BT-Drucksache 16/8914

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung -16/6815- Entwurf eines Gesetzes zur Erleichterung familiengerichtlicher Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls

Vom 23. April 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/8914
16. Wahlperiode 23. 04. 2008

Beschlussempfehlung und Bericht
des Rechtsausschusses (6. Ausschuss)

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung
– Drucksache 16/6815 –

Entwurf eines Gesetzes zur Erleichterung familiengerichtlicher Maßnahmen
bei Gefährdung des Kindeswohls

A. Problem

Zum besseren Schutz gefährdeter Kinder und Jugendlicher sieht der Gesetzent-
wurf die Möglichkeit der frühzeitigen Anrufung des Familiengerichts vor. Die
vielfältigen bereits vorhandenen Gestaltungsmöglichkeiten des Familienge-
richts werden konkretisiert. So kann das Familiengericht ohne den Eltern ein
konkretes Fehlverhalten nachweisen zu müssen bei Gefährdung des Kindes-
wohls Gebote zur Durchsetzung der Schulpflicht oder zur Annahme von Leis-
tungen der Kinder- und Jugendhilfe, aber auch Kontaktverbote zwischen einem
oder beiden Elternteilen und dem Kind aussprechen. Neu eingeführt werden der
Verfahrensbestandteil der „Erörterung der Kindeswohlgefährdung“ sowie die
Pflicht des Familiengerichts, seine Entscheidung noch einmal zu überprüfen,
wenn es in einem Verfahren wegen Gefährdung des Kindeswohls von der An-
ordnung einer Maßnahme zum Schutz des Kindes abgesehen hat. Ferner sollen
Gerichtsverfahren beschleunigt und die Rechtssicherheit bei der freiheitsentzie-
henden Unterbringung von Kindern und Jugendlichen erhöht werden.

B. Lösung

Annahme des Gesetzentwurfs mit den vom Ausschuss beschlossenen Änderun-
gen. Zur besseren Berücksichtigung von Fällen häuslicher Gewalt wird klarge-
stellt, dass die persönliche Anhörung der Eltern in begründeten Fällen getrennt
durchzuführen ist. Auch die Erörterung der Kindeswohlgefährdung soll in be-
gründeten Fällen in Abwesenheit eines Elternteils durchgeführt werden kön-
nen. Auf Vorschlag des Bundesrates soll ein alleinvermögens-sorgeberechtigter
Elternteil oder ein zum Vormund oder Betreuer bestellter Elternteil nicht mehr
verpflichtet sein, seine Absicht einer Eheschließung beim Familiengericht an-
zuzeigen und ein Vermögensverzeichnis einzureichen. Die Verpflichtung des
mit dem Kind in fortgesetzter Gütergemeinschaft lebenden Ehegatten bei Hei-
rat bleibt bestehen, um in diesen Fällen den präventiven Vermögensschutz zu
erhalten. Ferner wird klargestellt, dass Inhalt einer einstweiligen Anordnung
des Familiengerichts auch ein Umgangsausschluss sein kann.

Einstimmige Annahme des Gesetzentwurfs in geänderter Fassung

Drucksache 16/8914 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

C. Alternativen

Ablehnung des Gesetzentwurfs und Beibehaltung der Rechtslage.

D. Kosten

Wurden im Ausschuss nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/8914

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Gesetzentwurf auf Drucksache 16/6815 in der aus der anliegenden Zusam-
menstellung ersichtlichen Fassung anzunehmen.

Berlin, den 23. April 2008

Der Rechtsausschuss

Andreas Schmidt (Mülheim)
Vorsitzender

Ute Granold
Berichterstatterin

Christine Lambrecht
Berichterstatterin

Sabine Leutheusser-
Schnarrenberger
Berichterstatterin

Jörn Wunderlich
Berichterstatter

Jerzy Montag
Berichterstatter

Drucksache 16/8914 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

E n t w u r f


B e s c h l ü s s e d e s 6 . A u s s c h u s s e s


Zusammenstellung

des Entwurfs eines Gesetzes zur Erleichterung familiengerichtlicher Maßnahmen
bei Gefährdung des Kindeswohls
– Drucksache 16/6815 –
mit den Beschlüssen des Rechtsausschusses (6. Ausschuss)

Entwurf eines Gesetzes zur Erleichterung
familiengerichtlicher Maßnahmen bei

Gefährdung des Kindeswohls

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1

Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs

Das Bürgerliche Gesetzbuch in der Fassung der Bekannt-
machung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42, 2909; 2003 I
S. 738), zuletzt geändert durch (…), wird wie folgt geän-
dert:

0. Die Inhaltsübersicht wird wie folgt geändert:

a) Die Angabe zu § 1683 wird wie folgt gefasst:

„§ 1683 (weggefallen)“.

b) Die Angabe zu § 1845 wird wie folgt gefasst:

„§ 1845 (weggefallen)“.

1. u n v e r ä n d e r t

2. u n v e r ä n d e r t

Entwurf eines Gesetzes zur Erleichterung
familiengerichtlicher Maßnahmen bei

Gefährdung des Kindeswohls

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1

Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs

Das Bürgerliche Gesetzbuch in der Fassung der Bekannt-
machung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42, 2909; 2003 I
S. 738), zuletzt geändert durch (…), wird wie folgt geän-
dert:

1. § 1631b wird wie folgt geändert:

a) In Satz 1 werden die Wörter „ist nur mit Genehmi-
gung des Familiengerichts zulässig durch die Wörter
„bedarf der Genehmigung des Familiengerichts“ er-
setzt.

b) Nach Satz 1 wird folgender Satz eingefügt:

„Die Unterbringung ist zulässig, wenn sie zum Wohl
des Kindes, insbesondere zur Abwendung einer er-
heblichen Selbst- oder Fremdgefährdung, erforder-
lich ist und der Gefahr nicht auf andere Weise, auch
nicht durch andere öffentliche Hilfen, begegnet wer-
den kann.“

2. § 1666 wird wie folgt geändert:

a) Absatz 1 wird wie folgt gefasst:

„(1) Wird das körperliche, geistige oder seelische
Wohl des Kindes oder sein Vermögen gefährdet und
sind die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage,
die Gefahr abzuwenden, so hat das Familiengericht
die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung der
Gefahr erforderlich sind.“

b) Absatz 3 wird wie folgt gefasst:

„(3) Zu den gerichtlichen Maßnahmen nach Ab-
satz 1 gehören insbesondere

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 – Drucksache 16/8914

E n t w u r f B e s c h l ü s s e d e s 6 . A u s s c h u s s e s

1. Gebote, öffentliche Hilfen wie zum Beispiel Leis-
tungen der Kinder- und Jugendhilfe und der Ge-
sundheitsfürsorge in Anspruch zu nehmen,

2. Gebote, für die Einhaltung der Schulpflicht zu
sorgen,

3. Verbote, vorübergehend oder auf unbestimmte
Zeit die Familienwohnung oder eine andere Woh-
nung zu nutzen, sich in einem bestimmten Um-
kreis der Wohnung aufzuhalten oder zu bestim-
mende andere Orte aufzusuchen, an denen sich
das Kind regelmäßig aufhält,

4. Verbote, Verbindung zum Kind aufzunehmen
oder ein Zusammentreffen mit dem Kind herbei-
zuführen,

5. die Ersetzung von Erklärungen des Inhabers der
elterlichen Sorge,

6. die teilweise oder vollständige Entziehung der
elterlichen Sorge.“

3. Dem § 1696 Abs. 3 wird folgender Satz angefügt:

„Sieht das Familiengericht von Maßnahmen nach den
§§ 1666 bis 1667 ab, soll es seine Entscheidung in ange-
messenem Zeitabstand, in der Regel nach drei Monaten,
überprüfen.“

4. In § 1712 Abs. 1 Nr. 2 werden die Wörter „einschließ-
lich der Ansprüche auf eine anstelle des Unterhalts zu
gewährende Abfindung“ gestrichen.

Artikel 2

Änderung des Gesetzes über die Angelegenheiten
der freiwilligen Gerichtsbarkeit

Das Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen
Gerichtsbarkeit in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliede-
rungsnummer 315-1, veröffentlichten bereinigten Fassung,
zuletzt geändert durch (…), wird wie folgt geändert:

1. In § 50a Abs. 1 Satz 3 werden nach dem Wort „anzuhö-
ren das Komma sowie die Wörter um mit ihnen zu klä-
ren, wie die Gefährdung des Kindeswohls abgewendet
werden kann“ gestrichen.

2. Nach § 50d werden folgende §§ 50e und 50f eingefügt:

㤠50e

Vorrang- und Beschleunigungsgebot

2a. § 1683 wird aufgehoben.

3. u n v e r ä n d e r t

4. u n v e r ä n d e r t

5. § 1845 wird aufgehoben.

6. In § 1908i Abs. 1 Satz 1 wird nach der Angabe
„§§ 1839 bis 1843“ das Komma und die Angabe
„1845“ gestrichen.

Artikel 2

Änderung des Gesetzes über die Angelegenheiten
der freiwilligen Gerichtsbarkeit

Das Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen
Gerichtsbarkeit in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliede-
rungsnummer 315-1, veröffentlichten bereinigten Fassung,
zuletzt geändert durch (…), wird wie folgt geändert:

1. § 50a wird wie folgt geändert:

a) In Absatz 1 Satz 3 werden nach dem Wort „anzuhö-
ren das Komma sowie die Wörter um mit ihnen zu
klären, wie die Gefährdung des Kindeswohls abge-
wendet werden kann“ gestrichen.

b) Dem Absatz 3 wird folgender Satz angefügt:

„Das Gericht hört einen Elternteil in Abwesenheit
des anderen Elternteils an, wenn dies zum Schutz
eines Elternteils oder aus anderen Gründen erfor-
derlich ist.“

2. Nach § 50d werden folgende §§ 50e und 50f eingefügt:

㤠50e

u n v e r ä n d e r t

Drucksache 16/8914 – 6 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

E n t w u r f B e s c h l ü s s e d e s 6 . A u s s c h u s s e s

(1) Verfahren, die den Aufenthalt des Kindes, das
Umgangsrecht oder die Herausgabe des Kindes betref-
fen, sowie Verfahren wegen Gefährdung des Kindes-
wohls, sind vorrangig und beschleunigt durchzuführen.

(2) Das Gericht erörtert in Verfahren nach Absatz 1
die Sache mit den Beteiligten in einem Termin. Der Ter-
min soll spätestens einen Monat nach Beginn des Ver-
fahrens stattfinden. Das Gericht hört in diesem Termin
das Jugendamt an. Eine Verlegung des Termins ist nur
aus zwingenden Gründen zulässig. Der Verlegungsgrund
ist mit dem Verlegungsgesuch glaubhaft zu machen.

(3) Das Gericht soll das persönliche Erscheinen der
Beteiligten anordnen.

(4) In Verfahren wegen Gefährdung des Kindeswohls
hat das Gericht unverzüglich den Erlass einer einstweili-
gen Anordnung zu prüfen.

§ 50f

Erörterung der Kindeswohlgefährdung

(1) In Verfahren nach den §§ 1666, 1666a des Bürger-
lichen Gesetzbuchs soll das Gericht mit den Eltern und
in geeigneten Fällen auch mit dem Kind erörtern, wie ei-
ner möglichen Gefährdung des Kindeswohls begegnet
werden kann, insbesondere durch öffentliche Hilfen, und
welche Folgen die Nichtannahme notwendiger Hilfen
haben kann. Das Gericht soll das Jugendamt zu dem
Termin laden.

(2) Das Gericht hat das persönliche Erscheinen der
Eltern zu dem Termin anzuordnen.“

3. § 52 Abs. 3 wird wie folgt gefasst:

„(3) Im Fall des Absatzes 2 soll das Gericht den Erlass
einer einstweiligen Anordnung über den Verfahrens-
gegenstand prüfen; in Verfahren, die das Umgangsrecht
betreffen, soll das Gericht den Umgang durch einstwei-
lige Anordnung regeln.“

4. § 70e Abs. 1 wird wie folgt geändert:

a) In Satz 2 werden die Wörter „Der Sachverständige
soll“ durch die Wörter „In den Fällen des § 70 Abs. 1
Satz 2 Nr. 1 Buchstabe b und Nr. 3 soll der Sachver-
ständige“ ersetzt.

b) Nach Satz 2 wird folgender Satz eingefügt:

„In den Fällen des § 70 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Buchsta-
be a soll der Sachverständige in der Regel Arzt für
Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie
sein; das Gutachten kann auch durch einen in Fragen
der Heimerziehung ausgewiesenen Psychotherapeu-
ten, Psychologen, Pädagogen oder Sozialpädagogen
erstattet werden.“

§ 50f

Erörterung der Kindeswohlgefährdung

(1) In Verfahren nach den §§ 1666, 1666a des Bürger-
lichen Gesetzbuchs soll das Gericht mit den Eltern und
in geeigneten Fällen auch mit dem Kind erörtern, wie ei-
ner möglichen Gefährdung des Kindeswohls begegnet
werden kann, insbesondere durch öffentliche Hilfen, und
welche Folgen die Nichtannahme notwendiger Hilfen
haben kann.

(2) Das Gericht hat das persönliche Erscheinen der
Eltern anzuordnen und soll das Jugendamt zu dem
Termin laden. Das Gericht führt die Erörterung in
Abwesenheit eines Elternteils durch, wenn dies zum
Schutz eines Beteiligten oder aus anderen Gründen
erforderlich ist.“

3. § 52 Abs. 3 wird wie folgt gefasst:

„(3) Im Fall des Absatzes 2 soll das Gericht den Erlass
einer einstweiligen Anordnung über den Verfahrens-
gegenstand prüfen; in Verfahren, die das Umgangsrecht
betreffen, soll das Gericht den Umgang durch einstwei-
lige Anordnung regeln oder ausschließen.“

4. u n v e r ä n d e r t

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 7 – Drucksache 16/8914

E n t w u r f B e s c h l ü s s e d e s 6 . A u s s c h u s s e s

Artikel 3

Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Artikel 2a

Änderung des Personenstandsgesetzes

§ 5 Abs. 5 des Personenstandsgesetzes in der im Bun-
desgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 211-1, ver-
öffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch (…)
geändert worden ist, wird wie folgt gefasst:

„(5) Der Standesbeamte hat dem Vormundschaftsge-
richt die Eheschließung mitzuteilen, wenn ein Verlobter
mit einem Abkömmling, der minderjährig ist oder für
den in Vermögensangelegenheiten ein Betreuer bestellt
ist, in fortgesetzter Gütergemeinschaft lebt.“

Artikel 2b

Änderung des Personenstandsrechtsreform-
gesetzes

Artikel 2 Abs. 16 Nr. 10 des Personenstandsrechts-
reformgesetzes vom 19. Februar 2007 (BGBl. I S. 122)
wird aufgehoben.

Artikel 3

u n v e r ä n d e r t

Drucksache 16/8914 – 8 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Ute Granold, Christine Lambrecht, Sabine
Leutheusser-Schnarrenberger, Jörn Wunderlich und Jerzy Montag

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat die Vorlage auf Drucksache
16/6815 in seiner 126. Sitzung am 15. November 2007 be-
raten und an den Rechtsausschuss zur federführenden Bera-
tung und an den Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen
und Jugend sowie an den Ausschuss für Gesundheit zur
Mitberatung überwiesen.

II. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
(54. Sitzung) und der Ausschuss für Gesundheit (82. Sit-
zung) haben die Vorlage am 23. April 2008 beraten und ein-
stimmig beschlossen, die Annahme des Gesetzentwurfs in
der Fassung der Beschlussempfehlung zu empfehlen.

III. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im
federführenden Ausschuss

Der Rechtsausschuss hat die Vorlage in seiner 83. Sitzung
am 16. Januar 2008 anberaten und in seiner 96. Sitzung am
23. April 2008 abschließend beraten und einstimmig be-
schlossen, die Annahme des Gesetzentwurfs in geänderter
Fassung zu empfehlen.

Alle Fraktionen waren sich einig, dass über die aufgenom-
menen Regelungen, die der besseren Berücksichtigung von
Fällen häuslicher Gewalt dienten (§ 50a Abs. 3 Satz 3 FGG
und § 50f Abs. 2 Satz 2 FGG), hinaus kein weiterer Ergän-
zungsbedarf bestehe. In diesem Zusammenhang wurde ins-
besondere erörtert, ob die Vorschrift zur Ladung der Eltern
zum frühen ersten Termin (§ 50e Abs. 3 FGG) sowie die
Vorschrift zum Hinwirken des Gerichts auf eine einver-
nehmliche Regelung (§ 52 Abs. 1 FGG) zu ergänzen seien.
Hiervon sei jedoch aus folgenden Gründen abgesehen wor-
den: § 50a FGG stelle als Vorschrift über die persönliche
Anhörung der Eltern eine Grundvorschrift dar. Sie gelte
daher sowohl für die Anhörung der Eltern im Rahmen des
frühen ersten Termins nach § 50e Abs. 2 FGG als auch für
die Anhörung der Eltern im Rahmen des richterlichen Hin-
wirkens auf eine einvernehmliche Regelung (§ 52 Abs. 1
Satz 2 FGG). Eine ausdrückliche Verweisung auf § 50a
FGG sei damit nicht erforderlich.

Die Fraktion der SPD erklärte, die zunehmende Anzahl
von Fällen der Misshandlung und Vernachlässigung von
Kindern erfordere ein rasches Handeln des Bundesgesetzge-
bers. Zurzeit bestünden für ein Eingreifen durch die Fami-
liengerichte gemäß § 1666 BGB hohe Hürden mit der
Folge, dass das Familiengericht zur Abwehr der Gefähr-
dung des Kindeswohls zumeist erst spät, teils nachdem
bereits irreparable Schäden für das Kind eingetreten sind,
angerufen werde. Der Verzicht auf die Tatbestandsvoraus-
setzung der gerichtlichen Feststellung elterlichen Erzie-
hungsversagens im neu gefassten § 1666 BGB erleichtere
nunmehr das familiengerichtliche Einschreiten zu einem
früheren Zeitpunkt. Der Gesetzentwurf konkretisiere die be-
reits bestehenden Gestaltungsmöglichkeiten des Gerichts

wie die Verpflichtung zur Teilnahme an einem Anti-Aggres-
sionskurs oder die Inanspruchnahme von Leistungen der
Jugendhilfe. Sie hoffe, dass die Gerichte zukünftig diese
Möglichkeiten vermehrt nutzten. In der derzeitigen Praxis
werde zu häufig die Entziehung der elterlichen Sorge und
somit der schwerwiegendste Eingriff in das Elternrecht ge-
wählt. Die Fraktion stellte klar, dass das Familiengericht in
den Fällen, in denen es von der Verhängung von Maßnah-
men zum Schutz des Kindeswohls absehe, seine Entschei-
dung nur einmal überprüfen müsse; es handele sich also
nicht um eine Verpflichtung zu einer Kettenüberprüfung,
wenn das Gericht die Lage entsprechend einschätze.

Im Rahmen des neu eingeführten Erörterungsgesprächs des
Kindeswohls (§ 50f FGG) könne das Gericht die Eltern ver-
anlassen, Hilfsangebote unter Hinweis auf mögliche weiter
reichende Konsequenzen wie der Entziehung des Sorge-
rechts anzunehmen. Um das Verfahren zeitlich nicht aus-
ufern zu lassen, werde ein Vorrang- und Beschleunigungs-
gebot eingeführt.

Grundsätzlich sollten am Erörterungsgespräch beide Eltern-
teile gemeinsam angehört werden. Bei besonderen Fällen
wie des Verdachts auf häusliche Gewalt habe das Gericht
nunmehr aber auch die Möglichkeit, die Eltern einzeln an-
zuhören, um die Frauen, die zumeist die Opfer häuslicher
Gewalt seien, nicht weiteren Gefährdungen auszusetzen.

Die Fraktion betonte, dass sich der Staat durch diesen Ge-
setzentwurf nicht in das Erziehungsrecht und die Erzie-
hungspflicht der Eltern dränge, die ihrer Verantwortung
nachkämen. Vielmehr sollten in den Ausnahmefällen, in
denen Eltern ihrer Verantwortung nicht nachkommen, An-
gebote zur Hilfestellung aufgezeigt werden. Dank der zahl-
reichen und sehr guten Berichterstattergespräche sei insge-
samt ein sehr gutes Gesetz entstanden.

Die Fraktion der FDP begrüßte die im Gesetzentwurf vor-
gesehenen Änderungen des § 1666 BGB, die teilweise die
Entwicklungen der Praxis nachzeichneten. Sie betonte, die
Gesetzesänderung führe nicht zu einer Verschiebung des
verfassungsrechtlich in Artikel 6 GG vorgegebenen Gleich-
gewichts zwischen den Rechten und Pflichten der Eltern
einerseits und dem Wächteramt des Staates bei Versagen der
Eltern andererseits. In der Praxis würden die Gesetzesände-
rungen allerdings nur bei einer ausreichenden personellen
und sachlichen Ausstattung der Familiengerichte und der
Jugendämter greifen können. Eine totale Kontrolle der
Eltern sei durch den Gesetzentwurf nicht intendiert und sei
auch gar nicht möglich; auch in der Zukunft lasse sich nicht
jede Misshandlung und Vernachlässigung von Kindern ver-
hindern.

Aufgrund des erweiterten Berichterstattergesprächs und der
Erkenntnisse aus den öffentlichen Anhörungen zur Reform
des FGG sehe der Gesetzentwurf in der Fassung der Be-
schlussempfehlung vor, in Fällen häuslicher Gewalt die
Möglichkeit einer getrennten Anhörung der Eltern vorzuse-
hen. Aus ihrer Sicht sei § 50a FGG die generelle Norm zu
der Frage, wie in Fällen häuslicher Gewalt Gespräche vor

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 9 – Drucksache 16/8914

Gericht durchgeführt werden könnten. Dies beziehe sich da-
her auch auf den ersten Termin gemäß § 50e FGG. Die
Fraktion bat die Bundesregierung ferner zu erklären, dass
mit den vorgelegten Änderungen keine Umkehr der Beweis-
last in Familienverfahren beschlossen würde.

Die Fraktion der FDP hätte es vorgezogen, wenn die vorge-
legten Gesetzesänderungen zum Schutz des Kindeswohls in
einem Paket mit dem FGG-Reformgesetz verabschiedet
worden wären. Dies hätte auch im Interesse der Praxis gele-
gen, die sich nun in kurzer Zeit mit zwei Gesetzesänderun-
gen im Bereich des Familiengerichtsverfahrens auseinan-
dersetzen müsste. Da die Verabschiedung des FGG-Reform-
gesetzes aber noch nicht absehbar sei, ziehe sie es vor, die
dringlichen Maßnahmen zum Schutz des Kindeswohls be-
reits jetzt zu verabschieden. Die Länder müssten sich ver-
pflichtet fühlen, durch eine angemessene personelle und
sachliche Ausstattung die Umsetzung des Gesetzes zu ge-
währleisten.

Die Fraktion der FDP stellte folgenden Entschließungsan-
trag:

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest;

Kinder sind unsere Zukunft, zugleich aber auch eines der
schwächsten Glieder unserer Gesellschaft. Sie bedürfen
eines besonderes Schutzes und sind auf die besondere
Fürsorge, Verantwortung und Pflege der Erwachsenen an-
gewiesen.

Immer wieder werden Missbrauchs- und Vernachlässi-
gungsfälle im Zusammenhang mit Kindern und Jugend-
lichen bekannt, bei denen Behörden und Gerichte zu spät
eingeschritten sind. Mit dem Gesetzentwurf zur Erleichte-
rung familiengerichtlicher Maßnahmen bei Gefährdung des
Kindeswohls soll der Schutz gefährdeter Kinder verbessert
werden.

Mit den Änderungen im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB)
wird weitestgehend auf die bestehende Rechtspraxis rea-
giert, weshalb in § 1666 BGB Tatbestandshürden abgebaut
und die Rechtsfolgen konkretisiert werden.

Die primäre Verantwortung für das Wohl des Kindes liegt
weiter bei den Eltern. Eine Verschiebung zwischen den
Rechten und Pflichten der Eltern einerseits und den Ein-
griffsmöglichkeiten des Staates andererseits ist nicht inten-
diert. Art. 6 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz weist die Verantwor-
tung für die Erziehung und den Schutz der Kinder zu aller-
erst den Eltern zu. Die elterliche Sorge umfasst den Schutz
des Kindes vor Gefahren für sein Wohl. Nehmen die Eltern
ihre Elternverantwortung jedoch nicht wahr, kommt das so
genannte „staatliche Wächteramt“ zum Tragen, wonach
der Staat berechtigt und verpflichtet ist, die Pflege und Er-
ziehung des Kindes sicherzustellen. Der zentrale Gesichts-
punkt des § 1666 BGB ist und bleibt die Sicherung des Kin-
deswohls.

1. Das familiengerichtliche Verfahren soll nach den Plänen
der Bundesregierung in den nächsten Monaten von
Grund auf neu geregelt werden. Dazu liegt ein 428 Sei-
ten starker Gesetzentwurf vor. Die erste Lesung fand be-
reits am 11. Oktober 2007 statt. Der Rechtsausschuss
des Deutschen Bundestages hat zu dem Vorhaben der
FGG-Reform eine zweitägige Sachverständigenanhö-

rung im Februar dieses Jahres durchgeführt. Jetzt muss
die Reform zügig umgesetzt werden. Wünschenswert
wäre es gewesen, wenn alle Änderungen im Bereich der
freiwilligen Gerichtsbarkeit aus einem Guss reformiert
und gemeinsam verabschiedet worden wären und nicht
Teilaspekte zur Beschleunigung des Verfahrens und der
Führung von Erziehungsgesprächen mit dem vorliegen-
den Gesetzentwurf zur Erleichterung familiengericht-
licher Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls he-
rausgelöst würden. Da anscheinend das Gesetzgebungs-
verfahren zur Reform des Verfahrens in Familiensachen
und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichts-
barkeit noch längere Zeit in Anspruch nimmt, kommt es
leider zur Aufteilung in mehrere Gesetzgebungsschritte,
was zur Rechtsunsicherheit in der Praxis führen kann.

2. Neben dem im Mittelpunkt stehenden Schutz der Kinder
muss aber auch der Schutz der übrigen Verfahrensbetei-
ligten beachtet werden. In nicht wenigen Fällen spielt
häusliche Gewalt zwischen den Partnern in Verfahren,
die den Aufenthalt des Kindes, das Umgangsrecht oder
die Herausgabe des Kindes betreffen, sowie für Verfah-
ren wegen Gefährdung des Kindeswohls, eine entschei-
dende Rolle. Wenn feststeht, dass eine getrennte Anhö-
rung zum Schutz eines Elterteils erforderlich ist, hat das
Gericht einen Elterteil in Abwesenheit des anderen
Elternteils anzuhören. Dies schlägt sich auch in der
Neufassung des §50a Abs.3 FGG-E und des §50f Abs.1
FGG-E nieder.

3. Im Rahmen der noch ausstehenden Reform der freiwilli-
gen Gerichtsbarkeit ist darauf zu achten, dass ein Be-
schleunigungsgebot im Verfahren dem Kindeswohl nicht
immer gerecht wird. Eine Beschleunigung des Verfah-
rens sollte es nicht um jeden Preis geben. Geboten ist
vielmehr ein Zusammenspiel von Beschleunigung und
wenn nötig auch von Entschleunigung, um dem Kindes-
wohl gerecht zu werden. Die Praxis zu Dormhagen und
Cochem ist zu berücksichtigen. Das bleibt weiter auf der
Agenda.

4. Das Anliegen des Gesetzentwurfes wird nur dann reali-
siert werden können, wenn der Gesetzesvollzug in den
Ländern, bei den Familiengerichten und den Jugendäm-
tern verbessert wird. Der Untersuchungsbericht der Bre-
mer Bürgerschaft zu dem Fall Kevin hat als Problem der
Kinder- und Jugendfürsorge vor allem individuelle Feh-
ler ausgemacht. Ein Mangel an gesetzlichen Möglichkei-
ten bestand insoweit weniger. Strukturelle Mängel in der
Behörde, eine mangelnde Dienst- und Fachaufsicht, eine
unzureichende Zusammenarbeit der verschiedensten Be-
teiligten, fehlende Qualifikationen und schlechte perso-
nelle und sachliche Ausstattung waren insoweit zu ver-
zeichnen. Der Auftrag, Kinder vor einer Gefährdung zu
bewahren, ist eine wesentliche Aufgabe der Kinder- und
Jugendhilfe. Die Jugendämter müssen in der Lage sein,
die Situation eines gefährdeten Kindes und die der Fa-
milie zutreffend zu analysieren und auf dieser Grundlage
die erforderlichen Maßnahmen – nötigenfalls eine Inob-
hutnahme - durchzuführen. Die Jugendämter müssen an-
gemessen ausgestattet sein. Die Aus-, Fort- und Weiter-
bildung der Mitarbeiter muss gestärkt werden. Darüber
hinaus sind in den Jugendämtern Verfahrensabläufe zu
implementieren, die eine frühzeitige Erkennung einer

Drucksache 16/8914 – 10 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Kindeswohlgefährdung ermöglichen, Fehleinschätzun-
gen auf Grund der Ansicht einzelner Mitarbeiter aus-
schließen und die den Verlust von Informationen verhin-
dern (Fehlermanagement). Für die Kinder- und Jugend-
hilfe sind Qualitätsstandards zu erarbeiten, die in regel-
mäßigen Abständen zu evaluieren sind. Die Forschung
zu Indikatoren, die mit hoher Wahrscheinlichkeit auf
eine Kindeswohlgefährdung verweisen, ist zu intensivie-
ren.

Auch im Bereich der Richterschaft ist auf Landesebene
für eine bessere personelle und sachliche Ausstattung zu
sorgen. Auf Grund der erhöhten Anforderungen, die
auch durch den vorliegenden Gesetzentwurf bedingt sind
(z.B. Erörterungsgespräch), ist eine verpflichtende Fort-
bildung der Richter in diesem Bereich anzustreben.

Auf regionaler und lokaler Ebene ist eine wirksame Ver-
netzung zwischen den verantwortlichen Stellen wie den
Kinder- und Jugendärztinnen und -ärzten, Erzieherinnen
und Erziehern, Lehrerinnen und Lehren, Staatsanwalt-
schaft, Polizei, Jugendamt, Gesundheitswesen, Sozialbe-
hörden und Richtern zu fördern und gemeinsame Fort-
und Weiterbildungsangebote vorzusehen, auch um die
Versorgungslücke von risikobehafteten Teilgruppen un-
terhalb der Eingriffsschwelle des allgemeinen Sozial-
dienstes durch die Kombination verschiedener Maßnah-
men so zu schließen, dass diese Familien nicht durch das
soziale Netz fallen. Darüber hinaus sollten auf kommu-
naler Ebene niedrigschwellige Angebote etwa durch Fa-
milienhebammen ausgebaut werden.

5. Familien sind besonders in den ersten Lebensjahren des
Kindes der zentrale Ort der Vermittlung von Wärme, Ge-
borgenheit, Bildung und Erziehung. Die Wurzeln für die
spätere Entwicklung von Kindern werden in den ersten
Lebensjahren gelegt. Eltern müssen die Möglichkeit ha-
ben, sich auf die neuen mit dem Kind verbundenen An-
forderungen sowie die Phasen der kindlichen Entwick-
lung vorzubereiten. Dies kann im Rahmen von Kursan-
geboten, durch eine persönliche Betreuung, den Versand
von Informationsbriefen, Informationen durch die Kin-
der- und Jugendärzte oder auch über Informationen im
Internet oder per E-Mail geschehen. Staat und Gesell-
schaft müssen helfen, um die Erziehungskraft der Eltern
zu stärken. Eltern sollten hierbei durch Strukturen vor
Ort unterstützt werden. Eine Isolation überforderter Fa-
milien muss verhindert werden.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung
auf,

1. die Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den
Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zügig
umzusetzen und nochmals die Möglichkeiten der Be- und
Entschleunigung in familiengerichtlichen Verfahren auf
den Prüfstand zu stellen.

2. sich insbesondere im Rahmen der Jugendministerkonfe-
renz dafür einzusetzen, dass bestehende Defizite im Be-
reich des Gesetzesvollzuges dadurch beseitigt werden,
dass

a) Jugendämtern angemessene personelle und sachliche
Ressourcen zur Verfügung gestellt werden;

b) die Dienst- und Fachaufsicht gestärkt wird;

c) einheitliche in regelmäßigen Abständen zu evaluie-
rende Qualitätsstandards für die Kinder- und Ju-
gendhilfe erarbeitet werden;

3. die Forschung zu Indikatoren, die mit hoher Wahr-
scheinlichkeit auf eine Kindeswohlgefährdung verwei-
sen, zu intensivieren.

Der Rechtsausschuss hat beschlossen, mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der
Fraktionen FDP, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN die Ablehnung des Entschließungsantrags der
Fraktion der FDP zu empfehlen.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN rief die in
letzter Zeit bekannt gewordenen Fälle der Kindesvernach-
lässigung und -misshandlung in Erinnerung, die den Anlass
für den vorliegenden Gesetzentwurf gegeben hätten. In all
diesen Fällen habe allerdings die Fachebene der Jugend-
und Familienhilfe aus Mangel an Personal, Information
oder Engagement vor Ort versagt; ein Antrag vor dem
Familiengericht nach § 1666 BGB sei in keinem der Fälle
gestellt worden. Allerdings hätten Familienrichter auf Pro-
bleme bei der Anwendung des § 1666 BGB zum Schutz des
Kindeswohls hingewiesen. Diese Probleme seien durch die
Umformulierungen der Tatbestandsvoraussetzungen beho-
ben. Sie betonte, dass diese Umformulierungen keine mate-
rielle Veränderung des im Lichte des Artikels 6 GG aus-
tarierten Verhältnisses zwischen Elternrechten und -pflich-
ten auf der einen und Fürsorgepflichten des Staates auf der
anderen Seite bedeuteten.

Zur getrennten Anhörung von Eltern vor dem Familienge-
richt erklärte sie, dass es grundsätzlich richtig sei, im Rah-
men des Cochemer Modells oder vergleichbarer Verfahrens-
modelle alle Beteiligten an einen Tisch zu bekommen. In
konfliktbelasteten Ausnahmefällen sei diese Methode aber
ungeeignet. Dann müsse eine getrennte Anhörung der
Elternteile möglich sein. Sie stellte klar, dass aus ihrer Sicht
nach der Änderung der §§ 50a, 50e, 50f und 52 FGG die ge-
meinsame Anhörung in allen familiengerichtlichen Verfah-
ren die Regel sei, in Fällen häuslicher Gewalt aber immer
eine getrennte Anhörung möglich sei. Eine getrennte An-
hörung zum Schutz eines Elternteils könne auch dann er-
forderlich sein, wenn bei ihm eine nicht hinnehmbare psy-
chische Belastung vorliege.

Zu ihrem Entschließungsantrag erklärte die Fraktion, Bund,
Länder und Kommunen müssten auf ein schnelleres und
engagiertes Eingreifen der zuständigen Behörden hinwir-
ken. Zwar sei die praktische Umsetzung Ländersache, die
Bundesregierung könne aber im Rahmen ihrer vielfältigen
Einwirkungsmöglichkeiten auf die Länder – auf Minister-
ebene oder im gemeinsamen Arbeitskreisen – auf ein ent-
sprechendes Verhalten der Länder hinwirken. Die Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stellte folgenden Entschlie-
ßungsantrag:

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die vorgeschlagenen Änderungen werden zu zusätzlichen
Verfahren bei den Familiengerichten und Oberlandesge-
richten wie auch bei den Trägern der öffentlichen Kinder-
und Jugendhilfe führen. Der Gesetzesentwurf vernachläs-
sigt, dass die sächliche und personelle Unterversorgung

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 11 – Drucksache 16/8914

mitursächlich für die gegenwärtig vereinzelt spät einsetzen-
den, langwierigen und teils unergiebigen Hilfeprozesse
sind.

Der Gesetzesentwurf verfolgt das Ziel, den Schutz gefährde-
ter Kinder dahingehend zu verbessern. Dabei geht es um
Feinjustierungen und nicht um grundsätzliche Verschiebun-
gen im Verhältnis Staat – Eltern – Kind. Hierzu sollen die
Rolle der Jugendhilfe und der Familiengerichte geklärt und
ihre Zusammenarbeit verbessert werden. Im präventiven
Sinne sollen die Verfahren effektiver ausgestaltet und be-
schleunigt werden. Ergänzend sollen die Familiengerichte
zukünftig früher beteiligt und gem. § 50f FGG des Regie-
rungsentwurfs mit den Eltern Termine zur Erörterung des
Kinderwohls einberufen. Auch wenn das Familiengericht
von Maßnahmen absieht, soll es zukünftig seine Entschei-
dung nach einem angemessenen Zeitabstand überprüfen.
Diese ergänzenden Instrumente sind grundsätzlich zu be-
grüßen, jedoch mit zeitlich-personellem Mehraufwand ver-
bunden. Diesen Mehraufwand gilt es sowohl in personeller
als auch sachlicher Form zu berücksichtigen und die Insti-
tutionen mit entsprechenden Ressourcen auszustatten.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung
auf,

auf die Bundesländer einzuwirken, dass diese dafür Sorge
tragen, die Familiengerichte und die Kinder- und Jugend-
hilfe aufgrund der ausgeweiteten Aufgaben zum Schutz und
zur Prävention von Kindern bei Kindeswohlgefährdung per-
sonell und sachlich angemessen auszustatten.

Mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD
gegen die Stimmen der Fraktionen FDP, DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat der Rechtsausschuss be-
schlossen, die Ablehnung des Entschließungsantrags der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu empfehlen.

Die Fraktion der CDU/CSU schloss sich den Ausführun-
gen der Fraktion der SPD zu den Änderungen des § 1666
BGB an. Die vorgeschlagene Änderung, die auch das Er-
gebnis des sehr guten erweiterten Berichterstattergesprächs
sowie der öffentlichen Anhörung zum FGG-Reformgesetz
sei, sei praxistauglich. Die Änderungen des § 50 ff. FGG
seien inhaltlich mit den Regelungen im FGG-Reformgesetz,
das voraussichtlich erst Mitte 2009 in Kraft treten werde,
identisch. Um zügig auf die gehäuften Fälle der Gefährdung
des Kindeswohls reagieren zu können, sei die Verabschie-
dung dieser Gesetzesänderungen bereits jetzt wichtig. Sie
begrüße das neu eingeführte Beschleunigungs- und Vor-
rangsgebot. Sie unterstrich, dass entgegen häufig geäußerter
Befürchtungen das Elternrecht nicht ausgehöhlt werde. In
seltenen Einzelfällen seien aber das Eingreifen des Fami-
liengerichts und verbindliche Anhörungen notwendig, um
Gefahren von Kindern abzuwenden. Der Gesetzentwurf
nenne hierzu einige Beispiele. Damit könne bereits vor ei-
nem Entzug des Sorgerechts positiv auf die Eltern einge-
wirkt werden.

Zum Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN erklärte sie, die personelle und sachliche Aus-
stattung der Familiengerichte und der Jugend- und Fami-
lienhilfe sei Ländersache. Der Bundesgesetzgeber könne
den Ländern keine Prioritäten beim Einsatz ihrer Haushalts-
mittel vorgeben. Der Antrag greife im Übrigen zu kurz, da

auch eine bessere Ausstattung der Familiengerichte und
Qualifizierung der Familienrichter notwendig sei.

Die Fraktion DIE LINKE. schloss sich den Ausführungen
der anderen Fraktionen an und begrüßte ebenfalls die not-
wendigen Änderungen des § 1666 BGB. Hierdurch werde
keinesfalls die Balance zwischen den Rechten und Pflichten
der Eltern und dem Wächteramt des Staates gegenüber den
Kindern verschoben. Da vor der Verabschiedung des FGG-
Reformgesetzes noch eine Vielzahl anderer Probleme zu
lösen sei, sei eine Verabschiedung der vorliegenden Geset-
zesänderungen zum jetzigen Zeitpunkt notwendig, um auf
die steigende Anzahl von Kindesmisshandlungen zügig zu
reagieren.

Auch die Fraktion DIE LINKE. verstehe § 50a FGG als
Grundnorm, die die getrennte Anhörung der Elternteile in
allen Fällen des Familienverfahrens in Ausnahmefällen er-
mögliche.

Das Problem liege, wie auch die vorliegenden Entschlie-
ßungsanträge darlegten, nunmehr in der Umsetzung der
Gesetzesänderungen, für die eine bessere Ausstattung der
Jugend- und Familienhilfe sowie der Familiengerichte not-
wendig sei. Dies sei aber Ländersache. Hier sei ein Appell
an die Länder notwendig, wie er sich in den Entschließungs-
anträgen finde.

Die Bundesregierung erläuterte, die in § 50a FGG vorgese-
hene getrennte Anhörung solle in allen kindschaftsrecht-
lichen Verfahren möglich sein. Sie sei in § 50a FGG als der
allgemeinen Grundnorm für die Anhörung der Eltern auf-
genommen worden und beziehe sich daher auf den frühen
ersten Termin (§ 50e FGG), auf das Hinwirken des Gerichts
auf ein Einvernehmen der Beteiligten (§ 52 FGG) und ggf.
auch auf weitere Termine. Die besondere Erwähnung der
Möglichkeit der getrennten Erörterung der Kindeswohlge-
fährdung in § 50f FGG ergebe sich daraus, dass sich die
Erörterung der Kindeswohlgefährdung von der Anhörung
unterscheide. So sollen an ihm das Jugendamt und in geeig-
neten Fällen auch das Kind beteiligt sein. Bereits aus der
Begründung der Beschlussempfehlung zu § 50a FGG und
dem dort verwendeten Begriff des „Gefährdungsrisikos“
lasse sich schließen, dass eine getrennte Anhörung der
Eltern auch bei einer unzumutbaren psychischen Belastung
für einen Elternteil erforderlich werden könne. Eine ent-
sprechende Klarstellung in der Begründung sei daher zwar
möglich, aber nicht zwingend notwendig.

IV. Zur Begründung der Beschlussempfehlung

Im Folgenden werden neben einer Erläuterung zu § 1696
Abs. 3 Satz 2 BGB-E lediglich die vom Rechtsausschuss
beschlossenen Änderungen gegenüber der ursprünglichen
Fassung des Gesetzentwurfs erläutert. Soweit der Ausschuss
den Gesetzentwurf unverändert übernommen hat, wird auf
die jeweilige Begründung auf Drucksache 16/6815, S. 7 ff.
verwiesen. Bezüglich der Stellungnahme des Bundesrates
und der darauf beruhenden Änderungen wird ergänzend auf
die Ausführungen in derselben Drucksache, S. 20 ff. und 23 f.
verwiesen.

1. Allgemeines

Die vorgeschlagene Änderung des § 1666 Abs. 1 BGB führt
dazu, dass die Familiengerichte in Fällen der Kindeswohl-

Drucksache 16/8914 – 12 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

gefährdung künftig nicht mehr feststellen müssen, auf wel-
chem Verhalten der Eltern („missbräuchliche Ausübung der
elterlichen Sorge, Vernachlässigung des Kindes, …“) die
Gefährdung des Kindes beruht. Die Streichung der Tatbe-
standsmerkmale soll praktische Schwierigkeiten beseitigen,
die durch die vergangenheitsbezogene Prüfung dieser Tat-
bestandsmerkmale entstehen, und die Vorschrift auf die
maßgeblichen Voraussetzungen für einen familiengerichtli-
chen Eingriff zum Schutz des Kindes beschränken. Ihr Ziel
ist es nicht, die Eingriffsschwelle der Gefährdung des Kin-
deswohls zu senken und damit die Grenze zwischen staatli-
chem Wächteramt und Elternrecht zu verschieben.

Der Ausschuss hat im Lichte des erweiterten Berichterstat-
tergesprächs erörtert, ob die im Regierungsentwurf vorgese-
henen Regelungen geändert oder ergänzt werden sollen. Da-
bei hat sich der Ausschuss insbesondere auch mit der Frage
befasst, ob die gerichtliche Überprüfungspflicht des § 1696
Abs. 3 Satz 2 BGB-E einzuschränken oder zu konkretisie-
ren ist. § 1696 Abs. 3 Satz 2 BGB-E sieht für die Familien-
gerichte die Pflicht vor, ihre Entscheidung in einem ange-
messenen Abstand (in der Regel in drei Monaten) zu über-
prüfen, wenn sie in einem Kindesschutzverfahren nach
§ 1666 f. BGB von der Anordnung einer Maßnahme ab-
sehen. Im Rahmen der Beratungen wurde mehrfach die Be-
fürchtung geäußert, dass diese Überprüfungspflicht zu einer
„Dauerkontrolle“ der Gerichte über die Familie führen
würde. Eine regelmäßige oder dauerhafte Überprüfung
einer Familie durch das Familiengericht ist in dem Entwurf
jedoch weder vorgesehen noch beabsichtigt. Vielmehr ver-
langt die vorgesehene Regelung des § 1696 Abs. 3 Satz 2
BGB-E lediglich eine einmalige Überprüfung der Entschei-
dung. Die Aufnahme einer entsprechenden Klarstellung im
Gesetz wurde diskutiert, aber als überflüssig verworfen. Der
Regelungsinhalt einer einmaligen Überprüfungspflicht er-
gibt sich bereits aus dem Wortlaut der Regelung („in ange-
messenem Zeitabstand“), aus dem Wortlautvergleich zur
Regelung des § 1696 Abs. 3 Satz 1 BGB-E („in angemesse-
nen Zeitabständen“) und aus der Begründung des Entwurfs
(Drucksache 16/6815, S. 15), so dass auf eine darüber hin-
ausgehende Klarstellung verzichtet werden kann.

2. Im Einzelnen

Zu Artikel 1 (Änderung des Bürgerlichen Gesetz-
buchs)

Zu Nummer 0

Aufgrund der Aufhebung der §§ 1683 und 1845 BGB muss
auch die amtliche Inhaltsübersicht angepasst werden.

Zu den Nummern 2a, 5 und 6 (§§ 1683, 1845, 1908i BGB)

Die Vorschriften der §§ 1683 und 1845 BGB werden aufge-
hoben und die Verweisung des § 1908i BGB auf § 1845
BGB wird gestrichen. Damit entfallen die Vorschriften,
nach denen ein alleinvermögens-sorgeberechtigter Elternteil
bzw. ein zum Vormund oder Betreuer bestellter Elternteil
verpflichtet ist, seine Absicht einer Eheschließung beim Fa-
miliengericht anzuzeigen und ein Verzeichnis über das Ver-
mögen des Kindes, Mündels bzw. Betreuten einzureichen.

Mit der Streichung dieser Vorschriften setzt die Beschluss-
empfehlung Vorschläge um, die der Bundesrat in seiner
Stellungnahme gemacht hat (Nummer 2 und 9 der Stellung-
nahme des Bundesrates, Drucksache 16/6815, S. 20, 22).

Umfragen der Länder bei Familiengerichten und des Bun-
desministeriums der Justiz bei Verbänden und betroffenen
Fachkreisen haben ergeben, dass die Aufhebung der Ver-
pflichtung zur Anzeige der Wiederheirat und zur Einrei-
chung eines Vermögensverzeichnisses weit überwiegend
befürwortet wird. Es kann nicht ohne weiteres generell un-
terstellt werden, dass ein Elternteil das Vermögen seines
Kindes allein auf Grund seiner (erneuten) Eheschließung
gefährdet. Steht einem Elternteil die Vermögenssorge allein
zu, ist dies zudem kein Indiz dafür, dass größere Ver-
mögenswerte vorhanden sind. Ein präventiver Schutz vor
Verdunkelung der Vermögensverhältnisse und Vermögens-
vermischung geht daher hier häufig ins Leere, zumal die
Richtigkeit eingereichter Vermögensverzeichnisse in der
Praxis nicht überprüft wird. Aufwand und Kosten, die mit
der Erfüllung der Anzeige- und Vermögensverzeichnis-
pflicht verbunden sind, steht insoweit kein angemessener
Nutzen gegenüber. Die Abfrage der Länder hat ergeben,
dass überwiegend kein oder kein nennenswertes Vermögen
des Kindes vorhanden ist, so dass nur eine größere Zahl von
Verdunkelungs- oder Vermischungsfällen einen solchen prä-
ventiven Vermögensschutz rechtfertigen könnte. Nach der
Stellungnahme des Bundesrates sind jedoch keine Fälle be-
kannt, in denen ein Kind nach Erreichen der Volljährigkeit
einen Rechtsstreit unter Berufung auf das Vermögensver-
zeichnis geführt hat (Nummer 2 der Stellungnahme des
Bundesrates, Drucksache 16/6815, S. 20).

Eine entsprechende Anwendung des § 1683 BGB im Vor-
mundschaftsrecht (§ 1845 BGB) und im Betreuungsrecht
(§ 1908i Abs. 1 Satz 1 BGB) ist nicht erforderlich, weil der
Vormund bzw. Betreuer sein Vermögen ohnehin getrennt
vom Vermögen des Mündels bzw. Betreuten zu halten hat
(§§ 1805, 1908i Abs. 1 BGB). Hierdurch wird ein ausrei-
chender Vermögensschutz gewährleistet.

Die Beschlussempfehlung nimmt dagegen nicht den Vor-
schlag des Bundesrates zur Aufhebung des § 1493 Abs. 2
BGB auf (Nummer 1 der Stellungnahme des Bundesrates,
Drucksache 16/6815, S. 20, 22). Die Vorschrift des § 1493
Abs. 2 BGB bezweckt den Schutz des Vermögens des min-
derjährigen Kindes, wenn der mit dem Kind in fortgesetzter
Gütergemeinschaft lebende Ehegatte (wieder) heiraten will.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass bei Ehegatten, die eine
fortgesetzte Gütergemeinschaft vereinbaren, häufig ein grö-
ßeres Vermögen vorhanden ist, das die Ehegatten zur Wahl
dieser starken Form der Gütergemeinschaft bewogen hat. In
diesem Fall soll daher – zum Erhalt großer Vermögenswerte
des Kindes – ein präventiver Vermögensschutz beibehalten
werden. Der überlebende Ehegatte ist daher nach § 1493
Abs. 2 BGB weiterhin verpflichtet, die Absicht seiner Wie-
derverheiratung dem Vormundschaftsgericht anzuzeigen
und ein Verzeichnis über das Gesamtgut zu erstellen. Da die
fortgesetzte Gütergemeinschaft nur noch geringe praktische
Bedeutung hat, wird sich die Belastung der Gerichte durch
Verfahren nach § 1493 Abs. 2 BGB in Grenzen halten.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 13 – Drucksache 16/8914

Zu Artikel 2 (Änderung des Gesetzes über die An-
gelegenheiten der freiwilligen Ge-
richtsbarkeit)

Zu Nummer 1 (§ 50a FGG)

Der an Absatz 3 angefügte Satz 3 stellt klar, dass das Ge-
richt einen Elternteil in Abwesenheit des anderen Elternteils
anzuhören hat, falls dies zu seinem Schutz oder aus anderen
Gründen erforderlich ist. Damit sind Konstellationen ange-
sprochen, in denen eine gemeinsame Anhörung im Hinblick
auf im Vorfeld ausgeübte oder angedrohte Gewalthandlun-
gen für einen Elternteil mit einem besonderen Gefährdungs-
risiko verbunden wäre, das etwa durch gerichtsorganisatori-
sche Maßnahmen nicht oder nicht ausreichend sicher ausge-
schaltet werden kann oder angesichts sonstiger Umstände
vermieden werden sollte. Als andere Gründe, die einer ge-
meinsamen Anhörung entgegenstehen können, kommen
etwa ein länger andauernder Auslandsaufenthalt oder eine
schwerwiegende, die Mobilität einschränkende Erkrankung
eines Elternteils in Betracht.

Zu Nummer 2 (§ 50f FGG)

Für die Erörterung der Kindeswohlgefährdung bildet § 50f
Abs. 1 FGG die Grundnorm. Es handelt sich dabei um eine
Soll-Vorschrift. In Ausnahmefällen kann das Gericht daher
auf die Durchführung der Erörterung der Kindeswohlge-
fährdung ganz verzichten. Dies kann insbesondere der Fall
sein, wenn eine Erörterung der Kindeswohlgefährdung
sinnlos ist, weil die erforderliche Kindesschutzmaßnahme
(z. B. die Trennung des Kindes von seinen Eltern) unab-
wendbar ist und der Zweck des Erörterungsgesprächs nicht
erreicht werden kann.

§ 50f Abs. 2 Satz 1 FGG bestimmt, dass die Erörterung der
Kindeswohlgefährdung in den Fällen des § 50f Abs. 1 FGG
in der Regel mit beiden Eltern persönlich stattfindet. Der
Grund hierfür ist, dass der Zweck der Erörterung – die
Eltern stärker in die Pflicht zu nehmen und auf sie einzuwir-
ken, mit dem Jugendamt zu kooperieren und notwendige
öffentliche Hilfen in Anspruch zu nehmen – nur erreicht
werden kann, wenn die Eltern in dem Termin persönlich an-
wesend sind. Absatz 2 Satz 1 sieht daher die Anordnung des
persönlichen Erscheinens der Eltern zu dem Termin vor;
eine Vertretung der Eltern in diesem Gespräch scheidet aus.

Als Ausnahmeregelung zu § 50f Abs. 2 Satz 1 bestimmt der
für Absatz 2 ergänzend vorgeschlagene Satz 2, dass das Ge-
richt die Erörterung der Kindeswohlgefährdung in Abwe-
senheit eines Elternteils durchführt, falls dies zum Schutz
eines Beteiligten oder aus anderen Gründen erforderlich ist.
Das Gericht hat in solchen Fällen zu entscheiden, ob die
Durchführung der Erörterung mit nur einem – z. B. dem das

Kind seit längerem allein betreuenden – Elternteil ausreicht
oder ob es aus Gründen des Kindeswohls sinnvoll ist, die
Erörterung mit beiden Elternteilen getrennt voneinander
durchzuführen.

Zum Schutz eines Beteiligten erforderlich kann die Erörte-
rung in Abwesenheit eines Elternteils insbesondere sein,
wenn ein Zusammentreffen der Beteiligten im Hinblick auf
im Vorfeld ausgeübte oder angedrohte Gewalthandlungen
für einen Beteiligten mit einem besonderen Gefährdungsri-
siko verbunden wäre, das etwa durch gerichtsorganisatori-
sche Maßnahmen nicht oder nicht ausreichend sicher ausge-
schaltet werden kann oder angesichts sonstiger Umstände
vermieden werden sollte. Im Übrigen – insbesondere hin-
sichtlich der „anderen Gründe“ – wird auf die Begründung
zu Artikel 2 Nr. 1 (§ 50a Abs. 3 Satz 3 FGG) Bezug genom-
men.

Zu Nummer 3 (§ 52 Abs. 3 FGG)

Nach § 52 Abs. 3 FGG hat das Familiengericht die Mög-
lichkeit, trotz Aussetzung des Verfahrens eine einstweilige
Anordnung zu erlassen. Nach Absatz 3 Halbsatz 2 soll in
Verfahren, die den Umgang des Kindes betreffen, eine einst-
weilige Anordnung ergehen. Die vorgeschlagene Ergänzung
stellt klar, dass Inhalt der einstweiligen Anordnung auch ein
Umgangsausschluss sein kann.

Zu Artikel 2a (Änderung des Personenstands-
gesetzes)

Es handelt sich um eine Folgeänderung. Die in § 5 Abs. 5
des Personenstandsgesetzes geregelte Mitteilungspflicht des
Standesbeamten an das Familien- bzw. Vormundschaftsge-
richt dient der Überwachung und Sicherstellung der in
§ 1493 Abs. 2 BGB, den §§ 1683, 1845 i. V. m. § 1683
BGB und § 1908i Abs. 1 Satz 1 i. V. m. den §§ 1845, 1683
BGB normierten Pflichten des zur Eheschließung entschlos-
senen Elternteils zur Erstellung eines Verzeichnisses über
das Vermögen des Kindes und zur Auseinandersetzung der
Vermögensgemeinschaft. Nach Aufhebung der §§ 1683,
1845 BGB und der Streichung der Verweisung des § 1908i
Abs. 1 Satz 1 BGB auf § 1845 BGB wird ein Teil der in § 5
Abs. 5 PStG geregelten Mitteilungspflichten überflüssig.

Zu Artikel 2b (Änderung des Personenstandsrechts-
reformgesetzes)

Es handelt sich um eine Folgeänderung. Artikel 2 Abs. 16
Nr. 10 des Personenstandsrechtsreformgesetzes vom 19. Fe-
bruar 2007, der am 1. Januar 2009 in Kraft treten würde,
enthält eine Ergänzung des nach dieser Beschlussempfeh-
lung aufzuhebenden § 1683 BGB.

Berlin, den 23. April 2008

Ute Granold
Berichterstatterin

Christine Lambrecht
Berichterstatterin

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
Berichterstatterin

Jörn Wunderlich
Berichterstatter

Jerzy Montag
Berichterstatter

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