BT-Drucksache 16/9065

Tropenwaldschutz braucht solide Finanzierung - Entwaldung vermeiden, Klima- und Biodiversität schützen

Vom 7. Mai 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/9065
16. Wahlperiode 07. 05. 2008

Antrag
der Abgeordneten Thilo Hoppe, Bärbel Höhn, Undine Kurth (Quedlinburg), Ute
Koczy, Dr. Anton Hofreiter, Cornelia Behm, Marieluise Beck (Bremen), Volker Beck
(Köln), Alexander Bonde, Dr. Uschi Eid, Kerstin Müller (Köln), Winfried Nachtwei,
Omid Nouripour, Claudia Roth (Augsburg), Rainder Steenblock, Jürgen Trittin und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Tropenwaldschutz braucht solide Finanzierung – Entwaldung vermeiden,
Klima- und Biodiversität schützen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die weltweite Waldzerstörung trägt mit ca. 20 Prozent zum jährlichen Ausstoß
von Treibhausgasen bei. Eine Reduktion dieser Emissionen aus Entwaldung und
Walddegradierung (REDD – Reducing Emissions from Deforestation and De-
gradation) ist daher klimapolitisch und zum Schutz der Biodiversität dringend
notwendig.

Auf der Klimakonferenz in Bali im Dezember 2007 wurde vereinbart, bis Ende
2009 einen Rahmen für einen effizienten Waldschutz innerhalb eines Kyoto-
Plus-Regimes zu erarbeiten. Ziel ist die Schaffung einer Regelung, die Entwick-
lungsländer, die ihren Wald durch nachhaltige Nutzung schützen, finanziell
beim Aufbau regionaler Wertschöpfungsketten zu unterstützen und für die ent-
gangenen Einnahmen aus dem Raubbau am Wald zu entschädigen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. sich international dafür einzusetzen, dass durch einen effizienten Tropen-
waldschutz in Entwicklungsländern noch vor 2012 erhebliche Beiträge zum
Schutz von Klima und Biodiversität geleistet werden;

2. sich international dafür einzusetzen, dass zügig Finanzierungsmechanismen
für die Kompensation von vermiedener Entwaldung für den Zeitraum nach
2012 entwickelt werden, die in der Lage sind, jährlich Finanzmittel in zwei-
stelliger Milliardenhöhe für den Tropenwaldschutz zu mobilisieren;

3. national ein Sofort-Finanzierungsprogramm zu schaffen, das dem Beispiel
Norwegens folgt und Mittel für den Tropenwaldschutz in Höhe von mindes-
tens 500 Mio. Euro jährlich ab dem kommenden Jahr bereitstellt. Dazu soll
auch ein Teil der Mittel aus der Versteigerung von Emissionszertifikaten und

aus anderen innovativen Finanzierungsinstrumenten bereitgestellt werden;

4. andere Geberländer, insbesondere aus den Reihen der G8-Staaten, für ein
solches Sofort-Finanzierungsprogramm zum Tropenwaldschutz zu gewin-
nen, um den Entwicklungsländern für die Verhandlungen der 9. Vertrags-
staatenkonferenz der internationalen Konvention über die biologische Viel-
falt (COP 9) deutliche Unterstützung bei der Umsetzung verbindlicher Be-
schlüsse zu signalisieren;

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5. sich dafür einzusetzen, dass die Europäische Union (EU) auch überschüssige
Mittel aus dem Haushalt der Gemeinsamen Agrarpolitik nutzt, um einen
größeren Beitrag zum Tropenwaldschutz zu leisten;

6. bei der Zusammenarbeit mit anderen Gebern die Erfahrungen aus den bishe-
rigen bilateralen Pilotvorhaben zum Schutz des Klimas und der biologischen
Vielfalt (wie z. B. dem Pilotprogramm zur Bewahrung der tropischen
Regenwälder Brasiliens – PPG7 – oder dem Kamerun-Waldschutzprogramm)
zu systematisieren und in die Klimaverhandlungen 2009 einzubringen;

7. bei den Pilotprogrammen zur Gestaltung eines verlässlichen rechtlichen und
logistischen Rahmens für „vermiedene Entwaldung“, die noch vor dem Be-
ginn der zweiten Verpflichtungsperiode des Kyotoprotokolls 2012 anlaufen,
nicht nur auf die Weltbankinitiative „Forest Carbon Partnership Facility“
(FCPF) zu setzen. Auch andere Vorschläge für Finanzierungsfonds, die von
Tropenwaldländern wie z. B. Brasilien gemacht wurden, sollen geprüft wer-
den;

8. neben multilateralen Instrumenten beim Tropenwaldschutz auch die bilate-
rale finanzielle und technische Zusammenarbeit einzusetzen;

9. die Erarbeitung eines internationalen politischen Rahmens für einen effi-
zienten Tropenwaldschutz auf transparente und partizipative Art unter
Mitsprache der Entwicklungsländerregierungen und der lokalen Akteure
(insbesondere Indigene und Kleinbauern, die von den Früchten des Waldes
leben) und nationaler wie auch internationaler Nichtregierungsorganisa-
tionen zu gestalten und sich für ein Moratorium für neue Entwaldung durch
industrielle Nutzungen einzusetzen, um Zeit für diese Planungsprozesse zu
gewinnen;

10. sicherzustellen, dass der Schutz der Wälder und der biologischen Vielfalt
mit der Verbesserung der Lebensbedingungen der lokalen Bevölkerung
(Kleinbauern und Indigene) einhergeht und die Mittel für den Tropenwald-
schutz insbesondere denjenigen zugute kommt, die wertvolle Dienstleistun-
gen für den Erhalt und die nachhaltige Bewirtschaftung des Tropenwaldes
leisten;

11. den Tropenwaldschutz auch unter der Klimarahmenkonvention zu berück-
sichtigen und dabei sicherzustellen, dass die Verpflichtungsstaaten Emissi-
onseinsparungen aus der finanziellen Unterstützung der „vermiedenen Ent-
waldung“ nur zusätzlich und keinesfalls alternativ zur Erreichung ihrer
bestehenden Emissionsziele nutzen können; dies würde gegebenenfalls eine
erhebliche Erhöhung der Reduktionsziele der EU bis 2020 auf deutlich über
30 Prozent erforderlich machen;

12. sich dafür einzusetzen, dass die EU aktiv auf Entwicklungsländer als strate-
gische Partner des Klimaschutzes zugeht und über die Unterstützung eines
Mechanismus der „vermiedenen Entwaldung“ zu einer Reduktion der Emis-
sionen in Tropenwaldländern beiträgt;

13. für die Zusammenarbeit mit den Entwicklungsländern im Bereich der Ver-
meidung und Anpassung an den Klimawandel auf neue zusätzliche – über
das 0,7-Prozent-Ziel hinausgehende – Finanzmittel zu setzen, wie dies auch
vom Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) im Human
Development Report 2007/2008 vorgeschlagen wird;

14. in der internationalen Zusammenarbeit ein integriertes Konzept von Klima-
schutz und Natur- und Artenschutz zu verfolgen;

15. Tropenwaldländer beim Aufbau nationaler Kohlenstoffmärkte mit natio-
nalen Zielsetzungen zu unterstützen, die auch „vermiedene Entwaldung“

einbeziehen, um so starke Anreize zu schaffen, sich am künftigen Klima-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/9065

regime zu beteiligen und dieses für den nationalen Schutz der biologischen
Vielfalt zu nutzen;

16. sich in der Weltbank bei der Weiterentwicklung der Weltbankinitiative
FCPF engagiert für Synergien zwischen Reduktion von Emissionen aus
Entwaldung (REDD) und der Einrichtung von langfristig ausgerichteten
Schutzgebieten in den letzten intakten Urwaldgebiete einzusetzen;

17. sich den Bestrebungen der Weltbank zu widersetzen, einen Finanzierungs-
mechanismus für vermiedene Entwaldung (REDD) mit dem Konzept der
industriellen Holznutzung zu verbinden;

18. bei den Verhandlungen der COP 9 sicherzustellen, dass die Arbeitspro-
gramme zu Schutzgebieten für Wälder und der biologischen Vielfalt in
Wäldern mit einem möglichen Finanzierungsmechanismus für vermiedene
Entwaldung (REDD) konzeptionell verzahnt werden;

19. die verbesserte Regierungsführung und -durchsetzung (good governance)
sowie die verbindliche Regelung der Produktion sowie der Konsumtion von
Holzprodukten und Biomasse hierbei als Maßnahmen zum Schutz der bio-
logischen Vielfalt sowie des Klimaschutzes bei der COP 9 engagiert voran-
zubringen;

20. Schutzgebiete und deren Vernetzung als zentrales Instrument zum Tropen-
walderhalt sowie zur Sicherung der Rechte indigener Völker und lokaler
Gemeinschaften auf der COP 9 auszubauen;

21. sich im Rahmen der COP-9-Verhandlungen dafür einzusetzen, dass ver-
bindlich verankert wird, dass ein Anteil der Auktionierungserlösen aus
Emissionszertifikaten in den Verpflichtungsstaaten für den Urwaldschutz
zur Verfügung gestellt wird.

Berlin, den 7. Mai 2008

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

Begründung

Durch die weltweite jährliche Waldzerstörung von 13 bis 15 Mio. Hektar werden
Treibhausgase im Umfang der gesamten jährlichen US-Emissionen freigesetzt.
Bei der Klimakonferenz in Bali wurde im Dezember 2007 vereinbart, positive
Anreizstrukturen für den Waldschutz zu entwickeln. Über Pilotprogramme in
Tropenwaldländern soll bis zur Vertragsstaatenkonferenz Ende 2009 ein Rah-
men für einen effizienten Waldschutz im Rahmen eines Kyoto-Plus-Regimes er-
arbeitet werden. Kernpunkt ist die Einführung eines Kompensationsregimes für
„vermiedene Entwaldung“. Entwicklungsländer, die ihren Wald schützen, sollen
einen finanziellen Ausgleich dafür erhalten. Dabei handelt es sich um eine der
am schnellsten wirksamen und kostengünstigsten Formen des Klimaschutzes.
Effizienter Waldschutz kann nur gelingen, wenn wesentlichen staatlichen und
privaten Akteuren klar wird, dass es ökonomisch vernünftiger und lukrativer ist,
den Wald zu erhalten, statt ihn abzuholzen.

Die Bundesregierung hat zur Waldfazilität der Weltbank FCPF mit einer ein-
maligen Zusage von 40 Mio. Euro beigetragen. Einzelne Geberländer wie Nor-
wegen haben eigene umfangreiche Tropenwaldschutzprogramme von jährlich
545 Mio. US-Dollar angekündigt.

Drucksache 16/9065 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Im Mai 2008 finden in Bonn die UN-Biodiversitätsschutzkonferenz (9. Vertrags-
staatenkonferenz des Übereinkommens über die biologische Vielfalt – (COP 9
der CBD) und die 4. Vertragsparteienkonferenz des Cartagena-Protokolls über
biologische Sicherheit (MOP 4) statt. Es bietet sich die hervorragende Chance,
beim Tropenwaldschutz neue Akzente zu setzen.

Das in Tropenwäldern gespeicherte CO2 entspricht den Weltemissionen von
ca. 50 Jahren. Die größten noch intakten tropischen Wälder gibt es in Ama-
zonien, im Kongo-Becken und im indo-malayischen Raum (Indonesien,
Malaysia, Papua-Neuguinea). Regenwälder sind jedoch sehr viel mehr als
simple CO2-Speicher. Sie sind große Klimaanlagen, die Sonnenenergie in
Wasserdampf verwandeln und damit auch die Niederschläge in den mittleren
Breiten nördlich und südlich des Äquators beeinflussen. Und sie sind zuerst und
vor allem Lebensräume für Mensch und Tier.

Niemand bezweifelt den Reichtum von Artenvielfalt und die enormen Öko-
systemleistungen, die Wälder erbringen. Eine monetäre Bewertung der Leistun-
gen des Waldes ist heute jedoch nur im Rahmen des Klimaschutzes möglich.
Deshalb wird die Debatte über die Kompensation von „vermiedener Ent-
waldung“ eine enorme politische Hebelwirkung auch in Richtung des Schutzes
der biologischen Vielfalt haben.

Wer im Wald nur die Bäume und deren Materialwert sieht, unterschätzt die
vielfältige Bedeutung des Waldes gerade auch für die Klimastabilisierung. Ein
solches Denken führt schnell zu falschen Anreizstrukturen zugunsten von
Viehzucht, Sojaanbau und Palmölplantagen. Die Umweltdienstleistungen der
Wälder werden bisher nicht entlohnt.

Der größte Teil der Waldzerstörung geht auf die landwirtschaftliche Nutzung zu-
rück. Dabei handeln nicht nur profitgierige Einzelpersonen, sondern es ist ein
System am Werk, das die Regierungen der Tropenwaldländer durch Außenhan-
delspolitik, Kreditpolitik, Subventionen, Agrarforschung und Ausbau der Infra-
struktur mit gestalten.

Gerade die handelspolitischen Entscheidungen betreffen uns in Europa aber
auch selbst. Das Ende der Tiermehlverfütterung nach der BSE-Krise hat zu
einem Anstieg der Soja- und Fleischimporte aus Brasilien in die EU geführt.
Aber auch wachsende Einkommen in China verändern die Ernährungsgewohn-
heiten, mit dem Ergebnis, dass mehr Rind-, Schweine- und Hühnerfleisch geges-
sen wird. Auch dies bewirkt eine Ausweitung der Futtermittelproduktion und
der Viehzucht in die Tropenwälder hinein.

Wir stehen vor der Herausforderung, große Summen für den Waldschutz bewe-
gen zu müssen. Nicholas Stern, britischer Ökonom, spricht von jährlich 15 Mrd.
Dollar. Das heißt, die in Bali beschlossenen Pilotmaßnahmen können lediglich
dazu beitragen, einen Rahmen für ein zukünftiges internationales Finanzie-
rungsmodell und für die Gestaltung der Transfers auszuarbeiten.

Dabei ist besonders wichtig: Entwaldung findet nicht im sozialen Vakuum statt.
Neue Finanzierungsinstrumente müssen indigene Völker und Kleinbauern für
ihre unschätzbaren Dienste belohnen. Sie leisten Großes für den Klimaschutz
und das Überleben von Pflanzen und Tieren.

Um die Erderwärmung unter 2 Grad zu halten, sind hohe Reduktionen der Treib-
hausgasemissionen aller Industrieländer erforderlich. Sie allein reichen aber
nicht aus. In Bali haben auch die großen Emittenten unter den Entwicklungslän-
dern zugesagt, Maßnahmen für die Reduktion ihrer Emissionen zu treffen. Sie
erwarten jedoch dafür „messbare, berichtsfähige und nachweisfähige“ Unter-
stützung aus den Industrieländern (Bali Action Plan).

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 – Drucksache 16/9065

Es geht jedoch auch darum, in den großen Entwicklungsländern schrittweise
nationale Kohlenstoffmärkte aufzubauen, die später an den internationalen Koh-
lenstoffhandel angeschlossen werden können.

In den Tropenwaldländern sind nationale Kohlenstoffmärkte nur dann von einer
ökonomisch interessanten Größe, wenn auch die Emissionen aus dem Wald ein-
bezogen werden. Blendet das zukünftige Klimaregime diese Dimension aus,
dann werden für Länder wie Brasilien, die anderen Amazonasstaaten und Indo-
nesien keine starken Anreize geschaffen, sich am künftigen Klimaregime zu be-
teiligen und dieses für den nationalen Schutz der biologischen Vielfalt zu nut-
zen. Anders als bei den Verhandlungen zum jetzigen Klimaabkommen können
in den laufenden Verhandlungen unter dem Dach der Klimarahmenkonvention
die Reduktion von Emissionen aus der Verbrennung fossiler Energieträger und
aus der Entwaldung für die Zeit nach 2012 von Anfang an gemeinsam gedacht
und diskutiert werden.

In der darüber bereits stattfindenden Diskussion herrscht weitestgehend Kon-
sens darüber, dass der Waldschutz in die Regelungen der Klimarahmenkonven-
tion integriert werden muss. Uneinigkeit besteht hingegen bei der Frage, wie
dies geschehen soll. Möglich wäre sowohl eine Fondslösung, wie von Brasilien
vorgeschlagen, als auch die Einbeziehung in den Emissionshandel. Für letzteres
spricht sich die Rainforest Coalition aus. Zu dieser haben sich 15 Entwicklungs-
länder zusammengeschlossen, in denen es Tropenwälder gibt. Auch eine Kom-
bination aus beiden Ansätzen wäre denkbar.

Eine Festlegung auf ein bestimmtes Modell erscheint zum jetzigen Zeitpunkt
verfrüht, Gleiches gilt allerdings auch für den kategorischen Ausschluss be-
stimmter Optionen. Die Zieldimension ist jedoch klar: Es müssen ausreichende
Finanzmittel für einen effektiven Tropenwaldschutz bereitgestellt und das
notwendige globale Emissionsreduktionsvolumen sichergestellt werden, das
uns auf einen 2-Grad-Pfad bringt. Dies kann absehbar nur sichergestellt
werden, wenn Emissionsreduktionen aus Waldschutz zusätzlich zu den bisher
vom IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) genannten Emissions-
reduktionen in Industrieländern in Höhe von 25 bis 40 Prozent gegenüber 1990
erbracht werden. Der Waldschutz kann nur ein zusätzlicher Beitrag der Ent-
wicklungsländer zum Klimaschutz sein und darf nicht dazu führen, dass sich die
Industrieländer klimapolitisch freikaufen und es unterlassen, die notwendigen
industriepolitischen Weichen für den heimischen Klimaschutz zu stellen.

Voraussetzung für eine Einbeziehung des Tropenwaldes in den Emissionshandel
wäre daher, dass die Reduktionsziele der Industrieländer deutlich erhöht
würden. Ohne diese wird eine Einbeziehung des Tropenwaldschutzes in den
Emissionshandel mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer Verfehlung des 2-Grad-
Ziels führen.

Eine Marktlösung würde sowohl für die Tropenwaldländer, die in Vorleistung
treten müssen, als auch für Investoren klare und verlässliche Spielregeln vorge-
ben müssen. Der größte Vorteil einer Marktlösung wäre, dass sie große Summen
für den Tropenwaldschutz bewegen würden ohne in Konflikt mit der Entwick-
lungsfinanzierung zu geraten.

Neben dem Emissionshandel ist auch eine Fondslösung für die Finanzierung des
Tropenwaldschutzes denkbar und kurzfristig notwendig. OECD-Länder sollen
für einen solchen Fonds zusätzliche Haushaltsmittel bereitstellen. Darüber hin-
aus gilt es, auch private Beiträge einzuwerben. Den Vorschlag, einen Waldfonds
über einen Teil der Versteigerungserlöse der Emissionszertifikate im euro-
päischen Handelssystem zu speisen, gilt es politisch zu unterstützen. Die EU-
Kommission hat vorgeschlagen, nach 2012 einen Teil der erwarteten jährlich
50 Mrd. Euro Einnahmen aus der Auktionierung der Emissionsrechte für den

internationalen Waldschutz einzusetzen.

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Schließlich wäre auch ein „duales“ Emissionshandelssystem denkbar, bei dem
die Tropenwaldzertifikate nur eingeschränkt, bis zu einem bestimmten Prozent-
satz, für die Reduzierung von energiebedingten Emissionen in Industrieländern
herangezogen werden können. Dadurch würde einer Überflutung des Emis-
sionshandels mit Waldzertifikaten vorgebeugt.

Klimaschutz ist ohne Zusammenarbeit mit den Entwicklungsländern undenkbar.
Bisher wird er aus den Kassen der Entwicklungszusammenarbeit finanziert. Wir
können jedoch nicht neben der Armutsbekämpfung noch die Vermeidung des
Klimawandels und der Anpassung an den Klimawandel aus den Mitteln finan-
zieren, die im Rahmen des 0,7-Prozent-Ziels versprochen wurden. Bei der
Kooperation im Bereich Klimaschutz handelt es sich entweder um ein interna-
tionales Tauschgeschäft – etwa den Erhalt von biologischer Vielfalt gegen
finanzielle Unterstützung – oder um die Kofinanzierung eines globalen
Gemeinschaftsgutes wie Klimastabilität. Deswegen ist es nicht angemessen, den
Klimaschutz – von dem auch die reichen Länder profitieren – aus den laufenden
Etats für Entwicklungszusammenarbeit zu finanzieren. Es muss neues Geld in
erheblichem Umfang dazu kommen – oder wir brauchen einen effizienten
Marktmechanismus. Auch eine Kombination von beidem ist denkbar.

Grundsätzlich muss die Erarbeitung eines politischen Rahmens für einen effi-
zienten Waldschutz auf transparente und partizipative Art geschehen. Parti-
zipativ heißt, dass zum einen die Akteure vor Ort gehört werden und ein
Mitspracherecht erhalten. Partizipativ heißt, dass die Regierungen der Tropen-
waldländer eine entscheidende Rolle spielen. Schließlich heißt partizipativ auch,
dass bilaterale Institutionen, die über lange Jahre wertvolle Erfahrungen im
Waldschutz gesammelt haben, wie z. B. die KfW Bankengruppe AG und die
Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit GmbH, an der
konzeptionellen Entwicklung und an der operativen Umsetzung der Programme
der „Vermeidung von Entwaldung“ beteiligt werden.

Dort, wo Regierungen von Entwicklungsländern Institutionen im Rahmen der
bilateralen Kooperation den Vorrang vor der Weltbank geben wollen, soll dies
ermöglicht werden. Wichtig ist jedoch, dass man sich auf einen gemeinsamen
Rahmen verständigt.

Gerade die deutsche Entwicklungszusammenarbeit hat im internationalen Wald-
schutz seit der Rio-Konferenz von 1992 viel erreicht. Sie hat das Pilotprogramm
zum Schutze des Amazonaswaldes der G7 (PPG7) voran gebracht. Diese wert-
vollen Erfahrungen müssen für den Waldschutz als Klimaschutz fruchtbar
gemacht werden.

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