BT-Drucksache 17/134

zu der Beratung des Antrags der Bundesregierung -17/40, 17/112(neu)- Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der United Nations Interim Force in Lebanon (UNIFIL) auf Grundlage der Resolution 1701 (2006) vom 11. August 2006 und folgender Resolutionen, zuletzt 1884 (2009) vom 27. August 2009 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen

Vom 2. Dezember 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 17/134
17. Wahlperiode 02. 12. 2009

Entschließungsantrag
der Abgeordneten Kerstin Müller (Köln), Marieluise Beck (Bremen), Volker Beck
(Köln), Viola von Cramon-Taubadel, Kai Gehring, Ulrike Höfken, Thilo Hoppe, Uwe
Kekeritz, Katja Keul, Ute Koczy, Tom Koenigs, Agens Malczak, Jerzy Montag, Omid
Nouripour, Claudia Roth (Augsburg), Manuel Sarrazin, Dr. Frithjof Schmidt,
Josef Philip Winkler und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

zu der Beratung des Antrags der Bundesregierung
– Drucksachen 17/40, 17/112 (neu) –

Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der United
Nations Interim Force in Lebanon (UNIFIL) auf Grundlage der Resolution 1701
(2006) vom 11. August 2006 und folgender Resolutionen, zuletzt 1884 (2009)
vom 27. August 2009 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

1. Der UNIFIL-Einsatz ist ein notwendiger und erfolgreicher, aber nicht hinrei-
chender Beitrag zum Friedensprozess im Libanon und in der Region und wird
von allen Konfliktparteien, insbesondere Israel, ausdrücklich begrüßt. Der
Einsatz kann aber die weiterbestehenden Risiken einer innerlibanesischen
sowie regionalen Destabilisierung nicht beseitigen. Zwar hat sich seit der Ver-
längerung der Mandatierung des erweiterten UNIFIL-Einsatzes 2007 die in-
nen- und außenpolitische Situation des Libanons weiter verbessert, das Risiko
eines erneuten bewaffneten Konflikts mit Israel sowie ungelöste regionale
Konflikte bestehen jedoch weiter.

2. Die Anfang November 2009 nach fünfmonatigen Verhandlungen gebildete
Einheitsregierung im Libanon führt zu einem faktischen Vetorecht der an ihr
beteiligten Hisbollah. Initiativen zu einer Entwaffnung der nach wie vor be-
stehenden Milizen außerhalb der libanesischen Armee sind von dieser Regie-
rung nicht zu erwarten. Mehr noch, die Hisbollah darf laut eines ausdrück-
lichen Regierungsbeschlusses ihre Waffen behalten. Ihrem militärischen Arm
ist es zudem gelungen, ihr Waffenarsenal auszubauen. Dies ist eine klare

militärische Provokation gegenüber Israel. Damit besteht nach wie vor eine
erhebliche Eskalationsgefahr. Der Dialog- und Versöhnungsprozess im
Libanon muss von der EU und Deutschland weiter aktiv unterstützt werden.
Zur Unterstützung und Absicherung dieses Prozesses bleiben UNIFIL und
der deutsche Beitrag hierzu weiter erforderlich.

Drucksache 17/134 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

3. Der Antrag der Bundesregierung hebt hervor, dass UNIFIL MTF bei der Um-
setzung der Resolution 1701 (2006) den Waffenschmuggel auf dem Seeweg
„wirksam verhindert“ habe. Unerwähnt bleiben die weiterhin größte Heraus-
forderung des Problems der ungesicherten libanesisch-syrischen Grenze und
Vorwürfe über anhaltenden Waffenschmuggel. Die Resolution 1701 (2006)
beinhaltet die Aufforderung an die libanesische Regierung, ihre Grenzen zu
sichern. Die internationale Gemeinschaft will die libanesische Regierung in
die Lage versetzen, dies zu gewährleisten. Solange die Landgrenze nicht
effektiv überwacht werden kann, bleibt der Erfolg von UNIFIL als stabilisie-
render Kraft partiell.

4. Der Deutsche Bundestag begrüßt die Versicherung der libanesischen Regie-
rung gegenüber dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, die Sicherung
der Landgrenzen zu verbessern. Bei dem mit deutscher Unterstützung imple-
mentierte Grenzprojekt mit integriertem Grenzmanagement an der nördlichen
Landgrenze des Libanon zu Syrien wurde nach Abschluss des Pilotprojekts
im Juni 2008 die Konsolidierungsphase eingeleitet. Die inzwischen von der
neugebildeten libanesischen Regierung beschlossene Fortsetzung des Pro-
jekts an der östlichen Grenze zu Syrien befindet sich gegenwärtig in der Pla-
nungsphase. Zur Vermeidung von Verzögerungen wie beim ursprünglichen
Pilotprojekt bedarf es dazu der Unterstützung Deutschlands und der EU ins-
gesamt einschließlich Festlegungen hinsichtlich der zeitlichen Umsetzung
und der entsprechenden Finanzierung seitens der Bundesregierung sowie der
internationalen Gebergemeinschaft. Eine Verzögerung dieses Prozesses
würde den Erfolg der UNIFIL-Mission bedrohen.

5. Der Deutsche Bundestag begrüßt zugleich die Aufnahme voller diplomati-
scher Beziehungen und den Austausch von Botschaftern zwischen dem Liba-
non und Syrien im Frühjahr 2009. Diese Fortschritte im syrisch-libanesischen
Verhältnis sind auch mit Blick auf die Grenzsicherung bedeutend und müssen
von Deutschland und der EU weiter unterstützt werden. Insbesondere die
Chancen einer Einbindung Syriens auf der Grundlage konkreter Schritte der
syrischen Regierung müssen genutzt werden. Das gilt auch für die Aufnahme
indirekter Verhandlungen zwischen Syrien und Israel. Der weitere Erfolg der
UNIFIL-Mission wird zentral von den politischen Entwicklungen im Libanon
selbst und in seiner Nachbarschaft abhängen.

6. Der UN-Sicherheitsrat hat am 27. August 2009 mit Resolution 1884 (2009)
die UNIFIL-Mission mit einem Mandat bis zum 31. August 2010 verlängert.
Der Deutsche Bundestag lehnt eine Begrenzung der Beteiligung der Bundes-
wehr auf einen Zeitrahmen unterhalb der vom UN-Sicherheitsrat beschlosse-
nen Mandatsdauer ab. Aufgrund der Lage im Libanon und in der Region ist
dafür kein sachlicher Grund erkennbar. Die Bundesregierung hat für die
Beteiligung der Bundeswehr eine Mandatierung nur bis zum 30. Juni 2010
beantragt. Da die jetzige Koalitions- und bisherige Oppositionspartei FDP
die Beteiligung der Bundeswehr an UNIFIL bisher abgelehnt hat, legt dies
den Eindruck nahe, damit aus sachfremden Motiven den Ausstieg aus der
UNIFIL-Mission einleiten zu wollen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

● dem Deutschen Bundestag bei Zustimmung der Konfliktparteien im Libanon
und Israel einen Antrag auf eine Beteiligung der Bundeswehr an der UNIFIL
wie bisher für 12 Monate vorzulegen,

● sich für eine konsequente Umsetzung der Ziele des VN-Mandats aus der
Resolution 1701 (2006) einzusetzen, insbesondere die libanesische Regie-
rung und die Armee bei der Ausübung ihrer Autorität im gesamten Hoheits-

gebiet zu unterstützen,

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/134

● den politischen Prozess zur Stabilisierung und den Dialog- und Versöhnungs-
prozess im Libanon zu unterstützen und so zu den Voraussetzungen für einen
dauerhaften Frieden beizutragen,

● zur Verhinderung des Waffenschmuggels über die Landgrenzen gemeinsam
mit der EU einen relevanten Beitrag für die Fortsetzung und Ausweitung der
Grenzkontrollen verbindlich zuzusagen, dafür eine umfassende Strategie zu
entwerfen und einen breit angelegten Finanzierungsrahmen sowie eine funk-
tionierende Geberkoordinierung sicherzustellen,

● regelmäßig den Fraktionen des Deutschen Bundestages über den Fortgang
des Grenzprojektes als wichtige Voraussetzung zur Schaffung einer effek-
tiven Grenzsicherheit im Libanon zu berichten,

● die Verbesserung im syrisch-libanesischen Verhältnis aktiv zu unterstützen
und im Rahmen der Vereinten Nationen eine Demarkation der Grenze und
eine Lösung der Shebaa-Frage zu befördern,

● die indirekten Verhandlungen zwischen Israel und Syrien über die Rückgabe
des Golans und bilaterale Sicherheitsfragen zu unterstützen.

Berlin, den 2. Dezember 2009

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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