BT-Drucksache 16/9754

Für eine qualitätsgesicherte und flächendeckende Arzneimittelversorgung - Versandhandel auf rezeptfreie Arzneimittel begrenzen

Vom 25. Juni 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/9754
16. Wahlperiode 25. 06. 2008

Antrag
der Abgeordneten Dr. Martina Bunge, Klaus Ernst, Dr. Lothar Bisky, Diana Golze,
Katja Kipping, Elke Reinke, Dr. Ilja Seifert, Volker Schneider (Saarbrücken),
Frank Spieth, Jörn Wunderlich und der Fraktion DIE LINKE.

Für eine qualitätsgesicherte und flächendeckende Arzneimittelversorgung –
Versandhandel auf rezeptfreie Arzneimittel begrenzen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Arzneimittel sind besondere Güter. Der Vertriebsweg von Arzneimitteln bedarf
daher einer sorgfältigen Gestaltung. Vor allem die Abgabe von Arzneimitteln
erfordert hohe Qualitäts- und Sicherheitsstandards.

Für eine qualitätsgesicherte und flächendeckende Arzneimittelversorgung spielt
die inhabergeführte Präsenzapotheke traditionell eine herausragende Rolle. Der
zunehmende Versandhandel mit Arzneimitteln wird unterschiedlich bewertet.
Massiven Bedenken unterliegt die Freigabe nicht nur für rezeptfreie, sondern
auch für verschreibungspflichtige Arzneimittel.

Der Apotheke vor Ort kommt heute eine wichtige Kontrollfunktion zu. Vor
allem für Bürgerinnen und Bürger, die eine Vielzahl von Arzneimitteln einneh-
men, ist die Apothekerin bzw. der Apotheker das letzte Korrektiv, um gefähr-
liche Neben- und Wechselwirkungen verschiedener Arzneimittel für die Pa-
tientin bzw. den Patienten zu verhindern. Das persönliche, vertrauensvolle
Beratungsgespräch in der Apotheke kann nicht durch telefonische, weitgehend
anonyme Nachfragemöglichkeiten bei der Abwicklung des Versandhandels er-
setzt werden.

Die alarmierend hohe Zahl medikamentenabhängiger Menschen verlangt nicht
nach einer Erleichterung des Zugangs zu Medikamenten über den Versand-
handel, sondern nach Ausbau einer unabhängigen und umfassenden Beratung in
den Apotheken.

Die Rolle der Apothekerin/des Apothekers als Heilberuflerin/Heilberufler gilt es
daher zu stärken. Es zeichnet sich ab, dass die Funktion der inhabergeführten
Apotheke einem Wandel unterliegt. Das Aufgabenspektrum reicht von der
Sensibilisierung der Kundinnen und Kunden für Prävention über die sach-
kundige Betreuung von Erkrankten bis zur Übernahme sozialer Funktionen.

Dieser unterstützenswerten Entwicklung sollte der rechtliche Rahmen nicht ent-
gegenstehen.

Drucksache 16/9754 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

umgehend rechtliche Regelungen zu schaffen, die den Versandhandel auf nicht
verschreibungspflichtige Arzneimittel begrenzen.

Berlin, den 24. Juni 2008

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

Begründung

Der Versandhandel mit Arzneimitteln – obwohl gesetzlich zugelassen und ge-
richtlich für möglich bewertet – sollte vom Gesetzgeber neu justiert werden.

Die Freigabe des Versandhandels für alle zugelassenen Arzneimittel zum 1. Ja-
nuar 2004 durch das GKV-Modernisierungsgesetz stand im Zusammenhang mit
den Kostendämpfungsbemühungen im Gesundheitswesen. Mit dieser Gesetzes-
änderung verbanden die damaligen Koalitionsfraktionen SPD und BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN und die Oppositionsfraktion der CDU/CSU die Hoffnung,
Einsparungen in Milliardenhöhe bei den Arzneimittelausgaben zu erzielen. Mit
dem GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz der derzeitigen Koalition der Fraktio-
nen der CDU/CSU und SPD wurden diverse neue Maßnahmen für erforderlich
gehalten, um dieses Ziel zu erreichen.

Nachdem das Bundesverwaltungsgericht am 13. März 2008 entschieden hat,
dass der Bestell- und Abholservice der Drogeriemarktkette dm in Zusammenar-
beit mit einer niederländischen Versandapotheke unter den gegebenen Voraus-
setzungen zulässig ist, kann nur die Gesetzgebung unerwünschte Entwicklungen
verhindern.

Der Europäische Gerichtshof hat in seiner Urteilsbegründung zum Versandhan-
del vom 11. Dezember 2003 (Az.: C-322/01) die Handhabung verschreibungs-
pflichtiger Medikamente aus Gründen des Verbraucherschutzes in das Ermessen
der nationalen Gesetzgeber gestellt. Mit der Begrenzung des Versandhandels auf
nichtverschreibungspflichtige Arzneimittel würde der Versandhandel auf das
vom Europäischen Gerichtshof als zulässig anerkannte Maß reduziert.

Das stellt einen Beitrag dazu dar, die Arzneimittelsicherheit zu stärken und eine
flächendeckende und rasche Versorgung für die Bürgerinnen und Bürger auch
künftig zu gewährleisten.

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