BT-Drucksache 17/14242

zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung - Drucksachen 17/13057, 17/13429, 17/14192 - Entwurf eines Gesetzes gegen unseriöse Geschäftspraktiken

Vom 26. Juni 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/14242
17. Wahlperiode 26. 06. 2013

Änderungsantrag
der Abgeordneten Jerzy Montag, Volker Beck (Köln), Ingrid Hönlinger, Memet Kilic,
Dr. Konstantin von Notz, Wolfgang Wieland, Josef Philip Winkler und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung
– Drucksachen 17/13057, 17/13429, 17/14192 –

Entwurf eines Gesetzes gegen unseriöse Geschäftspraktiken

Der Bundestag wolle beschließen:

1. Nach Artikel 10 wird folgender Artikel 11 eingefügt:

,Artikel 11
Änderung des Strafgesetzbuchs

§ 108e des Strafgesetzbuchs in der Fassung der Bekanntmachung vom
13. November 1978 (BGBl. I S. 1789), das zuletzt durch … (BGBl. I S. …)
geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

㤠108e
Bestechlichkeit und Bestechung der Mitglieder von Volksvertretungen

(1) Wer als Mitglied

1. einer Volksvertretung des Bundes, der Länder, Gemeinden oder Gemein-
deverbände oder

2. eines Gesetzgebungsorgans eines ausländischen Staates, des Europä-
ischen Parlaments oder einer parlamentarischen Versammlung einer
sonstigen internationalen Organisation

einen rechtswidrigen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung
dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er in Ausübung sei-
nes Mandates in der Volksvertretung oder im Gesetzgebungsorgan eine
Handlung zur Vertretung oder Durchsetzung der Interessen des Leistenden
oder eines Dritten vornehme oder unterlasse, wird mit Freiheitsstrafe bis zu
fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer einem Mitglied
1. einer Volksvertretung des Bundes, der Länder, Gemeinden oder Gemein-
deverbände oder

2. eines Gesetzgebungsorgans eines ausländischen Staates, des Europä-
ischen Parlaments oder einer parlamentarischen Versammlung einer
sonstigen internationalen Organisation

Drucksache 17/14242 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

einen rechtswidrigen Vorteil für dieses oder einen Dritten als Gegenleistung
dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er in Ausübung seines Manda-
tes in der Volksvertretung oder im Gesetzgebungsorgan eine Handlung zur
Vertretung oder Durchsetzung seiner oder eines Dritten Interessen vornehme
oder unterlasse.

(3) Ein rechtswidriger Vorteil liegt vor, wenn seine Verknüpfung mit der
Gegenleistung als verwerflich anzusehen ist.

(4) Einem Mitglied im Sinne der Absätze 1 und 2 steht eine Person gleich,
die sich um ein Mandat in einer Volksvertretung oder einem Gesetzgebungs-
organ bewirbt.

(5) Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten wegen ei-
ner Straftat nach den Absätzen 1 bis 3 kann das Gericht die Fähigkeit,
Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, und das Recht, in öffentlichen
Angelegenheiten zu wählen oder zu stimmen, aberkennen.“‘

2. Der bisherige Artikel 11 wird Artikel 12.

Berlin, den 26. Juni 2013

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

Begründung

Übereinkommen der Vereinten Nationen und des Europarates gegen Korrup-
tion fordern die Signatarstaaten auf, die Bestechung und Bestechlichkeit von
Mandatsträgern und Abgeordneten konsequent unter Strafe zu stellen. Die gel-
tende Regelung der Abgeordnetenbestechung in § 108e des Strafgesetzbuchs
(StGB) wird diesen Anforderungen nicht gerecht. Dadurch wird die Bekämp-
fung der Korruption geschwächt und das Ansehen Deutschlands in der Welt be-
schädigt.

Die Vorschrift ist seit ihrer Einführung als völlig unzureichende und symbo-
lische Regelung kritisiert worden, weil sie wesentliche Tätigkeiten von Abge-
ordneten in den Parlamenten – jenseits der Abstimmungen – nicht erfasse.
Auch der Bundesgerichtshof – Urteil vom 9. Mai 2006 (5 StR 453/05) – hat den
Gesetzgeber deshalb aufgefordert, in diesem Bereich eine Erweiterung der
Strafbarkeit vorzusehen. Änderungsbedarf ergibt sich auch vor dem Hinter-
grund, dass nach Artikel 2 § 2 des Gesetzes zu dem Übereinkommen vom
17. Dezember 1997 über die Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amts-
träger im internationalen Geschäftsverkehr (IntBestG) die Bestechung und Be-
stechlichkeit ausländischer Mandatsträger in einem wesentlich größeren Maße
als bei deutschen Abgeordneten strafbar ist.

Das Strafrechtsübereinkommen über Korruption des Europarates vom 27. Ja-
nuar 1999, das Deutschland bisher ohne Ratifizierung am 27. Januar 1999 ge-
zeichnet hat, verlangt Strafvorschriften gegen Amtsträger, die bei der Wahrneh-
mung ihrer Aufgaben bestechen oder sich bestechen lassen. Den Amtsträgern
sind in dem Übereinkommen alle Mitglieder von öffentlich-rechtlichen Körper-
schaften gleichgestellt, die Gesetzgebungsbefugnisse ausüben.

Gleiches gilt für das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Korruption
vom 9. Dezember 2003, das Deutschland bisher ohne Ratifizierung am 9. De-
zember 2003 gezeichnet hat, welches für die Bestechung und Bestechlichkeit

von Amtsträgern in Ausübung ihrer Dienstpflichten eine Bestrafung fordert.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/14242

Das Übereinkommen zählt zu Amtsträgern auch alle Personen, die durch Wah-
len ein Amt im Bereich der Gesetzgebung erhalten haben.

Eine wortwörtliche Übertragung in deutsche Strafnormen stößt auf erhebliche
Schwierigkeiten, weil nach deutschem Rechtsverständnis Mitglieder von
öffentlich-rechtlichen Körperschaften, die Gesetzgebungsbefugnisse ausüben,
oder Personen, die durch Wahlen ein Amt im Bereich der Gesetzgebung erhalten
haben, keine „Dienstpflichten“ ausüben oder „Amtsaufgaben“ erfüllen. Das
Grundgesetz bestimmt für die Abgeordneten des Deutschen Bundestages, dass
sie als Vertreter des ganzen Volkes an Aufträge und Weisungen nicht gebunden
und nur ihrem Gewissen unterworfen sind (Artikel 38 des Grundgesetzes). Ab-
geordnete üben in den Volksvertretungen und Gesetzgebungsorganen ihr je-
weiliges freies Mandat aus.

Der Vorschlag eines neu gefassten § 108e StGB benennt deshalb als zentrales
Anknüpfungsmerkmal einer Handlung, an die sich eine mögliche Strafbarkeit
anknüpfen könnte, die Ausübung des Mandats in einer Volksvertretung oder
einem Gesetzgebungsorgan.

Der deutsche Gesetzgeber konnte sich zwar dazu durchringen, die Bestechung
ausländischer Abgeordneter im Inland unter Strafe zu stellen (IntBestG vom
10. September 1998). Inländische Abgeordnete werden aber lediglich in Fällen
des Stimmenkaufs und -verkaufs bestraft und sind somit weitgehend von der
Bestrafung wegen Bestechlichkeit ausgenommen. Die sich daraus ergebende
Ungleichgewichtung des Schutzes deutscher und ausländischer bestechlicher
Parlamentarier ist jedoch völlig unglaubwürdig und nicht länger hinnehmbar.

Schutzgut der neuen Vorschrift sind eine von illegitimer Einflussnahme freie
Willensbildung und -betätigung der Parlamente (siehe zur Definition der Parla-
mente oben die Nummern 1 und 2). Dieses Schutzgut kann nicht nur durch ein
direktes Kaufen und Verkaufen von Stimmen beeinträchtigt werden. Deshalb
wird der Tatbestand der Abgeordnetenbestechung auf alle Handlungen in Aus-
übung des Mandats in einer Volksvertretung oder einem Gesetzgebungsorgan
ausgedehnt.

Die Regelung der Bestechung sowie Bestechlichkeit von Abgeordneten soll
weiterhin in einem gesonderten und spezifischen Straftatbestand erfolgen, da
Abgeordnete nicht Amtsträgern im Sinne von § 331 ff. StGB gleichgestellt
werden können. Ihre Rechtsstellung ist mit derjenigen der Beamten nicht ver-
gleichbar. Wie bei § 331 ff. StGB ist der neue § 108e StGB aber in einen Tat-
bestand der Bestechlichkeit (Absatz 1) und einen der Bestechung (Absatz 2)
unterteilt. In beiden Fällen wird eine konkrete Unrechtsvereinbarung voraus-
gesetzt (siehe genauer insbesondere zu Absatz 1). Auf eine Regelung zur Straf-
barkeit des Versuchs wurde verzichtet, da die Strafbarkeit ohnehin weit vorver-
lagert ist (fordern, anbieten).

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