BT-Drucksache 17/12535

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung - Drucksache 17/11211 - Entwurf eines Gesetzes zur Einführung von Kostenhilfe für Drittbetroffene in Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR-Kostenhilfegesetz - EGMRKHG)

Vom 27. Februar 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/12535
17. Wahlperiode 27. 02. 2013

Beschlussempfehlung und Bericht
des Rechtsausschusses (6. Ausschuss)

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung
– Drucksache 17/11211 –

Entwurf eines Gesetzes zur Einführung von Kostenhilfe für Drittbetroffene in
Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte
(EGMR-Kostenhilfegesetz – EGMRKHG)

A. Problem

In Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR)
stehen sich Beschwerdeführer und die Bundesrepublik Deutschland gegenüber.
In vielen Fällen sind neben den Beschwerdeführern auch Dritte in ihren Men-
schenrechten betroffen. Zum Beispiel geht es bei einem Rechtsstreit über das
Umgangsrecht des Vaters nicht nur um dessen Menschenrechte, sondern auch
um die des Kindes und der Mutter. Diese Drittbetroffenen können sich gemäß
Artikel 36 Absatz 2 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) an
dem Verfahren beteiligen. Die Kosten dafür müssen sie allerdings selbst aufbrin-
gen. Sind sie dazu nicht in der Lage, scheitert ihre Drittbeteiligung. Die Bundes-
regierung hält dies aus rechts- und sozialstaatlichen Gesichtspunkten für nicht
hinnehmbar. Mit dem Gesetzentwurf soll deshalb eine finanzielle Unterstützung
in Form einer Kostenhilfe aus der Bundeskasse für Drittbetroffene eingeführt
werden. Dadurch sollen Drittbetroffene in dieser Hinsicht Beschwerdeführern
gleichgestellt werden.

B. Lösung

Annahme des Gesetzentwurfs in geänderter Fassung. Der Ausschuss empfiehlt,
dass auch drittbetroffene Personen, die der Präsident des EGMR von Amts we-
gen an einem Verfahren beteiligt, Kostenhilfe erhalten können. Zum anderen
wird das EGMR-Kostenhilfegesetz mit einer Änderung der Finanzgerichtsord-
nung verbunden, mit der die örtliche Zuständigkeit der Finanzgerichte in Kin-
dergeldsachen zum 1. Mai 2013 neu gefasst wird.

Annahme des Gesetzentwurfs in geänderter Fassung mit den Stimmen der
Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei

Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE.

C. Alternativen

Ablehnung des Gesetzentwurfs.

D. Kosten

Wurden im Ausschuss nicht erörtert.

Drucksache 17/12535 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Gesetzentwurf auf Drucksache 17/11211 mit folgenden Maßgaben, im
Übrigen unverändert anzunehmen:

1. Die Überschrift wird wie folgt gefasst:

„Entwurf eines Gesetzes zur Einführung von Kostenhilfe
für Drittbetroffene in Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof

für Menschenrechte sowie zur Änderung der Finanzgerichtsordnung“.

2. Dem § 1 wird folgende Überschrift vorangestellt:

„Artikel 1

Gesetz zur Einführung von Kostenhilfe für Drittbetroffene
in Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte

(EGMR-Kostenhilfegesetz – EGMRKHG)“.

3. Artikel 1 wird wie folgt geändert:

a) § 1 Absatz 1 Nummer 2 wird wie folgt gefasst:

„2. entweder

a) der Präsident des Gerichtshofs eine drittbetroffene Person gemäß
Artikel 36 Absatz 2 der Europäischen Menschenrechtskonvention
aufgefordert hat, schriftlich Stellung zu nehmen oder an der münd-
lichen Verhandlung teilzunehmen, oder

b) der Antrag der drittbetroffenen Person, gemäß Artikel 36 Absatz 2
der Europäischen Menschenrechtskonvention Stellung zu nehmen
oder an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen,

aa) erfolgreich war oder

bb) Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig ist und“.

b) § 5 wird aufgehoben.

4. Die folgenden Artikel 2 und 3 werden angefügt:

‚Artikel 2

Änderung der Finanzgerichtsordnung

Nach § 38 Absatz 2 der Finanzgerichtsordnung in der Fassung der Be-
kanntmachung vom 28. März 2001 (BGBl. I S. 442, 2262; I 2002 S. 679), die
zuletzt durch … geändert worden ist, wird folgender Absatz 2a eingefügt:

„(2a) In Angelegenheiten des Familienleistungsausgleichs nach Maßgabe
der §§ 62 bis 78 des Einkommensteuergesetzes ist das Finanzgericht zustän-
dig, in dessen Bezirk der Kläger seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen
Aufenthalt hat. Hat der Kläger im Inland keinen Wohnsitz und keinen ge-
wöhnlichen Aufenthalt, ist das Finanzgericht zuständig, in dessen Bezirk die
Behörde, gegen welche die Klage gerichtet ist, ihren Sitz hat. Die Sätze 1 und
2 gelten nur für Verfahren, die vor dem 1. Mai 2016 anhängig werden.“

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/12535

Artikel 3

Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt vorbehaltlich des Satzes 2 am Tag nach der Verkündung
in Kraft. Artikel 2 tritt am 1. Mai 2013 in Kraft.‘

Berlin, den 27. Februar 2013

Der Rechtsausschuss

Siegfried Kauder
(Villingen-Schwenningen)
Vorsitzender

Ute Granold
Berichterstatterin

Christoph Strässer
Berichterstatter

Marco Buschmann
Berichterstatter

Raju Sharma
Berichterstatter

Ingrid Hönlinger
Berichterstatterin

Da das EGMR-Kostenhilfegesetz mit einer Änderung der abzustellen ist, wenn der Kläger einen Wohnsitz oder ge-

Finanzgerichtsordnung verbunden werden soll, wird der bis-
herige Vorschlag zum EGMR-Kostenhilfegesetz zu einem
neuen Artikel 1, während die Änderung der Finanzgerichts-
ordnung im neuen Artikel 2 enthalten ist.

wöhnlichen Aufenthalt nicht im Inland hat.

Satz 3 bestimmt, dass die Regelung nur für Verfahren An-
wendung findet, die vor dem 1. Mai 2016 anhängig werden.
Dies trägt der Tatsache Rechnung, dass die Umorganisation
Drucksache 17/12535 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Ute Granold, Christoph Strässer, Marco Buschmann,
Raju Sharma und Ingrid Hönlinger

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat die Vorlage auf Drucksache
17/11211 in seiner 219. Sitzung am 31. Januar 2013 beraten
und an den Rechtsausschuss zur federführenden Beratung
und an den Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre
Hilfe zur Mitberatung überwiesen.

II. Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses

Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre
Hilfe hat die Vorlage auf Drucksache 17/11211 in seiner
78. Sitzung am 27. Februar 2013 beraten und empfiehlt mit
den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und
BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der
Fraktion DIE LINKE., den Gesetzentwurf anzunehmen.

III. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im
federführenden Ausschuss

Der Rechtsausschuss hat die Vorlage in seiner 119. Sitzung
am 27. Februar 2013 beraten und empfiehlt die Annahme des
Gesetzentwurfs in der aus der Beschlussempfehlung ersicht-
lichen Fassung mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU,
SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimm-
enthaltung der Fraktion DIE LINKE. Die vorgeschlagenen
Änderungen entsprechen einem Änderungsantrag der von
den Fraktionen der CDU/CSU und FDP in den Rechtsaus-
schuss eingebracht worden ist und der mit den Stimmen der
Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE.
angenommen wurde.

IV. Begründung der Beschlussempfehlung

Im Folgenden werden lediglich die vom Rechtsausschuss
empfohlenen Änderungen gegenüber der ursprünglichen
Fassung des Gesetzentwurfs erläutert. Soweit der Ausschuss
die unveränderte Annahme des Gesetzentwurfs empfiehlt,
wird auf die jeweilige Begründung auf Drucksache 17/11211
verwiesen.

Die empfohlenen Änderungen des Gesetzentwurfs werden
im Einzelnen wie folgt begründet:

Zu Nummer 1 (Änderung der Überschrift)

Die Änderung der Überschrift ergibt sich aus der Verbindung
des EGMR-Kostenhilfegesetzes mit einer Änderung der Fi-
nanzgerichtsordnung.

Zu Nummer 2 (Einfügung einer Überschrift für Artikel 1)

Zu Nummer 3 (Änderung des EGMR-Kostenhilfegesetzes)

Zu Buchstabe a

Die Empfehlung setzt den Änderungsvorschlag des Bundes-
rates um, dem die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung
zugestimmt hat. Sie stellt sicher, dass auch drittbetroffene
Personen, die der Präsident des Europäischen Gerichtshofs
für Menschenrechte von Amts wegen beteiligt hat, Kosten-
hilfe erhalten.

Zu Buchstabe b

Die Regelung zum Inkrafttreten erfolgt im neuen Artikel 3.
Die bisher in § 5 enthaltene Regelung zum Inkrafttreten
des EGMR-Kostenhilfegesetzes erfolgt im neuen Artikel 3
Satz 1.

Zu Nummer 4 (Änderung der Finanzgerichtsordnung; In-
krafttreten)

Zu Artikel 2

Die Bundesagentur für Arbeit wird zum 1. Mai 2013 eine
grundlegende Umorganisation der Familienkassen vorneh-
men. Die Neustrukturierung führt dazu, dass künftig größere
und effizientere Einheiten (sogenannte Verbünde) bei den
Familienkassen bestehen werden. Die bisher 102 Standorte
der Familienkassen werden an 14 Standorten zusammenge-
fasst.

Die mit der Neustrukturierung einhergehende Effizienz-
steigerung wird auch den Familiengeldberechtigten zugute
kommen. Gleichzeitig ist darauf Bedacht zu nehmen, dass es
durch diese Umorganisation bei den Verfahren vor den
Finanzgerichten über den Bezug des Kindergeldes nicht zu
Unzuträglichkeiten im Einzelfall kommt. Die Änderung der
örtlichen Zuständigkeit in Kindergeldsachen dient der Bür-
gerfreundlichkeit.

Satz 1 sieht vor, künftig für die Bestimmung der örtlichen
Zuständigkeit in Kindergeldsachen auf den Wohnsitz oder
gewöhnlichen Aufenthalt des Klägers, nicht wie bisher auf
den Sitz der Beklagten, also der Familienkassen, abzustellen.
Hierdurch wird zum einen Belastungsverschiebungen bei
den Finanzgerichten entgegengetreten, die auch zu einer
Verlängerung der Verfahrensdauer für die rechtsuchenden
Bürger führen könnten. Zum anderen dient die Regelung der
Vermeidung zu langer Anfahrtswege für den rechtsuchenden
Bürger zum örtlich zuständigen Finanzgericht. Soweit die
Kläger obsiegen, reduzieren sich hierdurch auch die Kosten
der Beklagten.

Satz 2 bestimmt, dass gleichwohl dann auf den Sitz der
Beklagten für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit
der Familienkassen eine Strukturreform von erheblichem
Umfang ist, deren Realisierung Zeit beansprucht und deren

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/12535

praktische Auswirkungen auf die Finanzgerichtsbarkeit
vorab nicht abschließend beurteilt werden können. Nach
Auswertung der praktischen Erfahrungen mit dieser Neu-
strukturierung soll daher auch im Hinblick auf die örtliche
Zuständigkeit der Finanzgerichte entschieden werden, ob
sich die Regelung in der Praxis bewährt hat.

Zu Artikel 3

Artikel 3 Satz 1 enthält unverändert die bisher in § 5 vor-
gesehene Inkrafttretensregelung zum EGMR-Kostenhilfe-
gesetz. Satz 2 regelt das Inkrafttreten der Änderung der
Finanzgerichtsordnung in Anknüpfung an den Zeitpunkt der
Umorganisation der Familienkassen.

Berlin, den 27. Februar 2013

Ute Granold
Berichterstatterin

Christoph Strässer
Berichterstatter

Marco Buschmann
Berichterstatter

Raju Sharma
Berichterstatter

Ingrid Hönlinger
Berichterstatterin

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