BT-Drucksache 17/12821

Zivilgesellschaft stärker an EU-Beitrittsprozessen beteiligen

Vom 19. März 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/12821
17. Wahlperiode 19. 03. 2013

Antrag
der Abgeordneten Dietmar Nietan, Axel Schäfer (Bochum), Michael Roth
(Heringen), Heinz-Joachim Barchmann, Petra Ernstberger, Iris Gleicke,
Kerstin Griese, Dr. Eva Högl, Ute Kumpf, Manfred Nink, Thomas Oppermann,
Werner Schieder (Weiden), Frank Schwabe, Dr. Frank-Walter Steinmeier und
der Fraktion der SPD
sowie der Abgeordneten Manuel Sarrazin, Volker Beck (Köln), Marieluise Beck
(Bremen), Agnes Brugger, Viola von Cramon-Taubadel, Thilo Hoppe,
Uwe Kekeritz, Katja Keul, Ute Koczy, Tom Koenigs, Kerstin Müller (Köln),
Omid Nouripour, Lisa Paus, Claudia Roth (Augsburg), Dr. Frithjof Schmidt und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Zivilgesellschaft stärker an EU-Beitrittsprozessen beteiligen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die Republik Kroatien tritt aller Voraussicht nach am 1. Juli 2013 der Europä-
ischen Union bei. Damit ist Kroatien nach Slowenien die zweite Teilrepublik
des ehemaligen Jugoslawiens, die Mitglied der Europäischen Union wird. Das
ist eine gute Nachricht für die gesamte Region und ebenso ein Ansporn für die
anderen Länder der Region, die bereits Beitrittskandidaten sind oder in Zukunft
einen Antrag auf Beitritt zur Europäischen Union stellen wollen.

Kroatien hat im Beitrittsprozess gezeigt, dass es willens und in der Lage ist, die
Anforderungen für den Beitritt zur Europäischen Union zu erfüllen. Zuletzt hat
die kroatische Regierung bewiesen, dass auch nach Abschluss der Verhandlun-
gen ihre Reformanstrengungen nicht nachlassen. Sie hat die Aufgaben, die
Kroatien bis zum endgültigen Beitritt aufgetragen wurden, nahezu erfüllt.

Der Transformationsprozess endet jedoch nicht mit dem Beitritt. Es ist im Inte-
resse Kroatiens und der kroatischen Regierung, dass das Erreichte von Dauer
ist und das auf den Weg Gebrachte erfolgreich zu Ende geführt wird. Kroatien
muss den eingeschlagenen Kurs der vergangenen Jahre beibehalten – in Zu-
kunft allerdings ohne die technische Unterstützung und den politischen An-
sporn des Beitrittsverfahrens.

Der Deutsche Bundestag hält fest, dass die aktive und kritisch-konstruktive Be-
teiligung der kroatischen Zivilgesellschaft während des Beitrittsprozesses in

wichtigem Maße zum Erfolg des Beitrittsverfahrens beigetragen hat. Daher hält
es der Bundestag für begrüßenswert, wenn aus Kroatien heraus Vorschläge ge-
macht werden, wie die Zivilgesellschaft auch künftig eine positive Rolle für das
Land bei der Implementierung der im Zusammenhang mit dem EU-Beitritt
durchgeführten oder angegangenen Reformen spielen kann.

Drucksache 17/12821 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Der von der kroatischen Zivilgesellschaft in diesem Zusammenhang vorge-
brachte Vorschlag zur Bildung einer Kommission aus Mitgliedern des kroati-
schen Parlaments und zivilgesellschaftlichen Kräften könnte ein geeignetes In-
strument dafür sein.

Eine stärkere Beteiligung der Zivilgesellschaft vor Ort hält der Bundestag in al-
len laufenden und künftigen Beitrittsprozessen für unerlässlich. Eine kritische
Öffentlichkeit im Kandidaten- bzw. Beitrittsland und ihre Bewertung der Ent-
wicklungen sollten in der EU Gehör finden. Die Beteiligung der Zivilgesell-
schaft sorgt für die notwendige Transparenz und politische Debatten über die
Ziele und den Fortgang des Beitrittsprozesses. So werden Vorteile und notwen-
dige politische Maßnahmen leichter erkennbar und in der Gesellschaft kann
sich ein realistisches Bild über die Herausforderungen und Chancen des Bei-
tritts etablieren. Eine intensive Einbindung von Zivilgesellschaft und Bevölke-
rung von der nationalen bis hin zur kommunalen Ebene kann zudem die Akzep-
tanz eines Beitritts und der dazu notwendigen Reformen erhöhen.

Eine stärkere Einbindung der Zivilgesellschaft in Kroatien durch die kroatische
Regierung und die EU wäre nicht nur der Testlauf, sie könnte auch den Vorbild-
charakter des Beitritts von Kroatien für weitere Beitrittsverfahren von Ländern
des westlichen Balkans unterstreichen und verstärkten.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

• sich auf europäischer Ebene dafür einzusetzen, dass die Zivilgesellschaft im
jeweiligen Land wie auch die europäische Zivilgesellschaft in laufenden und
zukünftigen Beitrittsverfahren stärker und früher als bisher beteiligt wird;

• sich auf europäischer Ebene dafür einzusetzen, dass die Beitrittsverhandlun-
gen künftig transparenter als bisher gestaltet werden, dazu gehört,

– dass die Benchmarks der einzelnen Kapitel veröffentlicht werden,

– dass die jeweiligen Regierungen ihre Aktionspläne zur Erfüllung der An-
forderungen veröffentlichen;

• sich in Gesprächen auf europäischer Ebene dafür einzusetzen, mit Kroatien
die Einrichtung einer Kommission, bestehend aus Vertretern von Parlament
und Zivilgesellschaft, zu erörtern, welche die Implementierung von Refor-
men im Zusammenhang mit dem EU-Beitritt des Landes auf nationaler
Ebene begleitet und überprüft.

Berlin, den 19. März 2013

Dr. Frank-Walter Steinmeier und Fraktion
Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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