BT-Drucksache 16/9883

Internationale Präsenz im Kosovo

Vom 30. Juni 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/9883
16. Wahlperiode 30. 06. 2008

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Marieluise Beck (Bremen), Volker Beck (Köln), Alexander
Bonde, Dr. Uschi Eid, Thilo Hoppe, Ute Koczy, Kerstin Müller (Köln), Winfried
Nachtwei, Omid Nouripour, Claudia Roth (Augsburg), Manuel Sarrazin, Rainder
Steenblock, Jürgen Trittin und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Internationale Präsenz im Kosovo

Vier Monate nach der Unabhängigkeitserklärung des Kosovo trat am 15. Juni
2008 die kosovarische Verfassung in Kraft. Zu diesem Zeitpunkt sollten die
Modalitäten der Verantwortungsübernahme von der UN-Mission UNMIK
(United Nations Interim Administration Mission in Kosovo) an die Rechtsstaat-
lichkeitsmission der Europäischen Union im Kosovo (EULEX KOSOVO) ge-
klärt sein. Der Zeitplan der Übergabe hat sich wegen Widerstands Serbiens und
Russlands gegen die EU-Mission verzögert. UN Generalsekretär Ban Ki-Moon
hat in Briefen an die Präsidenten Serbiens und des Kosovo, Boris Tadic und
Fatmir Sejdiu vom 12. Juni 2008 angekündigt, die Präsenz der Internationalen
Gemeinschaft im Kosovo umzugestalten und EULEX KOSOVO unter den
Schirm von UNMIK zu stellen. Auf einer Sitzung des UN-Sicherheitsrats am
20. Juni 2008 hat Russland eine solche Umgestaltung abgelehnt.

Zugleich steht zu befürchten, dass bei anhaltendem Widerstand Serbiens gegen
die Mission Nord-Mitrovica und evtl. andere Gemeinden der Kosovo-Serben
sich der Kontrolle von EULEX KOSOVO entziehen und damit Parallelstruktu-
ren gestärkt werden.

Für eine effektive Umsetzung des Ahtisaari-Plans und die Stabilität des neu ge-
gründeten Staats Kosovo ist der Einsatz von EULEX KOSOVO von großer Be-
deutung. Eine Umgestaltung der internationalen Präsenz, die eine reibungslose
Zusammenarbeit zwischen der kosovarischen Regierung, EULEX, KFOR
(Kosovo Force), der OSZE (Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in
Europa) und UNMIK garantiert, stellt aktuell die größte Herausforderung dar.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche Auswirkungen hat die bei der Sitzung des UN-Sicherheitsrats am
20. Juni 2008 geäußerte, ablehnende Haltung Russlands auf den Vorschlag des
UN-Generalsekretärs Ban Ki-Moon, die EULEX KOSOVO unter den Schirm
von UNMIK zu stellen, auf die Operabilität von EULEX KOSOVO und
die Modalitäten der Verantwortungsübergabe von UNMIK an EULEX

KOSOVO?

2. In welcher Größenordnung und in welchem Zeitrahmen werden Deutschland
und die EU die angekündigte dritte und vierte Aufstockung von EULEX, die
bisher aufgrund mangelnder Zusagen seitens der UN über die Abgabe von
Ressourcen (Büroräume, Fahrzeuge) nicht plangemäß erfolgte, durchführen,
um sicherzustellen, dass jetzt nach Eintreten der kosovarischen Verfassung am
15. Juni 2008 kein Vakuum entsteht?

Drucksache 16/9883 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
3. Welche Auswirkungen sieht die Bundesregierung bezüglich der ablehnenden
Haltung Russlands zum Konzept des ICO (International Civilian Office), des-
sen konkreter Mandatsdefinition, seines Verhältnisses zu UNMIK und seiner
Kompetenzen gegenüber der Regierung der Republik Kosovo?

4. Welche Institutionen nehmen in der mehrheitlich von Kosovo-Serben be-
wohnten Region Nord-Mitrovica die Aufgaben von Polizei, Justiz und Zoll in
welchem Umfang wahr, und inwieweit sind diese in der Lage, die Verfassung
der Republik Kosovo sowie eine effektive Grenzsicherung zwischen Nord-
Mitrovica und den umliegenden Gemeinden und der Republik Serbien sicher-
zustellen?

5. Wie wird die Internationale Gemeinschaft sicherstellen, dass es nicht wie vom
serbischen Kosovo-Minister Samardzic angekündigt und von Präsident Tadic
unterstützt, zu einem Belgrad unterstellten Verwaltungsbündnis aller serbi-
schen Gemeinden im Kosovo kommen wird, was eine Umsetzung des Ahti-
saari-Plans praktisch unmöglich machen und die Einheit des Kosovo unter-
graben würde?

6. Wie wird die Zusammenarbeit zwischen EULEX KOSOVO und KFOR
geregelt sein, nachdem die Türkei einen Abschluss der vier so genannten
Technical Arrangements für die Zusammenarbeit (Military Support for Police
Operations, Civil Disturbance Situations, Border Management, Exchange of
Information) bisher verhindert und eine inhaltliche Befassung auf Ebene des
NATO-Rats gefordert hat?

7. Wie werden sich nach Kenntnis der Bundesregierung das Mandat und die
Funktion der OSZE-Mission im Kosovo in Zukunft gestalten, die zuletzt auf-
grund unsicherer Verlängerung des Mandats in ihrer Effektivität einge-
schränkt war, nach wie vor aber wichtige Aufgaben erfüllt hat, und wie wird
sich die Bundesregierung für einen Erhalt dieser Mission einsetzen?

8. Welche Erkenntnis hat die Bundesregierung zum Verhältnis der Kosovo-Ser-
ben in den Enklaven außerhalb des Nordens zum Staat Kosovo und darüber,
inwieweit die Teilungsbemühungen dort geteilt werden?

Berlin, den 30. Juni 2008

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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