BT-Drucksache 17/12196

Transparente Kriterien und verbindliche Rahmenbedingungen schaffen für die Bundesförderung von kulturellen Institutionen und Projekten

Vom 30. Januar 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/12196
17. Wahlperiode 30. 01. 2013

Antrag
der Abgeordneten Agnes Krumwiede, Priska Hinz (Herborn), Tabea Rößner,
Dr. Konstantin von Notz, Markus Kurth, Ekin Deligöz, Katja Dörner, Kai Gehring,
Monika Lazar, Krista Sager, Ulrich Schneider, Arfst Wagner (Schleswig)
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Transparente Kriterien und verbindliche Rahmenbedingungen schaffen für die
Bundesförderung von kulturellen Institutionen und Projekten

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Etwa 13 Prozent der staatlichen Kulturausgaben liegen beim Bund. Für das
Jahr 2013 wurden dafür rund 1,3 Mrd. Euro im Bundeshaushalt des Beauftrag-
ten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) eingestellt. Voraus-
setzung für die Förderung der meisten kulturellen Einrichtungen und Projekte
durch den Bund ist aufgrund der Kompetenzverteilung zwischen Bund und
Ländern der Nachweis einer „gesamtstaatlichen Bedeutung“.

Ein Kriterienkatalog, der transparent offenlegt, inwiefern kulturelle Institutionen
und Projekte von „gesamtstaatlicher Bedeutung“ sind und sich somit für eine
Bundesförderung qualifizieren, liegt offiziell nicht vor. Die Förderung kulturel-
ler Einrichtungen und Projekte durch die Bundesregierung ist deshalb häufig
nicht nachvollziehbar. Mangels differenzierter Förderkriterien kann das Bundes-
interesse beliebig und mit großem Interpretationsspielraum ausgelegt werden:
Die Bandbreite der formalen Begründung seitens der Bundesregierung umfasst
ein weites und häufig unkonkretes Spektrum von der internationalen Aus-
strahlung eines Förderobjektes, der Stärkung der nationalen kulturellen Identität
über die Pflege des Geschichtsbewusstseins und dem Erhalt des nationalen kul-
turellen Erbes bis hin zur bundesweiten Einzigartigkeit bestimmter Institutionen,
Projekte oder Festivals.

Ohne transparente und branchenspezifische Kriterien, was die „gesamtstaat-
liche Bedeutung“ von Einrichtungen und Projekten kennzeichnet, und welche
Voraussetzungen diese für eine Förderbewilligung erfüllen müssen, kann der
Eindruck entstehen, dass der Bund intransparent und willkürlich Kultur fördert.
Die Kulturförderpraxis der Bundesregierung ist dadurch angreifbar. Die in-
transparenten Fördermechanismen lassen sich gegenüber Projekten und Ein-
richtungen, die nicht gefördert werden, und gegenüber künstlerischen Sparten,
die vergleichsweise selten vom Bund gefördert werden, nicht rechtfertigen.

Verbindliche Regeln für eine faire Förderpraxis sind notwendig. Diese müssen
beispielsweise sicherstellen, dass bei vom Bund geförderten Einrichtungen und
Projekten alle künstlerischen Sparten (Musik, bildende Kunst, Literatur und
darstellende Künste) zumindest annähernd gleichberechtigt vertreten sind. Die
angemessene Bezahlung von Künstlerinnen und Künstlern sollte bei einer För-

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derung durch den Bund ebenso berücksichtigt werden wie die Barrierefreiheit,
Teilhabemöglichkeiten für Menschen mit geringeren Einkommen und Men-
schen mit Migrationshintergrund sowie die Gleichstellung von Frauen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung deshalb auf,

1. Förderkriterien zu entwickeln und zu veröffentlichen, anhand derer die För-
derung von kulturellen Einrichtungen und Projekten auf Grundlage gesamt-
staatlicher Bedeutung nachzuvollziehen ist. Für alle Kulturbereiche sollen
u. a. folgende Förderkriterien berücksichtigt werden:

a) die Einzigartigkeit der Einrichtung oder des Projekts entweder

i. als Modellprojekt, das potentiell bundesweit relevante Impulse gibt,

ii. als Teil des Weltkulturerbes, Weltdokumentenerbes oder immateriellen
Kulturerbes der Organisation der Vereinten Nationen für Bildung,
Wissenschaft und Kultur (UNESCO) oder

iii. als Institution, die von Bürgerinnen und Bürgern des gesamten Bun-
desgebietes genutzt wird;

b) die wirtschaftliche Begründung eines Förderbedarfs, ob und in welcher
Höhe insbesondere etablierte Kulturveranstaltungen und Institutionen mit
hohem Publikumsverkehr eine staatliche Finanzierung des Betriebs über-
haupt benötigen;

c) alle künstlerischen Sparten (Musik, bildende Kunst, Literatur und darstel-
lende Künste) sollen im Gesamttableau aller bewilligten Förderanträge
zumindest annähernd gleichberechtigt vertreten sein;

d) die Beachtung einer insgesamt ausgewogenen Förderung zwischen Erhalt
des kulturellen Erbes und der Förderung neuer Kunst- und Kulturformen
(z. B. im Rahmen der Soziokultur);

e) die Berücksichtigung von Teilhabe- und Beteiligungsformaten beispiels-
weise durch programmatische (Zusatz-)Angebote für Kinder und Jugend-
liche und/oder für Menschen mit Migrationshintergrund und/oder im Fall
einer Bundesförderung Modelle für ermäßigte Eintrittskarten für Men-
schen mit geringem Einkommen;

f) Frauen sollen bei der Besetzung künstlerischer Projekte oder in geförder-
ten Einrichtungen sowie bei der Veröffentlichung von Werken bzw. bei
Werksaufträgen nicht unterrepräsentiert sein, sofern eine anderweitige
Geschlechterverteilung nicht durch künstlerische Vorgaben zu begründen
ist;

g) die positive Entscheidung einer Fachjury (siehe Nummer 3), welche analog
zum bereits bestehenden Denkmalschutzkomitee vom BKM eingerichtet
wird und dem BKM unter Berichterstattungspflicht gegenüber dem Haus-
haltsausschuss und dem Ausschuss für Kultur und Medien des Deutschen
Bundestages eine Auswahl der eingegangenen Anträge zur Förderung von
Kultureinrichtungen und kulturellen Projekten vorschlagen soll;

2. nach Einsetzen einer Bundesförderung auf die kulturellen Einrichtungen,
Projektträger oder Organisatoren von Festivals dahingehend einzuwirken,

a) dass die an einem Projekt beteiligten und bei einem geförderten Festival
engagierten Künstlerinnen und Künstler bzw. in einer geförderten Kultur-
einrichtung angestellten Künstlerinnen und Künstler nach den aktuellen
Tarifen des öffentlichen Dienstes entlohnt werden bzw. branchenspezifi-
sche Mindestgagen erhalten, deren Höhe durch eine Fachjury (siehe
Nummer 3) festzulegen ist;

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/12196

b) dass Lohngleichheit zwischen Männern und Frauen bei der Durchfüh-
rung aller bewilligten Förderanträge gewährleistet ist;

c) dass bei Ausstellungen von Werken bildender Künstlerinnen und Künst-
ler sowie von Fotografinnen und Fotografen im Fall einer Bundesförde-
rung gemäß den Forderungen des Antrags der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN „Für eine Ausstellungszahlung an bildende Künstlerinnen
und Künstler sowie Fotografinnen und Fotografen bei durch den Bund
geförderten Ausstellung“ (Bundestagsdrucksache 17/6346) eine Ausstel-
lungszahlung erfolgt;

d) dass Kontingente auf Eintrittskarten im regulären Preissegment nur bis
max. 20 Prozent der Eintrittskarten umfassen und somit mindestens
80 Prozent der Karten für den freien Verkauf zur Verfügung stehen;

e) dass möglichst ein barrierefreier Zugang für Menschen mit Behinderung
gewährleistet ist;

f) dass ein ordnungsgemäßer Geschäftsbetrieb gewährleistet ist, ein fehler-
freier Jahresabschlussbericht vorliegt sowie eine ordnungsgemäß erfolgte
Abführung von Sozialbeiträgen an die ausführenden Künstlerinnen und
Künstler und weitere Beschäftigte nachgewiesen werden kann;

g) dass bei der Vergabe von Praktika diese gemäß den Forderungen des
Antrags der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Faire Bedingungen
in allen Praktika garantieren“ (Bundestagsdrucksache 17/4044) vergeben
werden;

3. eine Fachjury einzurichten, welche

a) in beratender Funktion dem BKM unter Berichterstattungspflicht gegen-
über dem Haushaltsausschuss und dem Ausschuss für Kultur und Medien
des Deutschen Bundestages Vorschläge aus den eingegangenen Anträgen
zur Förderung von kulturellen Projekten, Festivals und Kultureinrichtun-
gen vorlegt;

b) mit externen Expertinnen und Experten aus Kunst und Kultur besetzt ist
und deren Besetzung im Vier-Jahres-Rhythmus wechselt;

c) dem BKM unter Berichterstattungspflicht gegenüber dem Haushaltsaus-
schuss und dem Ausschuss für Kultur und Medien des Deutschen Bundes-
tages Vorschläge zur Konkretisierung der unter Nummer 1 genannten allge-
meingültigen Kriterien unterbreitet (z. B. Bestimmung der Höhe branchen-
spezifischer Mindesthonorar- und Gagenzahlungen an die beteiligten
Künstlerinnen und Künstler, Mindestanforderungen an die Barrierefreiheit
und Beteiligung von Menschen mit Behinderung im Fall einer Bundes-
förderung);

d) die Förderung von Einrichtungen, Bundesvereinigungen, Stiftungen, Pro-
grammen und Fonds im Rhythmus von vier Jahren und die Förderung von
Projekten und Festivals im Rhythmus von zwei Jahren evaluiert und die
Evaluationsergebnisse dem BKM unter Berichterstattungspflicht gegen-
über dem Haushaltsausschuss und dem Ausschuss für Kultur und Medien
des Deutschen Bundestages vorlegt;

4. die Haushaltsentwürfe des BKM in den Haushaltsberatungen den Mitglie-
dern des Ausschusses für Kultur und Medien und des Haushaltsausschusses
des Deutschen Bundestages detailliert in schriftlicher Form vorzulegen, um
somit eine Beratung in den Fachausschüssen noch vor den abschließenden
Abstimmungen zu ermöglichen;

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5. eine Schranke ins Urheberrechtsgesetz einzuführen, die ermöglicht, dass die
jeweiligen Träger auf ihrer offiziellen Homepage Ausschnitte sowie kom-
plette Aufführungen, Inszenierungen und Werke in Bild und Ton veröffent-
lichen können, welche durch eine Bundesförderung ermöglicht wurden, so-
fern die ausführenden Interpretinnen und Interpreten sowie die Urhebe-
rinnen und Urheber der Veröffentlichung im Internet nicht widersprechen
und ihnen eine angemessene Vergütung über eine Verwertungsgesellschaft
zukommt.

Berlin, den 29. Januar 2013

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

Begründung

Zahlreiche Beispiele in dieser Legislaturperiode begründen die Kritik an der
schwarz-gelben Kulturförderpraxis. Ein prominentes Beispiel ist die Förderung
der Bayreuther Festspiele, welche seit dem Jahr 1953 vom Bund mitfinanziert
werden. Trotz massiver Kritik seitens des Bundesrechnungshofes und des
Bayerischen Obersten Rechnungshofes wurde auch für das Jahr 2013 eine För-
derung des Betriebes mit rund 2,3 Mio. Euro bewilligt. Und das, obwohl auch
nach Veröffentlichung der eklatanten Mängel in der Durchführung und Organi-
sation der Festspiele keine wesentlichen Umstrukturierungsmaßnahmen seitens
der Bayreuther Festspiele GmbH erfolgten. Mit Verweis auf angebliche Absatz-
probleme bei Karten im höheren Preissegment halten die Organisatoren bei-
spielsweise an der mit rund einem Viertel des Gesamtkontingents hohen Karten-
kontingentierung für den Förderverein der Freunde von Bayreuth e. V. fest. Auch
im Festspieljahr 2012 wurde keine vom Bundesrechnungshof empfohlene
Marktpreisstudie durchgeführt. Hinzu kommt, dass in den letzten Jahren Rück-
lagen in Höhe der jährlichen Bundesförderungen (Geschäftsjahr 2009/2010:
2 650 206 Euro und Geschäftsjahr 2010/2011: 2 848 425 Euro) gebildet werden
konnten, was begründete Zweifel an der Notwendigkeit einer jährlichen Bundes-
förderung aufkommen lässt. Bei Festivals wie den Bayreuther Festspielen mag
zwar das internationale Renommee eine „gesamtstaatliche Bedeutung“ recht-
fertigen, dennoch muss auch wirtschaftlich begründet werden, ob und in wel-
cher Höhe derart etablierte Kulturveranstaltungen und Institutionen mit hohem
Publikumsverkehr eine verstetigte staatliche Finanzierung des Betriebs über-
haupt benötigen. Im Gegensatz zur Förderpraxis der Bundesregierung hält die
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eine Ausstrahlung ins Ausland nicht für
ein vorrangiges Förderkriterium. Primäres Ziel der Bundeskulturförderung soll-
ten Kriterien sein, die möglichst vielen Menschen unserer Gesellschaft Zugang
und Beteiligung an Kultur und Kunst eröffnen. Gleichermaßen muss bei Förder-
entscheidungen des Bundes der Erhalt unserer kulturellen Vielfalt im Fokus
stehen.

Die öffentliche Kritik an der kontinuierlichen Förderung der Bayreuther Fest-
spiele trotz ausbleibender Verbesserungsmaßnahmen demonstriert deutlich,
dass sich der Förderautomatismus der Bundesregierung nach dem Motto
„einmal gefördert, immer gefördert – unabhängig davon, was sich hinter den
Kulissen abspielt“ nicht bewährt. Es fehlen entsprechende verbindliche Förder-
kriterien als Grundlage für eine regelmäßige Evaluation, ob die Fortsetzung
einer Förderung gerechtfertigt ist. Auch der Deutsche Kulturrat hatte in seiner
Reaktion auf die Ergebnisse der Haushaltsverhandlungen für das Jahr 2013 be-

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mängelt, dass nicht immer deutlich sei, welche Begründung einigen Förderent-
scheidungen zugrunde gelegt wurden.1

Nicht nur mangelhafte Förderkriterien, auch die Bewilligung von Förder-
anträgen hinter verschlossenen Türen ohne Einbeziehung der Mitglieder des
Ausschusses für Kultur und Medien in die Entscheidungsfindung des BKM
geben Anlass zur Kritik an der Kulturförderpraxis der schwarz-gelben Bundes-
regierung. Bei der umstrittenen Bewilligung von 10 Mio. Euro unter Sperr-
vermerk für die Umgestaltung der Alten Gemäldegalerie im Rahmen des Nach-
tragshaushaltes 2012 in der Sitzung des Haushaltsausschusss am 12. Juni 2012
ebenso wie bei der Verteilung der in der Bereinigungssitzung zum Kulturhaus-
halt 2013 zusätzlich beschlossenen 100 Mio. Euro wurde der Ausschuss für
Kultur und Medien aktuell vor vollendete Tatsachen gestellt. Regelmäßig
wurde der Ausschuss für Kultur und Medien in der laufenden Legislaturperiode
nur noch zum „Abnicken“ bereits vom BKM entschiedener Fördermaßnahmen
missbraucht. Dadurch wird die mitberatende Funktion eines parlamentarischen
Fachgremiums durch die Bundesregierung systematisch ausgehöhlt. Um Ent-
scheidungen auf eine breite Basis zu stellen, ist eine transparente Debatte im
parlamentarischen Raum unbedingt notwendig. Fördermaßnahmen im Bereich
Kultur und Medien sollten daher zukünftig vor den abschließenden Abstim-
mungen im Ausschuss für Kultur und Medien beraten werden. Dafür muss der
BKM im Vorfeld der ersten und der zweiten Lesung den Mitgliedern des Aus-
schusses für Kultur und Medien und des Haushaltsausschusses die Haushalts-
entwürfe detailliert und in schriftlicher Form vorlegen, um somit eine Beratung
noch vor den jeweiligen Abstimmungen zu ermöglichen.

Auffällig an der Verteilungspraxis der Bundesregierung ist zudem, dass einige
Kultursparten vergleichsweise wenig oder gar keine Berücksichtigung in der
Mittelvergabe finden: Gravierende Förderdefizite gibt es aktuell beispielsweise
im Bereich Neue Musik. Weder für die zeitgenössische Klassik und den Jazz
noch für die musikalischen Ausdrucksformen der Jugendkulturen sind im
Kulturhaushalt für das Jahr 2013 explizit Mittel vorgesehen. Auch die Sozio-
kultur mit ihren Potentialen der Beteiligung an Kultur wird nicht angemessen
berücksichtigt. Gerade einmal 0,09 Prozent des Kulturetats sind für diesen
Bereich vorgesehen. Das Ungleichgewicht zwischen der Förderung unseres
kulturellen Erbes und neuer Kunst und Kultur muss aufgehoben werden. Bei-
spielsweise durch die Einrichtung eines im Rahmen der Haushaltsverhandlun-
gen für das Jahr 2013 von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN geforder-
ten Fonds Neue Musik (Ausschussdrucksache 17(22)89c) und durch eine Um-
verteilung der Mittel zugunsten soziokultureller Aktivitäten.

Auch die Bundeskulturpolitik steht in der Verantwortung, der vielfach attestier-
ten Tendenz hin zu einem alternden Publikum bei klassischen Konzert- und
Theaterveranstaltungen entgegenzuwirken. Beispielsweise durch mehr pro-
grammatische Angebote für Kinder und Jugendliche innerhalb der vom Bund
geförderten Einrichtungen und Projekte. Auch Ermäßigungsangebote für kin-
derreiche Familien, Menschen mit geringeren Einkommen und Jugendlichen
können zur breiteren Teilhabe an Kulturangeboten beitragen. Das Live-Erlebnis
von Kulturveranstaltungen kann zwar in der Regel nicht durch mediale Teil-
habe ersetzt werden. Aber die mediale Darstellung von Theater, Oper- und
Konzertaufführungen sowie musealen Archiven auf der Homepage der jeweili-
gen Träger eröffnet vielen Menschen einen intellektuellen und emotionalen Zu-
gang zu Kultur, der nicht nur breitere Teilhabe garantiert, sondern auch aus-
schlaggebend sein kann für den Besuch einer Kulturveranstaltung oder eines

1 Vgl. PM Deutscher Kulturrat: „Acht Prozent mehr für die Kultur Bundeskulturetat steigt deutlich –
Deutscher Kulturrat fragt, ob alle Förderentscheidungen des Haushaltsausschusses in eine kulturpoliti-
sche Planung eingebettet sind, www.kulturrat.de/pdf/2425.pdf

Drucksache 17/12196 – 6 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Museums. Daher sollten die jeweiligen Träger auf ihrer offiziellen Homepage
Ausschnitte sowie komplette Aufführungen, Inszenierungen und Werke in Bild
und Ton uneingeschränkt veröffentlichen können, welche durch eine Bundes-
förderung ermöglicht wurden, sofern alle ausführenden Interpretinnen und In-
terpreten sowie die Urheberinnen und Urheber mit der Veröffentlichung im In-
ternet einverstanden sind. Damit Ungleichgewichte in der öffentlichen Förde-
rung verhindert, aktuelle Tendenzen in der Kulturszene ebenso wie umfassende
Teilhabemöglichkeiten an Kultur für alle Mitglieder unserer Gesellschaft ge-
stärkt werden können, ist die Mittelverteilung durch eine Fachjury auf Grund-
lage eines Kriterienkataloges notwendig. Die Jury soll mit externen Fachleuten
aus den jeweiligen Kultursparten besetzt werden. Ihre Aufgabe soll unter ande-
rem darin bestehen, dem BKM unter Berichterstattungspflicht gegenüber dem
Haushaltsausschuss und dem Ausschuss für Kultur und Medien des Deutschen
Bundestages eine Auswahl der eingereichten Förderanträgen vorzuschlagen
sowie die Evaluation bereits geförderter Projekte, Veranstaltungen und Ein-
richtungen mitberatend zu begleiten.

Auch bei staatliche geförderten Kultureinrichtungen und -projekten bestehen
keine verbindlichen Vorgaben zur sozialen und wirtschaftlichen Absicherung
insbesondere der kurzzeitig engagierten Künstlerinnen und Künstlern. Der
Bund muss daher eine Vorbildfunktion übernehmen und der zunehmend pre-
kären Situation vieler Künstlerinnen und Künstler dadurch entgegenwirken,
dass auf soziale Mindeststandards sowie branchenspezifische Mindesthonorare
und Mindestgagen bei allen vom Bund geförderten Einrichtungen und Projek-
ten Wert gelegt wird.

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