BT-Drucksache 17/3849

zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung -Drucksachen 17/2500, 17/2502, 17/3522, 17/3524, 17/3525- Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2011 (Haushaltsgesetz 2011) hier: Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung

Vom 22. November 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/3849
17. Wahlperiode 22. 11. 2010

Änderungsantrag
der Abgeordneten Eva Bulling-Schröter, Dr. Barbara Höll, Ralph Lenkert,
Dorothee Menzner, Sabine Stüber, Dr. Gesine Lötzsch, Dr. Dietmar Bartsch,
Steffen Bockhahn, Roland Claus, Harald Koch, Michael Leutert, Richard Pitterle,
Dr. Axel Troost und der Fraktion DIE LINKE.

zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung
– Drucksachen 17/2500, 17/2502, 17/3522, 17/3524, 17/3525 –

Entwurf eines Gesetzes
über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2011
(Haushaltsgesetz 2011)

hier: Einzelplan 60
Allgemeine Finanzverwaltung

Der Bundestag wolle beschließen:

a) In Kapitel 60 01 wird der neue Titel 031 06 „Steuer auf Sondergewinne aus
dem Emissionshandel – Atomkraftwerke“ eingefügt. Der Titelansatz beträgt
2,8 Mrd. Euro.

b) In Kapitel 60 01 wird der neue Titel 031 07 „Sondersteuer Atomkraftwerke“
eingefügt. Der Titelansatz beträgt 2,2 Mrd. Euro.

c) In Kapitel 60 01 wird der neue Titel 031 08 „Steuer auf Sondergewinne aus
dem Emissionshandel – Fossile Kraftwerke“ eingefügt. Der Titelansatz be-
trägt 1,4 Mrd. Euro.

Berlin, den 22. November 2010

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

Drucksache 17/3849 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Begründung

Seit Einführung des Europäischen Emissionshandelssystems im Januar 2005
fallen für die Stromversorger Sondergewinne an. Denn die Unternehmen preisen
die Marktpreise der CO2-Emissionsberechtigungen als Opportunitätskosten in
die Strompreise ein – unbeschadet der Tatsache, dass 91 Prozent der Zertifikate
an die Kraftwerksbetreiber kostenlos zugeteilt wurden. Auf diese Weise erzielen
die Energieversorger jährliche Sondergewinne in Milliardenhöhe (sog. windfall
profits), welche die Verbraucherinnen und Verbraucher mit ihrer Stromrechnung
bezahlen.

Um die leistungs- und risikolos erzielten Gewinne aus den Preiseffekten beim
Emissionshandel sowie der nicht verursachergerechten Anlastung der Folgekos-
ten durch Errichtung, Betrieb und Stilllegung von Anlagen zur Endlagerung
radioaktiver Abfälle abzuschöpfen, sollen drei Sondersteuern erhoben werden:
zwei für Betreiber von Atomkraftwerken (AKW) und eine für Betreiber emis-
sionshandelspflichtiger Anlagen der fossilen Stromwirtschaft.

Die erste Atomsteuer dient zur Abschöpfung der windfall profits aus den Preis-
effekten des Emissionshandels. Sie beträgt 2 Cent je kWh Atomstrom für das
Jahr 2011. Die Steuer orientiert sich an einem durchschnittlichen Spotmarkthan-
delspreis an der Leipziger Strombörse EEX für CO2-Emissionszertifikate
(EUA) von rund 15 Euro je Tonne CO2 im Jahr 2010. In den Folgejahren soll sie
an die Preisentwicklung für EUA der angepasst werden. Zusätzlich wird bei
jedem Atomkraftwerk jährlich eine Steuer von 100 000 Euro pro Megawatt
Nettokapazität erhoben. Damit sollen sich die AKW-Betreiber an den volkswirt-
schaftlichen Kosten beteiligen, welche die Atomkraft der Gesellschaft aufbür-
det.

Für Betreiber von emissionshandelspflichtigen fossil befeuerten Kraftwerken
wird eine Steuer zur Abschöpfung der windfall profits aus der Einpreisung kos-
tenlos zugeteilter Emissionsberechtigungen erhoben. Sie ist in den Jahren 2011
und 2012 auf jedes von der Deutschen Emissionshandelsstelle nach den Regeln
des Zuteilungsgesetzes 2012 kostenlos an die Anlagenbetreiber vergebene
CO2-Zertifikat mit einem einheitlichen Steuersatz in Höhe des durchschnitt-
lichen Zertifikatspreises des Vorjahres zu erheben. Die Steuer soll im Jahr 2012
in der Höhe entsprechend des durchschnittlichen Vorjahrespreises dieser CO2-
Emissionszertifikate an der EEX angepasst werden. Die Abschöpfungssteuer für
fossil befeuerte Kraftwerke fällt weg, wenn ab 2013 die Emissionsrechte laut
EU-Emissionshandelsrichtlinie versteigert werden.

Die Steuerhöhe von insgesamt 2 Cent je kWh Atomstrom für das Jahr 2011
– würde bezogen auf die Nettostromerzeugung von 138 Mrd. kWh aus AKW im
Jahr 2008 – eine Summe von rund 2,8 Mrd. Euro als zusätzliche Haushaltsein-
nahmen ergeben. Die Steuer von 100 000 Euro je Megawatt Nettokapazität
würde zusätzliche Mehreinnahmen von ca. 2,2 Mrd. Euro jährlich ermöglichen.
Bei den fossilen Stromversorgern ist 2011 entsprechend mit zusätzlichen Haus-
haltseinnahmen von 1,4 Mrd. Euro zu rechnen.

Diese Einnahmen sollen erstens dafür verwendet werden, Haushalte mit niedri-
gem Einkommen bei den rasant gestiegenen Energiepreisen zu entlasten. Zwei-
tens sollen sie zur Finanzierung von Energieeffizienzmaßnahmen, etwa einem
„Energiesparfonds“, sowie für die verbesserte Förderung erneuerbarer Energien
eingesetzt werden.

Die mit diesem Änderungsantrag vorgesehenen Instrumente werden die wind-
fall profits aus den Preiseffekten des Emissionshandels weitgehend abschöpfen.
Dies hätte auch gegolten, wenn die AKW-Laufzeiten nicht gegen den Willen der
Mehrheit der Bevölkerung von der Bundesregierung verlängert worden wären.

Im Gegensatz dazu sind die von der Bundesregierung im Kernbrennstoffsteuer-
gesetz (KernbrStG) sowie im Gesetz zur Errichtung eines Sondervermögens

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/3849

„Energie- und Klimafonds“ (EKFG) vorgesehenen Instrumente zur Gewinn-
abschöpfung ungeeignet, die Profite der Energiekonzerne adäquat zu beschnei-
den. Sie betreffen ohnehin nur AKW-Betreiber und lassen fossile Kraftwerke
außen vor.

Die vorgesehenen Steuern für Atomkraftwerke sind ausdrücklich nicht als
„Handelsgeschäft“ mit den Energiekonzernen zum Ausgleich von Vorteilen zu
verstehen, die den Betreibern aus der beschlossenen Laufzeitverlängerung
zufallen. Denn für die Fraktion DIE LINKE. hat der unverzügliche Ausstieg aus
der Atomwirtschaft klare Priorität.

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.