BT-Drucksache 17/2890

Personalsituation und zur Verfügung stehende Mittel für die Unterstützung Arbeitssuchender in den Jobcentern

Vom 8. September 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/2890
17. Wahlperiode 08. 09. 2010

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Brigitte Pothmer, Birgitt Bender, Alexander Bonde,
Dr. Thomas Gambke, Katrin Göring-Eckardt, Britta Haßelmann, Priska Hinz
(Herborn), Maria Klein-Schmeink, Markus Kurth, Beate Müller-Gemmeke,
Elisabeth Scharfenberg, Dr. Gerhard Schick, Dr. Harald Terpe und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Personalsituation und zur Verfügung stehende Mittel für die Unterstützung
Arbeitsuchender in den Jobcentern

Mit dem Kompromiss zur Jobcenterreform wurde die Möglichkeit geschaffen,
3 200 befristete Stellen bei den Trägern der Grundsicherung in unbefristete Ar-
beitsplätze umzuwandeln. Zudem wurde die Haushaltssperre, mit der 900 Mio.
Euro von den im Haushalt 2010 zur Verfügung gestellten Mitteln für die Durch-
führung der Grundsicherung blockiert waren, aufgehoben.

Seit einiger Zeit gibt es jedoch in etlichen Jobcentern Proteste aufgrund der pre-
kären Personalsituation und/oder der zu geringen Mittel, die für die Eingliede-
rung in Arbeit zur Verfügung stehen. So beklagt der Personalrat des JobCenters
Region Hannover in einem Brief an die Bundesministerin für Arbeit und So-
ziales, Dr. Ursula von der Leyen, dass vielen befristet Beschäftigten die Arbeits-
losigkeit drohe und die Stammbelegschaft vor dem Hintergrund wachsender
Überlastung kaum noch berufliche Perspektiven im Jobcenter sehe. Der Perso-
nalrat der Stadt Dortmund beklagt in einem offenen Brief an die Bundeskanzle-
rin und die Bundesministerin für Arbeit und Soziales bezogen auf die Situation
des befristeten Personals in den ARGEn (ARGE – Arbeitsgemeinschaft), dass
hoch qualifiziertes Personal arbeitslos werde, das verbleibende Personal die
Lücke nicht werde schließen können und für die Kunden unzumutbare Wartezei-
ten entstünden. Und auch der Personalrat der Arbeitsgemeinschaft für Beschäfti-
gung München GmbH beklagt in einem Brief an den Stadtrat, dass agenturseitig
263 von insgesamt 959 Beschäftigten einen befristeten Vertrag hätten, der in der
Regel am Ende des Jahres abläuft. Auch in den Jobcentern in Hildesheim und in
Stuttgart drohen Personalengpässe. In der Regel sind besonders die Jobcenter be-
troffen, die zurzeit mit einem überdurchschnittlich hohen Anteil an befristeten
Arbeitskräften arbeiten.

Darüber hinaus zeichnet sich ab, dass in einigen Jobcentern schon jetzt keine
freien Mittel mehr für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen zur Verfügung stehen.

Die Hilferufe zeigen, dass eine gute Betreuung, Unterstützung und Qualifizie-
rung der Arbeitsuchenden kaum mehr möglich ist und dass die Beschäftigten in
den Jobcentern teilweise unter unzumutbaren Bedingungen ihre Arbeit leisten
und dabei selbst um ihren Job bangen müssen.

Mit den von der Bundesregierung für das kommende Jahr beschlossenen Kür-
zungen bei der Arbeitsförderung wird sich die Situation weiter verschärfen.

Drucksache 17/2890 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Bei welchen örtlichen Trägern der Grundsicherung gibt es nach Kenntnis der
Bundesregierung Probleme auf Grund einer prekären Personal- und/oder
Finanzsituation bei der Betreuung, Unterstützung und Qualifizierung der
Arbeitsuchenden?

2. Welche Grundsicherungsträger bzw. deren Personalvertretungen oder an-
dere örtliche Akteure haben sich bisher direkt mit Hinweis auf Probleme bei
der Personalsituation bzw. des Eingliederungsmittelbudgets an die Bundes-
regierung gewandt?

3. Wie viele Beschäftigte arbeiten derzeit insgesamt befristet in den Grund-
sicherungsstellen, und wie hoch ist ihr prozentualer Anteil an der Gesamtheit
der Beschäftigten (bitte getrennt nach Bundesfinanzierung und kommunaler
Finanzierung darstellen)?

4. Wie hoch ist die personelle Fluktuation in den Grundsicherungsstellen?

5. Wie viele agenturseitige Arbeitsverhältnisse in den Grundsicherungsstellen
sind zurzeit auf Ende 2010 bzw. 2011 befristet?

Wie viele dieser Beschäftigungsverhältnisse werden nach den derzeitigen
Planungen zu den jeweiligen Zeitpunkten beendet?

Gibt es Bemühungen, die Zahl der betroffenen Beschäftigten zu reduzieren,
und wenn ja, in welcher Größenordnung?

6. Wie stellt sich derzeit die Personalsituation bei den einzelnen örtlichen Trä-
gern der Grundsicherung dar (Angaben bitte nach Träger, Anzahl der derzeit
unbefristet Beschäftigten, Anzahl der befristet Beschäftigten und Anzahl der
befristeten Stellen, die bis zum Ende des Jahres auslaufen)?

7. Wie und nach welchen Kriterien werden die 3 200 entfristeten Stellen auf
die einzelnen örtlichen Träger der Grundsicherung „verteilt“, und bis zu
welchem Zeitpunkt werden die Stellen spätestens zur Verfügung gestellt?

8. Wie wirkt sich die mit der Aufhebung der Sperre festgesetzte Stellenober-
grenze für befristete Stellen auf die jeweils bei den einzelnen Grundsiche-
rungsträgern neu unbefristet bzw. befristet zur Verfügung stehenden Stellen
aus?

9. Wie wird sich die Personalsituation bei den einzelnen Trägern der Grund-
sicherung darstellen, wenn die 3 200 entfristeten Stellen unter Berücksich-
tigung der Obergrenze und der davon möglichen Ausnahmen besetzt sind,
d. h. wie viele unbefristete bzw. befristete Stellen werden dann jeweils vor
Ort zur Verfügung stehen, um die Unterstützung Hilfesuchender zu gewähr-
leisten?

10. Was hat die Prüfung des Urteils des Bundesarbeitsgerichts vom 17. März
2010 hinsichtlich der Befristung von Stellen aus Haushaltsgründen durch
das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und die Bundesagentur für
Arbeit ergeben, und welche Konsequenzen hat das für die zukünftige Befris-
tung von Stellen in den Jobcentern?

11. Wie muss unter Berücksichtigung der neu im Zweiten Buch Sozialgesetz-
buch verankerten Betreuungsschlüssel die personelle Ausstattung der Job-
center konkret aussehen (Stand August 2010), und was plant die Bundes-
regierung, um die Grundsicherungsträger dauerhaft mit dem dafür benötig-
ten Personal und Mitteln auszustatten?

12. Welche Träger der Grundsicherung werden in welchem Umfang von der Re-
alisierung der Streichung von 500 Stellen zum 31. Dezember 2011 betroffen
sein?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/2890

13. Wie stellt sich die Finanzsituation der Träger der Grundsicherung derzeit,
bezogen auf die für die Eingliederung in Arbeit zur Verfügung stehenden
Mittel, dar (Angaben bitte nach Träger, jeweiliger Soll-Ansatz für die Ein-
gliederungsmittel, Ist-Ausgaben im ersten Halbjahr, noch zur Verfügung
stehende ungebundene Mittel)?

14. a) Wie werden sich die Sparbeschlüsse der Bundesregierung (Haushaltsent-
wurf 2011), vorausgesetzt sie würden so vom Parlament verabschiedet,
auf das Personalbudget und auf die Höhe der Eingliederungsmittel der
einzelnen Träger der Grundsicherung auswirken?

b) Trifft es zu, dass den Trägern der Grundsicherung durch die geplanten
Einsparungen der Bundesregierung 2011 ohne Berücksichtigung von
Sonderprogrammen, wie z. B. der Bürgerarbeit, im Vergleich zu 2010
knapp 25 Prozent weniger Mittel für Eingliederungsmaßnahmen zur Ver-
fügung stehen würden, und wenn nein, um wie viel Prozent reduzieren
sich die Eingliederungsmittel 2011 gegenüber 2010 tatsächlich (ohne
Berücksichtigung von Sonderprogrammen, wie z. B. der Bürgerarbeit)?

c) Sollen bei der Umsetzung der Kürzung der Eingliederungsmittel be-
stimmte Bereiche wie beispielsweise die Unterstützung für Jugendliche
oder Alleinerziehende ausgespart bleiben?

Wenn ja, welche konkreten Bereiche sind das, und wenn nein, warum ver-
zichtet die Bundesregierung auf solche Vorgaben?

d) Welche Informationen werden derzeit an die örtlichen Grundsicherungs-
stellen gegeben, und welche Gespräche werden mit den örtlichen Trägern
geführt, um die Umsetzung der Kürzung vorzubereiten?

Berlin, den 8. September 2010

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.