BT-Drucksache 17/2469

a) zu dem Antrag der Abgeordneten Gerold Reichenbach, Dr. Eva Högl, Gabriele Fograscher, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD -17/1407- Neues SWIFT-Abkommen nur nach europäischen Grundrechts- und Datenschutzmaßstäben zu dem Entwurf der Europäischen Kommission für das Verhandlungsmandat eines neuen Abkommens zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika über die Verarbeitung von Zahlungsverkehrsdaten und deren Übermittlung für die Zwecke des Programms der USA zum Aufspüren der Finanzierung des Terrorismus (kurz: SWIFT-Abkommen), Ratsdok. 7936/10 vom 24. März 2010 hier: Stellungnahme gegenüber der Bundesregierung gemäß Artikel 23 Absatz 3 des Grundgesetzes b) zu dem Antrag der Abgeordneten Jan Korte, Dr. Barbara Höll, Ulla Jelpke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. -17/1560- Einstellung der Verhandlungen mit den Vereinigten Staaten von Amerika um ein neues SWIFT-Abkommen und Verzicht auf ein europäisches Abkommen über ein Programm zum Aufspüren der Finanzierung des Terrorismus

Vom 7. Juli 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/2469
17. Wahlperiode 07. 07. 2010

Beschlussempfehlung und Bericht
des Innenausschusses (4. Ausschuss)

a) zu dem Antrag der Abgeordneten Gerold Reichenbach, Dr. Eva Högl, Gabriele
Fograscher, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD
– Drucksache 17/1407 –

Neues SWIFT-Abkommen nur nach europäischen Grundrechts- und
Datenschutzmaßstäben

zu dem Entwurf der Europäischen Kommission für das Verhandlungsmandat
eines neuen Abkommens zwischen der Europäischen Union und den Vereinig-
ten Staaten von Amerika über die Verarbeitung von Zahlungsverkehrsdaten
und deren Übermittlung für die Zwecke des Programms der USA zum Aufspü-
ren der Finanzierung des Terrorismus (kurz: SWIFT-Abkommen), Ratsdok.
7936/10 vom 24. März 2010

hier: Stellungnahme gegenüber der Bundesregierung gemäß Artikel 23
Absatz 3 des Grundgesetzes

b) zu dem Antrag der Abgeordneten Jan Korte, Dr. Barbara Höll, Ulla Jelpke, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 17/1560 –

Einstellung der Verhandlungen mit den Vereinigten Staaten von Amerika
um ein neues SWIFT-Abkommen und Verzicht auf ein europäisches Abkommen
über ein Programm zum Aufspüren der Finanzierung des Terrorismus
A. Problem

Die Antragsteller beziehen sich auf das sog. SWIFT-Abkommen zwischen der
Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika, die Verweige-
rung der Zustimmung des Europäischen Parlaments zur ursprünglichen Version
und die Vorlage eines Verhandlungsmandats als Grundlage für die Aushandlung
eines neuen Abkommens.

Drucksache 17/2469 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Vor diesem Hintergrund will die Fraktion der SPD mit ihrem Antrag insbeson-
dere erreichen, dass die Bundesregierung aufgefordert wird, den Deutschen
Bundestag laufend über die Verhandlungen zu informieren und in die Meinungs-
bildung einzubeziehen, für die vollständige Veröffentlichung des Abkommens
Sorge zu tragen und die Zustimmung zum Verhandlungsmandat und zum Ab-
kommen selbst von der Einhaltung strenger Maßstäbe – insbesondere im Hin-
blick auf den Schutz personenbezogener Daten – abhängig zu machen, die im
Antrag im Einzelnen ausgeführt sind.

Die Fraktion DIE LINKE. strebt mit ihrem Antrag neben einer umfassenden un-
abhängigen Evaluierung der bisherigen Datenübermittlung weitergehend an, die
Bundesregierung aufzufordern, gegen den Beschluss über den Abschluss des
SWIFT-Abkommens (Artikel 218 Absatz 6 des Vertrags über die Arbeitsweise
der Europäischen Union – AEUV) zu stimmen und schließlich auch innerhalb
der EU auf einen Verzicht auf ein eigenes europäisches Programm zum Aufspü-
ren der Finanzierung des Terrorismus (TFTP) hinzuwirken.

B. Lösung

Zu Buchstabe a

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 17/1407 mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen
SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Zu Buchstabe b

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 17/1560 mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen DIE
LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Frak-
tion der SPD

C. Alternativen

Annahme der Anträge.

D. Kosten

Wurden nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/2469

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

a) den Antrag auf Drucksache 17/1407 abzulehnen,

b) den Antrag auf Drucksache 17/1560 abzulehnen.

Berlin, den 7. Juli 2010

Der Innenausschuss

Wolfgang Bosbach
Vorsitzender

Dr. Hans-Peter Uhl
Berichterstatter

Gerold Reichenbach
Berichterstatter

Gisela Piltz
Berichterstatterin

Jan Korte
Berichterstatter

Dr. Konstantin von Notz
Berichterstatter

Antrag der Fraktion der SPD auf Drucksache 17/1407 abzu-
Der Antrag der Fraktion DIE LINKE. auf Ausschussdruck-
sache 17(4)76, der sich auf Ratsdok. 11172/10 bezieht und
lehnen.

Der Ausschuss beschließt mit den Stimmen der Fraktionen
der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen
DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimm-

eine Stellungnahme gemäß Artikel 23 Absatz 3 des Grund-
gesetzes in Verbindung mit § 9 des Gesetzes über die Zusam-
menarbeit von Bundesregierung und Deutschem Bundestag
in Angelegenheiten der Europäischen Union (EUZBBG)
Drucksache 17/2469 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Dr. Hans-Peter Uhl, Gerold Reichenbach, Gisela Piltz,
Jan Korte und Dr. Konstantin von Notz

I. Zum Verfahren

1. Überweisung

Zu den Buchstaben a und b

Der Antrag auf Drucksache 17/1407 wurde in der 37. Sit-
zung des Deutschen Bundestages am 22. April 2010 an den
Innenausschuss federführend sowie an den Rechtsausschuss,
den Finanzausschuss und den Ausschuss für die Angelegen-
heiten der Europäischen Union zur Mitberatung überwiesen.
Der Antrag auf Drucksache 17/1560 wurde in der 40. Sit-
zung des Deutschen Bundestages am 6. Mai 2010 an den In-
nenausschuss federführend sowie an den Finanzausschuss
zur Mitberatung überwiesen.

2. Voten der mitberatenden Ausschüsse

Zu Buchstabe a (Drucksache 17/1407)

Der Rechtsausschuss hat in seiner 20. Sitzung am 7. Juli
2010 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD, DIE LINKE.
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung des An-
trags empfohlen.

Der Finanzausschuss hat in seiner 23. Sitzung am 7. Juli
2010 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD, DIE LINKE.
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN empfohlen, den Antrag
abzulehnen.

Der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
Union hat in seiner 20. Sitzung am 7. Juli 2010 mit den Stim-
men der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stim-
men der Fraktionen SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN die Ablehnung des Antrags empfohlen.

Zu Buchstabe b (Drucksache 17/1560)

Der Finanzausschuss hat in seiner 23. Sitzung am 7. Juli
2010 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU, SPD
und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE.
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung des An-
trags empfohlen.

3. Beratungen im federführenden Ausschuss

Der Innenausschuss hat die Anträge auf Drucksachen
17/1407 und 17/1560 in seiner 18. Sitzung am 7. Juli 2010
abschließend beraten. Der Bundesbeauftragte für den Daten-
schutz und die Informationsfreiheit hat seine Einschätzung
vorgetragen.

Der Ausschuss empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen
der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen
SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN den

zugleich, den Antrag der Fraktion DIE LINKE. auf Drucksa-
che 17/1560 abzulehnen.

Der Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE. auf Aus-
schussdrucksache 17(4)75 hat einschließlich Begründung
folgenden Wortlaut:

Der Innenausschuss wolle beschließen:

In dem Antrag auf Drs. 17/1560 den Abschnitt, der beginnt
mit den Worten „fordert die Bundesregierung auf, die
<Empfehlung der Kommission an den Rat …>“ (fünfter
Spiegelstrich) durch folgenden Text zu ersetzen:

– der Innenausschuss fordert die Bundesregierung auf, ge-
gen den Beschluss über den Abschluss der Übereinkunft
(Art. 218 Abs. 6 AEUV) über das „Abkommen zwischen
der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von
Amerika über die Verarbeitung von Zahlungsverkehrsda-
ten und deren Übermittlung aus der Europäischen Union
an die Vereinigten Staaten für die Zwecke des Programms
zum Aufspüren der Finanzierung des Terrorismus“ zu
stimmen.

B e g r ü n d u n g

Kommission und Rat haben einen unglaublichen Zeitdruck
ausgeübt, um die Beratungen des Abkommens auf ein nicht
zu rechtfertigendes Minimum zu reduzieren. Diesen Druck
hat die Bundesregierung ungebrochen weitergegeben.

Ungeprüft blieben dabei die Fragen der Erforderlichkeit und
der Verhältnismäßigkeit der vorgesehenen Instrumente. Die
behauptete täglich wachsende Sicherheitslücke ist nicht be-
legt und auch die sogenannten Bruguière-Berichte, auf die
sich die Befürworter der Notwendigkeit des Abkommens
stützen, bestätigen diese These nicht.

Eine bloß formale Unterrichtung durch die Bundesregierung
widerspricht Art. 23 Absatz 2 und Absatz 3 Grundgesetz.

In seiner Entscheidung vom 02. März 2010 hat das Bundes-
verfassungsgericht in seinem Urteil zur sog. Vorratsdaten-
speicherung festgestellt, dass die Zulassung der Telekommu-
nikationsdatenüberwachung auf Vorrat in engen Grenzen
auch den „Spielraum für weitere anlasslose Datensammlun-
gen auch über den Weg der Europäischen Union erheblich
geringer“ zieht (BVerfG, I BvR 256/08 vom 2.3.2010).

Diese Vorgabe wurde von der Bundesregierung nirgendwo
nachvollziehbar berücksichtigt. Auch der Versuch, das neue
Abkommen, wie schon seine Vorgänger, zeitlich zu begren-
zen, enthebt sie nicht der Pflicht, verfassungsrechtliche Vor-
gaben zu berücksichtigen.
enthaltung der Fraktion der SPD, den Änderungsantrag auf
Ausschussdrucksache 17(4)75 abzulehnen, und empfiehlt

beinhaltet, wurde mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/
CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE.

intern auszuwerten und dann noch gezielter über eine Wei-
tergabe zu entscheiden.

Die Fraktion der SPD verweist auf ihren Antrag und betont,
dass sie die grundsätzliche Notwendigkeit von Maßnahmen
zum Aufspüren der Terrorismusfinanzierung akzeptiere. Si-
cherheitsbedürfnisse dürften aber nicht gegen Bürgerrechte
ausgespielt werden. Obgleich im jetzt vorliegenden Abkom-
men Fortschritte erzielt worden seien, sehe man noch erheb-
liche Mängel: So bestünden Zweifel, ob die Speicherfrist
von fünf Jahren für umfangreiche Datenrelationen den stren-
gen Maßstäben gerecht werde, die das Bundesverfassungs-
gericht für Vorratsdatenspeicherungen aufgestellt habe. Zu-
dem sei es problematisch, über die Datenweitergabe eine
Polizeibehörde wie Europol entscheiden zu lassen, die trotz

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN widerspricht
der Darstellung, die Koalition habe das Abkommen verbes-
sert. Diese habe vielmehr das ursprüngliche Abkommen pas-
sieren lassen und nur die Ablehnung durch das Europäische
Parlament habe die Gelegenheit zu Nachverhandlungen er-
öffnet. Zudem seien substanzielle Verbesserungen nicht er-
kennbar. Wenn man Trivialitäten wie das Erfordernis einer
Spezifizierung des Ersuchens bei Datenanfragen – was an
sich selbstverständlich sein sollte – als Erfolg verkaufen
wolle, sei dies ein extrem schmales Verhandlungsergebnis.
In den entscheidenden Punkten sei nichts erreicht: Es bleibe
bei der praktisch uneingeschränkten Übermittlung von bulk-
data und der Speicherdauer von fünf Jahren, die angesichts
des Urteils des Bundesverfassungsgerichts zur Vorratsdaten-
speicherung höchstwahrscheinlich verfassungswidrig sei.

Berlin, den 7. Juli 2010

Dr. Hans-Peter Uhl
Berichterstatter

Gerold Reichenbach
Berichterstatter

Gisela Piltz
Berichterstatterin

Jan Korte
Berichterstatter

Dr. Konstantin von Notz
Berichterstatter
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/2469

und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der
Fraktion der SPD abgelehnt.

II. Zur Begründung

Die Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und FDP weisen
darauf hin, dass nicht alles, was man sich aus deutscher Sicht
fraktionsübergreifend an Datenschutzgrundsätzen gewünscht
habe, in Europa und mit den USA verhandelbar gewesen sei.
Das neue Abkommen erfülle nicht alle Wünsche, sei aber ein
großer Fortschritt gegenüber bisherigen Regelungen. Der
damalige sozialdemokratische Finanzminister habe sogar
hinsichtlich der wesentlich problematischeren früheren
SWIFT-Regelungen keinerlei Bedenken geäußert. Der
christlich-liberalen Koalition sei es zu verdanken, dass das
SWIFT-Abkommen nun viel besser geworden sei, insbeson-
dere im Hinblick auf die Begrenzung der Datenweitergabe,
Begründungserfordernisse, Push-Verfahren, Zweckbindung,
Löscherfordernisse und Kontrolle. Man werde jetzt darauf
drängen, dass es bald zu einem umfassenden Datenschutzab-
kommen EU–USA komme. Vielleicht werde die EU einmal
dazu in der Lage sein, ihre eigenen Zahlungsverkehrsdaten

erheblichen Eigeninteresses quasirichterlich tätig werden
solle. Die frühere Situation sei mit der aktuellen im Übrigen
nicht vergleichbar, weil sich die SWIFT-Server damals im
Rechtsraum der USA bzw. in Kanada befunden hätten.

Die Fraktion DIE LINKE. ist der Ansicht, dass die FDP
ihrer Rolle als Bürgerrechtspartei nicht gerecht geworden
sei, da trotz weitreichender Ankündigungen der Bundes-
ministerin der Justiz letztlich der Innenminister das Abkom-
men in der Ursprungsfassung habe passieren lassen und es
erst vom Europäischen Parlament gestoppt worden sei.
Grundsätzlich sei zu kritisieren, dass im gesamten Verfahren
massiv gegen die Mitwirkungsrechte der Parlamente versto-
ßen worden sei. So habe die Bundesregierung dem Deut-
schen Bundestag keine ausreichenden Auskünfte über den
Stand der Verhandlungen gegeben. Mit dem eigenen Antrag
wolle man die Bundesregierung auffordern, dem Abschluss
des Abkommens nicht zuzustimmen. Auch der Antrag der
SPD-Fraktion laufe aber letztlich auf eine Ablehnung des
Abkommens hinaus, da fast alle darin genannten Forderun-
gen nicht erfüllt seien, und verdiene daher ebenfalls Zustim-
mung.

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