BT-Drucksache 17/13519

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung - Drucksachen 17/12294, 17/13395 - Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2011/61/EU über die Verwalter alternativer Investmentfonds (AIFM-Umsetzungsgesetz - AIFM-UmsG)

Vom 15. Mai 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/13519
17. Wahlperiode 15. 05. 2013

Entschließungsantrag
der Abgeordneten Dr. Gerhard Schick, Kerstin Andreae, Hans-Josef Fell,
Dr. Thomas Gambke, Britta Haßelmann, Lisa Paus, Nicole Maisch,
Dr. Valerie Wilms, Cornelia Behm, Birgitt Bender, Susanne Kieckbusch,
Maria Klein-Schmeink, Oliver Krischer, Dr. Tobias Lindner, Dr. Hermann E. Ott,
Beate Walter-Rosenheimer und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung
– Drucksachen 17/12294, 17/13395 –

Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2011/61/EU
über die Verwalter alternativer Investmentfonds
(AIFM-Umsetzungsgesetz – AIFM-UmsG)

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Mit dem AIFM-Umsetzungsgesetz wird ein Kapitalanlagesetzbuch (KAGB) ge-
schaffen, das einen einheitlichen Rechtsrahmen für Investmentfonds und deren
Manager bzw. Verwalter etabliert. Mit diesem Regelwerk beabsichtigt die Bun-
desregierung, im Investmentbereich einen einheitlichen hohen Anlegerschutz zu
erreichen. Leider bleibt die Bundesregierung hinter den durch die AIFM-Richt-
linie eingeräumten Möglichkeiten zurück, Anbieter geschlossener Publikums-
fonds (geschlossene Publikums-AIF) und deren Fondsvehikel, kurzum den
Grauen Kapitalmarkt, einer wirksamen Regulierung zu unterwerfen.

Seit Jahren unterbreitet die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Vorschläge,
um den Grauen Kapitalmarkt durch ein einheitliches Anlegerschutzniveau zu
überwinden (vgl. Bundestagsdrucksache 17/284). Zu den Forderungen gehören
neben der effektiven Regulierung des Vertriebs die Einführung einer Zulas-
sungspflicht auf der Ebene der Initiatoren, die einen Nachweis über eine be-
stimmte Mindestausstattung an Eigenkapital sowie über die fachliche Eignung
zu umfassen hat, sowie Produktvorschriften auf der Ebene der geschlossenen
Fonds.
Zwar werden einige dieser langjährigen Forderungen mit dem AIFM-Um-
setzungsgesetz nun im Grundsatz umgesetzt. Bedauerlicherweise gewährt die
Bundesregierung hiervon jedoch weitgehende Ausnahmen für Verwalter kleiner
geschlossene Publikums-AIF. Während der Diskussionsentwurf des AIFM-Um-
setzungsgesetzes noch aus Anlegerschutzgesichtspunkten davon absah, Ausnah-
men für Verwalter von Publikums-AIF zuzulassen, werden nun Kapitalverwal-
tungsgesellschaften (Verwalter), deren verwaltetes Volumen der geschlossenen

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Fonds den Wert von 100 Mio. Euro nicht übersteigt, lediglich einer vereinfach-
ten Regulierung unterliegen. Diese Verwalter benötigen statt einer Zulassung
bzw. Erlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) le-
diglich eine Registrierung. Im Ergebnis entfallen dabei einige der bei einer Er-
laubnis eingeforderten Pflichten sowie u. a. die Anforderungen an Risiko- und
Liquiditätsmanagement oder das Vergütungssystem. Darüber hinaus gelten die
anlegerschützenden Rechtsformanforderungen an den Fonds lediglich einge-
schränkt.

Wenn man berücksichtigt, dass ein Großteil der Kapitalverwaltungsgesellschaf-
ten unter diese Ausnahme fällt, erscheint es mehr als fraglich, ob der Anleger-
schutz im Grauen Kapitalmarkt wirksam verbessert wird.

Darüber hinaus sind die von der Bundesregierung vorgeschlagenen Vorschriften
zur Risikomischung bei geschlossenen Publikums-AIF falsch verstandener An-
legerschutz. So birgt das Erfordernis der Mindestanlage bei geschlossenen, nicht
risikogemischten Publikums-AIF (so genannte Ein-Objekt-Fonds) in Höhe von
20 000 Euro ein erhebliches Risiko der Konzentration des Anlegervermögens
auf ein Finanzprodukt. Die Gefahr, dass damit eine Risikodiversifikation weder
auf der Fondsebene noch auf der Anlegerebene sichergestellt ist, wurde seitens
der Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und FDP leider ignoriert.

Außerdem wäre eine Prüfung der wirtschaftlichen Verantwortung der Fondsini-
tiatoren und Reeder bei geschlossenen Schiffsfonds wünschenswert gewesen.

Zu begrüßen ist indessen, dass es im Rahmen der Beratungen zum AIFM-Um-
setzungsgesetz im Finanzausschuss des Deutschen Bundestages gelungen ist,
negative Auswirkungen der Fondsregulierung auf Bürgerbeteiligungsprojekte
zu verhindern. Bürgerbeteiligungsprojekte sind in der Regel Projekte zur Finan-
zierung und zum Betrieb von dezentralen Erzeugungsanlagen, integrierten Ver-
sorgungssystemen und Energieeinsparprojekten auf kommunaler und regionaler
Ebene. Zwar bestehen auch am Ende des Gesetzgebungsverfahrens Unklarhei-
ten darüber, inwieweit sie und andere Unternehmen als Investmentvermögen
einzuordnen sind und damit in den Anwendungsbereich des KAGB fallen, so
dass die BaFin hierüber künftig im Einzelfall zu entscheiden haben wird. Im-
merhin stellte aber der Finanzausschuss klar, dass Bürgerbeteiligungsprojekte
dann als operativ tätige Unternehmen anzusehen sein sollen und damit nicht als
Investmentvermögen in den Anwendungsbereich des KAGB fallen, wenn sie
z. B. Biogas-, Solar- oder Windkraftanlagen im Rahmen eines laufenden Ge-
schäftsbetriebs selbst betreiben und dabei keine Auslagerung des Kerngeschäfts
erfolgt. Unschädlich soll hier die Vergabe einzelner Dienstleistungsaufträge im
Rahmen des laufenden Geschäftsbetriebs sein.

Der Deutsche Bundestag begrüßt ausdrücklich, dass für Bürgerbeteiligungs-
projekte in der Rechtsform der Genossenschaft bereits heute Rechtssicherheit
hergestellt werden konnte. Die abstrakt gehaltene Ausnahmeregelung greift
lediglich bei solchen Bürgerbeteiligungsprojekten, bei denen ein Mindestertrag
aufgrund gesetzlicher Bestimmungen wie des Erneuerbare-Energien-Gesetzes
sichergestellt ist, verpflichtende Verbandsprüfungen stattfinden und Nach-
schusspflichten für Anlegerinnen und Anleger ausgeschlossen sind. Die Forde-
rung, dass aufgrund gesetzlicher Regelungen ein Mindestertrag sichergestellt
sein muss, soll dabei auch in den Fällen erfüllt sein, wenn die Genossenschaft
den von der Energieanlage erzeugten Strom direkt an die Genossen der Genos-
senschaft vermarktet (Eigenverbrauch) oder an Dritte verkauft (Eigenvermark-
tung). Der Rechtsformzwang zur Genossenschaft gibt allen Anlegerinnen und
Anlegern das gleiche Stimmrecht und mindert damit das Risiko von undurch-
sichtigen und für die Anlegerinnen und Anleger nachteiligen Konstruktionen.
Hierdurch wird der besondere Charakter sinnvoller Bürgerbeteiligungsprojekte

anerkannt, die fundamentale Unterscheidungsmerkmale zu anderen geschlosse-
nen Investmentvermögen aufweisen und die einen wichtigen Anteil an der Fi-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/13519

nanzierung der Energiewende übernehmen. Daher ist es folgerichtig, diese u. a.
von Fremdkapitalbegrenzungen und Mindestanlageanforderungen auszuneh-
men.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. den Wert der von der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft verwalteten Ver-
mögensgegenstände, unter dem für sie nur eine eingeschränkte Regulierung
gilt, von 100 auf höchstens 20 Mio. Euro zu reduzieren;

2. die Vorschrift zur Risikomischung bei geschlossen Publikums-AIF dahinge-
hend zu korrigieren, dass die Förderung von Konzentrationsrisiken auf Anle-
gerebene abgestellt wird;

3. den Grauen Kapitalmarkt durch ein einheitliches Anlegerschutzniveau, das
unabhängig von Anlageprodukt oder Vertriebsweg gewährleistet ist, zu über-
winden und dafür eine bundeseinheitliche, effektive Beaufsichtigung des Ge-
schäftsgebarens der freien Finanzanlagenvermittler durch die BaFin sowie
die Geltung der Verhaltens-, Organisations- und Transparenzpflichten des
Abschnitts 6 des Wertpapierhandelsgesetzes sowie der Verhaltensrichtlinien
der BaFin sicherzustellen;

4. bei den steuerlichen Anpassungen zum AIFM-Umsetzungsgesetz bekannte
Steuerlücken im Rahmen der Fondsbesteuerung vollständig zu schließen.

Berlin, den 14. Mai 2013

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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