BT-Drucksache 16/9410

Arbeitsvermittlung in die Leiharbeit

Vom 2. Juni 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/9410
16. Wahlperiode 02. 06. 2008

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Lötzer, Dr. Barbara Höll, Werner Dreibus, Kornelia Möller,
Dr. Herbert Schui, Dr. Axel Troost, Sabine Zimmermann und der Fraktion
DIE LINKE.

Arbeitsvermittlung in die Leiharbeit

Der Großteil der bei der Agentur für Arbeit gemeldeten offenen Stellen sind
Leiharbeitsplätze. Bei der Kölner Agentur für Arbeit liegt der Anteil der Leih-
arbeitsplätze an den gemeldeten offenen Stellen bei ca. 50 Prozent. Von 1996
bis 2006 stieg die Zahl der Beschäftigten in der Leiharbeitsbranche in Deutsch-
land von 175 798 auf 579 771 (Jahresdurchschnitt). Die Zahl der Beschäftigten
in der Leiharbeitsbranche ist von 1996 bis 2006 überproportional angestiegen.

Laut dem Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) werden in rund
einem Viertel der Unternehmen in Deutschland bestehende feste Arbeitsplätze
zugunsten von Leiharbeitskräften abgeschafft. Auch diese Vermittlung in die
Leiharbeit wird aus Mitteln der Arbeitslosenversicherung gefördert. So stellt
das IAB fest, dass Betriebe der Verleihbranche überdurchschnittlich oft Lohn-
kostenzuschüsse, also Subventionen für Beschäftigte in Empfang nehmen. Ver-
leihfirmen werden laut Bundesagentur für Arbeit mehr als doppelt so häufig
Eingliederungszuschüsse (EGZ) gewährt als Unternehmen aus anderen Bran-
chen. Einige Verleihfirmen suchen professionell nach Subventionierung, um
sich zu entlasten.

In einer bundesweiten Kooperationsvereinbarung der Bundesagentur für Arbeit
mit den Zeitarbeitsfirmen hat die Agentur sich dazu verpflichtet, Zeitarbeits-
messen zu organisieren. Die Regionaldirektion NRW der Bundesagentur för-
dert die Durchführung lokaler Stellenbörsen und hatte am 15. März 2007 den
landesweiten „Tag der Zeitarbeit” ausgerufen. Auf diesen Messen sollen sich
Arbeitslose bei den Zeitarbeitfirmen bewerben. Dazu wurde sie von der Agen-
tur brieflich aufgefordert, zum Teil mit dem Hinweis, die Teilnahme an der
Messe wäre verpflichtend. Auf den Messen dürfen alle Zeitarbeitsfirmen aus-
stellen, eine Qualitätsprüfung findet nicht statt. Erst nach massiven Interventio-
nen ist dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) und den Gewerkschaften
die Teilnahme an den Messen gestattet worden.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie beurteilt die Bundesregierung die Gewährung von Lohnkostenzuschüs-
sen durch die Bundesagentur für Arbeit für die Vermittlung in Leiharbeit aus
sozial- und arbeitsmarktpolitischer Sicht, wenn dadurch auch der Abbau von
Stammarbeitsplätzen durch Leiharbeit gefördert wird?

2. In wie vielen Fällen wurden bisher nach Kenntnis der Bundesregierung
Lohnkostenzuschüsse der Bundesagentur für Arbeit für die Vermittlung an
Leiharbeit bezahlt und in welcher Höhe insgesamt?

Drucksache 16/9410 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
An welche Personengruppen, Qualifikationen werden Lohnkostenzu-
schüsse gezahlt?

3. Wie wird durch die Bundesregierung gewährleistet, dass die Fördervoraus-
setzungen der Lohnkostenzuschüsse durch die Verleihbetriebe erfüllt wer-
den?

4. Welche Zahlen liegen der Bundesregierung darüber vor, wie viele Arbeit-
nehmerinnen und Arbeitnehmer, die an Leiharbeitsfirmen vermittelt und
für die Lohnkostenzuschüsse bezahlt wurden, dauerhaft in Arbeit kamen
und wie hoch ist der Anteil, der nach Ablauf der Zuschüsse wieder in die
Arbeitslosigkeit entlassen wurde?

5. Falls es dazu keine Zahlen gibt, wie beurteilt die Bundesregierung das Feh-
len von statistischem Material, das über die Verwendung der Mittel der
Arbeitsagenturen und die Wirksamkeit arbeitsmarktpolitischer Maßnah-
men Aufschluss gibt?

6. Wie viele Beschäftigte von Leiharbeitsfirmen müssen ihr Einkommen über
das Arbeitslosengeld II aufstocken, um davon den Lebensunterhalt bestrei-
ten zu können?

7. Welche Zahlen liegen der Bundesregierung über die Dauer von Leih-
arbeitsverhältnissen vor?

8. Wie hoch sind die Mittel, die bisher die Bundesagentur für Arbeit für die
Durchführung regionaler und örtlicher „Zeitarbeitsmessen“ aufgewendet
hat, welcher Anteil entfällt dabei auf Versicherungsbeiträge und welcher
auf Steuergelder?

9. Wie beurteilt die Bundesregierung die Tatsache, dass zumindest zum Teil
bei den Arbeitslosen von den Arbeitsagenturen der Eindruck erweckt
wurde, eine Nichtteilnahme an den Messen würde mit Sanktionen geahndet
werden?

10. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass bei „Zeitarbeitsmessen“ die
Anwesenheit von Gewerkschaften, die die Betroffenen über ihre Rechte
aufklären können, wichtig ist?

Wie beurteilt sie vor diesem Hintergrund die Tatsache, dass die Teilnahme
bei den Arbeitsagenturen auf Schwierigkeiten stößt?

Welche Maßnahmen will die Bundesregierung ergreifen, um die Anwesen-
heit der Gewerkschafter sicherzustellen?

11. Auf welche Weise findet die Evaluierung der Ergebnisse der Kooperations-
vereinbarung zwischen Arbeitsagentur und Leiharbeitsfirmen statt, auch
im Hinblick darauf, inwiefern die Arbeitslosen ausreichend über die Ar-
beitsentgelte und Arbeitsbedingungen der angebotenen Stelle informiert
werden?

Berlin, den 30. Mai 2008

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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