BT-Drucksache 17/2333

Den Deutschen Bundestag bei der Reform der Umsatzsteuer beteiligen

Vom 30. Juni 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/2333
17. Wahlperiode 30. 06. 2010

Antrag
der Abgeordneten Dr. Thomas Gambke, Britta Haßelmann, Lisa Paus, Dr. Gerhard
Schick, Fritz Kuhn, Birgitt Bender, Maria Klein-Schmeink, Stephan Kühn, Christine
Scheel, Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Dr. Harald Terpe und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Den Deutschen Bundestag bei der Reform der Umsatzsteuer beteiligen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Der Finanzausschuss des 16. Deutschen Bundestages hat fraktionsübergreifend
an der Frage der ermäßigten Mehrwertsteuersätze gearbeitet und die Vergabe ei-
ner Studie zu dieser Thematik durch die Bundesregierung inhaltlich unterstützt.
Die Studie „Analyse und Bewertung der Regel- und ermäßigten Sätze bei der
Umsatzbesteuerung unter sozial-, wirtschafts-, steuer- und haushaltspolitischen
Gesichtspunkten“ wurde von der Bundesregierung an die Universität des Saar-
lands vergeben. Laut Antworten der Bundesregierung auf die Schriftlichen
Fragen (z. B. Frage 17 auf Bundestagsdrucksache 17/584) wird das Ergebnis der
Studie für diesen Sommer erwartet. Ferner wird im Koalitionsvertrag zwischen
CDU, CSU und FDP die Einsetzung einer Kommission zur Reform der ermäßig-
ten Umsatzsteuersätze angekündigt. Die Einsetzung der Kommission ist nach
Aussagen der Bundesregierung (Frage 17 auf Bundestagsdrucksache 17/584) für
die Zeit nach Vorlage des Gutachtens geplant. Außerdem betont die Bundes-
regierung, dass es vor Abschluss der Arbeit der noch nicht eingesetzten Umsatz-
steuerkommission keine Maßnahmen im Bereich der ermäßigten Umsatzsteuer-
sätze geben wird (Bundestagsdrucksache 17/1252).

Bei der Arbeit der Kommission wird auch der ermäßigte Mehrwertsteuersatz für
die Hotellerie zur Überprüfung anstehen (Bundestagsdrucksache 17/1252), den
die Koalition der Fraktionen der CDU/CSU und FDP im Gegensatz zu mög-
lichen anderen Maßnahmen und entgegen der eigenen Intention (keine Ände-
rung vor Arbeitsende der Umsatzsteuerkommission) eingeführt hat. Der Bundes-
minister der Finanzen Dr. Wolfgang Schäuble hat am 21. April 2010 im
Finanzausschuss des Deutschen Bundestages als realistischen Zeitplan für die
Reform der Umsatzsteuerermäßigungen die gesamte Legislaturperiode genannt.
Die dringende Notwendigkeit der Haushaltskonsolidierung und die erwartete
Verbesserung der Einnahmen mit der Zurücknahme ordnungspolitisch nicht zu

haltender Regelungen zum ermäßigten Umsatzsteuersatz erfordern eine umge-
hende Erarbeitung und Umsetzung einer Umsatzsteuer-Strukturreform.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. die Studie „Analyse und Bewertung der Regel- und ermäßigten Sätze bei der
Umsatzbesteuerung unter sozial-, wirtschafts-, steuer- und haushaltspoliti-

Drucksache 17/2333 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
schen Gesichtspunkten“ unverzüglich nach Vorlage durch die Universität des
Saarlands den Mitgliedern des Finanzausschusses und allen Mitgliedern des
Deutschen Bundestages zur Verfügung zu stellen;

2. die Mitglieder des Finanzausschusses bei der Auswahl der Kommissionsmit-
glieder anzuhören und ihnen mit Mehrheitsbeschluss ein Vetorecht bei der
Auswahl einzelner Mitglieder einzuräumen;

3. die Mitglieder des Finanzausschusses regelmäßig, mindestens vierteljährlich
über Sachstand und Fortschritt der Kommissionsarbeit zu informieren;

4. die Reform der Umsatzsteuer zügig anzugehen, um so unnötige Einnah-
meausfälle durch unzureichend begründete Einzelermäßigungen zu unterbin-
den.

Berlin, den 29. Juni 2010

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

Begründung

Die schwarz-gelbe Bundesregierung hat die Steuerpolitik zu einem ihrer wich-
tigsten Handlungsfelder erklärt. Für den Bereich der Umsatzsteuer wurde im
Koalitionsvertrag die Einsetzung einer Regierungskommission zur Überprüfung
der ermäßigten Umsatzsteuersätze angekündigt. So wird die Diskussion um
mögliche Reformvorhaben aus der Öffentlichkeit gezogen und die Abgeordne-
ten des Deutschen Bundestages werden nur unzureichend am Entscheidungspro-
zess beteiligt. Die Abgeordneten sollen durch den sofortigen Zugang zur Studie
„Analyse und Bewertung der Regel- und ermäßigten Sätze bei der Umsatzbe-
steuerung unter sozial-, wirtschafts-, steuer- und haushaltspolitischen Gesichts-
punkten“ Transparenz über die Entscheidungsgrundlagen der noch einzusetzen-
den Umsatzsteuerkommission erhalten. Außerdem soll durch die Beteiligung
des Finanzausschusses bei der Einsetzung der Umsatzsteuerkommission verhin-
dert werden, dass Lobbyisten in der Kommission mitwirken. Bei der Ermäßi-
gung für die Übernachtungen in den Hotels hat die Koalition leider bewiesen,
dass sie Einzelinteressenvertretung im Steuerrecht Vorrang vor ordnungspoliti-
schen Grundsätzen gewährt. Dies hat zu einem enormen Bürokratieaufbau und
zu hohen Einnahmeausfällen für die Staatshaushalte geführt. Durch die regel-
mäßige Unterrichtung des Finanzausschusses soll sowohl die Kontrolle der
Bundesregierung durch die Parlamentarier gewährleistet werden, wie auch eine
angemessene Beteiligung bei der Umsatzsteuerreform der zuständigen Abge-
ordneten sichergestellt werden.

Bei der Reform der Umsatzsteuer ist es für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN wichtig, dass ungerechtfertigte Einzelermäßigungen nicht bis zum
Ende der Legislatur bestehen bleiben, wie es Bundesminister Dr. Wolfgang
Schäuble bei seinem Antrittsbesuch im Finanzausschuss in den Raum gestellt
hat. Die Einzelermäßigung für das Hotelgewerbe kostet die öffentlichen Haus-
halte jährlich 1 Mrd. Euro. Dies ist beim aktuellen Zustand der öffentlichen
Haushalte nicht hinnehmbar.

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