereits entlassen wurden.

B. Lösung

Annahme des Gesetzentwurfs in geänderter Fassung. Im Wesentlichen zielen
die vorgeschlagenen Änderungen auf eine noch stärkere Beschränkung der

Anlass- und Vortaten für die Anordnung der Sicherungsverwahrung durch die
Herausnahme „reiner Vermögensdelikte“. Zudem soll die Rückfallverjährungs-
frist bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung nicht zehn Jahre, son-
dern fünfzehn Jahre betragen. Der Vorbehalt der Sicherungsverwahrung soll
auch bei zwischenzeitlicher Aussetzung der Reststrafe zur Bewährung ausgeübt
werden können. Der Betroffene soll vor einer Unterbringung nach dem Therapie-
unterbringungsgesetz persönlich anzuhören sein.

Drucksache 17/4062 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Annahme des Gesetzentwurfs in geänderter Fassung mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der Frak-
tionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

C. Alternativen

Annahme des Gesetzentwurfs in der Fassung anderer Änderungsanträge.

D. Kosten

Wurden im Ausschuss nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/4062

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Gesetzentwurf auf Drucksache 17/3403 mit folgenden Maßgaben, im Übri-
gen unverändert anzunehmen:

1. Artikel 1 wird wie folgt geändert:

a) Nummer 2 wird wie folgt geändert:

aa) In Buchstabe a wird Absatz 1 Satz 1 wie folgt geändert:

aaa) In Nummer 1 werden die Buchstaben a und b wie folgt gefasst:

„a) sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die
persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung
richtet,

b) unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtund-
zwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das
Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt
und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn
Jahren bedroht ist oder“.

bbb) In Nummer 4 werden die Wörter „oder schwerer wirtschaftlicher
Schaden angerichtet wird“ gestrichen.

bb) In Buchstabe d wird der Doppelbuchstabe cc wie folgt gefasst:

‚cc) In Satz 3 werden vor dem Punkt am Ende die Wörter „ ; bei Straf-
taten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünf-
zehn Jahre“ eingefügt.‘

b) In Nummer 3 wird § 66a Absatz 3 wie folgt gefasst:

„(3) Über die nach Absatz 1 oder 2 vorbehaltene Anordnung der Siche-
rungsverwahrung kann das Gericht im ersten Rechtszug bis zur vollstän-
digen Vollstreckung der Freiheitsstrafe entscheiden; dies gilt auch, wenn
die Vollstreckung des Strafrestes zur Bewährung ausgesetzt war und der
Strafrest vollstreckt wird. Das Gericht ordnet die Sicherungsverwahrung
an, wenn die Gesamtwürdigung des Verurteilten, seiner Tat oder seiner Ta-
ten und ergänzend seiner Entwicklung bis zum Zeitpunkt der Entschei-
dung ergibt, dass von ihm erhebliche Straftaten zu erwarten sind, durch
welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden.“

2. Artikel 2 wird wie folgt geändert:

a) In Nummer 4 Buchstabe b werden in Absatz 5 die Wörter „, wenn nicht
die Vollstreckung des Strafrestes rechtskräftig zur Bewährung ausgesetzt
worden ist“ gestrichen.

b) Nummer 5 wird durch die folgenden Nummern 5 und 6 ersetzt:

‚5. § 454 Absatz 4 Satz 1 wird wie folgt gefasst:

„Im Übrigen sind § 268a Absatz 3, die §§ 268d, 453, 453a Absatz 1
und 3 sowie die §§ 453b und 453c entsprechend anzuwenden.“

6. Dem § 462a Absatz 2 wird folgender Satz angefügt:

„Abweichend von Absatz 1 ist in den dort bezeichneten Fällen das

Gericht des ersten Rechtszuges zuständig, wenn es die Anordnung der
Sicherungsverwahrung vorbehalten hat und eine Entscheidung dar-

Drucksache 17/4062 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

über gemäß § 66a Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches noch mög-
lich ist.“‘

c) Die bisherigen Nummern 6 und 7 werden die Nummern 7 und 8.

3. Artikel 5 wird wie folgt geändert:

a) In § 8 werden die Absätze 2 und 3 durch die folgenden Absätze 2 bis 5 er-
setzt:

„(2) Der Betroffene ist vor einer Therapieunterbringung persönlich an-
zuhören. Seine Anhörung soll nicht im Wege der Rechtshilfe erfolgen.

(3) Das Gericht kann den Betroffenen durch die zuständige untere Ver-
waltungsbehörde vorführen lassen, wenn er sich weigert, an Verfahrens-
handlungen nach Absatz 2 mitzuwirken.

(4) Gewalt darf die Behörde nur anwenden, wenn das Gericht dies auf
Grund einer ausdrücklichen Entscheidung angeordnet hat. Die zuständige
untere Verwaltungsbehörde ist befugt, erforderlichenfalls um Unterstüt-
zung der polizeilichen Vollzugsorgane nachzusuchen.

(5) Die Wohnung des Betroffenen darf ohne dessen Einwilligung nur
gewaltsam geöffnet, betreten und durchsucht werden, wenn das Gericht
dies zu dessen Vorführung zur Anhörung ausdrücklich angeordnet hat. Bei
Gefahr im Verzug kann die Anordnung nach Satz 1 durch die zuständige
untere Verwaltungsbehörde erfolgen. Durch diese Regelung wird das
Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung aus Artikel 13 Absatz 1
des Grundgesetzes eingeschränkt.“

b) Dem § 9 Absatz 1 wird folgender Satz angefügt:

„Die Sachverständigen sollen Ärzte für Psychiatrie sein; sie müssen Ärzte
mit Erfahrung auf dem Gebiet der Psychiatrie sein.“

c) In § 20 Absatz 2 Satz 2 wird die Angabe „§ 22“ durch die Angabe „§ 16
Absatz 2“ ersetzt.

Berlin, den 1. Dezember 2010

Der Rechtsausschuss

Siegfried Kauder (Villingen-Schwenningen)
Vorsitzender

Ansgar Heveling
Berichterstatter

Christian Ahrendt
Berichterstatter

Christine Lambrecht
Berichterstatterin

Halina Wawzyniak
Berichterstatterin

Jerzy Montag
Berichterstatter

Annahme des Gesetzentwurfs. Er empfiehlt überdies mit den
Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, FDP, DIE LINKE. und mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP ge-
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der
Fraktion der SPD, den Änderungsantrag der Fraktion der
SPD auf Ausschussdrucksache 17(6)50 abzulehnen. Zudem
empfiehlt er mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU,

gen die Stimmen der Fraktionen SPD, DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN angenommen wurde.

Im Verlauf der Beratung nahm die Fraktion der SPD zu-
nächst Bezug auf die Änderungsvorschläge der Fraktionen
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/4062

Bericht der Abgeordneten Ansgar Heveling, Christian Ahrendt,
Christine Lambrecht, Halina Wawzyniak und Jerzy Montag

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat die Vorlage auf Drucksache
17/3403 in seiner 69. Sitzung am 29. Oktober 2010 beraten
und an den Rechtsausschuss zur federführenden Beratung
sowie an den Innenausschuss, den Ausschuss für Familie,
Senioren, Frauen und Jugend und den Ausschuss für Ge-
sundheit zur Mitberatung überwiesen.

II. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Der Innenausschuss hat die Vorlage auf Drucksache
17/3403 in seiner 27. Sitzung am 1. Dezember 2010 beraten
und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/
CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen DIE
LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Annahme
des Gesetzentwurfs. Er empfiehlt überdies mit den Stimmen
der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen
der Fraktionen SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN, den Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/
CSU und FDP auf Ausschussdrucksache 17(6)54 anzuneh-
men. Der Innenausschuss empfiehlt zudem mit den Stimmen
der Fraktionen CDU/CSU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion der SPD bei
Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE., den Änderungs-
antrag der Fraktion der SPD auf Ausschussdrucksache
17(6)50 abzulehnen.

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
hat die Vorlage auf Drucksache 17/3403 in seiner 27. Sitzung
am 1. Dezember 2010 beraten und empfiehlt mit den Stim-
men der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP gegen die
Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN die Annahme des Gesetzentwurfs mit Ände-
rungen. Er empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der
Fraktion DIE LINKE., den Änderungsantrag der Fraktionen
der CDU/CSU und FDP auf Ausschussdrucksache 17(13)66
[17(6)54] anzunehmen. Zudem empfiehlt er mit den Stim-
men der Fraktionen CDU/CSU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion der SPD bei
Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE., den Änderungs-
antrag der Fraktion der SPD auf Ausschussdrucksache
17(13)64 [17(6)50] abzulehnen.

Der Ausschuss für Gesundheit hat die Vorlage auf Druck-
sache 17/3403 in seiner 26. Sitzung am 1. Dezember 2010
beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der Frak-
tionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die

Fraktion DIE LINKE., den Änderungsantrag der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Ausschussdrucksache
17(6)55 abzulehnen.

III. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im
federführenden Ausschuss

Der Rechtsausschuss hat die Vorlage auf Drucksache
17/3403 in seiner 26. Sitzung am 27. Oktober 2010 beraten
und beschlossen, eine öffentliche Anhörung durchzuführen,
die er in seiner 28. Sitzung am 10. November 2010 durchge-
führt hat. An dieser Anhörung haben folgende Sachverstän-
dige teilgenommen:

Hinsichtlich des Ergebnisses der Anhörung wird auf das Pro-
tokoll der 28. Sitzung vom 10. November 2010 mit den an-
liegenden Stellungnahmen der Sachverständigen verwiesen.

Der Rechtsausschuss hat die Vorlage auf Drucksache
17/3403 in seiner 31. Sitzung am 1. Dezember 2010 abschlie-
ßend beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen
der CDU/CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der Frakti-
onen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die An-
nahme des Gesetzentwurfs in der aus der Beschlussempfeh-
lung ersichtlichen Fassung. Die vorgeschlagenen Änderungen
entsprechen einem Änderungsantrag, der von den Fraktionen
der CDU/CSU und FDP im Rechtsausschuss eingebracht und

Dr. Peter Jürgen Graf Richter am Bundesgerichtshof,
Karlsruhe,

Andreas Heuer Leitender Oberstaatsanwalt, Osna-
brück,

Prof. Dr. Jörg Kinzig Eberhard Karls Universität Tübin-
gen, Lehrstuhl für Strafrecht und
Strafprozessrecht,

Prof. Dr. med.
Norbert Leygraf

Universität Duisburg-Essen, LVR-
Klinikum Essen, Institut für Foren-
sische Psychiatrie,

Prof. Dr.
Henning Radtke

Universität Hannover, Lehrstuhl
für Strafrecht, Strafprozessrecht
und internationales Strafrecht,

Prof. Dr.
Joachim Renzikowski

Martin-Luther-Universität Halle-
Wittenberg, Lehrstuhl für Straf-
recht, Rechtsphilosophie/Rechts-
theorie,

Sebastian Scharmer Rechtsanwalt, Berlin,
Michael Skirl Leiter der Justizvollzugsanstalt

Werl,
Dr. Bernhard Wankel Vorsitzender Richter am Oberlan-

desgericht, Nürnberg.
SPD und FDP gegen die Stimmen der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der

der CDU/CSU und FDP zu einer Begrenzung tauglicher An-
lasstaten. Sie begrüße die Herausnahme des größten Teils der

Drucksache 17/4062 – 6 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Vermögensdelikte aus dem Katalog der Anlasstaten. Zum
Bereich der nachträglichen Sicherungsverwahrung bei Ju-
gendlichen und in Altfällen sowie zu der aus ihrer Sicht not-
wendigen Konkretisierung des Begriffs „psychisch gestörter
Gewalttäter“ verwies die Fraktion der SPD auf den von ihr
in den Rechtsausschuss eingebrachten Änderungsantrag.
Entscheidend werde im Übrigen die tatsächliche Umsetzung
der zu beschließenden Regelungen durch die Länder sein,
etwa beim Einsatz elektronischer Fußfesseln, wobei auch
finanzielle Aspekte im Blick behalten werden müssten.

Die Fraktion der SPD hat einen Änderungsantrag im Rechts-
ausschuss eingebracht, der folgenden Wortlaut hatte:

Der Ausschuss wolle beschließen:

1. Artikel 1 Nr. 2 wird wie folgt geändert:

§ 66 wird wie folgt geändert:

a) Absatz 1 wird wie folgt gefasst:

„(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Siche-
rungsverwahrung an, wenn

1. jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei
Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verur-
teilt wird, die

a) sich gegen das Leben, die körperliche Un-
versehrtheit, die persönliche Freiheit oder die
sexuelle Selbstbestimmung richtet,

b) im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindes-
tens zehn Jahren bedroht ist oder

c) den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die
Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der
in den Buchstaben a oder b genannten Art ein-
getreten ist, oder den Tatbestand des § 323a,
soweit die im Rausch begangene rechtswidrige
Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b
genannten Art ist,

2. der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 ge-
nannten Art, die er vor der neuen Tat begangen
hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe
von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,

3. er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der
neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren
Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer
freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung
und Sicherung befunden hat, und

4. die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten
ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen
Straftaten, durch welche die Opfer seelisch oder
körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeit-
punkt der Verurteilung für die Allgemeinheit ge-
fährlich ist.

Für die Einordnung als Straftat im Sinne von Satz 1
Nummer 1 Buchstabe b gilt § 12 Absatz 3 entspre-
chend, für die Beendigung der in Satz 1 Nummer 1
Buchstabe c genannten Führungsaufsicht § 68b Ab-
satz 1 Satz 4.“

2. Artikel 3 Absatz 2 wird wie folgt geändert:

S. 3427), das zuletzt durch Artikel … des Gesetzes vom …
(BGBl. I S. … .) geändert worden ist, wird wie folgt geän-
dert:

1. § 7 wird wie folgt geändert:

a) Absatz 1 wird wie folgt geändert:

Die Absatzbezeichnung „(1)“ wird gestrichen.

b) Die Absätze 2 bis 4 werden aufgehoben.

2. Nach § 81 wird folgender Zehnter Unterabschnitt ein-
gefügt:

„ Z e h n t e r U n t e r a b s c h n i t t
A n o rd n u n g d e r S i c h e r u n g s v e r w a h r u n g

§ 81a
Verfahren und Entscheidung

Für das Verfahren und die Entscheidung über die
Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsver-
wahrung gelten § 275a der Strafprozessordnung und
die §§ 74f und 120a des Gerichtsverfassungsgesetzes
sinngemäß.“

3. § 104 Absatz 1 wird wie folgt geändert:

a) In Nummer 13 wird das Wort „und“ durch ein
Komma ersetzt.

b) In Nummer 14 wird der abschließende Punkt
durch das Wort „und“ ersetzt.

c) Folgende Nummer 15 wird angefügt:

„15. Verfahren und Entscheidung bei Anordnung
der Sicherungsverwahrung (§ 81a).“

4. § 106 wird wie folgt geändert:

a) In Absatz 3 Satz 3 wird die Angabe 㤠66a Abs. 2
und 3“ durch die Angabe „§ 66a Absatz 3“ er-
setzt.

b) Absatz 5 wird aufgehoben.

c) Absatz 6 wird wie folgt geändert:

aa) Die Absatzbezeichnung „(6)“ wird durch die
Absatzbezeichnung „(5)“ ersetzt.

bb) In Satz 1 Nummer 2 werden die Wörter „wäh-
rend des Vollzugs der Maßregel“ durch die
Wörter „bis zum Zeitpunkt der Entschei-
dung“ ersetzt.

d) Absatz 7 wird aufgehoben.

5. In § 109 Absatz 1 Satz 1 wird die Angabe „81“ durch
die Angabe „81a“ ersetzt und wird nach der Angabe
„73“ die Angabe „und § 81a“ eingefügt.

3. Artikel 4 Nr. 2 wird wie folgt geändert:

„Artikel 316e

Übergangsvorschrift zum Gesetz zur Neuordnung
des Rechts der Sicherungsverwahrung und begleitender

Regelungen

Die Vorschriften über die Sicherungsverwahrung in
der Fassung des Gesetzes zur Neuordnung des Gesetzes
zur Neuordnung des Rechts der Sicherungsverwahrung
und begleitender Regelungen vom … [einsetzen: Datum
„(2) Das Jugendgerichtsgesetz in der Fassung der
Bekanntmachung vom 11. Dezember 1974 (BGBl. I

der Ausfertigung dieses Gesetzes und Fundstelle im
BGBl.] finden auf alle Taten, über die am [einsetzen:

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 7 – Drucksache 17/4062

Datum des Inkrafttretens dieses Gesetzes] noch nicht
rechtskräftig entschieden worden ist und bei denen wegen
deren Begehung die Sicherungsverwahrung angeordnet
oder vorbehalten werden soll, Anwendung. Im Übrigen
gilt § 2 Abs. 3 StGB entsprechend.“

4. Artikel 5 wird wie folgt geändert:

§ 1 Absatz 1 wird um nachfolgenden Satz 2 ergänzt:

„Psychische Störung im Sinne dieses Gesetzes ist eine
abnorme Störung der Persönlichkeit, des Verhaltens, der
Sexualpräferenz, der Impuls- oder Triebkontrolle. Allein
soziale Abweichungen oder soziale Konflikte sind keine
psychische Störung.“

5. Artikel 7 wird wie folgt geändert:

Artikel 7 wird um nachfolgende Sätze 2 und 3 ergänzt:

„Die Anwendungserfahrungen und Auswirkungen des
Gesetzes, insbesondere des Therapieunterbringungsge-
setzes werden nach einem Erfahrungszeitraum von drei
Jahren ab Inkrafttreten durch die Bundesregierung unter
wissenschaftlicher Begleitung und externer Sachverstän-
diger überprüft. Die Bundesregierung unterrichtet den
Deutschen Bundestag danach über das Ergebnis der
Überprüfung.“

Begründung

Zu Nr. 1 (Artikel 1 Nr. 2)

Die Sicherungsverwahrung ist eine tief einschneidende
Maßnahme. Mit ihr wird einem Menschen nach Verbü-
ßung der Strafe weiterhin die Freiheit entzogen. Der
Gesetzesentwurf zielt darauf ab, die Sicherungsverwah-
rung nur bei der Gefahr der Begehung schwerer und
schwerster Gewalt- und Sexualverbrechen zu ermög-
lichen. Dieses Ziel wird mit dem Entwurf jedoch nicht
konsequent umgesetzt. Der Änderungsantrag sieht daher
vor, die Sicherungsunterbringung konsequent auf Straf-
taten zu beschränken, die sich gegen das Leben, die kör-
perliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder
die sexuelle Selbstbestimmung richten.

Zu Nr. 2 (Artikel 3 Absatz 2)

Der Gesetzesentwurf ordnet das Recht der Sicherungs-
verwahrung nicht konsequent neu, denn obwohl er im
sogenannten Erwachsenenstrafrecht die nachträgliche
Sicherungsverwahrung beschränken will, enthält er kei-
nen entsprechenden Neuregelungsvorschlag für das
Jugendstrafrecht. Der Änderungsvorschlag zeichnet des-
halb den Wegfall der bislang in § 66 Absatz 1 und Ab-
satz 2 Strafgesetzbuch geregelten nachträglichen Siche-
rungsverwahrung mit entsprechenden Anpassungen im
Jugendgerichtsgesetz nach.

Zu Nr. 3 (Artikel 4 Nr. 2)

Der Gesetzesentwurf will für die Sicherungsverwahrung
das anwendbare Recht anhand des Termins des Inkraft-
tretens des Reformgesetzes als Stichtag regeln. Das führt
dazu, dass nur für sogenannte Neufälle das neue Recht
anwendbar sein soll. Für sogenannte Altfälle dagegen
soll das bisherige Recht angewandt werden. Diese „Alt-

Tat vor dem Inkrafttreten der Neuregelung begangen
wurde.

Damit droht eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleich-
behandlung nach altem und nach neuem Recht. Diese
Ungleichbehandlung ist insbesondere nicht mit Schutz-
lücken zu begründen, die laut Entwurfsbegründung mit
dem Systemwechsel einhergehen. Letztlich stünde bei der
Anwendung des neuen Rechts auf vor seinem Inkraft-
treten begangene Anlasstaten lediglich die nachträgliche
Sicherungsverwahrung nach § 66b Absatz 1 und Absatz 2
Strafgesetzbuch nicht zur Verfügung. Angesichts der im
Entwurf selbst mehrfach betonten geringen Anwendungs-
häufigkeit der nachträglichen Sicherungsverwahrung,
lassen sich bedeutsame Schutzlücken in einer Über-
gangsphase kaum annehmen.

Der Änderungsvorschlag zielt daher darauf ab, dass auf
sämtliche bei Inkrafttreten des Reformgesetzes noch
nicht rechtskräftig abgeurteilten Anlasstaten das neue
Recht angewandt wird. Soweit das alte Recht sich bei An-
wendung des Grundsatzes strikter Alternativität als güns-
tiger erweisen sollte, wird dies durch die Regelung, die
§ 2 Abs. 3 StGB für entsprechend anwendbar erklärt, be-
rücksichtigt.

Zu Nr. 4 (Artikel 5)

Die Ergänzung dient der Verdeutlichung, dass der Begriff
der „psychischen Störung“, der den vom EGMR zu Arti-
kel 5 Absatz 1 Satz 2 Buchstabe e EMRK entwickelten Vo-
raussetzungen für eine Freiheitsentziehung entsprechen
muss, von dem Begriff der „psychische Krankheit“ abzu-
grenzen ist, da die Unterbringung wegen psychischer
Krankheit bereits durch die Unterbringungsgesetzen der
Länder erfasst ist.

Zu Nr. 5 (Artikel 7)

Erklärtes Ziel des Gesetzesentwurf zur Überarbeitung
des Rechts der Sicherungsverwahrung ist „die Schaffung
eines Systems, das einen angemessenen Schutz der Allge-
meinheit vor gefährlichen Straftätern ermöglicht, dabei
aber die rechtsstaatlichen Anforderungen an dieses
„letzte Mittel der Kriminalpolitik“ wahrt.“ Mit der Ein-
führung der Evaluierungsklausel soll ermöglicht werden,
zu bewerten, ob dieses Ziel erreicht wurde. Insbesondere
soll auch die Erreichung des Ziels des neuen Therapieun-
terbringungsgesetz (ThuG) bewertet werden können, das
einen möglichst nachhaltigen Schutz der Allgemeinheit
vor schweren Rechtsgutsverletzungen durch psychisch
gestörte Gewalt und Sexualstraftäter durch eine zielge-
richtete, intensive Behandlung der Betroffenen in einer
geeigneten geschlossenen Einrichtung erreichen will. Bei
Defiziten in der therapeutischen Behandlung muss gege-
benenfalls gesetzgeberisch für die Verankerung eines
Rechtsanspruchs auf Therapie gesorgt werden.

Der Änderungsantrag der Fraktion der SPD wurde im
Rechtsausschuss mit den Stimmen der Fraktionen CDU/
CSU, FDP, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
gegen die Stimmen der Fraktion der SPD abgelehnt.

Die Fraktion DIE LINKE. betonte, sie habe bewusst kei-
nen Änderungsantrag in den Rechtsausschuss eingebracht,
fälle“ sind dadurch gekennzeichnet, dass auch die letzte
für die Anordnung der Sicherungsverwahrung relevante

was mit ihrer grundsätzlichen Skepsis gegenüber dem Insti-
tut der Sicherungsverwahrung zu tun habe. Die vorgeschla-

Drucksache 17/4062 – 8 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

gene Begrenzung im Bereich der Anlasstaten habe man zur
Kenntnis genommen, halte sie jedoch für nicht ausreichend.
Zudem stehe dieser Einschränkung eine Verschärfung der
Rückfallverjährungsfristen gegenüber. Die Ergebnisse der
öffentlichen Anhörung vom 10. November 2010 seien ferner
nicht genügend berücksichtigt worden, etwa was die Kritik
der Sachverständigen an dem geplanten Therapieunterbrin-
gungsgesetz betreffe. Beim vorgeschlagenen Therapieunter-
bringungsgesetz sei das Problem der Gesetzgebungskompe-
tenz nach wie vor ungeklärt. Darüber hinaus sei nicht klar,
wie als schuldfähig verurteilte Straftäter nachträglich zu psy-
chisch Kranken erklärt werden könnten.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hob den
Charakter einer Freiheitsentziehung über das Maß der
Schuld hinaus und nach verbüßter Strafhaft als Ultima Ratio
in einem Rechtsstaat hervor. Im Kern habe der EGMR die
Vollzugspraxis im Bereich der Sicherungsverwahrung kriti-
siert. Darauf nehme der Änderungsantrag der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Bezug, indem dort statt des
Begriffs „Sicherungsverwahrung“ das Wort „Sicherungsun-
terbringung“ vorgeschlagen werde. Aus dem Katalog von
Anlasstaten müssten ferner Delikte wie Landesverrat und
Kriegsverbrechen nach dem Völkerstrafgesetzbuch sowie
Betäubungsmitteldelikte gestrichen werden. Zu bemängeln
seien auch die vorgesehenen Übergangsbestimmungen im
Bereich der nachträglichen Sicherungsverwahrung. Bei der
vorbehaltenen Sicherungsverwahrung bedeute die geplante
Einbeziehung von Ersttätern in deren Anwendungsbereich
eine erhebliche Ausweitung. Gleiches gelte für die zu gerin-
gen Anforderungen an den Grad der Wahrscheinlichkeit
einer Begehung von Straftaten im Rahmen der ohnehin
risikobehafteten richterlichen Prognoseentscheidung. Eine
Rückfallverjährungsfrist von fünfzehn Jahren sei im Übrigen
auch vor diesem Hintergrund zu lang. Es bestünden im
Übrigen sowohl aus rechtlichen als auch aus praktischen
Überlegungen heraus grundsätzliche Bedenken gegen das
Instrument der Fußfessel. Eine Überprüfung der Weisung
zum Tragen einer elektronischen Fußfessel dürfe des Weite-
ren nicht nur alle zwei Jahre, sondern müsse spätestens nach
sechs Monaten erfolgen. Auch sollten die gewonnenen Da-
ten nicht zwei Monate lang aufgehoben werden. Der Ände-
rungsantrag der Fraktion der SPD sei verfassungsrechtlich
bedenklich und beseitige nicht den vom EGMR gerügten
Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot. Darüber hinaus be-
stünden Bedenken im Hinblick auf die bundesstaatliche
Kompetenzordnung.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat einen Ände-
rungsantrag im Rechtsausschuss eingebracht, der folgenden
Wortlaut hatte:

Der Ausschuss wolle beschließen:

1. Artikel 1 Nr. 1 wird wie folgt geändert:

§ 61 wird wie folgt geändert:

In Nr. 3 werden die Worte „Unterbringung in der Siche-
rungsverwahrung“ ersetzt durch das Wort „Sicherungs-
unterbringung“.

2. Artikel 1 Nr. 2 wird wie folgt geändert:

„(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Siche-
rungsunterbringung an, wenn

1. jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei
Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat ver-
urteilt wird, die

a) sich gegen das Leben, die körperliche Un-
versehrtheit, die persönliche Freiheit oder die
sexuelle Selbstbestimmung richtet oder unter
den Achtundzwanzigsten Abschnitt fällt und im
Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens
zehn Jahren bedroht ist oder

b) den Tatbestand des § 323a, soweit die im
Rausch begangene rechtswidrige Tat eine sol-
che der in den Buchstaben a genannten Art ist,

2. der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 ge-
nannten Art, die er vor der neuen Tat begangen
hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe
von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,

3. er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der
neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren
Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer
freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung
und Sicherung befunden hat und

4. die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten
ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen
Straftaten, durch welche die Opfer seelisch oder
körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeit-
punkt der Verurteilung für die Allgemeinheit ge-
fährlich ist.

Für die Einordnung als Straftat nach dem Achtund-
zwanzigsten Abschnitt im Sinne von Absatz Satz 1
Nummer 1 Buchstabe a gilt § 12 Absatz 3 entspre-
chend.“

b) Absatz 3 wird wie folgt gefasst:

„(3) Wird jemand wegen eines Verbrechens nach
Abs. 1 Nummer 1a, wegen einer Straftat gegen die
sexuelle Selbstbestimmung außer in Fällen der
§§ 180a bis 184g oder wegen einer vorsätzlichen
Straftat nach § 323a, soweit die im Rausch begangene
Tat ein Verbrechen nach Abs. 1 Nummer 1a oder eine
der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Frei-
heitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so
kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsun-
terbringung anordnen, wenn der Täter wegen einer
oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen
Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von
mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die
in Absatz 1 Satz 1 Nr. 3 und 4 genannten Vorausset-
zungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in
Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er je-
weils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren ver-
wirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer die-
ser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei
Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in
Absatz 1 Satz 1 Nr. 4 bezeichneten Voraussetzungen
neben der Strafe die Sicherungsunterbringung auch
ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung
§ 66 wird wie folgt geändert:

a) Absatz 1 wird wie folgt gefasst:
(Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 und 3) anordnen. Die Absätze 1
und 2 bleiben unberührt.“

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 9 – Drucksache 17/4062

c) Es wird folgender Absatz 5 angefügt:

„(5) Ist die Unterbringung in einem psychiatri-
schen Krankenhaus nach § 67d Abs. 6 für erledigt er-
klärt worden, weil der die Schuldfähigkeit ausschlie-
ßende oder vermindernde Zustand, auf dem die
Unterbringung beruhte, im Zeitpunkt der Erledi-
gungsentscheidung nicht bestanden hat, so kann das
Gericht die Unterbringung in der Sicherungsunter-
bringung anordnen, wenn

1. die Unterbringung des Betroffenen nach § 63 we-
gen mehrerer der in Abs. 3 Satz 1 genannten Taten
angeordnet wurde oder wenn der Betroffene we-
gen einer oder mehrerer solcher Taten, die er vor
der zur Unterbringung nach § 63 führenden Tat
begangen hat, schon einmal zu einer Freiheits-
strafe von mindestens drei Jahren verurteilt oder
in einem psychiatrischen Krankenhaus unterge-
bracht worden war und

2. die Gesamtwürdigung des Betroffenen, seiner
Taten und ergänzend seiner Entwicklung bis zum
Zeitpunkt der Entscheidung ergibt, dass er mit
hoher Wahrscheinlichkeit erhebliche Straftaten
nach Abs. 1 begehen wird, durch welche die Opfer
seelisch oder körperlich schwer geschädigt wer-
den. Dies gilt auch, wenn im Anschluss an die Un-
terbringung noch eine daneben angeordnete Frei-
heitsstrafe ganz oder teilweise zu vollstrecken ist.“

3. Artikel 1 Nr. 3 wird wie folgt geändert:

§ 66a wird wie folgt gefasst:

㤠66a
Vorbehalt der Unterbringung in der Sicherungsunter-

bringung

(1) Das Gericht kann im Urteil die Anordnung der
Sicherungsunterbringung vorbehalten, wenn

1. jemand wegen einer der in § 66 Absatz 3 Satz 1 ge-
nannten Straftaten verurteilt wird,

2. die übrigen Voraussetzungen des § 66 Absatz 3 erfüllt
sind, soweit dieser nicht auf § 66 Absatz 1 Satz 1
Nummer 4 verweist, und

3. nicht mit hinreichender Sicherheit feststellbar, aber in
hohem Maße wahrscheinlich ist, dass die Vorausset-
zungen des § 66 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 vorliegen.

(2) Über die vorbehaltene Anordnung der Sicherungs-
unterbringung kann das Gericht im ersten Rechtszug nur
bis zur vollständigen Vollstreckung der Freiheitsstrafe
oder bis zur rechtskräftigen Aussetzung der Vollstreckung
des Strafrestes zur Bewährung entscheiden.

Es ordnet die Sicherungsunterbringung an, wenn die Ge-
samtwürdigung des Verurteilten, seiner Taten und ergän-
zend seiner Entwicklung bis zum Zeitpunkt der Entschei-
dung ergibt, dass von ihm erhebliche Straftaten gem. § 66
Abs. 1 zu erwarten sind, durch welche die Opfer seelisch
oder körperlich schwer geschädigt werden.“

4. Artikel 1 Nr. 4 wird gestrichen.

b) In Abs. 1 S. 3 Nr. 4 wird das Wort „insbesondere“ ge-
strichen.

6. Artikel 1 Nr. 8 wird wie folgt geändert:

§ 68 d wird wie folgt geändert:

a) Der Überschrift (und der Inhaltsübersicht) werden
ein Semikolon und das Wort „Überprüfungsfrist“ an-
gefügt.

c) In dem neu anzufügenden Absatz 2 werden die Worte
„zwei Jahren“ durch die Worte „sechs Monaten“ er-
setzt.

7. Artikel 2 Nr. 4 wird wie folgt geändert:

§ 275a wird wie folgt geändert:

a) Abs. 1 wird wie folgt neu gefasst:

„(1) Ist im Urteil die Anordnung der Sicherungsun-
terbringung vorbehalten (§ 66a des Strafgesetz-
buches), übersendet die Vollstreckungsbehörde die
Akten rechtzeitig an die Staatsanwaltschaft des zu-
ständigen Gerichts. Diese übergibt die Akten so recht-
zeitig dem Vorsitzenden des Gerichts, dass eine Ent-
scheidung bis zu dem in Absatz 5 genannten Zeitpunkt
ergehen kann. Ist die Unterbringung in einem psychi-
atrischen Krankenhaus gemäß § 67d Absatz 6 Satz 1
des Strafgesetzbuches für erledigt erklärt worden,
übersendet die Vollstreckungsbehörde die Akten un-
verzüglich an die Staatsanwaltschaft des Gerichts,
das für eine Anordnung der Sicherungsunterbringung
(§ 66 Abs. 5 des Strafgesetzbuches) zuständig ist. Be-
absichtigt diese, eine Anordnung der Sicherungsun-
terbringung nach § 66 Abs. 5 StGB zu beantragen,
teilt sie dies der betroffenen Person mit. Die Staatsan-
waltschaft soll den Antrag auf Anordnung der Siche-
rungsunterbringung unverzüglich stellen und ihn zu-
sammen mit den Akten dem Vorsitzenden des Gerichts
übergeben.“

b) Abs. 3 wird wie folgt neu gefasst:

„(3) Nachdem die Hauptverhandlung nach Maß-
gabe des § 243 Abs. 1 begonnen hat, hält ein Bericht-
erstatter in Abwesenheit der Zeugen einen Vortrag
über die Ergebnisse des bisherigen Verfahrens. Der
Vorsitzende verliest das frühere Urteil, soweit es für
die Entscheidung über die vorbehaltene oder die An-
ordnung der Sicherungsunterbringung nach § 66
Abs. 5 StGB von Bedeutung ist. Sodann erfolgt die
Vernehmung des Verurteilten und die Beweisaufnah-
me.“

c) Abs. 4 wird wie folgt neu gefasst:

„(4) Das Gericht holt vor der Entscheidung die
Gutachten von zwei Sachverständigen ein. Die Gut-
achter dürfen im Rahmen des Strafvollzugs oder des
Vollzugs der Maßregel nicht mit der Behandlung des
Verurteilten befasst gewesen sein.“

d) Abs. 6 wird wie folgt neu gefasst:

„(6) Sind dringende Gründe für die Annahme vor-
handen, dass Sicherungsunterbringung § 66 Abs. 5
StGB angeordnet wird, so kann das Gericht bis zu sei-
5. Artikel 1 Nr. 6 wird wie folgt geändert:

§ 68 b wird wie folgt geändert:
ner rechtskräftigen Entscheidung einen Unterbrin-
gungsbefehl erlassen. Für den Erlass des Unterbrin-

Drucksache 17/4062 – 10 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

gungsbefehls ist das für die Entscheidung nach § 67d
Absatz 6 des Strafgesetzbuches zuständige Gericht so
lange zuständig, bis der Antrag auf Anordnung der Si-
cherungsunterbringung bei dem für diese Entschei-
dung zuständigen Gericht eingeht. In den Fällen des
§ 66a des Strafgesetzbuches kann das Gericht bis zur
Rechtskraft des Urteils einen Unterbringungsbefehl
erlassen, wenn es im ersten Rechtszug bis zu dem in
§ 66a Abs. 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches bestimmten
Zeitpunkt die vorbehaltene Sicherungsunterbringung
angeordnet hat. Die §§ 114 bis 115a, 117 bis 119a und
126a Abs. 3 gelten entsprechend.“

8. Artikel 2 Nr. 7 wird wie folgt geändert:

In § 463 a Abs. 4 werden die Worte „zwei Monate“
durch die Worte „14 Tage“ ersetzt.

9. Artikel 3 wird wie folgt geändert:

Die Überschrift von Artikel 3 wird wie folgt neu gefasst:

„Folgeänderungen in GVG und JGG“

(2) Nr. 1 wird wie folgt geändert:

§ 7 wird wie folgt geändert:

Abs. 1 wird neu gefasst:

„(1) Als Maßregeln der Besserung und Sicherung im
Sinne des allgemeinen Strafrechts können die Unter-
bringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder
einer Entziehungsanstalt, die Führungsaufsicht oder
die Entziehung der Fahrerlaubnis angeordnet werden
(§ 61 Nr. 1, 2, 4 und 5 des Strafgesetzbuches).“

Abs. 2 bis 4 werden gestrichen.

(2) Nr. 2 wird wie folgt geändert:

§ 81 wird wie folgt geändert:

§ 81 a Abs. 2 wird gestrichen

10. Artikel 3 (2) Nr. 4 wird wie folgt geändert:

§ 106 wird wie folgt geändert:

a) In Absatz 3 S. 3 wird die Angabe 㤠66 Abs. 2 und
3“ durch die Angabe „§ 66 Abs. 2“ ersetzt.

d) Absatz 5 wird gestrichen.

e) Absatz 6 wird zu Absatz 5 und wie folgt gefasst:

„§ 66 Abs. 5 gilt entsprechend“

f) Absatz 7 wird wie folgt geändert:

Absatz 7 wird zu Absatz 6. Die Worte „und über die
nachträgliche“ werden gestrichen. Bei den An-
gaben „3, 5 und 6“ werden das Komma und die An-
gabe „5“ gestrichen.

11. Artikel 4 Nr. 2 wird wie folgt geändert:

Nach Artikel 316d wird folgender neuer Artikel 316e
eingefügt:

Die Überschrift wird wie folgt neu gefasst:

„Artikel 316e

Übergangsvorschriften zu dem Gesetz zur Bekämpfung
von Sexualdelikten und anderen gefährlichen Straftaten

Abs. 1 wird wie folgt neu gefasst:

„(1) § 67 d Abs. 3 in der Fassung des Gesetzes zur
Bekämpfung von Sexualdelikten und anderen gefähr-
lichen Straftaten v. 26. 1. 1998 (BGBl. 1998 I S. 160)
findet auf alle Taten Anwendung, über die am 31. Ja-
nuar 1998 noch nicht rechtskräftig entschieden worden
ist.“

Abs. 2 wird wie folgt neu gefasst:

„(2) Die Vorschriften über die Sicherungsverwah-
rung in der Fassung des Gesetzes zur Neuordnung des
Rechts der Sicherungsverwahrung und zu begleitenden
Regelungen vom … [einsetzen: Datum der Ausfertigung
dieses Gesetzes und Fundstelle im BGBl.] sind auf alle
Taten anzuwenden über die am [einsetzen: Datum des
Tages vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes] noch nicht
rechtskräftig entschieden worden ist.“

12. Artikel 5 wird gestrichen.

13. Artikel 6 wird gestrichen.

Begründung

Übergriffe von Menschen gegen Menschen, die Gefährdung
und Vernichtung ihrer Gesundheit, ihres Lebens und auch
ihres Eigentums zu verhindern und zu ahnden, ist eine Auf-
gabe und Pflicht des Staates und seiner dazu eingerichteten
Institutionen. Menschen haben Angst vor solchen Übergrif-
fen, sie wollen sich und ihre Kinder und Familien geschützt
sehen. Dies ist völlig legitim. Nur wenn der Staat sich dieser
Aufgabe erfolgreich stellt, rechtfertigt er das ihm zustehende
Gewaltmonopol und verhindert Akte der Selbstjustiz.

Vorbeugung und Verhütung von Straftaten, Verfolgung und
Bestrafung von Tätern, aber in letzter Konsequenz auch der
Freiheitsentzug von nach Verurteilung und Verbüßung einer
Freiheitsstrafe weiterhin hochgefährlichen Menschen, sind
notwendige Maßnahmen, zu denen der Staat greifen darf und
auch muss.

● Die Unterbringung zur Sicherung vor künftigen Straf-
taten (Sicherungsunterbringung) soll die bisherige
Sicherungsverwahrung ersetzen.

● Der Vorbehalt der Verhängung einer Sicherungsunter-
bringung sollte erhalten bleiben.

● Eine nachträgliche Verhängung der Sicherungsunter-
bringung ist als eigenständiges Rechtsinstitut abzuschaf-
fen.

● Aus der Entscheidung des EGMR vom 17. Dezember
2009 sind folgende Schlussfolgerungen zu ziehen:

– zum einen sind alle Personen, die wegen des rückwir-
kend angeordneten Wegfalls der Höchstdauer für die
Sicherungsverwahrung zu Unrecht in Sicherungsver-
wahrung sitzen zu entlassen,

– zum anderen sind die Möglichkeiten der Führungs-
aufsicht so zu erweitern, dass die von diesen Men-
schen ggf. ausgehende Gefahr so gering wie möglich
gehalten werden kann.

Die Voraussetzungen der Verhängung und des Vollzugs der
Sicherungsunterbringung müssen sich am rechts-staatlich
gebotenen absoluten Ausnahmecharakter ausrichten. Der
Rechtsstaat darf, als absolute Ausnahme und nur bei Gefahr
und zum Gesetz zur Neuordnung des Rechts der Siche-
rungsverwahrung und zu begleitenden Regelungen“

schwerster zukünftiger Straftaten, zum Mittel der Siche-
rungsunterbringung greifen.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 11 – Drucksache 17/4062

Diese Einsicht folgt der unabweisbaren Erfahrung, dass es
wenige Menschen gibt, die wegen einer Krankheit, aus Ver-
anlagung oder fehlender innerer Hemmung eine so große
und gegenwärtige Gefahr für Dritte sind, dass kein anderes
Mittel als die Freiheitsentziehung zur Abwendung dieser Ge-
fahren möglich ist.

Die Unmöglichkeit, mit absoluter Sicherheit Voraussagen
machen zu können, macht die Sicherungsunterbringung zu
einem Eingriff, dem zu Recht mit größter Skepsis zu begeg-
nen ist. Der Grund für Sicherungsunterbringung ist allein
der Schutz der Bürgerinnen und Bürger, das Ziel ist die
Resozialisierung.

Im Einzelnen

Zu Artikel 1 Nr. 1

Die Übersicht wird angepasst: Wir ändern die Bezeichnung
der Maßregel. Damit wird klargestellt, dass sich die Siche-
rungsunterbringung keinesfalls darin erschöpfen darf, Men-
schen nur in Verwahrung zu halten. Die Bundesländer
stehen vielmehr nach dem Urteil des EGMR in der Pflicht,
noch gefährliche Menschen so unterzubringen, dass Thera-
pien angeboten werden, freiheitsbeschränkende Maßnah-
men auf das rechtstaatlich notwendige Maß reduziert, und
den Personen Hilfe angeboten werden, damit sie selbst aktiv
an ihrer Resozialisierung mitwirken können.

Zu Artikel 1 Nr. 2

Zu Buchstabe a)

Der Gesetzentwurf der Koalition hat vorgeblich zum Ziel,
dass insbesondere solche Delikte dem Anwendungsbereich
des § 66 StGB entzogen werden sollen, die sich nur gegen
Eigentum oder das Vermögen (in einem weit verstandenen
Sinne) richten und nicht mit der Anwendung von Gewalt ge-
gen Personen verbunden sind.

Dieses Ziel wird aber nicht konsequent umgesetzt, denn wei-
terhin kann bei gewaltlosen Vermögensdelikten, die – ausge-
hend von ihrem Strafrahmen – von besonderer Schwere sind,
weiterhin die Sicherungsverwahrung angeordnet werden
(vgl. Begründung, S. 24). Erfasst werden nach § 66 Abs. 1
Nr. 1 b StGB (neu) alle Verurteilungen wegen Straftaten, die
„im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn
Jahren bedroht“ sind.

Der Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und
der FDP vom 26. November (Drs. 17(6)54) verfolgt die Ab-
sicht die Zahl der erfassten Delikte weiter zu beschränken.
Erfasst werden danach nur noch solche, die auch den Ab-
schnitten 1, 7, 20 oder 28 und den Nebengesetzen des Völ-
kerstrafgesetzbuches und des Betäubungsmittelgesetzes un-
terfallen.

Dazu gehören insbesondere folgende Vergehen im StGB:

Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens (§ 83
Abs. 1).

Dazu gehören insbesondere folgende Verbrechen im StGB:

Hochverrat gegen den Bund (§ 81 Abs. 1), Hochverrat gegen
ein Land (§ 82 Abs. 1), Bildung terroristischer Vereinigun-
gen (§ 129 a Abs. 1 (Abs. 2)).

Diese Auflistung zeigt bereits, dass darunter auch Delikte
erfasst werden, die nicht mit der Anwendung von Gewalt
verbunden sind und Straftaten, die sich nicht gegen Leben,
körperliche Unversehrtheit, persönliche Freiheit oder die
sexuelle Selbstbestimmung richten.

Dieser Änderungsantrag sieht daher vor, die Sicherungsun-
terbringung tatsächlich auf schwerste Gewalt- und Sexual-
delikte zu beschränken. Das sind Straftaten, die sich gegen
das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche
Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richten oder un-
ter den Achtundzwanzigsten Abschnitt („Gemeingefährliche
Straftaten“) fallen, sofern Sie im Höchstmaß mit Freiheits-
strafe von mindestens zehn Jahren bedroht sind. Durch die
letztere Einschränkung soll sicher gestellt werden, dass
künftig unter anderem nicht mehr erfasst werden:

Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c), Trunkenheit im
Verkehr (§ 316), Störung öffentlicher Betriebe (§ 316b),
Störung von Telekommunikationsanlagen (§ 317), Beschädi-
gung wichtiger Anlagen (§ 318), Baugefährdung (§ 319),
Gefährdung einer Entziehungskur (§ 323b) und Unterlasse-
ne Hilfeleistung (§ 323c).

Zu Buchstabe b)

Der Wortlaut des Absatzes 3 Satz 1 wird an die Vorgaben von
Absatz 1 angepasst.

Zu Buchstabe c)

Nach Absatz 4 wird ein neuer Absatz 5 eingefügt. Hier geht
es nicht um die erstmalige Anordnung einer zeitlich unbe-
grenzten freiheitsentziehenden Maßnahme, sondern im Kern
um die Überweisung von einer derartigen Maßnahme in eine
andere, wobei verschärfte Anordnungsvoraussetzungen ein-
greifen. Nach § 66 Abs. 5 StGB kann dem Verurteilten das
Übel der Sicherungsunterbringung nur auferlegt werden,
wenn zuvor das Übel der Unterbringung in einem psychia-
trischen Krankenhaus beseitigt wird.

Anders als im Gesetzentwurf wird damit künftig auf die nach
der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für
Menschenrechte (EGMR) nicht unproblematische nachträg-
lichen Sicherungsverwahrung als eigenständiges Institut
ganz verzichtet.

Zu Artikel 1 Nr. 3

Die vorbehaltene Sicherungsverwahrung soll laut Gesetz-
entwurf schon dann möglich sein, wenn auch der Hang des
Täters zu erheblichen Straftaten, nicht nur seine darauf be-
ruhende Gefährlichkeit, zwar wahrscheinlich, aber nicht mit
hinreichender Sicherheit feststellbar ist.

Wenn sich das erkennende Gericht keine abschließende Ge-
wissheit über die zukünftige Gefährlichkeit des Täters ver-
schaffen kann, soll die Möglichkeit erhalten bleiben, den
Vorbehalt einer Sicherungsunterbringung auszusprechen.
Allerdings soll von der Möglichkeit dieses Vorbehalts nicht
inflationär Gebrauch gemacht werden können.

Anders als im Gesetzentwurf muss es daher nicht lediglich
wahrscheinlich, sondern „in hohem Maße“ wahrscheinlich
sein, dass die Voraussetzungen des § 66 Absatz 1 Satz 1
Nummer 4 vorliegen.

Erstmals führt der Gesetzentwurf der Koalition eine Erst-

Es gehören schließlich eine Anzahl von Verbrechen in den
genannten Nebengesetzen dazu.

täterregelung bei der vorbehaltenen Sicherungsverwahrung
ein. Das ist eine völlig unnötige Verschärfung der Siche-

Drucksache 17/4062 – 12 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

rungsverwahrung. Die Gefahr falscher Prognoseentschei-
dungen über die Gefährlichkeit des Täters wird erheblich er-
höht. Aus der Begehung einer einzigen Tat können keine
ausreichenden Anhaltspunkte für den Vorbehalt der Siche-
rungsverwahrung gezogen werden.

Zu Artikel 1 Nr. 4

Die nachträgliche Sicherungsverwahrung hat sich seit der
Einführung nicht bewährt. Sie wurde, auch aufgrund verfas-
sungsrechtlicher Bedenken, praktisch kaum angewandt. Wir
haben uns deshalb entschlossen darauf ganz zu verzichten.

Auch im Schrifttum wird insbesondere nach der Entschei-
dung des EGMR vom 17. Dezember 2009 zunehmend die An-
sicht vertreten, die nachträgliche Sicherungsverwahrung für
Mehrfach- und für Ersttäter verstoße gegen die EMRK (MK/
Ullenbruch, StGB, § 66b Rn. 52 f., Fn. 90 m. w. N.; Sprung,
Nachträgliche Sicherungsverwahrung – verfassungsge-
mäß?, 2009, S. 246 ff., 257, Fn. 89 m. w. N.; Laue, JR 2010,
198, 203 f.; H. E. Müller, StV 2010, 207, 211 f.; Kinzig, NStZ-
RR 2010, 233, 239; Kreuzer, Loccumer Protokolle 63/09,
S. 171, 182, 198; a. A. Peglau, jurisPR-StrafR 1/2010, Anm. 2).

Zu Artikel 1 Nr. 6

Zwischen 1976 und 1998 galt eine 10-Jahreshöchstfrist für
die Sicherungsverwahrung. Sicherungsverwahrte wurden
spätestens nach 10 Jahren Vollzug der Maßnahme aus dieser
entlassen.

Nach der EGMR-Entscheidung vom 17. Dezember 2009 hat
diese Regelung - wegen des Rückwirkungsverbotes – auch
nach dem Wegfall der 10-Jahreshöchstfrist für sogenannte
Altfälle zu gelten. Es ist aber nicht auszuschließen, dass in
einigen wenigen Fällen (insbesondere dort wo schwerste
Verbrechen gegen Leib und Leben und schwerste Sexual-
delikte drohen) eine Rückfallgefahr besteht, der mit neuen
Methoden der Führungsaufsicht begegnet werden muss –
eng eingegrenzt für den genannten Personenkreis.

Der Einsatz der „elektronischen Fußfessel“ soll nur unter
strengen gesetzlichen Voraussetzungen zulässig sein. Insbe-
sondere ist der Einsatz dieses Überwachungsinstrumentes
auf die Überwachung der Weisungen nach 68 b Nr. 1 und 2
zu beschränken. Deswegen ist das Wort „insbesondere“ aus
dem Gesetzentwurf zu streichen.

Zu Artikel 1 Nr. 8

Eine Anordnung der elektronischen Fußfessel ist ein ganz er-
heblicher Eingriff in Grundrechte. Trotz einiger Pilotprojek-
te zur elektronischen Fußfessel in den Bundesländern gibt es
bisher kaum wissenschaftliche Studien zu ihrer Evaluierung.
Hier besteht dringender Bedarf. Ob diese Maßnahme wirk-
lich ein legitimes und geeignetes Mittel im Rahmen der Füh-
rungsaufsicht darstellt, ist weitgehend ungeklärt. Ungeklärt
ist insbesondere, wie sich die Fußfessel auf im wesentlichen
triebgesteuerte Täter auswirkt und ob sie durch Abschre-
ckung neue Straftaten verhindern kann. Es besteht zudem die
Gefahr, dass die Fußfessel – sofern sie erst einmal in diesem
engen Bereich implementiert wurde – auch in anderen Berei-
chen eingesetzt werden wird. Wenn man – wie die Koalition
– bei der Führungsaufsicht trotzdem zu diesem neuen Mittel
greift, ist jedenfalls zu kritisieren, dass die Anordnung der
Fußfessel nicht ausreichend überprüft wird. Diese Anord-

von zwei Jahren viel zu lang. Sie muss auf eine Frist von
sechs Monaten herabgesetzt werden.

Zu Artikel 2 Nr. 4

Zu Buchstaben a), b) und d)

Der Wortlaut wird angepasst und ggf. durch Hinweis auf
§ 66 Abs. 5 StGB neu ersetzt, soweit dies durch den Verzicht
auf die nachträgliche Sicherungsverwahrung notwendig
wird.

Zu Buchstabe c)

Die Anordnung der Sicherungsunterbringung ist wegen der
notwendigen Prognose zukünftiger Gefährlichkeit erheblich
fehlerbehaftet. Um die Gefahr dieser Fehler zu minimieren,
wird vorgeschlagen, grundsätzlich zwei psychiatrische
Sachverständige vor einer gerichtlichen Entscheidung anzu-
hören.

Zu Artikel 2 Nr. 7

Die elektronische Fußfessel soll nach dem Willen der Koali-
tion in ganz begrenztem Rahmen nur für die Fälle eingeführt
werden, in denen nach einer Verurteilung zu schwersten Ge-
walt- und Sexualstraftaten erneut die Gefahr weiterer Straf-
taten dieser Art besteht und eine Überwachung von Weisun-
gen nach § 68 b Nr. 1 und 2 während der Führungsaufsicht
erforderlich ist, um die Person davon abzuhalten (vgl. § 68
b neu, a.a.O., S. 8). Eine Auswertung der hierbei anfallenden
Daten ist innerhalb von 14 Tagen möglich. Nicht zuletzt auch
unter dem Gesichtspunkt der Datensparsamkeit ist daher die
Frist von zwei Monaten auf 14 Tage herabzusetzen.

Zu Artikel 3

Aus grundsätzlichen Überlegungen ist die Sicherungsver-
wahrung bei nach Jugendrecht Verurteilten abzulehnen und
deshalb die nachträgliche Sicherungsverwahrung abschaf-
fen.

Bei Heranwachsenden wird die nachträgliche Sicherungs-
verwahrung abgeschafft.

Zu Artikel 4 Nr. 2

Die Überschrift zu Artikel 316 e wird ergänzt, da auch eine
Übergangsregelung zum Gesetz zur Bekämpfung von Sexual-
delikten und anderen Straftaten vom 26. Januar 1998 vorge-
schlagen wird.

In einem neuen Absatz 1 wird klargestellt, dass das Gesetz
zur Bekämpfung von Sexualdelikten und anderen gefährli-
chen Straftraten vom 26. Januar 1998 auf diejenigen Taten
Anwendung findet, über die bis zum Stichtag 31. Januar
1998 noch nicht rechtskräftig entschieden worden ist.

Damit wird aus dem Urteil des EGMR vom 17. Dezember
2009 die notwendige Schlussfolgerung gezogen. Die men-
schenrechtswidrige Rückwirkung des Wegfalls der 10-Jah-
reshöchstfrist der Sicherungsverwahrung wird beseitigt.

Der neugefasste Absatz 2 sichert, dass die Regelungen des
vorliegenden Gesetzentwurfes (Entwurf eines Gesetzes zur
Neuordnung des Rechts der Sicherungsverwahrung und zu
begleitenden Regelungen) auf Taten angewendet wird, über
die zum Zeitpunkt des Inkrafttreten dieses Gesetzes noch
nicht rechtskräftig entschieden worden ist. Damit wird ver-
hindert, dass es in Zukunft noch auf viele Jahre zu einem
nung muss in kurzen Abständen auf ihre Notwendigkeit und
Verhältnismäßigkeit überprüft werden. Hierfür ist eine Frist

Nebeneinander der alten und der neuen Regelungen der
Sicherungsverwahrung kommt.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 13 – Drucksache 17/4062

Zur Artikel 5

Das im Gesetzentwurf vorgesehene „Gesetz zur Therapie-
rung und Unterbringung psychisch gestörter Gewalttäter“
(ThUG) führt den Begriff der „psychischen Störung“ ein, um
die in § 1 Absatz 1 beschriebenen sogenannten Altfälle un-
terbringen zu können. Der Begriff der psychischen Störung
decke „ein breites Spektrum von Erscheinungen ab, von de-
nen nur ein Teil in der psychiatrisch-forensischen Begutach-
tungspraxis als psychische Erkrankung gewertet wird“ (vgl.
Begründung S. 86).

Gerechtfertigt sein soll die Freiheitsentziehung durch Artikel
5 Abs. 1 Nr. 3 EMRK (Recht auf Freiheit und Sicherheit). Tat-
sächlich verlangt jedoch die EMRK etwas anderes als eine
„psychische Störung“, nämlich die Diagnose „psychisch
krank“. Zu den psychisch Kranken in diesem Sinne sind zwar
auch Personen zu zählen, die als permanente Rechtsbrecher
in Erscheinung treten, aber diese dürfen aufgrund einer Per-
sönlichkeitsstörung strafrechtlich nicht verantwortlich sein
(vgl. Peukert in Frowein/Peukert, EMRK-Kommentar,
3. Aufl., S. 106 - zur Entscheidung der Europäischen Men-
schenrechtskommission vom 12. Juli 1976, Nr. 7493/76).

Entsprechend verlangt § 63 StGB (Unterbringung in einem
psychiatrischen Krankenhaus), dass die Tat im Zustand der
Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuld-
fähigkeit (§ 21) begangen wurde. Die der vorgesehenen
Therapieunterbringung unterfallenden Personen sind je-
doch als voll Schuldfähige verurteilt worden.

Es wird suggeriert (vgl. Begründung, S. 34, 80, 87 und den
Titel des Gesetzes), die Probanden seien behandlungsfähig,
aber auf die Behandlungsfähigkeit kommt es bei der Unter-
bringung gar nicht an. Eine Unterbringung findet auch statt
bei Therapieunfähigkeit und -verweigerung. Entscheidend
ist daher die Einschätzung als „gefährlich“ (Vgl. a.a.O.,
S. 86).

Die Gesetzgebungskompetenz soll aus der Kompetenz im
Titel „Strafrecht“ (Artikel 74 Absatz 1 Nr. 1 GG) zur Rege-
lung zukunftsgerichteter Maßnahmen folgen, die ihre sachli-
che Rechtfertigung auch aus vorangegangenen Straftaten
beziehen – über § 66b StGB, § 7 Absatz 2 bis 4 und § 106 Ab-
satz 5 bis 7 JGG hinaus (vgl. Begründung, S. 32). Die Vor-
aussetzungen des ThUG sind den Unterbringungsgesetzen
der Länder nachgebildet. Diese sind insbesondere für die
Gesetzgebung im Bereich der Gefahrenabwehr zuständig.
Die Bundesländer haben insoweit auch von ihrer Gesetzge-
bungsbefugnis Gebrauch gemacht. Es ist insoweit höchst
fragwürdig, ob überhaupt eine Gesetzgebungskompetenz des
Bundes besteht.

Der Gesetzentwurf klärt nicht, wo der der vorgesehenen
Therapieunterbringung unterfallende Personenkreis von
den Ländern untergebracht werden soll. Es ist aber zu be-
fürchten, dass eine Unterbringung in psychiatrischen Kran-
kenhäusern oder forensischen Kliniken erfolgen wird. Dies
konterkariert jahrelange Bemühungen, die Psychiatrie als
gemeindeintegrierte, offene und möglichst ambulante Hilfe
zur Teilhabe psychisch kranker Menschen am Leben in der
Gemeinschaft zu vermitteln.

Der Gefahr der bevorstehenden – seit Monaten bekannten –
Entlassung der Altfälle für die Sicherheit der Bürgerinnen

geeignete Instrumente vorhanden, insbesondere das Mittel
der Führungsaufsicht, welches unter anderem durch die
elektronische Fußfessel ergänzt wird.

Daher ist die Streichung des Artikels geboten.

Zu Artikel 6

Da es sich um eine Folgeänderung zu Artikel 5 handelt, ist
die Streichung dieses Artikels ebenfalls geboten.

Der Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN wurde im Rechtsausschuss mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP bei Stimmenthal-
tung der Fraktion DIE LINKE. gegen die Stimmen der Frak-
tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abgelehnt.

Die Fraktion der FDP führte aus, dass die Entscheidung des
EGMR zur nachträglichen Sicherheitsverwahrung nur be-
grenzt Handlungsmöglichkeiten lasse. Es sei eine sorgfältige
und verantwortungsvolle Abwägung zwischen den Interes-
sen möglicher Opfer und den Rechten verurteilter Straftäter
zu finden. Zu beobachten sei ein Rückgang der Straftaten,
etwa was Morde aus sexuellen Motiven an Kindern betreffe,
bei einer gleichzeitigen Zunahme der Anzahl von Siche-
rungsverwahrten. Ziel sei daher, die Anordnung der Siche-
rungsverwahrung auf Fälle zu beschränken, bei denen eine
besondere Gefährdung der Bevölkerung bestehe. Dies be-
treffe Straftaten gegen das Leben und die körperliche Unver-
sehrtheit sowie Delikte gegen die sexuelle Selbstbestim-
mung. Die Anordnung einer vorbehaltenen Sicherungsver-
wahrung motiviere verurteilte Straftäter dazu, zukünftig
straffrei zu leben. Die geplante Ausweitung dieses Instru-
ments werde daher auch von Praktikern des Vollzugsdienstes
befürwortet. Dem Thema Sicherungsverwahrung bei Heran-
wachsenden und Jugendlichen solle man sich zu einem spä-
teren Zeitpunkt nochmals stellen.

Die Fraktion der CDU/CSU betonte den bestehenden Zeit-
druck, weshalb jetzt über die Neuregelung entschieden wer-
den müsse, und das Spannungsverhältnis zwischen der
Rechtsprechung des EGMR und deutschen verfassungs-
rechtlichen Vorgaben. Ziel der vorgeschlagenen Änderungen
sei, das Instrument der nachträglichen Sicherungsverwah-
rung nicht mehr anzuwenden, die primäre Sicherungsver-
wahrung zu konsolidieren und die vorbehaltene Sicherungs-
verwahrung auszuweiten. In den Ländern müsse dann eine
revisionsfeste praktische Handhabung der vorgesehenen
neuen Regelungen gefunden werden. In diesem Zusammen-
hang wies die Fraktion der CDU/CSU auch darauf hin, dass
eine Sicherungsverwahrung eben gerade nicht wie eine
Sicherungshaft, also wie ein Strafvollzug, ausgestaltet wer-
den dürfe.

Das Bundesministerium der Justiz (BMJ) nahm Bezug auf
die Ausführungen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN und erörterte, dass es sich bei der zum Thema
elektronische Fußfessel angesprochenen Überprüfungsfrist
von zwei Jahren um eine Maximalfrist handele. Die Über-
prüfung habe laufend zu erfolgen.

IV. Zur Begründung der Beschlussempfehlung

Aufgrund seiner Beratungen empfiehlt der Rechtsausschuss
einige Änderungen zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen
und Bürger kann und muss auf andere, rechtstaatliche Weise
begegnet werden. Dazu sind bereits nach geltendem Recht

der CDU/CSU und FDP auf Drucksache 17/3403. Diese
greifen zum Recht der Sicherungsverwahrung (Artikel 1 und 2

Drucksache 17/4062 – 14 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

des Entwurfs) drei Anregungen aus der Sachverständigenan-
hörung des Ausschusses vom 10. November 2010 auf und
enthalten zu Artikel 5 des Entwurfs geringfügige Änderun-
gen zum Verfahren bei der Therapieunterbringung.

Zu Nummer 1 (Artikel 1 – Änderung des Strafgesetz-
buches)

Zu Buchstabe a (§ 66 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 4 Satz 3
StGB-E)

Durch die Neufassung der in § 66 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1
Buchstabe a und b genannten Deliktsgruppen soll der Kreis
der tauglichen Anlasstaten für die Anordnung der Siche-
rungsverwahrung deutlicher als bislang vorgesehen be-
schränkt werden. Damit greift der Ausschuss eine in der
Anhörung am 10. November 2010 von mehreren Sachver-
ständigen geäußerte Anregung auf (vgl. Stellungnahmen
Prof. Dr. Kinzig, S. 8 f., Prof. Dr. Renzikowski, S. 7, Schar-
mer S. 7 f., im mündlichen Vortrag auch Dr. Graf). Entspre-
chend dem Ansatz, die Sicherungsverwahrung als „letztes
Mittel der Kriminalpolitik“ zu verstehen, soll konkret eine
noch stärkere Konzentration auf Delikte gegen grundlegende
höchstpersönliche Rechtsgüter, insbesondere gegen das Le-
ben, die körperliche Unversehrtheit und die sexuelle Selbst-
bestimmung, erfolgen. Daher werden zum einen aus der Auf-
zählung in § 66 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a
StGB-E die vorsätzlichen Straftaten des Achtundzwanzigs-
ten Abschnitts des Besonderen Teils des StGB (Gemeinge-
fährliche Straftaten) herausgenommen. Zum anderen werden
in der alternativ geltenden Aufzählung des Buchstaben b
nicht mehr alle vorsätzlichen Straftaten erfasst, die im
Höchstmaß mit einer Freiheitsstrafe von mindestens zehn
Jahren bedroht sind. Vielmehr sollen nur noch schwere Taten
aus einigen wenigen Deliktsbereichen einbezogen werden,
bei denen die Möglichkeit der Sicherungsverwahrung auch
unter stärkerer Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeits-
gebots weiterhin angezeigt erscheint, insbesondere weil sie
sich schon in der Vergangenheit als bedeutsam und notwen-
dig erwiesen hat. Dies gilt namentlich für die schweren Raub-
und Erpressungsdelikte des Zwanzigsten Abschnitts des Be-
sonderen Teils des StGB, die schweren gemeingefährlichen
Straftaten des Achtundzwanzigsten Abschnitts, insbesondere
die Brandstiftungsdelikte, und die schweren Betäubungsmit-
telstraftaten. Beibehalten werden soll die Möglichkeit der
Sicherungsverwahrung aber auch für die schweren „Staats-
schutzdelikte“ des Ersten und Siebenten Abschnitts des Be-
sonderen Teils des StGB sowie – schon wegen ihrer besonde-
ren Schwere – für die Taten nach dem Völkerstrafgesetzbuch,
auch wenn deren praktische Relevanz für das Instrument der
Sicherungsverwahrung eher beschränkt bleiben dürfte. Mit
dieser Umgestaltung des Katalogs der tauglichen Anlasstaten
werden insbesondere reine „Vermögensdelikte“ im weitesten
Sinne (einschließlich Eigentums- und Urkundsdelikten und
Taten der Geld- und Wertzeichenfälschung) zukünftig voll-
ständig aus dem Anwendungsbereich der Sicherungsverwah-
rung ausgenommen. Erfasst werden damit nur noch solche
Delikte, bei denen neben den Schutz materieller Werte auch
der Schutz anderer, insbesondere höchstpersönlicher Rechts-
güter tritt, wie dies etwa bei den Raub- und Erpressungsdelik-
ten des Zwanzigsten Abschnitts des Besonderen Teils des

weise in § 66 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3 StGB-E auch
für die Vortaten gilt.

In rechtstechnischer Hinsicht bleibt es dabei, dass auch die in
§ 66 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a StGB-E durch
die jeweiligen Schutzbereiche umschriebenen Taten im Sin-
ne der gesetzlichen Abschnitte des Besonderen Teils des
StGB zu verstehen sind; auf eine unmittelbare und bloße
Nennung der einschlägigen Abschnitte wurde verzichtet, um
schon im Wortlaut des Gesetzestextes die Konzentration auf
Straftaten gegen grundlegende höchstpersönliche Rechtsgü-
ter zu dokumentieren.

Als Folge dieses engeren Kreises tauglicher Anlass- und
Vortaten wird bei den in § 66 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4
StGB-E geregelten Vorgaben für die Feststellung einer hang-
bedingten Gefährlichkeit die Formulierung „oder schwerer
wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird“ gestrichen. Dies
trägt der verstärkten Konzentration der Sicherungsverwah-
rung auf die Verletzung grundlegender höchstpersönlicher
Rechtsgüter Rechnung, ohne aber damit den Gesichtspunkt
schwerer wirtschaftlicher Schäden ganz auszublenden. Denn
die auf die Feststellung eines Hanges zu erheblichen Strafta-
ten bezogene Nennung solcher Taten, „durch welche die Op-
fer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden“, er-
folgt unverändert nur beispielhaft („namentlich“) und
schließt damit die Berücksichtigung wirtschaftlicher Schä-
den, zum Beispiel bei den weiterhin erfassten Raub- und Er-
pressungsdelikten, nicht aus.

Mit der Änderung in § 66 Absatz 4 Satz 3 StGB-E wird die
sogenannte Rückfallverjährung bei Sexualdelikten auf fünf-
zehn Jahre verlängert. Von sachverständiger Seite wurde in
der Anhörung vom 10. November 2010 zum Teil angemerkt,
dass die im Gesetzentwurf vorgesehene Verlängerung auf
zehn Jahre nach Erfahrungen aus der Praxis als noch nicht
ausreichend angesehen werden könne (Stellungnahme Heuer,
S. 2, mit Einschränkung auch Radtke, S. 9; ähnlich Koller,
S. 11, anlässlich einer Expertenanhörung des Bundesminis-
teriums der Justiz vom 2. September 2010). Dem will die
Ausschussempfehlung Rechnung tragen.

Zu Buchstabe b (§ 66a Absatz 3 StGB-E)

Durch die Änderung soll es ermöglicht werden, den im
Urteil ausgesprochenen Vorbehalt der Sicherungsverwah-
rung auch in den Fällen bis zur vollständigen Vollstreckung
der Freiheitsstrafe auszuüben, in denen die Vollstreckung
des Strafrestes zunächst zur Bewährung ausgesetzt, die
Strafaussetzung später jedoch widerrufen und auch die Rest-
strafe vollstreckt wird. Damit greift der Ausschuss eine
Anregung auf, die sowohl in der Sachverständigenanhörung
des Ausschusses vom 10. November 2010 (Stellungnahme
Dr. Wankel, S. 3 f.) als auch in einer Expertenanhörung des
Bundesministeriums der Justiz vom 2. September 2010
(Stellungnahme Koller, S. 16 f.) vorgebracht wurde.

Für eine solche Regelung kann zunächst angeführt werden,
dass die im Gesetzentwurf vorgesehene Regelung, wonach
der Vorbehalt mit Rechtskraft der Reststrafenaussetzung er-
lischt, über Gebühr Strafrestaussetzungen zur Bewährung
verhindern kann. Denn das erkennende Gericht mag gerade
in Grenzfällen von einer solchen Aussetzung absehen, wenn
es weiß, dass auch im Falle eines Scheiterns der Bewährung
StGB der Fall ist. Die Bedeutung dieser Einschränkung wird
dadurch verstärkt, dass sie über die – unveränderten – Ver-

der Vorbehalt unwiderruflich entfallen ist. Dies wäre auch
aus Sicht des Verurteilten eine unbefriedigende Situation, da

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 15 – Drucksache 17/4062

ihm damit die Gelegenheit genommen würde, sich in Frei-
heit zu bewähren und sich so die Nichtanordnung der im
Urteil vorbehaltenen Sicherungsverwahrung zu sichern.

Die über eine Reststrafenaussetzung hinausgehende Fort-
dauer des Vorbehalts, dessen Anordnung auf einer zumindest
wahrscheinlichen Gefährlichkeit des Verurteilten basiert,
steht auch nicht zwangsläufig in Widerspruch zur positiven
Legalprognose, die eine solche Reststrafenaussetzung
grundsätzlich bedingt. Denn eine solche Reststrafenausset-
zung erfordert nicht etwa eine sicher prognostizierte „Un-
gefährlichkeit“ des Täters, sondern nur, dass eine solche
Aussetzung – in Verbindung mit den Betreuungs- und Kon-
trollmechanismen während der Bewährungszeit – unter Be-
rücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit
verantwortet werden kann (§ 57 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2,
auch in Verbindung mit § 57a Absatz 1 Satz 1 Nummer 3
StGB). Dies schließt ein, dass mit einer Reststrafenausset-
zung ein „vertretbares Restrisiko“ eingegangen wird (vgl.
BVerfG, Beschluss vom 22. März 1998, 2 BvR 77/97, bei
juris Rn. 42). Zum anderen gibt es schon deshalb keine for-
melle Bindungswirkung zwischen der zum Vorbehalt und
der zur Reststrafenaussetzung führenden Prognose, weil bei-
de Prognoseentscheidungen materiellrechtlich verschiedene
Anknüpfungspunkte haben und zu unterschiedlichen Zeit-
punkten erfolgen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. Mai
2003, 2 BvR 517/03, bei juris Rn. 8). Schließlich enthält das
Recht der Sicherungsverwahrung bereits jetzt die Vorgabe,
eine angeordnete und damit von der Gefährlichkeit des
Täters ausgehende Sicherungsverwahrung fortdauern zu
lassen, gleichzeitig aber deren Vollstreckung zur Bewährung
auszusetzen, was grundsätzlich ebenfalls eine positive
Legalprognose erfordert (vgl. § 67c Absatz 1, § 67d Absatz 2
StGB sowie allg. Fischer, StGB, 57. Auflage, § 67c Rn. 5;
speziell zum Verhältnis von § 67d Absatz 2 und 3 StGB vgl.
auch BVerfG, Beschluss vom 25. März 2004, 2 BvR 2048/01,
bei juris Rn. 4 am Ende, wonach selbst bei positiver Feststel-
lung einer fortbestehenden Gefährlichkeit im Sinne von
§ 67d Absatz 3 StGB gleichzeitig die Voraussetzungen für
eine Vollstreckungsaussetzung nach § 67d Absatz 2 StGB
vorliegen können, da eine solche Feststellung nicht notwen-
dig die Erwartung ausschließe, es werde „unter Bewährungs-
druck“ nicht zu derartigen Straftaten kommen).

Eine längere Vorbehaltsdauer, die mit einer – aufgrund der
vom Ausschuss vorgeschlagenen Lösung womöglich über-
haupt erst erfolgenden (siehe oben) – Reststrafenaussetzung
verbunden sein kann, wird durch mehrere Vorteile im Ver-
gleich zur Situation des „Vollverbüßers“ ausgeglichen. So
befindet sich derjenige, dessen Reststrafe zur Bewährung
ausgesetzt wird, nicht nur ab diesem Zeitpunkt in Freiheit,
sondern er erhält auch die doppelte Chance, sich den Erlass
der Reststrafe durch ein regelkonformes Verhalten „zu ver-
dienen“ und damit zusätzlich für die Nichtanordnung der
Sicherungsverwahrung zu sorgen. Denn die Sicherungsver-
wahrung soll nach einer Reststrafenaussetzung nur noch
dann angeordnet werden können, wenn der notwendig ge-
wordene Widerruf der Strafaussetzung zeigt, dass sich die
verurteilte Person während der Zeit in Freiheit nicht bewährt
hat und damit die Bewährungsaussetzung gescheitert ist; ei-
ne Anordnung unabhängig von einem Widerruf soll hinge-
gen nicht möglich sein. Der „Vollverbüßer“ bleibt hingegen

dass am Ende der Strafhaft das Gericht nicht zur Überzeu-
gung gelangt, dass es zum Schutz der Allgemeinheit der An-
ordnung der Sicherungsverwahrung bedarf.

Die Regelung deckt sich auch mit den Vorgaben der Recht-
sprechung zum zeitlichen Anwendungsbereich der Siche-
rungsverwahrung nach § 66b Absatz 1 und 2 StGB, wonach
diese auch noch angeordnet werden kann, wenn die Vollstre-
ckung der Reststrafe zur Bewährung ausgesetzt war, dann
aber nach Widerruf der Aussetzung weiter vollstreckt wird
(BGH, Beschluss vom 10. Oktober 2006, 1 StR 475/06).

Schließlich wird durch den Fortbestand des Vorbehalts wäh-
rend der Bewährung der nach Artikel 5 Absatz 1 Satz 2
Buchstabe a der Europäischen Menschenrechtskonvention
(EMRK) erforderliche Kausalzusammenhang zwischen Ver-
urteilung und Freiheitsentziehung nicht durchbrochen. Auch
eine Anordnung der Sicherungsverwahrung nach zwischen-
zeitlicher Reststrafenaussetzung beruht immer noch auf dem
im Strafurteil ausgesprochenen Vorbehalt und entspricht der
mit diesem Vorbehalt verfolgten Zielsetzung, dem Verurteil-
ten – abhängig von seiner konkreten Gefährlichkeit für die
Allgemeinheit – weiterhin die Freiheit entziehen zu können.

Zu Nummer 2 (Artikel 2 – Änderung der Strafprozess-
ordnung)

Zu Buchstabe a (§ 275a Absatz 5 StPO-E)

Es handelt sich um eine Folgeänderung zu der in § 66a Ab-
satz 3 Satz 1 StGB-E vorgesehenen Fortdauer des Vorbehalts
bei zwischenzeitlicher Aussetzung der Vollstreckung der
Reststrafe zur Bewährung (siehe vorstehend zu Nummer 1
Buchstabe b). Demnach gilt auch für den Fall des Widerrufs
einer solchen Reststrafenaussetzung, dass das Gericht über
die vorbehaltene Sicherungsverwahrung spätestens sechs
Monate vor der vollständigen Vollstreckung der Freiheits-
strafe entscheiden soll, namentlich um noch hinreichend Zeit
für etwaige Entlassungsvorbereitungen zu haben. Im Falle
des Widerrufs der Reststrafenaussetzung kann die Einhal-
tung dieser zeitlichen Vorgabe zwar dann auf Probleme sto-
ßen, wenn die verbleibende Freiheitsstrafe nur noch von ver-
gleichsweise kurzer Dauer ist. Andererseits wird ein wegen
Bewährungsversagens gebotener Widerruf für das erkennen-
de Gericht häufig ein wesentlicher Baustein sein, um ohne
weiteres Zuwarten im Rahmen der notwendigen Gesamt-
würdigung des Verurteilten, seiner Tat oder Taten und ergän-
zend seiner weiteren Entwicklung feststellen zu können, ob
er als gefährlich im Sinne von § 66a Absatz 3 Satz 2 StGB-E
anzusehen ist oder nicht.

Zu Buchstabe b (§ 454 Absatz 4 Satz 1 und § 462a Ab-
satz 2 Satz 3 StPO-E)

Als weitere Folgeänderung zur Fortdauer des Vorbehalts bei
zwischenzeitlicher Reststrafenaussetzung (Nummer 1 Buch-
stabe b) empfiehlt der Ausschuss eine Ergänzung der Rege-
lungen zu den Belehrungspflichten (§ 454 Absatz 4 Satz 1
StPO-E). Erfolgt die Reststrafenaussetzung in Bezug auf ei-
ne Freiheitsstrafe, neben der im Urteil die Anordnung der Si-
cherungsverwahrung vorbehalten wurde, soll der Verurteilte
– neben der Belehrung über die Bedeutung der Strafausset-
zung – auch über das Fortbestehen des Vorbehalts und die
in Haft und hat es aufgrund der dortigen Reglementierungen
zumindest tendenziell weniger in der Hand, sicherzustellen,

Möglichkeit, diesen im Falle eines Widerrufs der Strafaus-
setzung auszuüben, belehrt werden. Damit wird die für die

aussetzung zuständig, sondern auch für die nachfolgenden
Vollstreckungsentscheidungen. Dies erscheint deshalb sach-
gerecht, weil auch diese nachfolgenden Entscheidungen un-
mittelbare Auswirkungen auf eine etwaige Anordnung der
im Strafurteil vorbehaltenen Sicherungsverwahrung haben.
Dies gilt vor allem für die Entscheidung über den Widerruf
der Strafaussetzung nach § 57 Absatz 5 Satz 1 in Verbindung
mit § 56f Absatz 1 StGB, da dieser Widerruf Voraussetzung
für eine Anordnung der vorbehaltenen Sicherungsverwah-
rung ist. Aber auch die Verlängerung der Bewährungszeit
oder der Erlass der Reststrafe sowie dessen Widerruf (§ 57
Absatz 5 Satz 1 in Verbindung mit § 56f Absatz 2 und § 56g
StGB) sind bestimmend für die zeitlichen und inhaltlichen
Möglichkeiten des Gerichts, den Vorbehalt noch auszuüben.

Die Zuständigkeit des erkennenden Gerichts endet erst,
wenn die Anordnung der Sicherungsverwahrung nach § 66a
Absatz 3 Satz 1 StGB-E nicht mehr möglich ist, also die
Freiheitsstrafe vollständig vollstreckt ist.

Zu Buchstabe c

Es handelt sich um eine Folgeänderung, die durch die
Neufassung von § 454 Absatz 4 Satz 1 StPO (vgl. Buchsta-
be b) bedingt ist.

Zu Nummer 3 (Artikel 5 – Gesetz zur Therapierung und
Unterbringung psychisch gestörter Ge-
walttäter)

Der Ausschuss weist vorab darauf hin, dass er auch im Lich-
te dessen, dass der Europäische Gerichtshof für Menschen-
rechte (EGMR) seine Entscheidung vom 17. Dezember 2009
(Nr. 19359/04) sowohl auf Artikel 7 als auch auf Artikel 5
der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) ge-
stützt hat, keinen Grund für eine Änderung von § 1 Absatz 1
sieht. Befürchtungen, die in § 1 Absatz 1 vorausgesetzte ge-
richtliche Entscheidung könnte im Einzelfall nur mit einer
Verletzung von Artikel 5 EMRK begründet werden mit der
Folge, dass der Anwendungsbereich des ThUG trotz einer
Rückwirkungsproblematik nicht eröffnet sei, hält der Aus-
schuss nicht für durchgreifend. Selbst wenn die in § 1 Ab-
satz 1 vorausgesetzte rechtskräftige Entscheidung in ihrer
Begründung allein einen Verstoß gegen Artikel 5 EMRK
nennen würde (was bisher nicht festzustellen ist), ist der An-
wendungsbereich des Gesetzes eröffnet, wenn der Verstoß
gegen Artikel 5 EMRK im Ergebnis auf einer rückwirkenden
Verschärfung im Recht der Sicherungsverwahrung beruht.
Der EGMR stützte nämlich in der eingangs genannten Ent-

nicht argumentieren können.

Zu Buchstabe a (§ 8 Absatz 2 bis 5)

Durch die vom Ausschuss vorgeschlagene Ergänzung von
Absatz 2 wird ausdrücklich klargestellt, dass der Betroffene
vor der Therapieunterbringung anzuhören ist.

Die vorgeschlagene Änderung von Absatz 3 bezweckt, die
Bestimmung der Vorschrift des § 319 Absatz 5 FamFG re-
daktionell anzugleichen. Eine inhaltliche Änderung ist damit
nicht verbunden.

Der Ausschuss schlägt vor, mit den neuen Absätzen 4 und 5
ausdrückliche Regelungen dafür zu ergänzen, dass die Vor-
führung zur Anhörung notfalls auch mit unmittelbarem
Zwang durchgesetzt werden kann und dass zu diesem Zweck
die Wohnung des Betroffenen auch ohne dessen Einwilli-
gung geöffnet, betreten und durchsucht werden kann. Das
Öffnen, Betreten und Durchsuchen der Wohnung ohne Ein-
willigung des Betroffenen bedarf der richterlichen Anord-
nung, es sei denn, es liegt Gefahr im Verzug vor. In diesem
Fall genügt die Anordnung durch die zuständige untere Ver-
waltungsbehörde. Die Regelungen sind an § 283 Absatz 2
und 3 FamFG angelehnt, der die Vorführung zur Untersu-
chung regelt und für Unterbringungsverfahren nach dem
FamFG entsprechend gilt (§ 322 FamFG).

Zwar wird in der Kommentarliteratur vertreten, dass § 283
Absatz 2 und 3 FamFG bei der Vorführung zur Anhörung
nach § 319 Absatz 5 FamFG bzw. § 278 Absatz 5 FamFG,
der Parallelvorschrift im Betreuungsverfahren, sinngemäß
anzuwenden sei (Keidel-Budde, FamFG, 16. Aufl. 2009,
§ 319 Rn. 7; § 278 Rn. 11), was auch bei der Auslegung von
§ 8 Absatz 3 (in der ursprünglichen Fassung) beachtet wer-
den müsste. Angesichts der Grundrechtsrelevanz insbeson-
dere im Hinblick auf die Unverletzlichkeit der Wohnung
(Artikel 13 des Grundgesetzes) erscheint eine spezialgesetz-
liche Regelung an dieser Stelle jedoch vorzugswürdig. Mit
Absatz 5 Satz 3 wird dem Zitiergebot Rechnung getragen.

Zu Buchstabe b (§ 9 Absatz 1)

Der Ausschuss schlägt eine ausdrückliche, § 321 Absatz 1
Satz 4 FamFG entsprechende Regelung hinsichtlich der
Qualifikation der Sachverständigen vor.

Zu Buchstabe c (§ 20 Absatz 2)

Es handelt sich um die Korrektur eines Redaktionsverse-
hens.

Berlin, den 1. Dezember 2010

Ansgar Heveling
Berichterstatter

Christian Ahrendt
Berichterstatter

Christine Lambrecht
Berichterstatterin
Drucksache 17/4062 – 16 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Urteilsverkündung bereits vorgesehene Belehrungspflicht
nach § 268d StPO ergänzt.

Auch bei der Neufassung des § 462a Absatz 2 Satz 3 StPO-E
handelt es sich um eine Folgeänderung zu Nummer 1 Buch-
stabe b. Das Gericht des ersten Rechtszuges ist demnach
nicht nur für die Entscheidung über die Reststrafen-

scheidung den Verstoß gegen Artikel 5 Absatz 1 Satz 2
Buchstabe a EMRK allein auf die rückwirkende Aufhebung
der Vollstreckungshöchstfrist (vgl. Rn. 100 des Urteils). An-
ders wird das Gericht, welches die in § 1 Absatz 1 vorausge-
setzte Entscheidung zu treffen hat, im Hinblick auf den Ver-
stoß gegen Artikel 5 EMRK in den Rückwirkungsfällen auch
Halina Wawzyniak
Berichterstatterin

Jerzy Montag
Berichterstatter
t mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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