BT-Drucksache 17/13053

Versorgung mit schnellem Internet und Breitbandpolitik der Bundesregierung

Vom 11. April 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/13053
17. Wahlperiode 11. 04. 2013

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Johanna Voß, Dr. Kirsten Tackmann, Herbert Behrens, Heidrun
Bluhm, Katrin Kunert, Caren Lay, Ralph Lenkert, Kornelia Möller, Jens Petermann,
Richard Pitterle, Ingrid Remmers, Dr. Petra Sitte, Dr. Ilja Seifert, Kersten Steinke,
Sabine Stüber, Alexander Süßmair, Dr. Axel Troost, Halina Wawzyniak und der
Fraktion DIE LINKE.

Versorgung mit schnellem Internet und Breitbandpolitik der Bundesregierung

Am 1. März 2013 hat die TÜV Rheinland AG dem Bundesministerium für Wirt-
schaft und Technologie (BMWi) die aktuellen Zahlen zur Breitbandversorgung
in Deutschland vorgelegt. In seiner diesbezüglichen Pressemitteilung sieht der
Bundesminister für Wirtschaft und Technologie, Dr. Philipp Rösler, Deutschland
auf einem „Spitzenplatz in der Europäischen Union bei der Versorgung der Haus-
halte mit Hochleistungsnetzen“. Auch die Bilanz der Breitbandgrundversorgung
sei positiv mit flächendeckenden Bandbreiten von mindestens 1 Mbit/s. „Wo
erforderlich, bietet die immer stärker werdende Satellitentechnologie die Lösung
für eine schnelle Internetverbindung.“ Gleichzeitig verlangt der Bundeswirt-
schaftsminister, dass „die Telekommunikationsunternehmen zu ihren Ankündi-
gungen stehen und verstärkt in den Ausbau der Breitbandnetze investieren“. In
den Medien ist jedoch immer öfter zu hören, dass Ortschaften wegen fehlender
Breitbandanbindung für Einwohnerinnen und Einwohner sowie Unternehmen
unattraktiv sind bzw. diese sogar abwandern und Deutschland beim Glasfaser-
ausbau hinterherhinkt.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Warum meldet das BMWi, dass es zuversichtlich sei, „auch die nächste Etappe
der Breitbandstrategie im vorgesehenen Zeitrahmen“ zu erreichen, wo doch
die erste Etappe (flächendeckende Breitbandmindestversorgung mit min-
destens 1 Mbit/s Übertragungsgeschwindigkeit bis Ende 2010) nicht im vor-
gesehenen Zeitrahmen erreicht wurde, nachdem Ende 2010 die Grundversor-
gung bei 98,3 Prozent der Haushalte lag und die ohne teure Satellitenverbin-
dung immer noch nicht vollständig erreicht ist (vgl. Bundestagsdrucksache
17/9755, Antwort auf die Kleine Anfrage zu Frage 1 sowie Bundestagsdruck-
sache 17/11999, Antwort auf die Kleine Anfrage zu Frage 6)?

2. Wie viele Haushalte (in absoluten Zahlen) haben keine Breitbandgrundver-

sorgung von mindestens 1 Mbit/s mit festnetzbasierter Technologie?

3. Wie viele Haushalte (in absoluten Zahlen) verfügen nur per LTE (LTE: Long
Term Evolution) über die Breitbandgrundversorgung von mindestens 1 Mbit/s?

4. Wie viele Haushalte (in absoluten Zahlen) verfügen nur per Satellit über die
Breitbandgrundversorgung von mindestens 1 Mbit/s?

Drucksache 17/13053 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

5. Besteht nach Ansicht der Bundesregierung die Möglichkeit, dass zwischen
den Angaben, die dem Breitbandatlas zu entnehmen sind, und der tatsäch-
lichen Breitbandverfügbarkeit in Deutschland eine Diskrepanz besteht?

Wenn ja, wie kommt diese Diskrepanz zustande, und wie groß ist sie nach
Einschätzung der Bundesregierung?

6. Ist mit der in der Pressemitteilung vom 1. März 2013 erwähnten Studie
die im Auftrag der Europäischen Kommission erstellte Studie „Broad-
band coverage in Europe in 2011 – Mapping progress towards the coverage
objectives of the Digital Agenda“ gemeint?

Wenn nicht, welche dann?

7. Mit welchen Ländern vergleicht das BMWi Deutschland, wenn es mitteilt,
Deutschland belege „den Spitzenplatz unter den großen EU-Ländern“?

8. Nach welchen konkreten Kriterien wurden die Vergleichsländer ausge-
wählt, und warum wurden diese Kriterien gewählt?

9. Wurde auch ein Kriterium angewendet, das die wirtschaftliche Stärke des
Landes widerspiegelt?

Wenn nein, warum nicht?

10. Welchen Platz nimmt Deutschland „bei der Verfügbarkeit von Bandbreiten
größer als 30 Mbit/s“ unter allen Ländern der Europäischen Union (EU)
ein?

11. Welchen Platz nimmt Deutschland „bei der Verfügbarkeit von Bandbreiten
größer als 30 Mbit/s“ unter denjenigen EU-Ländern ein, die nach dem
Bruttoinlandsprodukt pro Kopf geordnet bis zu vier Plätze unter und über
Deutschland liegen?

12. Ist sich die Bundesregierung bewusst, dass sich das Ziel der „Digitalen
Agenda“ der EU bzgl. Übertragungsgeschwindigkeiten von 30 Mbit/s auf
die flächendeckenden Mindestbandbreiten bezieht, also die Grundversor-
gung, während bis 2020 mindestens 50 Prozent aller europäischen Haus-
halte Internetzugänge mit über 100 Mbit/s haben sollen?

13. Sollte sich nach Ansicht der Bundesregierung das BMWi, nachdem nach
eigener Aussage „der Schwerpunkt der Breitbandstrategie nun auf dem
Ausbau flächendeckender Hochleistungsnetze“ liegt (Bundestagsdruck-
sache 17/4654), nicht sinnvollerweise auf den EU-Referenzwert für Hoch-
leitungsnetze, also 100 Mbit/s, statt den EU-Gradmesser für die Grundver-
sorgung, 30 Mbit/s, beziehen?

14. Wie ambitioniert schätzt die Bundesregierung die eigenen Breitbandziele
im Vergleich mit den Zielen der Digitalen Agenda der EU ein?

15. Warum bezieht sich die Bundesregierung in ihren Breitbandzielen auf
50 Mbit/s als Gradmesser für die Hochleistungsnetze und nicht wie die EU
auf 100 Mbit/s, insbesondere angesichts des großen technischen Unter-
schiedes bei der Realisierung von Übertragungsgeschwindigkeiten von
mindestens 50 Mbit/s verglichen mit 100 Mbit/s?

16. Wie will die Bundesregierung das langfristige Ziel der „Digitalen Agenda“
der EU (bis 2020 sollen mindestens 50 Prozent aller europäischen Haus-
halte Internetzugänge mit über 100 Mbit/s haben) unterstützen, nachdem
Deutschland im EU-Vergleich beim Glasfaserausbau deutlich hinterher-
hinkt (s. FTTH Council Europe und Bundestagsdrucksache 17/11959)?

17. Warum wurde bisher die Verfügbarkeit von 100 Mbit/s-Anschlüssen nicht er-

hoben (vgl. Bundestagsdrucksache 17/9755, Antwort auf die Kleine Anfrage
zu Frage 18) – insbesondere vor dem Hintergrund der EU-Ausbauziele?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/13053

18. Erwägt die Bundesregierung, die Verfügbarkeit von 100 Mbit/s-Anschlüs-
sen in nächster Zeit zu erheben?

Wenn ja, ab wann?

Wenn nein, warum nicht?

19. Sieht die Bundesregierung die Gefahr, dass mit Vectoring und LTE kurz-
fristig Ziele erreicht werden, aber der langfristig unumgängliche Ausbau
von Glasfasernetzen verzögert bzw. sogar verhindert wird?

Wenn nein, warum nicht?

20. An welcher Stelle steht Deutschland im EU-Vergleich bei Glasfaser-Breit-
band-Anschlüssen (FTTH und FTTB)?

21. Wie wichtig findet die Bundesregierung den Ausbau von FTTH/ FTTB?

22. Wie will die Bundesregierung ihr zweites Breitbandziel (Ende 2014 sollen
75 Prozent der Haushalte über Anschlüsse mit über 50 Mbit/s verfügen) er-
reichen, nachdem selbst unter günstigen Annahmen, also bei Fortschreiben
der Wachstumsrate der Anschlüsse von 2011 bis 2012, dieses Ziel wohl
verfehlt würde?

23. Wie teilen sich die 55 Prozent der Haushalte mit einem Breitbandzugang
von mindestens 50 Mbit/s Übertragungsgeschwindigkeit nach den neuesten
Zahlen der TÜV Rheinland AG auf den städtischen, halbstädtischen und
ländlichen Bereich auf (absolut und prozentual, Deutschland insgesamt
und nach Bundesländern)?

24. Wie viele Haushalte haben aufgeteilt nach städtisch, halbstädtisch und länd-
lich (Deutschland insgesamt und Aufteilung nach Bundesländern) nach
diesen neuesten Zahlen der TÜV Rheinland AG Zugang zu Breitband-
anschlüssen mit mindestens 1 Mbit/s, 2 Mbit/s, 6 Mbit/s und 16 Mbit/s?

25. Hält die Bundesregierung es für sinnvoll und angebracht, auf die Ankündi-
gungen der Telekommunikationsunternehmen, verstärkt in den Ausbau der
Breitbandnetze zu investieren, zu vertrauen, nachdem das Versprechen der
LTE- Betreiber, bis Ende 2011 die letzten Versorgungslücken zu schließen,
nicht eingehalten wurde (s. Bundestagsdrucksache 17/5588, Antwort auf
die Große Anfrage zu Frage 37 sowie Pressemitteilung der Bundesagentur
vom 26. Novemer 2012 i. V. m. den Bundestagsdrucksachen 17/9755, Ant-
wort auf die Kleine Anfrage zu Frage 6 und 17/11999, Antwort auf die
Kleine Anfrage zu Frage 6)?

Wenn ja, warum?

Wenn nein, warum nicht?

26. Welchen Grund haben Unternehmen nach Ansicht der Bundesregierung,
„verstärkt in den Ausbau der Breitbandnetze“ (s. Pressemitteilung des
BMWi vom 1. März 2013) zu investieren, nachdem die wirtschaftlichsten
Gebiete bereits erschlossen sind?

27. Wenn die Satellitentechnologie als „die Lösung für eine schnelle Internet-
verbindung“ (s. Pressemitteilung des BMWi vom 1. März 2013) bezeichnet
wird, warum sollte überhaupt ein Ausbau mit anderen Technologien statt-
finden?

28. Wenn die überall in Deutschland verfügbare Satellitentechnologie „die
Lösung für eine schnelle Internetverbindung“ (s. Pressemitteilung des
BMWi vom 1. März 2013) ist, warum gibt es dann nach Ansicht der Bundes-
regierung Ortschaften, die aufgrund fehlender Festnetzbreitbandanbindung

für Unternehmen und Menschen als Niederlassungs- bzw. Wohnort nicht in
Frage kommen?

Drucksache 17/13053 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
29. Sind nach Kenntnis des BMWi Breitbandverbindungen über Satellit im Nor-
malfall teurer als sonstige Breitbandanschlüsse?

30. Können nach Kenntnis des BMWi Breitbandverbindungen über Satellit
nach qualitativen Kriterien mit kabelgebundenen Technologien mithalten?

31. Wie will die Bundesregierung sicherstellen, dass eine digitale Spaltung
verhindert und ein bezahlbarer hochleistungsfähiger Internetzugang für alle
Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen ermöglicht wird?

32. Ist der Bundesregierung bewusst, dass vielfach Kommunen die Kosten für
den Breitbandausbau übernehmen müssen, um für Bürgerinnen und Bürger
sowie Unternehmen den Zugang zum schnellen Internet zu schaffen (vgl.
Der Landkreis, Zeitschrift für kommunale Selbstverwaltung, März 2013)?

Wie will die Bundesregierung die Instandhaltung der auf diesem Weg auf-
gebauten Breitbandnetze sichern?

33. Wie stellt der Bund sicher, dass in den Gebieten, in denen eine betriebs-
wirtschaftlich rentable Bewirtschaftung von Breitbandnetzen nicht möglich
ist, der öffentlichen Hand die für den Breitbandausbau notwendigen Gelder
zur Verfügung stehen?

34. Wie erklärt sich die Bundesregierung die Unterschiede im Grad der Breit-
bandversorgung mit mindestens 50 Mbit/s zwischen ost- und westdeut-
schen Bundesländern?

Berlin, den 11. April 2013

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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