BT-Drucksache 17/11257

Umsetzung von gesetzlichen Vorgaben zur Zahnersatzversorgung

Vom 26. Oktober 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/11257
17. Wahlperiode 26. 10. 2012

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Harald Terpe, Birgitt Bender, Elisabeth Scharfenberg,
Maria Klein-Schmeink, Britta Haßelmann, Sven-Christian Kindler, Markus Kurth,
Dr. Tobias Lindner und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Umsetzung von gesetzlichen Vorgaben zur Zahnersatzversorgung

Vor knapp zehn Jahren (2003) hat der Gesetzgeber das befundorientierte Festzu-
schusssystem für Zahnersatz eingeführt. Damit verbunden war in § 56 Absatz 2
Satz 11 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) die Vorgabe an den Ge-
meinsamen Bundesausschuss (G-BA), den Inhalt und den Umfang der protheti-
schen Versorgung in regelmäßigen Abständen zu überprüfen und an die zahnme-
dizinische Entwicklung anzupassen. Mit dieser Vorgabe sollte der Selbstverwal-
tung die Möglichkeit gegeben werden, das Versorgungsniveau bei Zahnersatz
regelmäßig dem Stand der zahnmedizinischen Wissenschaft anzupassen. Diese
Vorgabe wurde durch den G-BA bis heute nicht umgesetzt. Die Bundesregie-
rung hat offensichtlich nicht auf eine Umsetzung der Vorgabe des Gesetzgebers
gedrängt.

Eine Konsequenz ist, dass die prothetische Regelversorgung, für die die Kassen
die Kosten übernehmen, auf dem Stand des Jahres 2004 ist. Die Kosten für durch
zahnmedizinische Innovationen seit 2004 möglich gewordene Leistungen müs-
sen Patientinnen und Patienten in der Regel selbst zahlen. Das trifft vor allem
einkommensschwächere Versicherte.

Ein weiteres Problem betrifft die Qualitätssicherung der zahnärztlichen Versor-
gung. Patientinnen und Patienten können nur schwer die Qualität der erhaltenen
Leistungen beurteilen, geschweige denn einrichtungsvergleichend, weshalb
auch die Aufgabe der einrichtungsübergreifenden Qualitätssicherung beim
G- BA liegt. Diese betrifft derzeit aber nur jene Leistungen, die von der gesetz-
lichen Krankenversicherung vollständig übernommen werden.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Auf welcher wissenschaftlichen Erkenntnisgrundlage wurde bei Einführung
des Festzuschusssystems der Katalog der von den Kassen zu übernehmenden
prothetischen Versorgung (Regelversorgung) festgelegt?

Welche wissenschaftliche Evidenz zur üblichen Versorgung und zur medizi-
nisch angemessenen Versorgung lag vor?

Bei welchen Leistungen wurde bei der Festlegung der Regelversorgung von
der damals bekannten Evidenzlage abgewichen?
2. Aus welchen Gründen wurde nach Kenntnis der Bundesregierung die gesetz-
liche Vorgabe in § 56 Absatz 2 Satz 11 SGB V zur Überprüfung der prothe-
tischen Regelversorgung durch den G-BA bislang nicht umgesetzt?

3. Hat die Bundesregierung auf eine Umsetzung hingewirkt?

Wenn ja, auf welche Weise?

Wenn nein, warum nicht?

Drucksache 17/11257 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
4. a) Wurden zur Umsetzung der oben genannten Vorschrift nach Kenntnis der
Bundesregierung bereits Untersuchungen durch den G-BA in Auftrag
gegeben?

b) Wurde das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheits-
wesen nach Kenntnis der Bundesregierung mit einer Untersuchung be-
auftragt?

Wenn nein, warum nicht?

c) Wurden andere Institutionen nach Kenntnis der Bundesregierung mit
Untersuchungen beauftragt?

Falls ja, wer?

5. a) Welchen Untersuchungsumfang haben die in Auftrag gegebenen Unter-
suchungen nach Kenntnis der Bundesregierung?

b) Sind die in Auftrag gegebenen Untersuchungen aus Sicht der Bundesre-
gierung geeignet, Inhalt und Umfang der Regelversorgung dem Stand
der zahnmedizinischen Wissenschaft entsprechend weiterzuentwickeln?

Wenn ja, warum?

Wenn nein, warum nicht?

c) Wann werden die Ergebnisse der in Auftrag gegebenen Untersuchungen
nach Kenntnis der Bundesregierung vorliegen?

6. Welche Auswirkungen hat die fehlende Umsetzung der oben genannten ge-
setzlichen Vorschrift nach Auffassung der Bundesregierung auf die prothe-
tische Versorgung einkommensschwächerer Versicherter?

7. In welchem Umfang erfolgt nach Kenntnis der Bundesregierung derzeit
eine einrichtungsvergleichende Qualitätssicherung der zahnärztlichen und
insbesondere der prothetischen Versorgung?

8. Welche Auswirkungen hat nach Auffassung der Bundesregierung die feh-
lende Umsetzung der o. g. gesetzlichen Vorgaben auf die vertragszahnärzt-
liche Qualitätssicherung von Leistungen, für die die Kassen nur einen Teil
der Kosten tragen?

9. Welchen Stand haben die auf Bundestagsdrucksache 17/9717 (Antwort der
Bundesregierung zu Frage 12 der Kleinen Anfrage) erwähnten Beratungen
im G- BA zur Einbeziehung der Leistungen, für die die Kassen nur einen
Teil der Kosten tragen, in die Qualitätssicherung?

Wenn noch keine Entscheidung des G-BA vorliegt, bis wann erwartet die
Bundesregierung den Abschluss der Beratungen?

10. Wie lauten die der Bundesregierung bekannten für und gegen eine Einbezie-
hung aller zahnärztlichen Leistungen in die vertragszahnärztliche Qualitäts-
sicherung vorgetragenen Argumente, und wie bewertet die Bundesregie-
rung diese im Einzelnen?

11. Plant die Bundesregierung eine gesetzliche Regelung für die Qualitätssiche-
rung zahnärztlicher Leistungen, für die die Kassen nur einen Teil der Kosten
tragen?

Wenn ja, wann?

Wenn nein, warum nicht?

Berlin, den 26. Oktober 2012

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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