BT-Drucksache 16/925

Kundendifferenzierung bei Arbeitslosen und von Arbeitslosigkeit bedrohten Arbeitsuchenden

Vom 8. März 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/925
16. Wahlperiode 08. 03. 2006

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Kornelia Möller, Dr. Ilja Seifert, Werner Dreibus, Klaus Ernst,
Dr. Axel Troost, Katja Kipping und der Fraktion DIE LINKE.

Kundendifferenzierung bei Arbeitslosen und von Arbeitslosigkeit bedrohten
Arbeitsuchenden

Die Bundesagentur für Arbeit und die ihr nachgeordneten Einrichtungen teilen
die Arbeitslosen und die von Arbeitslosigkeit bedrohten Arbeitsuchenden in vier
Kategorien ein: Marktkunden, Beratungskunden (Aktivieren), Beratungskunden
(Fördern) und Betreuungskunden. Aus dieser Einteilung leiten sich differenzier-
te Produktangebote zur Unterstützung der Wiedereingliederung in den ersten
Arbeitsmarkt ab, was in vielen Fällen zu einer erheblichen Chancendifferenzie-
rung führt, die subjektiven Einflüssen und Entscheidungen unterworfen ist.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Durch wen und an Hand welcher Kriterien erfolgt die Einordnung der Ar-
beitslosen und von Arbeitslosigkeit bedrohten Arbeitsuchenden in eine der
vier genannten Kategorien und wie schätzt die Bundesregierung die Befähi-
gung derjenigen ein, die diese Einordnung vornehmen?

2. Durch welche Qualifikationsmaßnahmen wurden und werden die Mitarbeite-
rinnen und Mitarbeiter in den ARGEN und in den Optionskommunen auf die-
se Einordnungsaufgaben vorbereitet, und wie kann angesichts der unzurei-
chenden Zahl von so genannten Fallmanagern diese Tätigkeit gewissenhaft
durchgeführt werden?

3. In welchen zeitlichen Abständen wird durch wen und auf welcher Grundlage
überprüft, ob die Einstufung den sich ändernden Anforderungen des Arbeits-
marktes bzw. dem persönlichen Profil der betreffenden Personen noch ent-
spricht?

4. Welchen Anteil an allen Kunden machen die verschiedenen Kundengruppen
in den einzelnen Agenturbezirken aus? (Bitte in Prozentzahlen angeben, wel-
chen Anteil jede Kundengruppe an der Gesamtzahl der Kunden ausmacht.)

Sollte es bezüglich der Größenverhältnisse der verschiedenen Kundengrup-
pen zueinander Unterschiede zwischen den Agenturbezirken geben, woraus
resultieren diese Unterschiede?

5. Welchen Anteil an den verschiedenen Kundengruppen in den einzelnen

Agenturbezirken machen

a) Menschen mit Behinderung,

b) Frauen,

c) Beschäftigte ab 55 Jahre und

d) Jugendliche bis 25 Jahre aus,

Drucksache 16/925 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

und wie verteilen sich die Kunden

a) mit Behinderungen,

b) weiblichen Geschlechts,

c) ab 55 Jahre,

d) in jugendlichem Alter in den jeweiligen Agenturbezirken auf die ver-
schiedenen Kundengruppen?

(Bitte sowohl die einzelnen Kundengruppen in Prozentzahlen hinsichtlich
jeder genannten Personengruppe aufschlüsseln, als auch jede Personengrup-
pe dahin gehend aufschlüsseln, wie viel Prozent welcher Kundengruppe zu-
gewiesen werden.)

6. Welche Möglichkeiten haben Arbeitslose und von Arbeitslosigkeit bedrohte
Arbeitsuchende, auf ihre Eingruppierung Einfluss zu nehmen, wenn sie der
Meinung sind, dass diese nicht ihren Vermittlungschancen bzw. persön-
lichen Voraussetzungen gerecht wird?

7. Wer entscheidet auf welcher Grundlage, ob einem Kunden arbeitsmarktför-
dernde Produkte gewährt oder angeboten werden können, wenn dieser einer
Kundengruppe angehört, für die diese Produkte nicht vorgesehen sind?

8. Weshalb ist gerade für Betreuungskunden, denen die schlechtesten Vermitt-
lungschancen zugesprochen werden, der Einsatz von Förderprodukten, wie
Eingliederungszuschuss, Mobilitätshilfe, Trainingsmaßnahme zur Einstel-
lungsfeststellung bzw. zur Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten
oder Förderung der beruflichen Weiterbildung nicht vorgesehen, so dass
ihre Wiedereingliederung dadurch zusätzlich erschwert wird?

9. Weshalb erhalten Marktkunden unabhängig von ihrer persönlichen finan-
ziellen Situation keine finanziellen Unterstützungsleistungen zur Aufnahme
einer Beschäftigung, wie z. B. Mobilitätshilfen, obwohl mit einer daraus
resultierenden schnelleren Vermittlung die Arbeitsagentur finanziell entlas-
tet würde?

10. Auf welcher Grundlage erfolgt der Ausschluss einzelner Kundengruppen
von bestimmten arbeitsmarktfördernden Produkten, obwohl alle Empfänger
des Arbeitslosengeldes I vor ihrer Arbeitslosigkeit in gleicher Weise Zah-
lungen in die Arbeitslosenversicherung leisteten?

11. Aus welchen Gründen betrachtet die Bundesregierung die Einschränkung
des gleichen Zugangs von Arbeitslosen zu geförderten beruflichen Weiter-
bildungsmaßnahmen durch die seit Anfang 2003 geltende Regelung, wo-
nach die von der Zentrale der Bundesagentur für Arbeit neu eingeführten
Vorgaben einer prognostizierten Verbleibsquote von 70 Prozent für die Zu-
lassung von Maßnahmen und einer möglichst hohen individuellen Einglie-
derungswahrscheinlichkeit von Maßnahmeteilnehmerinnen und -teilneh-
mern als Kriterien für die Förderung gelten sollen, nicht als Tatbestand der
Diskriminierung, zumal es in weiten Bereichen des Landes, wie z. B. in Ost-
deutschland, ohnehin kaum neue Arbeitsplätze gibt?

Berlin, den 7. März 2006

Kornelia Möller
Dr. Ilja Seifert
Werner Dreibus
Klaus Ernst
Dr. Axel Troost
Katja Kipping

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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