BT-Drucksache 17/10566

Entwicklungspolitische Ziele und Strategien der Bundesregierung in Burundi

Vom 28. August 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/10566
17. Wahlperiode 28. 08. 2012

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ute Koczy, Hans-Christian Ströbele, Kerstin Müller (Köln),
Uwe Kekeritz, Thilo Hoppe, Volker Beck (Köln), Marieluise Beck (Bremen), Agnes
Brugger, Viola von Cramon-Taubadel, Katja Keul, Tom Koenigs, Omid Nouripour,
Lisa Paus, Claudia Roth (Augsburg), Manuel Sarrazin, Dr. Frithjof Schmidt und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Entwicklungspolitische Ziele und Strategien der Bundesregierung in Burundi

Burundi ist eines der ärmsten Länder weltweit und liegt laut dem Human
Development Index (HDI 2011) der Vereinten Nationen auf Platz 185 von 187.
Die politisch und sozioökonomisch desolate Lage des Landes droht sich auch
in Anbetracht der Rückkehr von über 500 000 Flüchtlingen aus den benachbar-
ten Ländern innerhalb der letzten Jahre weiter zuzuspitzen. Die mangelhafte
Infrastruktur Burundis wird dabei vom Bundesministerium für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) als ein zentrales Problem wirtschaft-
licher Entwicklung genannt. Das von der Weltbank als schlecht bewertete Ge-
schäftsklima zeigt, vor welchen Herausforderungen das Land für eine baldige
Verbesserung der Lage steht.

Burundi ist ein fast reines Agrarland. Die gerechte Verteilung der knappen
Landressourcen droht nach Rückkehr der im Bürgerkrieg geflohenen Bevölke-
rung zu einer zentralen Herausforderung zu werden. Die aus diesen Faktoren
resultierende Gefährdung der fragilen Sicherheitslage im immer noch gespalte-
nen Burundi erscheint in der knappen Beantwortung der Schriftlichen Frage
193 der Abgeordneten Ute Koczy durch die Bundesregierung auf Bundestags-
drucksache 17/9887 nicht ausreichend berücksichtigt.

Das deutsche Engagement in der Entwicklungszusammenarbeit mit Burundi
konzentriert sich auf die Sektoren Dezentralisierung und lokale Wirtschaftsför-
derung mit dem Ziel, die vorangegangenen Bestrebungen zur Friedens- und
Demokratieentwicklung zu konsolidieren. Eine weitere Stabilisierungsmaß-
nahme ist die deutsche Unterstützung bei Ausbildungsprojekten der burun-
dischen Polizei. Seit 2008 wurden hierfür ca. 3,72 Mio. Euro eingesetzt. Ende
des Jahres 2012 soll die deutsche Unterstützung für den Aufbau der burun-
dischen Polizei beendet werden.

Die UN-Peacebuilding Commission ist seit 2006 mit Burundi befasst. Das
Land ist mit Sierra Leone der erste Fall der Kommission. Der jüngste Über-

prüfungsbericht zur Umsetzung des Strategic Framework for Peacebuilding in
Burundi vom Juni 2012 bestätigt den zweigleisigen Ansatz des politischen und
sozioökonomischen Engagements. Künftig sollen allerdings Fortschritte im
Friedensaufbau regelmäßig im Rahmen der Überprüfungsmechanismen des
neuen Strategiepapiers zur Armutsreduzierung (Poverty-Reduction Strategy
Paper – PRSP II) kontrolliert werden.

Drucksache 17/10566 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie bewertet die Bundesregierung die bisherige entwicklungspolitische Zu-
sammenarbeit mit Burundi?

a) Welche Auswirkungen und Fortschritte lassen sich festhalten?

b) In welchen Projekten wurden keine Erfolge bzw. Verbesserungsmöglich-
keiten identifiziert?

c) In welchem finanziellen Umfang werden die jeweiligen Schwerpunkte,
Projekte und Programme auf bi- und multilateraler Ebene mit deutschen
Mitteln gefördert (bitte nach Projekten, Programmen, Titeln, Jahren und
finanziellen Volumina auflisten)?

d) In welcher Höhe plant die Bundesregierung, im nächsten Jahr Mittel für
die Zusammenarbeit mit Burundi bereitzustellen?

2. Auf Grundlage welcher Zielmarken und Indikatoren bewertet die Bundes-
regierung Fortschritte ihrer Politik in Burundi?

3. Welche Maßnahmen zur Steuer- und Zollbefreiung für Ausrüstungs- und
Hilfsgüter greifen für die Zusammenarbeit mit Burundi?

4. Welche konkreten Maßnahmen unternimmt die Bundesregierung im Rah-
men der bilateralen Zusammenarbeit bei der Umsetzung der Dezentralisie-
rung auf Gemeinde-, Provinz- und nationaler Ebene?

a) Wie sehen die konkreten Ziele der Dezentralisierung in Burundi aus?

b) Welche Schlüsse wurden aus der Evaluierung der Projekte bis zum Jahr
2011 gezogen, und wie wurden sie gegebenenfalls implementiert?

c) Inwiefern bezieht sich die bilaterale Zusammenarbeit mit Burundi auf
„Lessons learnt“ aus Dezentralisierungsmaßnahmen in anderen Ländern
und/bzw. in Anlehnung an multilaterale Ansätze?

5. In welcher Höhe stellt die Bundesregierung Mittel für Dezentralisierungs-
maßnahmen in Burundi zur Verfügung?

a) Wie viel davon entfällt auf deutsche Durchführungsorganisationen und
ihre deutschen Mitarbeiter?

b) Welcher Betrag fließt an burundische Empfängerinstitutionen?

6. Welche Projekte und Maßnahmen werden im Rahmen der „Komponente zur
lokalen Wirtschaftsförderung“ (vgl. Antwort des Staatssekretärs Hans-Jürgen
Beerfeltz im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung vom 1. Juni 2012) konkret durchgeführt (bitte nach Mittelhöhe
und Jahren auflisten)?

a) Welche Ansätze zur Stabilisierung der Wirtschaftslage werden berück-
sichtigt?

b) Wie findet die Verknüpfung der Dezentralisierungsmaßnahmen mit dem
angestrebten investitionsfreundlicheren Aufbau des Staatsapparats kon-
kret statt?

c) Welche politischen Realitäten identifiziert die Bundesregierung als Han-
dels- und Investitionshemmnisse?

d) Mit welchen Kooperationspartnern arbeitet die Bundesregierung im Rah-
men der „Komponente zur lokalen Wirtschaftsförderung“ zusammen?

7. Wie bewertet die Bundesregierung die bisher implementierten Maßnahmen
zur Förderung der Infrastruktur, und welche Konsequenzen zieht sie aus

ihrer Bewertung?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/10566

8. Wie bewertet die Bundesregierung die politische und sicherheitspolitische
Lage in Burundi, und welche Konsequenzen zieht sie aus ihrer Bewertung?

9. Plant die Bundesregierung, ihr Engagement in den Bereichen politischer
Dialog zwischen Regierung und Opposition, gute Regierungsführung,
Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit zu verstärken?

Wenn ja, durch welche Maßnahmen?

Wenn nein, warum nicht?

10. Wie schätzt die Bundesregierung die bisher erreichten Fortschritte beim
Aufbau der burundischen Polizei allgemein und durch den konkreten deut-
schen Beitrag im Besonderen ein?

Welche Konsequenzen zieht sie aus ihrer Bewertung?

a) Wie schädigend wird lokale Korruption im Aufbau polizeilicher Struk-
turen wahrgenommen, und auf welche Präventivmaßnahmen setzt die
Bundesregierung?

b) Für welche Maßnahmen werden die für das Jahr 2012 zugesagten
520 000 Euro eingesetzt?

c) Wie hoch ist der Anteil an diesem Betrag, der deutschen und euro-
päischen Durchführungsorganisationen zufließt?

11. Teilt die Bundesregierung die Meinung, dass mit Blick auf die Verschlech-
terung der Sicherheitslage eine besondere Notwendigkeit für ein weiter-
gehendes Engagement in der Konsolidierung polizeilicher Strukturen zu
begründen ist?

Wenn ja, warum?

Wenn nein, warum nicht?

12. Schließt die Bundesregierung eine Finanzierung weiterer Maßnahmen für
den Polizeiaufbau für das Jahr 2013 aus?

Wenn ja, warum?

Wenn nein, welche Voraussetzungen müssten dafür erfüllt sein?

a) Welches finanzielle Volumen wird aufgrund der bisherigen Erfahrungen
anzusetzen sein?

b) Plant die Bundesregierung weitere Maßnahmen bzw. Beiträge, um eine
nachhaltige Verbesserung der Sicherheitslage im Land zu erreichen?

Wenn ja, welche?

Wenn nein, warum nicht?

13. Wie bewertet die Bundesregierung die bisherige Umsetzung des Strategic
Framework for Peacebuilding in Burundi?

14. Wie stellt die Bundesregierung sicher, dass sich die deutsche Entwicklungs-
zusammenarbeit und das Engagement anderer Länder, Organisationen und
Nichtregierungsorganisationen im Sinne des Strategic Framework for
Peacebuilding sinnvoll ergänzen?

15. Welche Rolle misst die Bundesregierung der UN-Peacebuilding Commis-
sion bei der Friedenskonsolidierung in Burundi bei?

Drucksache 17/10566 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
16. Wie gestaltet sich die Koordination und Zusammenarbeit der entwick-
lungspolitischen Schwerpunkte und Initiativen der Bundesregierung in
Burundi mit denen des Bundeslandes Baden-Württemberg, das eine Part-
nerschaft mit Burundi unterhält, im Hinblick auf die Weiterentwicklung
des Rahmenabkommens zwischen der Bundesregierung und der Regierung
Burundis über technische Zusammenarbeit aus dem Jahr 1964 und die seit-
her hinzugefügten Veränderungen und Ergänzungen?

Berlin, den 28. August 2012

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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