BT-Drucksache 17/3503

Entwicklung und Inanspruchnahme der Pflegezeit nach dem Pflegezeitgesetz

Vom 4. November 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/3503
17. Wahlperiode 04. 11. 2010

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Elisabeth Scharfenberg, Birgitt Bender, Maria Klein-Schmeink,
Dr. Harald Terpe, Kerstin Andreae, Alexander Bonde, Katrin Göring-Eckardt,
Britta Haßelmann, Sven-Christian Kindler, Markus Kurth, Beate Müller-Gemmeke,
Brigitte Pothmer, Christine Scheel, Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Entwicklung und Inanspruchnahme der Pflegezeit nach dem Pflegezeitgesetz

Mit der Verabschiedung des Gesetzes zur strukturellen Weiterentwicklung der
Pflegeversicherung wurde mit dem Pflegezeitgesetz (PflegeZG) auch der Rechts-
anspruch auf eine Pflegezeit geschaffen. Seit dem 1. Juli 2008 haben danach alle
Beschäftigten die Möglichkeit eine berufliche Auszeit zu nehmen, die der Ver-
sorgung pflegebedürftiger naher Angehöriger in der häuslichen Umgebung
dient. So haben die Anspruchsberechtigten bei akut auftretenden Pflegesituatio-
nen das Recht, bis zu zehn Arbeitstage der Arbeit fern zu bleiben. Zudem kön-
nen Beschäftigte bis zu sechs Monate Pflegezeit in Anspruch nehmen, die in ei-
ner vollständigen oder teilweisen Freistellung vom Beschäftigungsverhältnis
bestehen kann, wenn dadurch die Pflege der pflegebedürftigen Person in der
häuslichen Umgebung sichergestellt wird. Ziel der Bundesregierung war es eine
bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu ermöglichen.

Die Bundesregierung hat für das Jahr 2010 als Ergänzung zum bisherigen
PflegeZG einen Gesetzentwurf zur Familienpflegezeit angekündigt.

Geplant sei, dass Beschäftigten über einen Zeitraum von maximal zwei Jahren
eine Reduzierung der Arbeitszeit auf bis zur Hälfte der wöchentlichen Arbeitszeit
zu gewähren ist, ähnlich der bisherigen sechsmonatigen Regelung im PflegeZG
(Pressemitteilung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und
Jugend vom 31. August 2010).

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Liegen der Bundesregierung Daten über die bisherige Inanspruchnahme der
Pflegezeit gemäß PflegeZG seit der Einführung am 1. Juli 2008 vor?

Wenn nein, warum nicht?

2. Durch wen, mit welchem Instrument und in welchen zeitlichen Abständen
wird die Anzahl der Personen, die die Pflegezeit nach dem PflegeZG in An-

spruch nehmen, erhoben?

3. Wird von der Bundesregierung eine wissenschaftliche Begleitevaluation zur
Inanspruchnahme der Pflegezeit durchgeführt?

Wenn nein, warum nicht?

Wenn ja, wie wurden die Ergebnisse der Öffentlichkeit zugänglich gemacht?

Drucksache 17/3503 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

4. Wie hat sich die Zahl der Inanspruchnehmerinnen und -nehmer der Pflege-
zeit nach § 2 PflegeZG entwickelt (bitte aufgliedern nach Quartalen seit Juli
2008 bis dato sowie nach Geschlecht und Einkommenshöhe)?

5. Wie hat sich die Zahl der Inanspruchnehmerinnen und -nehmer der Pflege-
zeit nach § 3 PflegeZG entwickelt (bitte aufgliedern nach Quartalen seit Juli
2008 bis dato sowie nach Geschlecht und Einkommenshöhe)?

6. Um wieviel Prozent reduzieren Inanspruchnehmerinnen und -nehmer der
Pflegezeit nach § 3 PflegeZG ihre berufliche Tätigkeit (bitte Arbeitszeit-
reduzierung aufgliedern in Prozentschritten: 0 bis 15 Prozent, 16 bis 30 Pro-
zent, 31 bis 45 Prozent, 46 bis 60 Prozent, 61 bis 75 Prozent, 76 bis 100 Pro-
zent)?

7. Wie groß ist der Kreis der Personen, die sowohl die Pflegezeit nach § 2
PflegeZG als auch nach § 3 PflegeZG in Anspruch genommen haben (bitte
aufgeschlüsselt nach Quartalen seit Juli 2008 bis dato sowie nach Ge-
schlecht und Einkommenshöhe)?

8. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung über den Personenkreis
vor, die neben der Pflegezeit nach § 2 PflegeZG auch die Pflegezeit nach
§ 3 PflegeZG in Anspruch genommen haben sowie in umgekehrter Reihen-
folge?

9. In welchen Branchen sind nach Kenntnis der Bundesregierung die Personen
tätig, die die Pflegezeit vorrangig in Anspruch nehmen?

10. Welchen Grad der Pflegebedürftigkeit gemäß § 15 des Elften Buches Sozial-
gesetzbuch weisen die Personen auf, deren Angehörige die Pflegezeit nach
dem PflegeZG in Anspruch nehmen?

11. Verfügt die Bundesregierung über Informationen wie sich die Versorgung
der pflegebedürftigen Personen nach der Inanspruchnahme der Pflegezeit
gestaltet?

Wenn ja, welche sind dies?

Wenn nein, warum nicht?

12. Wie hoch ist die Zahl der Beschäftigten, die die Pflegezeit nach § 3
PflegeZG vorzeitig abbricht, und wie hoch ist die Gesamtzahl der Beschäf-
tigten, die die geplante Pflegezeit zu Ende bringen?

Welche Gründe führen nach Auffassung der Bundesregierung zum vorzei-
tigen Abbruch der Pflegezeit?

13. Hat die Gesamtzahl der Inanspruchnehmerinnen und -nehmer der Pflege-
zeit die Erwartungen der Bundesregierung erfüllt?

Wenn ja, warum?

Wenn nein, plant die Bundesregierung weitere Maßnahmen, um die Pflege-
zeit attraktiver zu gestalten?

14. a) Wie bewertet die Bundesregierung die Umfrage des Instituts für Medizi-
nische Soziologie der Charité-Universitätsmedizin Berlin und COMPASS
Private Pflegeberatung GmbH, wonach 55 Prozent der Befragten die Pfle-
gezeit nicht bekannt ist (Quelle: Compass Versichertenbefragung: Studie
zu Erwartungen und Wünschen der PPV-Versicherten an eine qualitativ
gute Pflege und an die Absicherung bei Pflegebedarf, April 2010, S. 19,
unter: www.compass-pflegeberatung.de/presse)?

Welche Schlüsse zieht sie daraus?

b) Mit welchen Maßnahmen will die Bundesregierung die bisherige Mög-

lichkeit der Pflegezeit bekannter machen?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/3503

15. Welche Maßnahmen zur Ermöglichung einer Freistellung im Sinne einer
Pflegezeit plant die Bundesregierung für Beschäftigte, die bei Arbeitgebern
tätig sind, die nicht mehr als 15 Beschäftigte aufweisen?

16. Plant die Bundesregierung, dass Personen, die bereits Pflegezeit nach dem
PflegeZG in Anspruch genommen haben auch die von der Bundesregierung
geplante Familienpflegezeit in Anspruch nehmen können?

Wenn nein, warum nicht?

Berlin, den 4. November 2010

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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