BT-Drucksache 17/1178

Stand und Inhalt der Verhandlungen zum Anti-Counterfeiting Trade Agreement (ACTA) und Gewährleistung von Transparenz durch die Bundesregierung

Vom 23. März 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/1178
17. Wahlperiode 23. 03. 2010

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Konstantin von Notz, Uwe Kekeritz, Ute Koczy,
Thilo Hoppe, Volker Beck (Köln), Memet Kilic, Tom Koenigs, Jerzy Montag,
Claudia Roth (Augsburg), Manuel Sarrazin, Wolfgang Wieland und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Stand und Inhalt der Verhandlungen zum Anti-Counterfeiting Trade Agreement
(ACTA) und Gewährleistung von Transparenz durch die Bundesregierung

Die seit Juni 2008 zwischen der EU und ihren 27 Mitgliedstaaten, Australien,
Japan, Kanada, der Republik Korea, Mexiko, Marokko, Neuseeland, Singapur,
der Schweiz und den USA andauernden Verhandlungen über das „Anti-Counter-
feiting Trade Agreement“ (ACTA) haben zum Ziel, internationale Regelungen
zur Bekämpfung von Urheberrechtsverhandlungen durchzusetzen. Die Ver-
handlungen finden unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.

In ihrer Antwort auf eine Anfrage des Abgeordneten Alexander Alvaro vom
13. Januar 2010 bzw. vom 8. Februar 2010 versicherte die Europäische Kom-
mission mit dem Hinweis darauf, dass im Zuge der Verhandlungen auch über
strafrechtliche Maßnahmen beraten werde, dass auch die Mitgliedstaaten eng in
die Verhandlungen einbezogen würden. Die Bundesregierung ist mit dem Status
eines Beobachters direkt an den Verhandlungsrunden beteiligt. Darüber hinaus
nimmt sie über den Sonderausschuss nach Artikel 207 Absatz 3 Unterabsatz 3
Satz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV; ehe-
maliger 133-Ausschuss) Einfluss auf die Verhandlungsposition der EU.

Die Verhandlungen über das ACTA sollen nach Aussagen der Bundesregierung
so früh wie möglich im Jahr 2010 abgeschlossen werden. Nach wie vor wird so-
wohl von Abgeordneten des Deutschen Bundestages als auch des Europäischen
Parlaments, von Seiten des Europäischen Datenschutzbeauftragten, von Unter-
nehmensverbänden und von Seiten der Öffentlichkeit eine unzureichende Trans-
parenz bezüglich der Verhandlungen kritisiert. So ist u. a. das genaue Verhand-
lungsmandat bis heute unbekannt. Über den konkreten Stand und den Inhalt der
Verhandlungen kursieren – auch durch einzelne an die Öffentlichkeit gelangte
Verhandlungstexte – unterschiedlichste Verlautbarungen. Laut Medienberichten
drängten bei vergangenen Verhandlungsrunden einzelne Verhandlungspartner
auf eine internationale Übereinkunft, welche u. a. Netzsperren, eine weit-
reichende Haftungspflicht für Internetserviceprovider und Schadenersatzzah-
lungen als Mittel zur Bekämpfung von Urheberrechtsverletzungen, d. h. neue
zivil- und strafrechtliche Regelungen, die direkte Auswirkungen auf die Rechts-
systeme der Nationalstaaten hätten, beinhalten. So stünden auch Überlegungen
für eine so genannte Three-Strikes-Regelung, d. h. eine Kappung von Internet-
anschlüssen nach wiederholten Urheberrechtsverstößen, im Raum. Außerdem
wurde berichtet, mit ACTA sollten – außerhalb der WTO-Verhandlungen –
TRIPS-Plus-Standards festgelegt werden, welche strengere patentrechtliche

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Regelungen durchsetzen und somit die Versorgung von Entwicklungsländern
mit Generika erschweren würden.

Über den konkreten Inhalt und den Stand der Verhandlungen berichtet die Bun-
desregierung mit Hinweis auf die notwendige Zustimmung aller Vertragspartner
nicht. Dies, obwohl es sich nach eigener Auskunft bei ACTA um ein gemischtes
Abkommen handelt, welches die Mitgliedsländer der Europäischen Union rati-
fizieren müssen. Statt ihrer Informationspflicht nachzukommen, verweist die
Bundesregierung bislang lediglich auf eine Informationshomepage der Euro-
päischen Kommission.

Die dort zur Verfügung gestellten Informationen reichen jedoch bei Weitem nicht
aus. So hat das Europäische Parlament die Europäische Kommission und den Rat
mehrfach aufgefordert, einen möglichst umfassenden Zugang zu Unterlagen im
Zusammenhang mit dem ACTA-Abkommen sicherzustellen, insbesondere in
seinen Berichten vom 18. Dezember 2008 (Bericht Susta, P6_TA(2008)0634,
Ziffer 14 und 28) und vom 11. März 2009 (Bericht Cashman,
P6_TA(2009)0114) und in seiner Entschließung vom 9. Februar 2010 zu einer
revidierten Rahmenvereinbarung mit der Kommission (P7_TA(2009)0009).

Seit dem 1. Dezember 2009, dem Datum des Inkrafttretens des Vertrags von Lis-
sabon, muss das EU-Parlament zu internationalen Handelsabkommen seine
Zustimmung geben. In einer am 10. März 2010 im Europäischen Parlament ver-
abschiedeten Resolution beklagen die Abgeordneten des Parlaments einen sig-
nifikanten Mangel an Transparenz und fordern eine Offenlegung der Verhand-
lungstexte. Sollte dieser Forderung nicht entsprochen werden, behalte man sich
ein Verfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Union vor.

Im Zuge des Inkrafttretens des Vertrags von Lissabon einigten sich Bundesregie-
rung und Deutscher Bundestag auf weitreichendere Informationspflichten der
Bundesregierung gegenüber dem Deutschen Bundestag in europapolitischen
Angelegenheiten. Auch hat die Bundesregierung die rechtzeitige Information
des Deutschen Bundestages bezüglich des ACTA mehrfach zugesagt und ver-
sichert, ihrer Unterrichtungspflicht nach § 4 in Verbindung mit § 3 Absatz 1
Nummer 5 des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Zusammenarbeit
von Bundesregierung und Deutschem Bundestag in Angelegenheiten der Euro-
päischen Union (EUZBBG) umfassend nachzukommen. Darüber hinaus, so die
Bundesregierung, werde der Deutsche Bundestag nach § 4 in Verbindung mit
§ 5 Absatz 1 Nummer 3 EUZBBG durch die Berichte der Ständigen Vertretung
der Bundesrepublik Deutschland bei der Europäischen Union über die Sitzun-
gen des Ausschusses für Handelspolitik des Europäischen Parlaments infor-
miert. Jedoch bemängeln selbst die Mitglieder des betreffenden Ausschusses,
dass die ihnen zur Verfügung gestellten Informationen keine Kenntnisse über In-
halt und Stand der Verhandlungen erlauben würden.

Deutschland setzt sich seit kurzem mit 13 anderen EU-Mitgliedstaaten im Rah-
men der „Friends-for-Transparency“-Initiative für mehr Transparenz bei den
Verhandlungen zum ACTA-Abkommen ein. Diese hat es sich laut einer gemein-
samen Erklärung zum Ziel gemacht, verbleibende Missverständnisse und Irr-
tümer über die tatsächlichen Verhandlungsinhalte auszuräumen.

Auch der EU-Datenschutzbeauftragte Peter Hustinx fordert in einer Stellung-
nahme vom 22. Februar 2010 die Verhandlungspartner auf, eine öffentliche
Debatte über die Inhalte der Verhandlungen zu ermöglichen.

Die Verhandlungen um das ACTA-Abkommen sollen Mitte April 2010 in Neu-
seeland fortgeführt werden.

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Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie ist nach Kenntnis der Bundesregierung der augenblickliche Stand der
Verhandlungen zwischen den Vertragspartnern?

2. Welche konkreten inhaltlichen Punkte werden im Zuge der Verhandlungen
nach Kenntnis der Bundesregierung derzeit diskutiert?

3. Welche konkreten Ergebnisse hat die jüngste Verhandlungsrunde Ende Ja-
nuar 2010 in Mexiko aus Sicht der Bundesregierung gebracht?

4. Waren nach Kenntnis der Bundesregierung in den vergangenen Verhand-
lungsrunden Internetsperren bei Urheberrechtsverletzungen (etwa im Zuge
einer Three-Strike-Regelung) Gegenstand der Verhandlungen?

5. Waren nach Kenntnis der Bundesregierung in den vergangenen Verhand-
lungsrunden Regelungen bezüglich Software-Patenten Gegenstand der
Verhandlungen?

6. Ist der Bundesregierung bekannt, dass das Europäische Parlament eine
europäische Richtlinie zu Softwarepatenten bisher abgelehnt hat?

7. Ist nach Kenntnis der Bundesregierung im Rahmen des ACTA geplant, bei
Grenzkontrollen auf Laptops und Speichermedien aufgespielte Daten nach
urheberrechtsverletzenden Inhalten zu durchsuchen?

8. Ist nach Kenntnis der Bundesregierung im Rahmen des ACTA geplant, In-
ternetanbieter für urheberrechtsverletzende Downloads ihrer Kundinnen
und Kunden in Haftung zu nehmen?

9. Ist der Bundesregierung bekannt, dass laut der EU-Richtlinie über elektro-
nischen Geschäftsverkehr und in den entsprechenden EU-Gesetzen zur
Telekommunikation Internetprovider für illegal erworbene Inhalte ihrer
Kundinnen und Kunden nicht haften?

10. Wie stellt die Bundesregierung sicher, dass die ACTA-Verhandlungen nicht
dazu genutzt werden, die Rechte von Entwicklungsländern zur Sicherung
der Versorgung mit Generika durch strengere patentrechtliche Regelungen
zu beschneiden?

11. Warum sind entscheidende Schwellenländer wie Indien, Brasilien oder
China nicht an den Verhandlungen beteiligt, wo es doch um Standards ge-
hen soll, die große Auswirkungen auf diese Länder haben, und vor dem
Hintergrund, dass Brasilien ausdrücklich den Wunsch geäußert hat, an den
Verhandlungen beteiligt zu werden?

12. Hält die Bundesregierung auch weiterhin an ihrem Ziel fest, dass die zur
Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums in der digitalen Welt
bestehenden europarechtlichen Regelungen, insbesondere die europarecht-
liche Festlegungen zur Internethaftung (Richtlinie 2000/31/EG, E-Com-
merce-Richtlinie) nicht durch die Regelungen im Rahmen des ACTA-Ab-
kommens beeinträchtigt werden, und wie stellt die Bundesregierung sicher,
dass es nicht doch zu derartigen Änderungen bezüglich der Durchsetzung
von Rechten des geistigen Eigentums in der digitalen Welt kommt?

13. Hält die Bundesregierung auch weiterhin an ihrem Ziel fest, durch ACTA
keine Änderungen der derzeitigen Rechtslage in Deutschland, vor allem in
Hinblick auf die das Urheberrecht und andere Schutzrechte betreffenden
Bestimmungen, herbeiführen zu wollen?

14. Wie stellt die Bundesregierung sicher, dass es im Zuge der Verhandlungen
um das ACTA-Abkommen nicht doch zu einer Änderungen der derzeitigen
Rechtslage in Deutschland kommt?

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15. Ist auch nach der jüngsten Verhandlungsrunde Ende Januar 2010 in Mexiko
aus Sicht der Bundesregierung auch weiterhin gewährleistet, dass durch
ACTA bestehende internationale Abkommen wie etwa das Übereinkom-
men über handelsbezogene Aspekte der Rechte am geistigen Eigentum
(TRIPS), nicht berührt werden?

16. Lehnt die Bundesregierung, auch vor dem Hintergrund einer diesbezügli-
chen Formulierung im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und FDP
und Äußerungen der Bundesministerin der Justiz, das Kappen von Internet-
verbindungen nach mehrmaligen Urheberrechtsverhandlungen (etwa im
Zuge eines Three-Strike-Modells) auch weiterhin ab, und ist sie auch
weiterhin der Auffassung, dass derartige Regelungen der falsche Weg zur
Bekämpfung von Urheberrechtsverstößen sind?

17. Ist der Bundesregierung bekannt, dass der EU-Ministerrat in einem vertrau-
lichen 44-seitigen Papier, in dem die jeweiligen Positionen der EU und der
USA bezüglich des ACTA-Abkommens skizziert werden, von sich aus
Überlegungen anstellt, Netzsperren, eine weitreichende Haftungspflicht für
Internetserviceprovider und Schadenersatzzahlungen als Mittel zur Be-
kämpfung von Urheberrechtsverletzungen einzusetzen, und falls ja, hat die
Bundesregierung gegenüber diesen Überlegungen Einspruch erhoben?

18. Ist der Bundesregierung bekannt, dass in einer die laufenden ACTA-Ver-
handlungen betreffenden Präsentation der für Handel zuständigen General-
direktion der Europäischen Kommission neue zivil- und strafrechtliche
Regelungen gefordert und der Schutz des geistigen Eigentum als eine stra-
tegische Priorität bezeichnet und Entschlossenheit bezüglich der Durchset-
zung dieser Ziele gefordert werden?

19. Wären nach Ansicht der Bundesregierung neue zivil- und strafrechtliche
Regelungen mit dem von der Europäischen Union ausgegebenen Ziel, dass
durch ACTA bislang geltende europarechtliche Regelungen nicht ver-
schärft, weder Freiheitsrechte eingeschränkt, noch Verbraucher und Nutzer
belastet werden sollen, und dem von der Bundesregierung ausgegebenem
Ziel, dass es ebenfalls zu keiner Änderung der derzeit in Deutschland gel-
tenden Rechtsregelungen kommen solle, vereinbar?

20. Teilt die Bundesregierung die Ansicht der Fragesteller, dass derartige Rege-
lungen weder mit der derzeitigen deutschen Rechtslage noch mit dem von
der Europäischen Kommission ausgegebenen Ziel, dass durch ACTA weder
eingeschränkt noch Verbraucher und Nutzer belastet werden sollen, verein-
bar wären?

21. Ist der Bundesregierung bekannt, dass der Datenschutzbeauftragte der EU,
Peter Hustinx, die Verhandlungspartner aufgefordert hat, Produktpiraterie
nicht mit Mitteln zu bekämpfen, die die Persönlichkeitsrechte unverhältnis-
mäßig einschränken?

22. Ist der Bundesregierung bekannt, dass der Europäische Verband der Tele-
kommunikationsfirmen (Etno), dem auch zahlreiche deutsche Unterneh-
men angehören, in einer Stellungnahme vor „unverhältnismäßigen und
weitreichenden Maßnahmen“ warnt und darauf hinweist, dass das Filtern
von Inhalten und die Sperrung des Internetzugangs „in völligem Wider-
spruch zu den Nutzerrechten“, welche im EU-Telekompaket verankert
seien, stünde?

23. Teilt die Bundesregierung die Befürchtung der Fragesteller, dass die derzei-
tigen Bemühungen der EU um eine Harmonisierung der Maßnahmen zur
Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums durch Handelsverhand-
lungen, die außerhalb normaler EU-Entscheidungsprozesse stattfinden, un-
terlaufen werden könnten?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/1178

24. Ist die Bundesregierung, auch vor dem Hintergrund von Äußerungen von
Regierungsmitgliedern, man wolle sich bezüglich der ACTA-Verhandlun-
gen für eine verstärkte Transparenz einsetzen und vor dem Hintergrund der
Beteiligung der Bundesregierung an der „Friends-of-Transparency“-Initia-
tive, der Meinung, dass die bisherige Informationspolitik der Europäischen
Union gegenüber dem Europäischen und den nationalen Parlamenten in
einem ausreichenden Maße gewährleistet war?

25. Macht es das Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon nach Meinung der
Bundesregierung erforderlich, an der Informationspflicht der Europäischen
Union gegenüber dem Europäischen und den nationalen Parlamenten grund-
legende Änderungen vorzunehmen, und wenn nein, warum nicht?

26. Hält die Bundesregierung, auch vor dem Hintergrund, dass es sich nach
eigener Auskunft trotz der neuen Zuordnung der Handelsaspekte des geis-
tigen Eigentums nach Artikel 207 Absatz 1 i. V. m. Artikel 3 Absatz 1
Buchstabe e AEUV zur ausschließlichen Zuständigkeit der Europäischen
Union bei ACTA um ein gemischtes Abkommen handelt, da das Abkom-
men auch Materien erfasst, die in die Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten
fallen, d. h. die nationalen Regierungen das Abkommen schließen und rati-
fizieren müssen, an ihrer Meinung fest, dass sie ihrer Unterrichtungspflicht
nach § 4 i. V. m. § 3 Absatz 1 Nummer 5 EUZBBG bislang in einem aus-
reichenden Maße nachgekommen ist?

27. Ist die Bundesregierung der Meinung, dass ein Verweis auf die auf einer
Homepage der Europäischen Kommission bereitgestellten Informationen
über den Stand und den Inhalt der jeweiligen Verhandlungsrunden aus-
reicht, um den Informationspflichten der Bundesregierung gegenüber dem
Deutschen Bundestag und dem berechtigten Interesse der Öffentlichkeit
Rechnung zu tragen?

28. Plant die Bundesregierung, auch vor dem Hintergrund, dass durch das
ACTA-Abkommen voraussichtlich auch die Bürger direkt betroffen sein
werden, Vertreter von Bürgerinteressen in das Gesetzgebungsverfahren ein-
zubinden?

Wenn ja, wann, und in welcher Form wird das geschehen?

Wenn nein, warum nicht?

29. Ist die Bundesregierung, auch vor dem Hintergrund der gebotenen stärkeren
Beteiligung des Europäischen und der nationalen Parlamente in europa-
rechtlichen Fragen im Zuge des Inkrafttretens des Vertrags von Lissabon,
der Meinung, dass auch heute noch eine ausreichende demokratische Legi-
timation der Verhandlungspartner gewährleistet ist?

30. Ist der Bundesregierung bekannt, dass das Europäische Parlament eine „un-
verzügliche und umfassende Information des Parlaments in allen Phasen
der Verhandlungen über internationale Abkommen […] insbesondere bei
Handelsfragen und anderen Verhandlungen im Rahmen des Zustimmungs-
verfahrens, damit Artikel 218 des Vertrags über die Arbeitsweise der Euro-
päischen Union in vollem Umfang wirksam wird“, gefordert hat und sich
die Europäische Kommission am 27. Januar 2010 verpflichtet hat, das Eu-
ropäische Parlament in die laufenden Verhandlungen über das ACTA-Ab-
kommen stärker einzubeziehen?

31. Teilt die Bundesregierung die Auffassung des neuen EU-Handelskommis-
sars, Karel de Gucht, dass es nicht geboten sei, Details aus laufenden Ver-
handlungen an die Öffentlichkeit zu geben, oder ist die Bundesregierung
der Auffassung, dass dies, gerade nach dem Inkrafttreten des Vertrags von
Lissabon, im Sinne einer parlamentarischen Mitberatung geboten ist und es
dementsprechend nicht ausreicht, dem Parlament lediglich die endgültige
Version des Handelsabkommens zur Entscheidung vorzulegen?

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32. Wäre es nach Ansicht der Bundesregierung auch vor dem Hintergrund, dass
es sich bei dem Abkommen nach Ansicht der Bundesregierung um ein ge-
mischtes Abkommen handelt, nicht zwingend erforderlich, auch die natio-
nalen Parlamente stärker an den laufenden Verhandlungen zu beteiligen und
in allen Phasen der Verhandlungen über ein solch weitreichendes interna-
tionales Abkommen unverzüglich und umfassend zu informieren?

33. Ist der Bundesregierung bekannt, dass der Datenschutzbeauftragte der EU,
Peter Hustinx, die Verhandlungspartner aufgefordert hat, eine öffentliche
Debatte über die Inhalte der Verhandlungen zu führen?

34. Wird sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass die Europäische Kom-
mission dem Europäischen und den nationalen Parlamenten Zugang zu al-
len Primärtexten im Zusammenhang mit dem ACTA-Abkommen, insbe-
sondere zu dem ACTA-Verhandlungsmandat des Rates, den Protokollen der
Verhandlungen über das ACTA-Abkommen, den Entwürfen der Kapitel des
Abkommens und den Kommentaren der Verhandlungsteilnehmer zu diesen
Entwürfen, gewährt?

35. Wann ist nach Kenntnisstand der Bundesregierung, auch vor dem Hinter-
grund einer zwingenden Beteiligung der Parlamente, vorgesehen, die bishe-
rigen Ergebnisse der Verhandlungen über das ACTA zu veröffentlichen,
und in welcher Form soll dies geschehen?

36. Hält die Bundesregierung an ihrem Ziel fest, die Verhandlungen über das
ACTA möglichst früh im Jahr 2010 abzuschließen, oder gibt es, auch vor
dem Hintergrund, dass die nächste Verhandlungsrunde für April 2010 ange-
kündigt wurde, bereits eine neue Zielvorgabe für den Abschluss der Ver-
handlungen?

Berlin, den 23. März 2010

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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