BT-Drucksache 17/12190

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und FDP - Drucksachen 17/11316, 17/12123 - Entwurf eines Gesetzes zur Entbürokratisierung des Gemeinnützigkeitsrechts (Gemeinnützigkeitsentbürokratisierungsgesetz - GemEntBG)

Vom 29. Januar 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/12190
17. Wahlperiode 29. 01. 2013

Entschließungsantrag
der Abgeordneten Katrin Kunert, Dr. Barbara Höll, Harald Koch, Diana Golze,
Matthias W. Birkwald, Dr. Martina Bunge, Richard Pitterle, Ingrid Remmers,
Dr. Ilja Seifert, Kathrin Senger-Schäfer, Kersten Steinke, Sabine Stüber,
Sabine Zimmermann und der Fraktion DIE LINKE.

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und FDP
– Drucksachen 17/11316, 17/12123 –

Entwurf eines Gesetzes zur Entbürokratisierung des Gemeinnützigkeitsrechts
(Gemeinnützigkeitsentbürokratisierungsgesetz – GemEntBG)

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

1. Bürgerschaftliches Engagement ist für die Gesellschaft unverzichtbar. Es be-
fördert den sozialen Zusammenhalt des Gemeinwesens und ist für die Zu-
kunftsfähigkeit einer demokratischen Gesellschaft unverzichtbar. Ein demo-
kratisches Gemeinwesen funktioniert jedoch nur, wenn die Bürgerinnen und
Bürger direkten Einfluss auf die Entscheidungen in den Lebensbereichen
nehmen können, die sie betreffen. Sie sollen sich nicht nur engagieren kön-
nen, sondern müssen zugleich konkret mitbestimmen dürfen. Dafür bedarf
es entsprechender Entscheidungs- und Gestaltungsspielräume, auf kommu-
naler und Länderebene, aber auch auf Bundesebene in Form von Volksent-
scheiden und Volksbegehren.

2. Zur Förderung bürgerschaftlichen Engagements und gemeinnütziger Tätig-
keiten sind in den vergangenen Jahren verschiedene Maßnahmen in Angriff
genommen worden (vgl. „Gesetz zur weiteren Stärkung des bürgerschaft-
lichen Engagements“ vom 10. Oktober 2007 und „Gesetz zur Einführung
eines Bundesfreiwilligendienstes“ vom 28. April 2011). Aktuell existieren
verschiedene Erleichterungen für bürgerschaftlich Engagierte z. B. bei der
Unfall-, Renten- und Arbeitslosenversicherung sowie bezüglich steuerlicher
Abzugsmöglichkeiten. Allerdings wurden gleichzeitig öffentliche Mittel für

gemeinnützige Zwecke und Vereine gekürzt. Die Projektförderung hat die
institutionelle Förderung in großem Maße abgelöst und damit den Vereinen
erheblichen finanziellen Spielraum und Planungssicherheit entzogen. Die
lang- und mittelfristige Planung der Vereine wird dadurch sehr schwierig,
weil die Sicherheit der jährlichen Finanzierung fehlt.

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Damit sind die Rahmenbedingungen für bürgerschaftliches Engagement
nach wie vor unzureichend. In der Anhörung des Finanzausschusses des
Deutschen Bundestages vom 10. Dezember 2012 zum Gesetzentwurf wurde
deutlich, dass durch die Anknüpfung an eher klassisch-konservative Sicht-
weisen eine vernünftige Förderung des bürgerschaftlichen Engagements
nicht möglich sei. Prof. Dr. Roland Roth (Universität Magdeburg) wies
darauf hin, dass damit nicht vereinsgebundenes Engagement (z. B. selbst-
organisierte Gruppen, nachbarschaftliche Netzwerke) außen vor gelassen
würde. Er plädierte unter anderem für eine stärkere Infrastrukturförderung
statt einer Individualförderung.

3. Der Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP für ein Gemein-
nützigkeitsentbürokratisierungsgesetz stellt keinen grundsätzlichen Strategie-
wechsel in der Engagementpolitik dar. Es wird mit diesem Gesetzentwurf an
der bisherigen Strategie festgehalten. Sie wird sogar ausgebaut. Im Vergleich
zur Nationalen Engagementstrategie – die ihrerseits kein schlüssiges Kon-
zept und keine konkreten Maßnahmen zum Ausbau der Rahmenbedingungen
für Engagement anbietet – kommt es aber zur Änderung bei der Bewertung
der Rolle, die das bürgerschaftliche Engagement im Verhältnis zu regulären
öffentlichen Leistungen und Einrichtungen einnehmen soll. Bürgerschaft-
liches Engagement wird nun bewusst nicht mehr nur als Ergänzung, sondern
als Ersatz öffentlicher Einrichtungen und für öffentliche Leistungen gesehen.
Es soll zunehmend auch dort eingesetzt werden, wo öffentliche Aufgaben
mangels ausreichender finanzieller Ausstattung der öffentlichen Hand nicht
mehr existieren.

Die Engagementpolitik darf sich aber nicht nur auf steuerliche Maßnahmen
und Freiwilligendienste beschränken. In diesem Sinne ist auch der Einsatz
des Bundesfreiwilligendienstes als Allround-Instrument zur Engagementför-
derung abzulehnen. Durch diese „Verdienstlichung“ werden Bürgerinnen
und Bürger primär als Dienstleister für die Bewältigung sozialer Probleme
in Anspruch genommen, und die Bandbreite des bürgerschaftlichen Engage-
ments wird eingeschränkt. Bürgerschaftliches Engagement als Ersatz für
fehlende öffentliche Leistungen aufgrund leerer öffentlicher Kassen wider-
spricht jedoch dem eigentlichen Sinn bürgerschaftlichen Engagements. Es
darf nicht als Lückenbüßer für die Nichterfüllung staatlicher Aufgaben man-
gels finanzieller Mittel herangezogen werden. Bürgerschaftliches Engage-
ment kann und darf nur ein soziales Plus sein. Es darf nicht instrumentali-
siert werden, um es aufgrund der Finanzprobleme des Staates in bestimmte
Lücken hineinzustoßen. Dies wurde auch in der Anhörung des Finanzaus-
schusses des Deutschen Bundestages vom 10. Dezember 2012 von anwesen-
den Sachverständigen zu Recht kritisiert.

Trotz des Berichts der Enquête-Kommission „Zukunft des Bürgerschaftli-
chen Engagements“, die 2002 in ihrem Abschlussbericht (Bundestagsdruck-
sache 14/8900) feststellte, dass die „Schaffung weiterer steuerlicher Anreize
keine angemessene und wirkungsvolle Förderung des bürgerschaftlichen
Engagements darstellt“, nimmt die Bundesregierung die Empfehlungen der
Enquête-Kommission nicht auf und behält mit dem Gesetzentwurf die fal-
sche Stoßrichtung zu einer umfassenden Förderung des bürgerschaftlichen
Engagements und der Gemeinnützigkeit bei.

4. Derweil werden mit diesem Gesetzentwurf, neben der Anhebung der
Übungsleiter- und Ehrenamtspauschale, weitere Möglichkeiten für gemein-
nützige Stiftungen geschaffen, um Steuern zu sparen. Die damit u. a. einher-
gehende zunehmende Bedeutung gemeinnütziger Stiftungen birgt nicht nur
die Gefahr der Schwächung demokratischer staatlicher Strukturen, sondern

kann mitunter auch zu steuerrechtlichen Fehlanreizen führen. Stifterinnen
und Stifter können ihre Steuerlast schon jetzt durch großzügige Zugaben an

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Stiftungen über einen mehrjährigen Zeitraum senken. So werden gemeinnüt-
zige Stiftungen beispielsweise zunehmend zur Umgehung der Schenkungs-
und Erbschaftsteuer genutzt. Eine Verdopplung des Abzugsbetrags für Spen-
den in den Vermögensstock einer gemeinnützigen Stiftung auf 2 Mio. Euro
für gemeinsam veranlagte Ehepaare sollte nicht automatisch geschehen.
Sinnvoller erscheint stattdessen eine Begrenzung des Abzugsbetrags. Au-
ßerdem dürfen gemeinnützige Stiftungen bis zu einem Drittel ihres Einkom-
mens dazu verwenden, um die Stifterin/den Stifter und ihre/seine nächsten
Angehörigen zu unterhalten. Die Verwendung der auf diese Weise bereitge-
stellten Mittel liegt im Ermessen der Stifterin/des Stifters bzw. der Stiftungs-
gemeinschaft. Damit sind diese Mittel einem demokratischen und parlamen-
tarischen Entscheidungsprozess entzogen. Öffentliche Güter gelangen damit
unter den Einfluss von Individualinteressen.

5. Der vorgelegte Gesetzentwurf geht außerdem an den Bedürfnissen zahlrei-
cher Engagierter vorbei. Die Förderung des bürgerschaftlichen Engagements
soll nach dem Gesetzentwurf in erster Linie über das Steuerrecht stattfinden.
Eine Stärkung der institutionellen sowie infrastrukturellen Förderung ist
praktisch nicht vorgesehen. Und das trotz des erwähnten Abschlussberichts
„Zukunft des Bürgerschaftlichen Engagements“ der Enquête-Kommission
aus dem Jahre 2002, die bereits damals weitere steuerliche Anreize zur För-
derung bürgerschaftlichen Engagements kritisierte.

Die im Gesetzentwurf vorgesehene Förderung des bürgerschaftlichen Enga-
gements durch individuelle steuerrechtliche Anreize läuft zudem in vielen
Fällen leer, denn ein Großteil der Engagierten erhält gar keine oder nur eine
sehr geringe Aufwandsentschädigung o. Ä. Auch gibt es zahlreiche ehren-
amtlich Tätige, denen selbst jetzt schon die Pauschalen nichts nützen, weil
sie keine Steuern zahlen. Laut Freiwilligensurvey 2009 der Bundesregierung
bekamen von den Engagierten nur 23 Prozent eine Vergütung für ihre Tätig-
keit (die Vergütungen beliefen sich dabei in 57 Prozent aller Fälle auf maxi-
mal 50 Euro pro Monat; nur 8 Prozent bekamen über 350 Euro pro Monat).
Darüber hinaus sind Aufwandsentschädigungen u. Ä. bei einem ebenfalls
nicht unwesentlichen Anteil der Engagierten schon jetzt unabhängig von den
Pauschalen steuerfrei. Laut Freiwilligensurvey 2009 der Bundesregierung
sind z. B. 26 Prozent der Erwerbslosen sowie 30 Prozent der Rentnerinnen
und Rentner bürgerschaftlich tätig.

Gemeinnützige Tätigkeiten treten dabei oft in Konkurrenz zu regulärer so-
zialversicherungspflichtiger Beschäftigung, oft verbunden mit einem Abbau
von Arbeitsplätzen auf dem ersten Arbeitsmarkt oder geringerer Entlohnung
bzw. mit einem Ausbau des Niedriglohnsektors. Maßgeblich ist hier die
Arbeitsmarktnähe; diese liegt dann vor, wenn Tätigkeiten mit einem ähnli-
chen Arbeitsspektrum nebeneinander freiwillig und bezahlt durchgeführt
werden. Laut dem Freiwilligensurvey 2009 lag die Arbeitsmarktnähe bei
mehr als jedem vierten Engagierten vor. Gravierender ist es bei engagierten
Erwerbslosen, hier betrug die Arbeitsmarktnähe im Jahr 2009 rund 37 Pro-
zent und ist damit die letzten zehn Jahre deutlich angestiegen. Pauschalen
für ehrenamtliche Tätigkeiten werden so bereits heute genutzt, um Steuern
und Sozialversicherungsbeiträge zu sparen. So wird beispielsweise die
Übungsleiterpauschale oft mit einem Minijob kombiniert. In diesem Zusam-
menhang ist der Trend zur Monetarisierung bürgerschaftlichen Engagements
kritisch zu bewerten. Es darf keine Grauzonen zwischen Engagement und
Erwerbsarbeit geben.

Ein weiteres Problem, welches sich durch den vorliegenden Gesetzentwurf
verstärken wird, sind die sozialen Differenzierungen. Denn „bildungs- und

beteiligungsferne“ Menschen werden durch den Gesetzentwurf nicht ange-
sprochen. Daher muss dafür gesorgt werden, dass bürgerschaftliches Enga-
gement weniger eine „Mittelschichtveranstaltung“ und damit schicht- sowie

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bildungsabhängig bleibt. Auch für Menschen mit Behinderungen, Migran-
tinnen und Migranten, Erwerbslose, ältere Menschen, aber ebenso Jugend-
liche müssen formelle und informelle Zugangsbarrieren aus dem Weg ge-
räumt werden.

Ebenso ist die Differenzierung zwischen Ehrenamts- und Übungsleiterpau-
schale für viele ehrenamtlich Tätige nicht nachvollziehbar. So fällt beispiels-
weise jemand, der einen Einsatzwagen fährt unter die Ehrenamtspauschale,
während die Helferinnen und Helfer in den Genuss der Übungsleiterpau-
schale kommen. Besonders oft sind es Frauen, die unter die Ehrenamts-
pauschale fallen.

6. Bei Engagierten, die Leistungen nach dem Zweiten und Zwölften Buch
Sozialgesetzbuch erhalten, besteht das Problem der Anrechnung etwaiger
Aufwandsentschädigungen auf Leistungen nach diesen Gesetzen. Der Ge-
setzentwurf sieht diesbezüglich zwar eine Erhöhung der jeweiligen Grund-
freibeträge von 2 100 Euro auf 2 400 Euro pro Jahr vor, soweit diese jedoch
überschritten werden, müssen Engagierte damit rechnen, dass jeder Euro,
der über den Grundfreibetrag hinausgeht, komplett angerechnet wird. Für
Hartz-IV-Beziehende, die sich z. B. als kommunale Mandatsträgerinnen und
Mandatsträger engagieren und hierfür eine Aufwandsentschädigung erhal-
ten, bedeutet dies in der Praxis häufig, dass ihr Engagement zu einer Kür-
zung der Hartz-IV-Bezüge führt. Das heißt im Klartext, sie werden gegen-
über anderen Mandatsträgerinnen und -trägern schlechter gestellt. Das in der
Nationalen Engagementstrategie der Bundesregierung formulierte Ziel, allen
Menschen in der Bundesrepublik Deutschland unabhängig von ihrem so-
zialen Status einen gleichberechtigten Zugang zu bürgerschaftlichem Enga-
gement zu ermöglichen, wird so nicht erreicht.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

weitere Maßnahmen zur Förderung des bürgerschaftlichen Engagements und
der Gemeinnützigkeit in Angriff zu nehmen und soweit erforderlich einen ent-
sprechenden Gesetzentwurf vorzulegen. Diese sollen sich auf den außersteuer-
lichen Bereich konzentrieren und im Wesentlichen folgende Schwerpunkte be-
inhalten:

1. die Einführung von Volksinitiativen, Volksbegehren und Volkentscheiden
auf Bundesebene, um eine politische Kultur der Beteiligung und des Dialogs
und damit eine Stärkung der Demokratie und Ergänzung des parlamentari-
schen Systems zu befördern, die dem gestiegenen Engagement und der
wachsenden Kompetenz der Bürgerinnen und Bürger Rechnung trägt;

2. die Anerkennung und Wertschätzung bürgerschaftlichen Engagements, in-
dem

a) eine breitere Öffentlichkeit für bürgerschaftliches Engagement geschaf-
fen wird,

b) Nachweismöglichkeiten für bürgerschaftliches Engagement weiterentwi-
ckelt und diesbezügliche Vergünstigungen (Ehrenamtscard) ausgebaut
werden,

c) Behörden des Bundes und der bundesunmittelbaren Körperschaften, An-
stalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts bürgerschaftliches Enga-
gement als wichtige Qualifikation und entscheidendes Befähigungskrite-
rium berücksichtigen und außerdem Sonderurlaub für bürgerschaftlich
Engagierte gewähren,

d) bei bürgerschaftlich Engagierten, die Transferleistungen nach dem Zwei-
ten und Zwölften Buch Sozialgesetzbuch erhalten, sichergestellt wird,

dass Aufwandsentschädigungen für das Engagement nicht zu einer Kür-
zung der Transferleistungen führen, d. h., nicht angerechnet werden;

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/12190

3. die Infrastrukturförderung des bürgerschaftlichen Engagements ist über die
steuerliche Förderung durch die Ehrenamts- und Übungsleiterpauschale hi-
naus voranzutreiben, um so zum Beispiel auch die nicht organisierte Zivil-
gesellschaft mit zu erfassen;

4. Konzepte und Maßnahmen müssen entwickelt werden, die sicherstellen,
dass bürgerschaftliches Engagement nicht zu einer Verdrängung von so-
zialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen auf dem Ersten Arbeitsmarkt
führt, prekäre Beschäftigung oder den Niedriglohnsektor fördert (strikte
Arbeitsmarktneutralität);

5. Zeiträume für bürgerschaftliches Engagement im Einklang mit Erwerbsar-
beit und Familie ermöglichen sowie niedrigschwelligen Zugang und damit
Teilhabe am bürgerschaftlichen Engagement gerade für sozial und finan-
ziell benachteiligte Menschen gewährleisten. Unterschiede bei der ge-
schlechterspezifischen Verteilung von Engagementtätigkeiten sollen u. a.
durch gezielte Ansprache abgetragen werden. Barrierefreie Strukturen sol-
len geschaffen und engagierten Menschen mit Behinderung bei Bedarf
auch persönliche Assistenz gewährt werden;

6. die Verbesserung der Rahmenbedingungen für bürgerschaftlich Engagierte,
indem unter anderem ein einfaches, verständliches sowie transparentes An-
trags- und Abrechnungsverfahren für öffentliche Zuwendungen geschaffen
wird;

7. die Förderung von Projekten, die auf eine Öffnung der Schule in die Ge-
sellschaft und hin zu Kooperationen mit lokalen Akteuren zielen, die den
Jugendlichen und Kindern Möglichkeiten und Räume für ein frühzeitiges
Lernen von Partizipation und bürgerschaftlichem Engagement bereitstellen
und sie als zivilgesellschaftliche Akteure ernst nehmen sowie ihnen ein
umfangreiches Fortbildungs- und Informationsangebot zur Verfügung stel-
len;

8. ein vielfältiges Angebot kostenfreier Qualifikations- und Fortbildungs-
kurse; es gilt zudem, hauptamtliches Personal in den jeweiligen Bereichen
für den Umgang mit Engagierten zu qualifizieren;

9. den Ausbau der Engagementforschung samt Datenerhebung, um die Wir-
kung steuerlicher und außersteuerlicher Förderinstrumente genauer zu eva-
luieren und belastbareres Datenmaterial zu erhalten;

10. die folgenden finanz- und haushaltspolitischen Maßnahmen:

a) Kommunen und Länder müssen finanziell verstärkt in die Lage versetzt
werden, öffentliche Aufgaben zu erfüllen. Darüber hinaus ist es notwen-
dig, gemeinnützige Institutionen und bürgerschaftlich Tätige durch
direkte Zuwendungen zu unterstützen sowie eine entsprechende nach-
haltige, vor allem kommunale Infrastruktur zu schaffen bzw. auszu-
bauen. Um die Finanzkraft zu stärken, werden die Vermögenssteuer
wieder erhoben, die Erbschaftsteuer reformiert und die Gewerbesteuer
zur Gemeindewirtschaftssteuer ausgebaut;

b) die Fehlbedarfsfinanzierung von gemeinnützigen Organisationen ist auf
eine Festbetragsfinanzierung umzustellen und verstärkt als institutio-
nelle Förderung und Infrastrukturförderung zu leisten;

c) ein Appellieren an die Bundesländer, dass bürgerschaftliches Engage-
ment dezentral gefördert wird und die dadurch entstandenen Sachauf-
wendungen (wie Fahrt- und Telefonkosten) unbürokratisch (z. B. durch
Bürgerjurys) erstattet werden sowie eine entgeltfreie Infrastruktur für
bürgerschaftliches Engagement zur Verfügung gestellt wird;

Drucksache 17/12190 – 6 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

d) über die Höchstsätze für die steuerliche Abzugsfähigkeit von Spenden
für gemeinnützige Zwecke hinaus ist ein zusätzlicher absoluter Höchst-
betrag wieder einzuführen;

e) der Abzugsbetrag für Spenden in den Vermögensstock einer gemeinnüt-
zigen Stiftung ist auf 500 000 Euro zu begrenzen. Eine automatische
Verdopplung des Betrags bei zusammen veranlagten Ehepaaren soll es
nicht geben;

f) gemeinnützige Stiftungen sollen maximal 10 Prozent ihres Einkom-
mens, statt wie bisher ein Drittel, dazu verwenden, die Stifterin/den Stif-
ter und ihre/seine nächsten Angehörigen zu unterhalten.

Berlin, den 29. Januar 2013

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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