BT-Drucksache 17/10161

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der Bundesregierung - Drucksachen 17/8672, 17/8990, 17/10155 - Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Bekämpfung des Rechtsextremismus

Vom 27. Juni 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/10161
17. Wahlperiode 27. 06. 2012

Entschließungsantrag
der Abgeordneten Dr. Günter Krings, Dr. Hans-Peter Uhl, Reinhard Grindel,
Michael Grosse-Brömer, Günter Baumann, Manfred Behrens (Börde),
Clemens Binninger, Wolfgang Bosbach, Helmut Brandt, Michael Frieser,
Dr. Franz Josef Jung, Günter Lach, Stephan Mayer (Altötting), Stefan Müller
(Erlangen), Beatrix Philipp, Armin Schuster (Weil am Rhein), Ingo Wellenreuther,
Volker Kauder, Gerda Hasselfeldt und der Fraktion der CDU/CSU
sowie der Abgeordneten Gisela Piltz, Hartfrid Wolff (Rems-Murr), Dr. Stefan
Ruppert, Manuel Höferlin, Jimmy Schulz, Serkan Tören, Rainer Brüderle
und der Fraktion der FDP

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung
– Drucksachen 17/8672, 17/8990, 17/10155 –

Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Bekämpfung des
Rechtsextremismus

Der Bundestag wolle beschließen:

Die aktuelle Bedrohung durch den Rechtsextremismus erfordert den Einsatz
neuer Instrumente zur Gewinnung und zum Austausch von Erkenntnissen der
Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern.

I. Datenschutzrechtliche Kontrolle der Rechtsextremismusdatei

In Anlehnung an das Gesetz zur Errichtung einer standardisierten zentralen An-
titerrordatei von Polizeibehörden und Nachrichtendiensten von Bund und Län-
dern (Antiterrordateigesetz – ATDG) sieht der vorliegende Entwurf des Geset-
zes zur Errichtung einer standardisierten zentralen Datei von Polizeibehörden
und Nachrichtendiensten von Bund und Ländern zur Bekämpfung des gewaltbe-
zogenen Rechtsextremismus (Rechtsextremismus-Datei-Gesetz – RED-G) vor,
dass Grunddaten und erweiterte Grunddaten zu Personen und Objekten gespei-
chert werden, wobei die erweiterten Grunddaten nicht recherchierbar und bei der
Abfrage zunächst nicht sichtbar sind, sondern erst auf Nachfrage bei der spei-

chernden Behörde oder im Eilfall angezeigt werden.

Um bedarfsweise aus Geheimhaltungsgründen einen höheren Schutz von als
Verschlusssache eingestuften Informationen zu ermöglichen, besteht nach § 4
Absatz 1 RED-G analog zum ATDG auch die Möglichkeit, sämtliche Daten zu
einer Person so einzugeben, dass sie im Falle eines Treffers nicht angezeigt wer-
den und die abfragende Behörde also einen Trefferfall nicht erkennt. Bei dieser
„verdeckten Speicherung“ erhält die speichernde Behörde eine Meldung, um

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sich unverzüglich mit der abfragenden Behörde in Verbindung zu setzen und die
notwendige Kommunikation sicherzustellen.

Die Rechtsextremismusdatei (RED) soll als Verbunddatei der beteiligten Behör-
den (Bundeskriminalamt, Bundespolizei, Landeskriminalämter, Bundesamt für
Verfassungsschutz und Landesämter für Verfassungsschutz sowie der Miltäri-
sche Abschirmdienst) beim Bundeskriminalamt geführt werden. Als Verbund-
datei werden in der RED keine Daten zusätzlich erfasst, sondern Informationen
aus den unterschiedlichen Quellsystemen der beteiligten Behörden über techni-
sche Schnittstellen zusammengeführt.

Für die datenschutzrechtliche Kontrolle der Verarbeitung von personenbezoge-
nen Daten durch Bundes- und Landesbehörden gelten jeweils eigene rechtliche
Vorschriften und Kontrollkompetenzen. Gleiches gilt auch für die Speicherung
durch die Polizeien beziehungsweise Nachrichtendienste.

In diesem Zusammenhang fordert der Deutsche Bundestag die Bundesregierung
auf, die lückenlose datenschutzrechtliche Kontrolle der RED durch die jeweils
zuständigen Datenschutzbehörden zu ermöglichen. Ziel ist es, ein umfassendes
und möglichst einheitliches und hohes Datenschutzniveau zu gewährleisten. Der
Deutsche Bundestag erwartet von der Bundesregierung, dass die zwischen Bun-
deskriminalamt und dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die In-
formationsfreiheit vereinbarten Verfahrensweisen zur Kontrolle der Antiterror-
datei (ATD) auch auf die Rechtsextremismusdatei übertragen werden.

Dies bedeutet im Einzelnen:

Alle Aktionen innerhalb der RED (wie zum Beispiel speichern, bearbeiten, lesen
eines Datensatzes) sollen ebenso wie bei der ATD mittels eines gesonderten Pro-
tokolldatenservers nachgehalten werden. Die datenschutzrechtliche Kontrolle
obliegt bei der RED dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die
Informationsfreiheit für diejenigen Protokolldaten zur Verbunddatei, die infolge
einer Datenbanktransaktion einer an der RED beteiligten Bundesbehörde gene-
riert worden sind, sowie den jeweiligen Landesbeauftragten für den Datenschutz
entsprechende Transaktionen der Landesbehörden. Der Bundesbeauftragte für
den Datenschutz und die Informationsfreiheit kann zur Einsichtnahme in offen
gespeicherte Daten der Verbunddatei vordefinierte Berichte auf dem Protokoll-
server direkt aufrufen und erhält unmittelbar entsprechende Auswertungen,
etwa zu bearbeiteten Objekten oder Listen der erfassten Personen.

Der Deutsche Bundestag begrüßt jedoch eine enge Zusammenarbeit des Bun-
desbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit mit den Lan-
desbeauftragen für den Datenschutz, etwa bei der Abfrage der Protokolldaten,
wie vom Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit
in seiner Stellungnahme vom 15. März 2012 zur öffentlichen Anhörung des In-
nenausschusses des Deutschen Bundestages bereits angeregt.

Eine besondere Herausforderung stellt dagegen die datenschutzrechtliche Kon-
trolle der verdeckt gespeicherten Informationen dar, bei denen eine Prüfung
der Voraussetzungen des § 24 Absatz 4 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG)
– ob nämlich eine Auskunft oder Einsicht die Sicherheit des Bundes oder eines
Landes gefährden würde – erforderlich ist. Hierzu benennt die zuständige
Datenschutzbehörde den Protokolldatensatz, an dem jeweils Interesse besteht,
gegenüber der datenbesitzenden Stelle. Diese identifiziert den zugehörigen
Datensatz im Quellsystem und prüft eine Vorlage an die oberste Bundesbehörde
nach § 24 Absatz 4 Satz 4 BDSG. Der Protokolldatensatz wird dem Bundesbe-
auftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit beziehungsweise
dem zuständigen Landesbeauftragten für den Datenschutz sogleich zur Verfü-
gung gestellt. Damit wird Transparenz über die Anwendungspraxis zu § 24

Absatz 4 Satz 4 BDSG hergestellt und darauf hingewirkt, dass die speichernde
Stelle dem Ausnahmecharakter der Vorschrift Rechnung trägt. Eine vollautoma-

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tisierte Bereitstellung von Datensätzen ist dagegen wegen dieses Prüfvorbehalts
sowie der separat erforderlichen Identifikation des einzelnen Verbunddatei-
Datensatzes im Quellsystem nicht möglich.

II. Anpassung der Regelungen über die Speicherung von personenbezogenen
Daten in polizeilichen Dateien

Die bisherige Aufarbeitung der Geschehnisse im Zusammenhang mit der rechts-
terroristischen Vereinigung „NSU“ (Nationalsozialistischer Untergrund) hat er-
geben, dass in polizeilichen Dateien gespeicherte Daten von drei ihrer mutmaß-
lichen Mitglieder bei der Aufdeckung der terroristischen Gewalttaten nicht mehr
vorhanden waren, da diese zum Teil ab 2003 aus den Dateien gelöscht wurden.
Wären diese Daten länger vorhanden gewesen, hätte dies bei den Ermittlungen
helfen können. Die drei Personen lebten unerkannt im Untergrund und bis zu
ihrer Aufdeckung im Jahr 2011 sind keine neuen polizeilichen Erkenntnisse
mehr über sie gewonnen worden. Aus diesem Grund wurden die Daten nach
Ablauf der letzten Aussonderungsprüffrist, nach deren Ende die Erforderlichkeit
einer weiteren Speicherung zu prüfen ist, aus sämtlichen polizeilichen Dateien
gelöscht.

Der Deutsche Bundestag ist der Auffassung, dass eine Löschung von Daten zu
Personen, die als gefährliche Straftäter gelten und die wie hier nur deshalb nicht
mehr in Erscheinung getreten sind, weil sie aufgrund der Haftbefehle ihre
rechtsterroristischen Straftaten im Untergrund weitergeführt haben, aus polizei-
lichen Datenbanken verhindert oder zumindest aufgeschoben werden sollte.

§ 32 des Bundeskriminalamtgesetzes (BKAG) sieht keinen Automatismus für
die Löschung der Daten in derartigen Fällen vor, sondern fordert eine Einzelfall-
prüfung im Hinblick auf die Erforderlichkeit einer weiteren Speicherung spätes-
tens zum Zeitpunkt des Ablaufs der Prüffrist. Daher hält der Deutsche Bundes-
tag eine Änderung der gesetzlichen Regelungen nicht für erforderlich.

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, im Erlasswege
sicherzustellen, dass die Speicherung der Daten eines Betroffenen im Rahmen
der Aussonderungsprüfung in der Regel aufrechtzuerhalten ist, wenn gegen den
Betroffenen ein wegen Eintritts der Verfolgungsverjährung aufgehobener Haft-
befehl bestand und seit der letzten Aussonderungsprüfung nur deshalb keine
neuen polizeilichen Erkenntnisse gewonnen werden konnten, weil er unterge-
taucht ist.

Berlin, den 26. Juni 2012

Volker Kauder, Gerda Hasselfeldt und Fraktion
Rainer Brüderle und Fraktion

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