BT-Drucksache 17/2150

Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Schuldrechtsanpassungsgesetzes

Vom 16. Juni 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/2150
17. Wahlperiode 16. 06. 2010

Gesetzentwurf
der Abgeordneten Roland Claus, JörnWunderlich, Dr. Dietmar Bartsch, Heidrun
Bluhm, Steffen Bockhahn, Ulla Jelpke, Harald Koch, Jan Korte, Caren Lay, Ralph
Lenkert, Michael Leutert, Dr. Gesine Lötzsch, Wolfgang Neskovic, Petra Pau, Jens
Petermann, Raju Sharma, Kersten Steinke, Dr. Kirsten Tackmann, Frank Tempel,
Sahra Wagenknecht, HalinaWawzyniak und der Fraktion die DIE LINKE.

Entwurf eines…Gesetzes zur Änderung des Schuldrechtsanpassungsgesetzes

A. Problem

Wird ein dem Schuldrechtsanpassungsgesetz unterfallendes Nutzungsverhältnis
beendet, steht dem Nutzer eine Entschädigung für errichtete Bauwerke und
Anpflanzungen zu. Die Entschädigungshöhe richtet sich danach, welche Partei
das Vertragsverhältnis aus welchem Anlass kündigt. Nach dem Willen des
Gesetzgebers sollen sowohl die Nutzer, die aus eigenem Anlass kündigen, als
auch die, die aufgrund vertragswidrigen Verhaltens gekündigt werden, finan-
ziell schlechter gestellt sein als sonstige Nutzer. Diese Differenzierung wird seit
Inkrafttreten des Gesetzes von Nutzerverbänden und Sachverständigen kri-
tisiert. Durch eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs, Urteil vom 12. März
2008 – XII ZR 156/05 –, wird diese Differenzierung nunmehr endgültig ad ab-
surdum geführt. Danach kann ein Nutzer, der durch sein Verhalten Anlass zur
Kündigung gegeben hat, im Einzelfall eine höhere Entschädigung beanspru-
chen als der vertragstreue Nutzer, dem der Grundstückseigentümer rechtswidrig
oder aus Eigenbedarf kündigt. Damit ist eine völlig willkürliche Rechtslage ent-
standen. Die Höhe der Entschädigung richtet sich nicht mehr nach sachlichen
Kriterien, sondern überwiegend danach, welche Partei das Vertragsverhältnis
zuerst kündigt. Aus der geplanten langfristigen, sozialverträglichen Anglei-
chung der Nutzungsverhältnisse von Erholungsgrundstücken an BGB-kon-
forme Rechtsverhältnisse ist ein durch Zeit- und Handlungsdruck geprägtes
spekulatives Termingeschäft sui generis geworden.

B. Lösung

Die zu leistende Entschädigung bei Beendigung des Vertragsverhältnisses wird
einheitlich mit mindestens dem Zeitwert des Bauwerks und höchstens bis zur
Höhe der Verkehrswerterhöhung des Grundstücks durch das Bauwerk ohne Dif-
ferenzierung nach Kündigungsanlass oder kündigender Partei geregelt. Darüber
hinaus werden die Kostentragungspflicht der Abbruchkosten einer Neuregelung
zugeführt sowie die Formalien für die Nutzungsentgeltanpassung erweitert.

Drucksache 17/2150 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

C. Alternativen

Keine

D. Kosten

Finanzielle Auswirkungen auf die Haushalte von Bund und Ländern sind vorab
nicht einzuschätzen. Da die Rechtsposition der Nutzerinnen und Nutzer gestärkt
wird, können im Einzelfall erhöhte Kosten auf die Eigentümer – also unter ande-
rem auf die Kommunen – zukommen. Eine die Entschädigungs- und Abrisskos-
ten auslösende Beendigung des Nutzungsverhältnisses liegt allein in der Sphäre
der Parteien. Zeitwert und Verkehrswerterhöhung unterliegen jedoch einem ste-
tigen Wandel und sind einzelfallabhängig. Vereinbarungen zwischen Nutzern
und Grundstückseigentümern können andere Regelungen bis zumAnkauf durch
den Nutzer beinhalten. Allein durch die Festlegung des Zeitwertes als Unter-
grenze der Entschädigung kann nicht zuverlässig auf eine Erhöhung der Belas-
tung geschlossen werden, da die Verkehrswerterhöhung durch das Bauwerk
auch nach jetziger Rechtslage nicht durch den Zeitwert begrenzt wird.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/2150

Entwurf eines…Gesetzes zur Änderung des Schuldrechtsanpassungsgesetzes

Vom…

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1

Änderung des Schuldrechtsanpassungsgesetzes

Das Schuldrechtsanpassungsgesetz vom 21. September
1994 (BGBl. I S. 2538), zuletzt geändert durch …, wird wie
folgt geändert:

1. § 12 wird wie folgt geändert:

a) In Absatz 1 wird nach Satz 1 folgender Satz eingefügt:

„Der Anspruch auf die Entschädigung entsteht zum
Zeitpunkt der Beendigung des Vertragsverhältnisses.“

b) Absatz 2 wird wie folgt gefasst:

„(2) Die Entschädigung bemisst sich objektiv nach
der Erhöhung des Verkehrswertes des Grundstücks
durch das Bauwerk, jedochmindestens nach demZeit-
wert des Bauwerks zumZeitpunkt der Beendigung des
Vertragsverhältnisses. Wird das Vertragsverhältnis
nach Maßgabe von § 23 Absatz 3 gekündigt, bemisst
sich die Entschädigung nach Satz 1 nur nach demZeit-
wert des Bauwerks zumZeitpunkt der Beendigung des
Vertragsverhältnisses.“

c) Absatz 3 wird aufgehoben.

d) Die bisherigen Absätze 4 und 5 werden die Absätze 3
und 4.

2. § 15 wird wie folgt geändert:

a) Absatz 1 Satz 2 wird wie folgt gefasst:

„Der Nutzer hat einen angemessenen Anteil an den
Kosten für den Abbruch des Bauwerks zu tragen, so-
weit dies im Einzelfall zur Vermeidung einer groben
Unbilligkeit erforderlich ist.“

b) Die Absatzbezeichnung „(1)“ wird gestrichen.

c) Die Absätze 2 und 3 werden aufgehoben.

3. § 20 Absatz 3 wird wie folgt geändert:

a) Dem Satz 3 werden die Wörter „und zu begründen“
angefügt.

b) Nach Satz 3 werden folgende Sätze eingefügt:

„Dabei ist anzugeben, dass das Anpassungsverlangen
gemäß Satz 2 erfolgt. Zur Begründung kann insbeson-
dere Bezug genommen werden auf ein Gutachten des
örtlich zuständigen Gutachterausschusses über die
ortsüblichen Nutzungsentgelte für vergleichbar ge-
nutzteGrundstücke, einGutachten eines öffentlich be-
stellten und vereidigten Sachverständigen über die
ortsüblichen Nutzungsentgelte für vergleichbar ge-
nutzte Grundstücke oder entsprechende Entgelte für
die Nutzung einzelner vergleichbarer Grundstücke,
wobei dafür die Benennung von drei Grundstücken
genügt.“

4. Es wird folgendes Kapitel angefügt:

„Kapitel 7
Übergangsvorschriften

§ 58

Auf Vertragsverhältnisse, die am… [einsetzen: Datum
des Inkrafttreten dieses Gesetzes] beendet wurden, sind
dieVorschriften der §§ 12 und 15 in ihrer bis dahin gelten-
den Fassung weiter anzuwenden.“

Artikel 2

Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.

Berlin, den 16. Juni 2010

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

Drucksache 17/2150 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Begründung

A. Allgemeines

Bisherige Initiativen zur Änderung des Schuldrechtsanpas-
sungesetzes wurden mit Pauschalverweis auf die Entschei-
dung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG), Beschluss
vom 14. Juli 1999 – 1 BvR 995/95 u. a., VIZ 2000, S. 42 ff.,
zur Verfassungsgemäßheit des Schuldrechtsanpassungsge-
setzes abgelehnt, vgl. Beschlussempfehlung auf Bundestags-
drucksache 16/3207. Entgegen dieser Auffassung hat das
BVerfG (wird ausgeführt) keine abschließende Entscheidung
darüber getroffen, dass die Regelungen ausschließlich in der
bestehenden Fassung nach Artikel 14 Absatz 1 des Grundge-
setzes (GG) Bestand haben können. Die Entscheidung steht
somit einer anderweitigen Regelung nicht entgegen, § 31 des
Bundesverfassungsgerichtsgesetzes (BVerfGG).

Gerade im Hinblick auf Artikel 14 Absatz 1 GG hat der Ge-
setzgeber einen erheblichen Gestaltungsspielraum, da die
konkrete Reichweite des Schutzes durch die Eigentumsga-
rantie durch Inhalt und Schranken bestimmt wird, die Sache
des Gesetzgebers sind, Artikel 14 Absatz 1 Satz 2 GG (vgl.
BVerfG, a. a. O., S. 43).

Das Vertragsverhältnis zwischen Grundstückseigentümer
und Nutzer ist durch das Zivilgesetzbuch der DDR (ZGB)
geprägt. Soweit daher das Eigentum durch Nutzungsrechte
und Entschädigungsregelungen belastet ist, beruht dies auf
einer einvernehmlichen Vereinbarung zwischen diesen, vgl.
§ 312 ZGB-DDR. Eine einseitige Entlastung der Grund-
stückseigentümer von freiwillig übernommenen Verpflich-
tungen zu Lasten der Nutzer widerspricht auch Grundprinzi-
pien zivilrechtlicher Vereinbarungen nach dem Bürgerlichen
Gesetzbuch (BGB). Die Entscheidung des Bundesgerichts-
hofs (BGH), NJW-RR 2008, S. 1047 ff., hat verdeutlicht,
dass der Gesetzgeber bei seinen Bemühungen, Rechte der
Grundstückseigentümer zu erweitern, gescheitert ist. Die
jetzige Rechtslage muss daher durch eine Neuregelung kor-
rigiert werden, die klar und bestimmt ist und die Rechte der
Eigentümer und Nutzer auch unter Berücksichtigung der his-
torischen Ausgangslage in Einklang bringt.

B. Einzelbegründung

Zu Artikel 1 (Änderung des Schuldrechts-
anpassungsgesetzes)

ZuNummer 1 (Änderung § 12)

Zu Buchstabe a

Die bisherigen Regelungen treffen keine direkte Aussage zur
Anspruchsentstehung und Fälligkeit der Entschädigung.
Zwar lässt sich aus der Formulierung des § 12 Absatz 1
Satz 1 i. V. m. § 271 Absatz 1 BGB schließen, dass der An-
spruch mit Beendigung des Vertragsverhältnisses entsteht
und fällig wird. Dies wird jedoch in der Instanzenrechtspre-
chung unter Verweis auf die Bewertungsvorschriften des
§ 12 Absatz 2 und 3 zum Teil verneint, vgl. Amtsgericht
Strausberg, Urteil vom 29. Mai 2001 – 9 C 604/00, VIZ
2001, S. 448, 449. Danach entstünde der Anspruch erst mit
vollzogener Rückgabe des Grundstückes. Als Konsequenz

dieser Rechtsansicht sind Zurückbehaltungsrechte nach
§ 273 Absatz 1 BGB (vgl. BGH, Urteil vom 17.3.1975 – VIII
ZR 245/73, NJW 1975, S. 1121) des Nutzers im Hinblick auf
das Herausgabeverlangen des Grundstückes nach § 985 ff.
BGB Zug um Zug, § 274 BGB, gegen die Entschädigungs-
leistung ausgeschlossen. Zurückbehaltungsrechte nach
§ 273 Absatz 2, § 1000 BGB kommen nicht in Betracht, da
der Entschädigungsanspruch keine Verwendung auf das
Grundstück darstellt. Mit der vorliegenden Änderung wird
klargestellt, dass der Anspruch bereits mit Beendigung des
Vertragsverhältnisses entsteht, so dass dem Nutzer die übli-
chen zivilrechtlichen Verteidigungsrechte zur Verfügung ste-
hen.

Zu Buchstabe b

Die nach geltender Rechtslage differenzierten Entschädi-
gungsregelungen werden einheitlich zusammengefasst. Es
kommt grundsätzlich nicht mehr darauf an, wer die Kündi-
gung des Nutzungsverhältnisses ausspricht. Dies steht nicht
im Widerspruch zur benannten Entscheidung des BVerfG.
Das Gericht hat in seiner Entscheidung lediglich festgestellt,
dass die bestehenden Regelungen der Zeitwertentschädigung
und der Verkehrswertentschädigung – jedoch nur am Maß-
stab der Grundrechte der beschwerdeführenden Grund-
stückseigentümer – nicht zu beanstanden sind. Eine Ein-
schränkung, dass die Regelungen nur in dieser konkreten
Form verfassungsgemäß seien, also eine andersartige Rege-
lung damit ausgeschlossen sei, findet sich nicht.

Die Neuregelung berücksichtigt die Interessen der Grund-
stückseigentümer und Nutzer gleichermaßen.

Sie beseitigt zunächst eine – durch den BGH lediglich vorge-
fundene und klargestellte – willkürliche gesetzliche Rege-
lung, nach der im Ergebnis die Höhe der Entschädigungsleis-
tung überwiegend zufällig davon abhängt, welche der Partei-
en die Kündigung zuerst ausspricht.

In jedem Fall ist durch die Neuregelung als Untergrenze der
Zeitwert des Bauwerks zu entschädigen. Nach den Ausfüh-
rungen des BVerfG ist die Zeitwertentschädigung sachge-
recht, da dem Grundstückseigentümer bei Beendigung des
Nutzungsverhältnisses die Investitionen des Nutzers zugute
kommen. Entgegen der bisherigen Regelung kann es damit
nicht darauf ankommen, wer die Kündigung aus welchem
Anlass ausspricht; sachliche Argumente für eine der bisheri-
gen Differenzierung entsprechende Neuregelung sind da-
nach nicht ersichtlich.

Soweit durch das Bauwerk der Verkehrswert des Grund-
stücks erhöht ist und den Zeitwert sogar überschreitet, ist
auch dieser Vermögensvorteil zu entschädigen. Die Er-
höhung des Verkehrswerts des Grundstücks durch das Bau-
werk bildet die Obergrenze der Entschädigung nach § 12Ab-
satz 2. Voraussetzung dafür ist nach den Ausführungen des
BVerfG lediglich, dass dieser Mehrwert realisierbar ist. Der
Verkehrswert wird nach Maßgabe der geltenden Verordnung
über Grundsätze für die Ermittlung der Verkehrswerte von
Grundstücken (WertV) ermittelt (h. M., vgl. BGH, NJW-RR
2008, S. 1047, 1049). Es liegt in der Natur des Verkehrswer-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/2150

tes, dass dieser unter Berücksichtigung der Marktlage, also
der tatsächlichen Realisierbarkeit ermittelt wird, vgl. § 7
WertV. Ob der Grundstückseigentümer diesen Wert am
Markt auch realisieren will, muss grundsätzlich unbeachtlich
sein. Die durch das Bauwerk entstandene Verkehrswerterhö-
hung fließt dem Grundstückseigentümer unmittelbar bei Be-
endigung des Nutzungsverhältnisses als Vermögenswert zu.
Dies wird in der Neuregelung („… bemisst sich objektiv
nach …“) klargestellt, um Auffassungen in der Rechtspre-
chung – vgl. Landgericht Potsdam, Urteil vom 4. Mai 2001 –
6 S 23/00, VIZ 2002, S. 244 – , nach denen es auf die subjek-
tive Verwertungsabsicht ankomme, entgegenzuwirken. Der
Regelung stehen auch keine grundsätzlichen Erwägungen
unter dem Aspekt der „aufgedrängten Bereicherung“ (vgl.
Brenner, „Die Zukunft der Datschengrundstücke in den neu-
en Bundesländern – Zur Änderung des Schuldrechtsanpas-
sungsgesetze“, VIZ 2002, S. 326 ff.; allgemein Gursky, in:
Staudinger, BGB, § 951 Rn. 46) entgegen. Im Gegensatz zu
diesen Konstellationen, in denen ein Ausgleich für eine un-
gewollte Werterhöhung als Eingriff in die Dispositionsfrei-
heit des Eigentümers geschaffen werden muss, ist eine Wert-
erhöhung durch Bauwerke in den abgeschlossenen Nut-
zungsverträgen nach §§ 312, 313 Absatz 2 ZGB-DDR be-
reits vertraglich angelegt gewesen. Die Werterhöhung ist
weder rechtsgrundlos, noch überraschend oder gegen den
Willen des Grundstückseigentümers erfolgt.

Den Ausführungen des BVerfG zum Sonderkündigungsrecht
des Grundstückseigentümers innerhalb der Kündigungs-
schutzfrist des § 23 Absatz 2, 3 wegen Eigenbedarfs folgend,
ist jedoch ausschließlich in dieser Konstellation die Reali-
sierung des Verkehrswerts unmöglich. Daher sieht § 12
Absatz 2 Satz 2 vor, dass nur der Zeitwert zu ersetzen ist.
Zum Stichtag 4. Oktober 2015 entfallen gemäß § 23 Ab-
satz 4 besondere Schutzerwägungen zugunsten der Nutzer
oder der Grundstückseigentümer. Ab diesem Zeitpunkt gel-
ten die allgemeinen Entschädigungsregelungen unabhängig
von der Verwendungsabsicht.

Zu den Buchstaben c und d

Es handelt sich um Folgeänderungen der Neuregelung des
§ 12 Absatz 2.

ZuNummer 2 (Änderung § 15)

Zu Buchstabe a

In Übereinstimmung mit der Rechtswirklichkeit in der DDR
sind Nutzer gemäß § 15 Absatz 1 Satz 1 nicht zumAbriss des
Bauwerks bei Vertragsbeendigung verpflichtet. Dennoch
sieht Absatz 2 Satz 2 eine Pflicht vor, die hälftigen Abbruch-
kosten zu tragen. In der ursprünglichen Fassung des Ent-
wurfs auf Bundestagsdrucksache 12/7135 war aus sach-
gerechten Erwägungen eine anteilige Kostentragung nur vor-
gesehen, wenn die alleinige Tragung der Abbruchkosten zu
einer besonderen Härte für den Grundstückseigentümer
führt. Im Übrigen wurde es als zumutbar angesehen, dass der
Grundstückseigentümer die Abbruchkosten allein trägt. Mit
der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses auf Bun-
destagsdrucksache 12/8035 wurde diese Härteklausel gestri-
chen. Anteilige Abbruchkosten sind seither zu tragen, wenn
das Nutzungsverhältnis aus Gründen in der Sphäre des Nut-
zers gekündigt wird. Der damit entstandene Widerspruch,
einerseits einen Entschädigungsanspruch für den Zeitwert

des Bauwerks bzw. Verkehrswerterhöhungen durch das Bau-
werk zu erhalten, anderseits diesen Anspruch durch Ab-
bruchkosten des werthaltigen Bauwerks auf Initiative des
Eigentümers wieder zu verlieren, ist nicht auflösbar. Entspre-
chend den Ausführungen zu Nummer 1 Buchstabe b wird da-
mit die Verwertungsabsicht des Eigentümers im Ergebnis
zum bestimmenden Faktor der Entschädigungsleistung.
Auch die Überleitung zu einer BGB-konformen Rechtslage
nach Pacht- und Mietrecht erfordert keine Pflicht des Nut-
zers, Abbruchkosten zu tragen. So wie die Entschädigungs-
leistung sind auch die Folgekosten im Nutzungsvertrag
selbst angelegt, vgl. Erwägungen zuNummer 1 Buchstabe b.

Die Neuregelung beseitigt diesen Widerspruch und begrenzt
die Pflicht zur Tragung von Abbruchkosten auf Härtefälle in
Satz 2. Damit werden unter anderem Fälle erfasst, in denen
Abbruchkosten die damit zu erwartende Verkehrswertsteige-
rung übersteigen, so dass ein Ausgleich durch den verur-
sachenden Nutzer in Betracht kommt.

Zu den Buchstaben b und c

Es handelt sich um Folgeänderungen durch die Neuregelung.
Darüber hinaus wird Absatz 3 aufgehoben. Damit entfällt
entsprechend den Erwägungen zu Buchstabe a auch die Ab-
rissverpflichtung der Nutzer, wenn das Vertragsverhältnis
nach dem 31. Dezember 2022 endet.

ZuNummer 3 (Änderung § 20)

Gemäß § 20 Absatz 1 richten sich Entgeltforderungen des
Grundstückseigentümers nach der Nutzungsentgeltver-
ordnung (NutzEV). Mit der Verordnung zur Änderung der
Nutzungsentgeltverordnung vom 24. Juli 1997 (BGBl. I,
S. 1920) wurde eine Erläuterungspflicht für die Erhöhung
des Entgeltes in § 6 NutzEV eingeführt. „Um unbegründete,
weil die Grenze der Ortsüblichkeit überschreitende Entgelt-
erhöhungen und darauf folgende Rechtsstreitigkeiten zu ver-
meiden, soll der Grundstückseigentümer durch das Erforder-
nis der Erläuterung seines Erhöhungsverlangens dazu ge-
zwungen werden, sich vor weiteren Erhöhungsschritten ein
Bild von der Höhe der ortsüblichen Entgelte zu verschaffen.
Die Erläuterungspflicht führe, vergleichbar der Begrün-
dungspflicht bei Mieterhöhungen nach § 2 des Gesetzes zur
Regulierung der Miethöhe, dem Grundstückseigentümer im
Sinne einer Warnfunktion die Obergrenze des ortsüblichen
Entgelts und die bereits nach derzeitiger Rechtslage be-
stehende Beweislastverteilung vor Augen.“ Mit dem Ersten
Gesetz zur Änderung des Schuldrechtsanpassungsgesetzes
(Gesetz vom 17. Mai 2002, BGBl. I, S. 1580) wurde § 6
NutzEV um Entgelterhöhungen rechtfertigende Umstände
erweitert. Hintergrund für die Änderungen waren ausweis-
lich der Begründungen, vgl. Bundestagsdrucksache 14/6884,
Seite 11 ff., „Anwendungsschwierigkeiten“ der bisherigen
Regelung. Gleichzeitig sollten Grundstücksnutzer in die
Lage versetzt werden, „anhand des jeweils in Bezug genom-
menen Begründungsmittels zu überprüfen, auf welchen
Überlegungen des Eigentümers das Erhöhungsverlangen be-
ruht und ob er die Erhöhung als berechtigt zu akzeptieren
vermag“.

Die NutzEV findet jedoch nur Anwendung, soweit es um die
Erhöhung eines Nutzungsentgeltes bis zur Örtsüblichkeit
geht, § 20 Absatz 1 i. V. m. § 2 NutzEV. Für eine Entgelt-
anpassung nach Erreichen dieser Grenze – sowohl nach oben

Drucksache 17/2150 – 6 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

wie nach unten – gilt § 20 Absatz 3, der eigenständige Rege-
lungen enthält, die bis zur Änderung der NutzEV im Jahr
1997 mit dieser weitgehend gleichlautend waren. Im Zuge
der Anpassung der NutzEV wurde jedoch § 20 Absatz 3
nicht geändert. Mit der Entscheidung des BGH, Urteil
vom 19. September 2007 – XII ZR 3/05, NJW-RR 2008,
S. 499 ff., wurde klargestellt, dass die Begründungspflicht
des § 6 NutzEV nicht übertragbar ist auf Entgeltanpassung
nach § 20 Absatz 3. Die Neuregelung überträgt die Wer-
tungen des § 6 NutzEV auch auf das Entgeltanpassungs-
verlangen nach § 20 Absatz 3. Die Anpassungen nach § 20
Absatz 1 und 3 betreffen gleichartige Sachverhalte, für deren
Differenzierung keine objektiven Gründe vorliegen. Die den
Änderungen des § 6 NutzEV zugrunde liegenden Er-
wägungen können auf das Anpassungsverlangen nach § 20
Absatz 3 unmittelbar übertragen werden.

ZuNummer 4 (Übergangsvorschrift § 58)

Die Vorschrift hat klarstellende Funktion, um Auseinander-
setzungen über den Geltungszeitpunkt der Neuregelungen
der §§ 12 und 15 zu vermeiden. Maßgeblich ist danach nicht,

ob ein Nutzungsverhältnis bereits gekündigt ist, sondern ob
es beendet ist. Ist das Vertragsverhältnis bereits beendet, sind
die Parteien nur noch mit der Abwicklung befasst, die sie im
Vertrauen auf die bestehende Rechtslage vollziehen. Ist je-
doch bis zum Inkrafttreten des Gesetzes lediglich die Kündi-
gung ausgesprochen, liegt kein schützenswertes Vertrauen in
den Bestand der Rechtslage vor. Liegt eine Kündigung des
Grundstückseigentümers nach § 23 Absatz 3 vor, ändert sich
durch das Gesetz seine Rechtsposition nicht. In den übrigen
Fällen kann es gegenüber der ursprünglichen Rechtslage
zwar zu Veränderungen zuungunsten des Grundstückseigen-
tümers kommen. Jedoch handelt es sich nicht um Fallkon-
stellationen, in denen ein Vertrauen in die bestehende
Rechtslage kausales Element für die Beendigung ist, sondern
um durch den Grundstückseigentümer nicht zu beeinflussen-
de Umstände – z. B. Kündigung durch den Nutzer, Tod des
Nutzers.

ZuArtikel 2 (Inkrafttreten)

Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten des Gesetzes.

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