BT-Drucksache 17/11123

Zehn Jahre Völkerstrafgesetzbuch

Vom 19. Oktober 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/11123
17. Wahlperiode 19. 10. 2012

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Jerzy Montag, Tom Koenigs,
Ingrid Hönlinger, Marieluise Beck (Bremen), Agnes Brugger,
Viola von Cramon-Taubadel, Uwe Kekeritz, Memet Kilic, Kerstin Müller (Köln),
Omid Nouripour, Claudia Roth (Augsburg), Manuel Sarrazin, Josef Philip Winkler
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Zehn Jahre Völkerstrafgesetzbuch

Das Völkerstrafgesetzbuch (VStGB) trat am 30. Juni 2002 in Kraft. Seit zehn
Jahren gibt es damit ein deutsches Gesetz, nach dem schwerste Menschenrechts-
verletzungen weltweit in Deutschland strafrechtlich verfolgt werden können.
Angewandt wurde das Völkerstrafgesetzbuch in der Praxis bislang hingegen nur
selten.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie viele Ermittlungsverfahren gegen einzelne Tatverdächtige und wie viele
Strukturermittlungsverfahren mit Tatvorwürfen nach dem VStGB wurden
bislang eröffnet?

2. Wie wurden die Ermittlungsverfahren beendet (bitte einzeln unter Angabe
der Tatvorwürfe sowie der Art und des Zeitpunkts der Beendigung aufschlüs-
seln)?

3. Wie und mit welchen Ergebnissen wurden die Strukturermittlungsverfahren
beendet?

4. Welche personelle Ausstattung haben der Generalbundesanwalt beim Bun-
desgerichtshof und das Bundeskriminalamt für die Strafverfolgung von Taten
nach dem VStGB?

5. Wie häufig leistete die Bundesregierung Rechtshilfe in Strafsachen, die Tat-
bestände nach dem deutschen VStGB zur Grundlage hatten, und wie viele
Rechtshilfeersuchen hat die Bundesregierung an ausländische Behörden und
internationale Organisationen in Verfahren nach dem VStGB seit seinem In-
krafttreten gestellt?

6. Welche internationalen Zusammenschlüsse für ermittelnde Beamte gibt es,
um Erfahrungen in der Strafverfolgung von Völkerstraftaten international

und europäisch auszutauschen, und an welchen internationalen Treffen haben
deutsche Beamte des Generalbundesanwalts und des Bundeskriminalamtes
teilgenommen, die die Stärkung der internationalen Zusammenarbeit in
Strafsachen nach dem VStGB zum Gegenstand hatten?

7. Anhand welcher Kriterien entscheidet der Generalbundesanwalt beim Bun-
desgerichtshof, ein Strukturermittlungsverfahren oder ein Ermittlungsverfah-
ren aufgrund des Verdachts einer Straftat nach dem VStGB zu eröffnen?

Drucksache 17/11123 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

8. Wie gewährleistet der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof bei
einem inländischen Anknüpfungspunkt den Fortgang der Ermittlungen,
wenn sich kein Tatverdächtiger im Inland aufhält?

9. Wie stellt der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof sicher, über
die Einreise von Tatverdächtigen einer Tat nach dem VStGB in das Bundes-
gebiet bzw. in den Einzugsbereich des europäischen Haftbefehls unverzüg-
lich Kenntnis zu erlangen?

10. Wie bereitet sich der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof auf
einen Zugriff auf Tatverdächtige bei deren Einreise vor?

11. Wie vereinbart der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof sein Ent-
scheidungskriterium „nennenswerter Aufklärungserfolg“ in der Aufnahme
von Ermittlungen mit Erfahrungen in der internationalen Strafjustiz der
letzten 20 Jahre, dass bereits die Sicherung von Beweismitteln ohne
absehbare Durchführung des Hauptverfahrens in einem Staat langfristig zu
Strafverfahren in Drittstaaten wesentlich beigetragen hat?

12. Wie stellt die Bundesregierung sicher, dass Tatverdächtige einer Tat nach
dem VStGB in Deutschland keine Immunität vor Strafverfolgung allein
aufgrund bestehender deutscher Gesetze – also über völkervertrags- oder
völkergewohnheitsrechtliche Regeln hinaus – genießen?

13. Inwiefern überprüft die Bundesregierung und der Generalbundesanwalt
beim Bundesgerichtshof durch eigenständige Vorermittlungen, ob ein
Visumsantragsteller einer Tat nach dem VStGB verdächtig ist?

14. In wie vielen Verfahren wurde gemäß § 153f der Strafprozessordnung von
einer Verfolgung abgesehen, in denen keine Strafanzeige zuvor eingereicht
wurde?

15. Gibt es auf ministerieller Ebene einen regelmäßigen Austausch über die
Strafverfolgung von Taten nach dem VStGB?

Wenn ja, welche Bundesministerien sind darin eingebunden?

Welche Abteilungen und Referate der jeweiligen Bundesministerien sind
darin eingebunden?

16. Besteht zwischen dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und dem
Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof/Bundeskriminalamt ein
regelmäßiger Informationsaustausch über den Aufenthalt von Verletzten
oder Tatverdächtigen einer Tat nach dem VStGB?

17. Welche Maßnahmen trifft das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge,
um Verletzte oder Tatverdächtige einer Tat nach dem VStGB zu identifizie-
ren?

Wie viele Fälle der Identifizierung sind bislang bekannt?

Was geschah mit diesen Personen?

18. Wie berücksichtigt die Bundesregierung ihre Verpflichtung aus den VN-
Sicherheitsratsresolutionen 1325, 1888, 1889 sowie insbesondere 1820 und
1960, die Straflosigkeit konfliktbezogener sexualisierter Gewalt zu
beenden?

19. Wie viele Ermittlungsverfahren wegen sexueller Gewalt als Kriegsverbre-
chen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder Völkermord sind derzeit
eröffnet?

Zu wie vielen unterschiedlichen Begehungsformen sexualisierter Gewalt
wird derzeit ermittelt?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/11123

20. Wie werden die Ermittlungsbeamten auf Ermittlungen sexualisierter Ge-
walt vorbereitet?

21. Wie gewährleistet die Bundesregierung angesichts der VN-Sicherheitsrats-
resolution 1820 Nummer 4, die einen effektiven und gleichen Rechtsschutz
von Betroffenen sexualisierter Gewalt fordert, den Zugang zum deutschen
Rechtssystem?

22. Wie wird der Schutz der Opferzeuginnen und Opferzeugen im Sinne der
VN-Sicherheitsratsresolution 1820 gewährleistet?

23. In wie vielen Fällen leistet die Bundesregierung Rechtshilfe zu Verfahren
gegen Verantwortliche für sexualisierte Gewalt als Kriegsverbrechen, Ver-
brechen gegen die Menschlichkeit oder Völkermord, wie auf Seite 9 im
Dritten Bericht der Bundesregierung über Maßnahmen zur Umsetzung der
Sicherheitsratsresolution 1325 „Frauen, Frieden und Sicherheit“ (Bundes-
tagsdrucksache 17/4152) erwähnt?

Berlin, den 19. Oktober 2012

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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