BT-Drucksache 17/1762

Bericht der Bundesregierung über die Lage behinderter Menschen und die Entwicklung ihrer Teilhabe umfassender und detaillierter vorlegen

Vom 19. Mai 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/1762
17. Wahlperiode 19. 05. 2010

Antrag
der Abgeordneten Markus Kurth, Monika Lazar, Katja Dörner, Fritz Kuhn, Kerstin
Andreae, Birgitt Bender, Katrin Göring-Eckardt, Priska Hinz (Herborn), Maria
Klein-Schmeink, Beate Müller-Gemmeke, Brigitte Pothmer, Tabea Rößner,
Elisabeth Scharfenberg, Christine Scheel, Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn,
Dr. Harald Terpe und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Bericht der Bundesregierung über die Lage behinderter Menschen und die
Entwicklung ihrer Teilhabe umfassender und detaillierter vorlegen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Der Bericht über die Lage behinderter Menschen und die Entwicklung ihrer
Teilhabe soll gemäß § 66 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) die
gesetzgebenden Körperschaften über die Lage und Entwicklung der Teilhabe
behinderter Menschen aufklären und damit eine zusammenfassende Darstellung
der Aufwendungen zu Prävention, Rehabilitation und Teilhabe behinderter
Menschen im Hinblick auf Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit geben. Der Be-
richt soll eine nach Geschlecht und Alter differenzierte Darstellung und Bewer-
tung abgeben und mögliche zu treffende Maßnahmen vorstellen.

Aus Artikel 31 der UN-Behindertenrechtskonvention ergibt sich die völker-
rechtliche Verpflichtung, geeignete Informationen zu sammeln und aufbereitete
Statistiken barrierefrei zu verbreiten. Artikel 6 der UN-Behindertenrechtskon-
vention verpflichtet die Vertragsstaaten, die mehrfache Diskriminierung von
Frauen und Mädchen mit Behinderungen anzuerkennen und hierzu Maßnahmen
zu ergreifen, um dieser entgegenzuwirken.

Durch den späten Zeitpunkt der Zuleitung des vorliegenden Berichts an den
Deutschen Bundestag in der 16. Wahlperiode war eine Beratung seiner Inhalte
sowie der Vorhaben der Bundesregierung in derselben Wahlperiode nicht mehr
möglich. § 66 SGB IX normiert zwar eine Berichtspflicht über die Wirkung
vorgeschlagener Regelungen der Bundesregierung, allerdings fehlt es an gesetz-
lichen Regelungen zur Regelmäßigkeit sowie zum Zeitpunkt der Veröffent-
lichung.

Berichte über die Lage behinderter Menschen und die Entwicklung ihrer Teil-
habe nach § 66 SGB IX sind ein wichtiger Teil zur Umsetzung der UN-Behin-

dertenrechtskonvention und zur Bewertung innerstaatlicher Normen und Maß-
nahmen im Bereich der Behindertenpolitik. Diese Berichte sind allerdings nicht
zu verwechseln mit den Berichten der Vertragsstaaten gemäß Artikel 35 der UN-
Behindertenrechtskonvention. Letztere beschreiben Maßnahmen, die seitens der
Vertragspartner zur Erfüllung ihrer völkerrechtlichen Verpflichtungen aus der
Konvention getroffen wurden, sowie die dabei erzielten Fortschritte gegenüber
den Vereinten Nationen.

Drucksache 17/1762 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf:

1. Um den Erfordernissen gemäß § 66 SGB IX künftig besser nachkommen zu
können, muss die Sammlung geeigneter Informationen, einschließlich statisti-
scher Angaben und Forschungsdaten, die die Situation von Menschen mit Be-
hinderung beschreibbar und bewertbar machen, ausgeweitet werden. Um ein
umfassenderes Bild von der Lage behinderter Menschen und die Entwicklung
ihrer Teilhabe zu ermöglichen sowie die Erstellung der Berichte nach § 66
SGB IX zu erleichtern, sollen im Sinne eines Disability Mainstreaming alle von
der Bundesregierung erstellten, in Auftrag gegebenen oder geförderten Berichte
Angaben zur Lage von Menschen mit Behinderung und zur Entwicklung ihrer
Teilhabe enthalten.

2. § 66 SGB IX muss dahingehend geändert werden, dass künftig eine nach
Geschlecht und Alter differenzierte Darstellung und Bewertung getroffener
Maßnahmen, Zielvereinbarungen gemäß § 5 des Behindertengleichstellungs-
gesetzes sowie der Gleichstellung behinderter Menschen in allen Bereichen des
alltäglichen Lebens möglich wird. § 66 SGB IX muss zudem künftig normieren,
dass die von der Antidiskriminierungsstelle des Bundes und die in ihrem Zustän-
digkeitsbereich betroffenen Beauftragten der Bundesregierung gesammelten
Berichte über Benachteiligungen aus den in § 1 des Allgemeinen Gleichbehand-
lungsgesetzes genannten Gründen in die Berichte über die Lage behinderter
Menschen und die Entwicklung ihrer Teilhabe aufgenommen werden.

3. § 66 SGB IX muss die gesetzliche Pflicht zur Erstellung eines Berichtes da-
hingehend konkretisieren, dass ein Bericht über die Lage behinderter Menschen
und die Entwicklung ihrer Teilhabe je Wahlperiode dem Parlament so rechtzeitig
zugeleitet wird, dass eine parlamentarische Beratung noch innerhalb derselben
Wahlperiode möglich ist.

4. Berichte über die Lage behinderter Menschen und die Entwicklung ihrer Teil-
habe nach § 66 SGB IX dürfen nicht durch Berichte der Vertragsstaaten gemäß
Artikel 35 der UN-Behindertenrechtskonvention ersetzt werden. Die beiden Be-
richte haben einen jeweils anderen Fokus und sind für sich genommen eigen-
ständig.

Berlin, den 18. Mai 2010

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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