BT-Drucksache 16/8403

Kenia stabilisieren, Entwicklung in Frieden unterstützen

Vom 5. März 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/8403
16. Wahlperiode 05. 03. 2008

Antrag
der Abgeordneten Kerstin Müller (Köln), Dr. Uschi Eid, Ute Koczy, Thilo Hoppe,
Marieluise Beck (Bremen), Volker Beck (Köln), Alexander Bonde, Winfried
Nachtwei, Omid Nouripour, Claudia Roth (Augsburg), Rainder Steenblock, Jürgen
Trittin und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Kenia stabilisieren, Entwicklung in Frieden unterstützen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

1. Der Deutsche Bundestag ist zutiefst besorgt über die Gewalt, Instabilität, und
Unsicherheit, die die Republik Kenia nach dem Wahlgang vom 27. Dezember
2007 erschüttert hat und den inneren Frieden noch immer gefährdet.

2. Der Deutsche Bundstag begrüßt deshalb um so mehr die Unterzeichnung des
Abkommens zur Bildung einer gemeinsamen Regierung und Teilung der
Macht zwischen der amtierenden Regierung unter Staatspräsident Mwai
Kibaki und der Opposition unter Führung Raila Odingas vom 28. Februar
2008.

3. Der Deutsche Bundestag würdigt besonders den unermüdlichen Einsatz der
Vermittler der Afrikanischen Union (AU) unter Leitung des ehemaligen UN-
Generalsekretärs Kofi Annan und die Unterstützung der internationalen Ge-
meinschaft (wie der EU, VN den USA und Deutschlands), was zeigt, dass
multilaterale Zusammenarbeit in Afrika unter der Führung der AU wirksam
sein kann, wenn alle an einem Strang ziehen und einem erfahrenen und aner-
kannten Krisenmanager die Koordination obliegt.

Er würdigt auch die vorausgegangenen Vermittlungsbemühungen durch den
südafrikanischen Erzbischof Desmond Tutu und den zum Zeitpunkt amtie-
renden AU-Vorsitzenden John Kufuor.

4. Trotz der ersten Vereinbarung ist die Krise noch nicht ausgestanden. Regie-
rung und Opposition müssen erst noch unter Beweis stellen, dass sie ihrer
Verantwortung zum Schutz und Wohle der gesamten kenianischen Bevölke-
rung zu handeln, weiter gerecht werden. Die erzielten Vereinbarungen müs-
sen erst noch umgesetzt und weitere tragfähige Lösungen zur Beseitigung der
tiefer liegenden Ursachen der Krise gefunden werden.

Weitere schnelle Fortschritte sind fraglich. Der zähe Verhandlungsprozess
und der erforderliche internationale Druck haben gezeigt, wie tief beide Sei-
ten in den Abhängigkeiten und Interessen ihrer politischen Klientel gefangen

sind und wie groß das gegenseitige Misstrauen ist. Schon 2002 war die Bil-
dung einer Regierung der Nationalen Einheit zwischen Kibaki und Odinga an
der Frage der Verfassungsreform gescheitert. Offen ist auch, ob Odinga und
Kibaki für die Umsetzung der erzielten Ergebnisse und den weiteren Ver-
handlungsprozess ausreichende Akzeptanz in ihren politischen Lagern wer-
den erzeugen können. Schon zuvor haben Hardliner beider Lager die Bevöl-

tionsplan zur Umsetzung der Ergebnisse der Peer Reviews hat die keniani-
sche Regierung jedoch nicht konsequent realisiert.

Dennoch blieben frühzeitige, angemessene und wirkungsvolle Reaktionen
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kerung polarisiert, Wahlen gefälscht, Gewalt geschürt und das Land an den
Abgrund eines Bürgerkriegs getrieben.

5. Die Gewaltexzesse im Nachgang der gefälschten Präsidentschaftswahl for-
derten an die 1 500 Tote und über 300 000 Vertriebene. Die Wirtschaft ist
angeschlagen, die Region am Horn von Afrika (Somalia, Südsudan) und die
der Großen Seen (Norduganda, Ostkongo) könnte – auch weil Kenia das
Drehkreuz sowohl für die humanitäre Hilfe als auch für Handelsgüter der
Region ist – weiter destabilisiert werden.

6. Anders als die erfolgreiche Parlamentswahl erfüllte die Präsidentschafts-
wahl weder internationale, noch regionale Normen der AU. Internationale
Wahlbeobachter auch der EU bestätigen eklatante Unregelmäßigkeiten zu-
gunsten des amtierenden Präsidenten Mwai Kibaki. Wenngleich es Hin-
weise auf Verstöße beider Seiten gab. Für eine glaubhafte Neuauszählung
fehlen mittlerweile die erforderlichen Wahlunterlagen.

7. Der mutmaßliche Wahlbetrug Kibakis war nur der Funke, der die schwere
Krise entzündete. Die tieferen Ursachen sind zu suchen in der schleichenden
Institutionalisierung von Gewalt als Mittel der Politik durch die politischen
Eliten und deren Manipulation von Ethnizität zur Machtabsicherung.

Das Ergebnis ist ein ethnisch ungleich besetzter, von Amtsmissbrauch und
überbordender Korruption gekennzeichneter Staatsapparat, eine ungerechte
Ressourcen- und Landverteilung, hohe Jugendarbeitslosigkeit und Massen-
armut. Anpackende Reformen für eine ausgleichende Machtverteilung oder
systematische Armutsbekämpfung blieben aus. Jahrelanger Klientelismus
der politischen Elite hatte in einen Teufelskreis aus Neid, Missgunst und
politischer Marginalisierung geführt und Spannungen unter den verschiede-
nen Volksgruppen wie den Kikuyu, Luo oder Kalenjin geschürt.

Kibakis proklamierte „Null-Toleranz-Politik“ zum Abbau der Korruption
blieb eine leere Phrase. Die Volkswirtschaft Kenias hat zwar unter der Re-
gierung Kibaki zugelegt, doch die Schere zwischen arm und reich hat sich
immer weiter geöffnet.

8. Von den Gewaltexzessen besonders betroffen waren die fruchtbare und
wirtschaftlich wichtige Provinz Rift Valley im Westen Kenias, der so ge-
nannte Brotkorb Kenias sowie die Elendsviertel rund um die Hauptstadt
Nairobi. Hier sind die Hochburgen der Opposition und das Heer der sozial
und politisch Benachteiligten ist am größten, was deren Mobilisierung und
politische Instrumentalisierung durch die politischen Lager leicht macht.
Still und leise haben sich Nairobis Armenviertel in „ethnisch reine“ Gebiete
separiert.

9. Der Wahlkampf 2007 war von einer starken ethnischen Polarisierung ge-
prägt, weil vorherrschendes Alleinstellungsmerkmal politischer Parteien
die Volksgruppenzugehörigkeit ist. Integrationsfähige, nicht ein bestimmtes
ethnisches Klientel exklusiv ansprechende Parteien in deren Zentrum poli-
tischer Auseinandersetzung ein Wahlprogramm und nicht nur die Gegner-
schaft und das Streben nach Macht und Einfluss stehen, haben sich in Kenia
bislang nicht entwickelt.

10. Einzelne Missstände benennt auch der Landesbericht des „African Peer
Review“ vom Mai 2006, dem Prüfverfahren für Gute Regierungsführung im
Rahmen des afrikanischen NEPAD-Programms. Ihren entsprechenden Ak-
der internationalen Geber wie der EU und Bundesregierung aus. Dem Leit-
bild möglichst frühzeitiger Konfliktprävention folgend hätte beispielsweise

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die Finanzunterstützung des kenianischen Staatshaushaltes durch die EU
schon eher auf den Prüfstand gestellt werden müssen, zumal als im Nach-
gang zu den Wahlen 2002 die Verfassungsreform und mit ihr die Macht-
teilung zwischen Kibaki und Odinga scheiterte.

11. Örtliche Parteiführer und Hardliner beider Lager haben wesentlich zur völ-
lig enthemmten Gewaltanwendung und Gewalteskalation beigetragen. Sie
haben militante Jugendbanden der verschiedenen Volksgruppen aufgewie-
gelt und instrumentalisiert, um den politischen Gegner gewaltsam zu
schwächen. Ergebnis dieses unkontrollierbaren Spiels ethnischer Polarisie-
rung war, dass diese Banden, die teils mafiöse Strukturen aufweisen und
Todesschwadrone gebildet haben – wie die sog. Mungiki-Kwekwe der
Kikuyu oder die „Taliban“ der Luo –, völlig enthemmt in einer Vielzahl von
Städten überwiegend in West-Kenia (Eldoret, Kisumi, Naivasha etc.), Men-
schen der jeweils gegnerischen Volksgruppe mit Macheten, Pfeil und Bogen
sowie Knüppeln getötet haben, sie durch Kontrollpunkte und Straßensper-
ren selektiert und separiert, deren Häuser niedergebrannt und sie aus ihren
angestammten Wohnorten vertrieben haben. Schnell wuchs die Wut der
Flüchtlinge. Sie begannen sich gegenseitig zu bekämpfen. Politiker verloren
die Kontrolle über Banden und selbsternannte Warlords. Auch in Zukunft
sind derartige Szenarien nicht ausgeschlossen. So sind in der Zwischenzeit
immer mehr Waffen in Umlauf geraten. Milizen wurden ausgerüstet und
trainiert und gefährden den weiteren Friedensprozess.

12. Der lokale Terror hat eine Gettoisierung, gefährliche Pogromstimmung und
Zwietracht in der Bevölkerung geschürt, die auf Jahre eine tiefe Spaltung
der Gesellschaft entlang von Volksgruppenzugehörigkeiten erwarten lässt.

Die Polarisierung entlang ethnischer Merkmale muss unter allen Umstän-
den überwunden werden. Eindrücklich mahnte der zum Zeitpunkt amtie-
rende AU-Kommissionsvorsitzende Oumar Alpha Konare´ : „Wenn Kenia
brennt, wird nichts für die Zukunft bleiben“.

13. Der Verdacht „ethnischer Säuberungen“ veranlasste den UN-Sonderbeauf-
tragten für Genozid und Massenverbrechen Francis Deng, Ermittler zu ent-
senden. Auch Kofi Annan sprach von schwerwiegenden und systematischen
Verstößen gegen die Menschenrechte und warnt über das Problem der Wah-
len hinaus: „Es ist ein viel weiter gehendes und tieferes Problem.“

14. Eine gemeinsame Zukunft ohne Versöhnung ist kaum vorstellbar. Eine
schonungslose nationale, aber auch internationale Aufklärung der Ereig-
nisse nach der Wahl und der tiefer liegenden Ursachen ist für eine
dauerhafte Friedenslösung unerlässlich. Die grundsätzliche Einigung der
Streitparteien auf die Einsetzung einer unabhängigen Kommission zur Un-
tersuchung der Ereignisse rund um die Wahlen und einer Wahrheitskommis-
sion ist deshalb als erster Schritt zu begrüßen.

15. Nicht zu vergessen und besonders zu würdigen ist, dass die Beteiligung an
den Wahlen sehr hoch war und dass kenianische Vertreterinnen und Vertre-
ter aus Zivilgesellschaft und Kirchen, aus der Wirtschaft, sowie prominente
Einzelpersonen zu Verständigung und Dialog aufgerufen haben.

Der Deutsche Bundestag begrüßt, dass bei der Wahl zum Parlamentspräsi-
denten mit Kenneth Marende ein Vertreter der Opposition, die im Parlament
jetzt eine Mehrheit hat, gewählt worden ist.

16. Die Wirtschaft, das Rückgrat der Stabilität Kenias ist von der Gewalt und
Unsicherheit schwer in Mitleidenschaft gezogen worden. Der Tourismus ist
eingebrochen. Investitionen stagnieren, Warenströme im Land und in die
Region sowie das Warenangebot sind stark beeinträchtigt, Infrastruktur

wurde zerstört. Mehr als eine halbe Million Arbeitsplätze sind bereits verlo-

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ren und verschärfen das soziale Klima nochmals. Staatseinnahmen drohen
längerfristig wegzufallen. Der Verlust wird auf weit über 29 Mio. US-Dollar
pro Krisentag geschätzt.

17. Die internationale Staatengemeinschaft muss weiterhin bereit sein, vermit-
telnd und beratend den Kenianern zur Seite zu stehen. Denn nach der Krise
ist vor der Krise. Sie darf nicht darin nachlassen zu verdeutlichen, dass nur
eine friedliche, zügige und vor allem umfassende weitere Verhandlungslö-
sung ein zukunftsfähiger Weg für eine rasche Stabilisierung und dauerhaf-
ten Frieden in Kenia ist. Sie muss mit allen Mittel die Konsolidierung des
Friedens fördern, aber auch mit eindeutiger Stimme sprechen und im Falle
eines Bruchs der Vereinbarungen weiterhin auch die Verhängung von Sank-
tionen in Betracht ziehen.

18. Falsch und völlig kontraproduktiv war diesbezüglich die Auszahlung von
Entwicklungsgeldern der EU aus dem Europäischen Entwicklungsfonds
(EEF) zugunsten des Staatshaushalts der Regierung Kibaki. Illegitime
Regierungen dürfen keine direkte Förderung ihrer Staatshaushalte durch
Budgetfinanzierung erhalten. In eklatanter Weise hat die Krisenfrühwar-
nung der EU, aber auch der Bundesregierung versagt. Das Kontrolldefizit
auf Seiten der Mitgliedstaaten und des zuständigen Ministeriums für wirt-
schaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) gegenüber dem EEF
wurde im Zuge dieses Vorgangs offenkundig. Auch übereilte Anerkennun-
gen der Wahlergebnisse aus dem Ausland waren nicht hilfreich.

19. Abgesehen von der humanitären Hilfe gerieten infolge der Eskalation der
Lage in Kenia auch andere Formen der Entwicklungszusammenarbeit unter
Druck. Bislang ist Kenia ein Schwerpunktland der deutschen und interna-
tionalen Zusammenarbeit in Ostafrika. Diese Stellung steht jetzt auf dem
Spiel, wenn die Umsetzung getroffener Vereinbarungen nicht erfolgt und
weitere Schritte zur Lösung der Krise ausbleiben.

20. Der Deutsche Bundestag weist darauf hin, dass noch im Dezember 2007 auf
dem EU-Afrika Gipfel in Lissabon die vertiefte Zusammenarbeit zwischen
Europa und Afrika in allen Politikfeldern vereinbart worden ist. Vor diesem
Hintergrund ist das Engagement Europas und der Aufruf zu einer fried-
lichen Lösung in Kenia zu kommen, nicht als „Einmischung in die inneren
Angelegenheiten“ zu verstehen, sondern als konstruktiver Beitrag zur Pro-
blemlösung.

Der Deutsche Bundestag verweist auch auf die Leitlinien der Afrikanischen
Charta für Demokratie, Wahlen und Regierungsführung (2007) und die
Erklärung der Afrikanischen Union zu den Prinzipien für demokratische
Wahlen (2002).

Ferner weist der Deutsche Bundestag darauf hin, dass die kenianische Re-
gierung ihren Verpflichtungen des EU-AKP-Partnerschaftsabkommens
(Cotonou-Abkommen) nachzukommen hat, mit dessen Abschluss die Ach-
tung grundlegender Bürgerrechte, der Demokratie und Rechtsstaatlichkeit
sowie transparenter und verantwortungsvoller Regierungsführung verein-
bart wurde.

II. Der Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. Kibaki, Odinga und ihre politischen Lager aufzufordern, bislang erzielte Ver-
handlungsergebnisse zu akzeptieren und schnellst möglich umzusetzen, im
friedlichen Dialog am Verhandlungstisch auch weiter gehende Fragen wie
zur Verfassungs- und Wahlrechtsreform oder zu überfälligen Wirtschafts-
und Sozialreformen in den nächsten 12 Monaten aufeinander zuzugehen,

diese zügig zu klären und umzusetzen;

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 – Drucksache 16/8403

2. alle Beteiligten weiterhin aufzurufen, alles zu unterlassen was die Krise er-
neut entzünden könnte, ihre politischen Lager unmissverständlich zum Ge-
waltverzicht aufzufordern, sich zu verpflichten der ethnischen Polarisierung
aktiv entgegenzuwirken, weiterhin zur Versöhnung der Volksgruppen auf-
zurufen, die Achtung der Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit sicher-
zustellen und insbesondere den Schutz und die Versorgung der Menschen
und Flüchtlinge wie auch deren sichere und dauerhafte Rückkehr zu ge-
währleisten;

3. selbst nicht zum Tagesgeschäft überzugehen, die weiteren Entwicklungen
auch in den kommenden Monaten aufmerksam zu verfolgen;

4. soweit erforderlich und gewünscht eine weiter gehende Vermittlung und
Umsetzung der Ergebnisse mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln ange-
messen zu unterstützen, damit die Gewalt nicht wieder aufflammt und ein
dauerhaft friedliches Zusammenleben realisiert werden kann;

5. insbesondere beratende Unterstützung bei der Bearbeitung der tiefer liegen-
den Konfliktursachen anzubieten, insbesondere

a) beim Umbau des kenianischen Staatssystems zu Fragen der Rechtsstaat-
lichkeit, Sicherheitssektorreform, dem Aufbau dezentraler Strukturen
und Fragen pluralistischer Demokratie wie einer Wahlrechtsreform;

b) bei der Vorbereitung und Durchführung der nächsten Wahlen;

c) bei der Stärkung der parlamentarischen Arbeit;

d) bei der Umsetzung von Wirtschafts-, Sozial- und Bildungsreformen und
hierbei auch die Entwicklungszusammenarbeit künftig stärker noch als
bislang dahingehend zu orientieren, dass das Wirtschaftswachstum auch
den ärmeren Schichten zugute kommt;

6. sich bei der kenianischen Regierung dafür einzusetzen, dass die Politik der
Straflosigkeit ein Ende hat; dass die Hintergründe der politisch motivierten
Gewalt aufgedeckt und die Organisatoren und Hintermänner auf nationaler
und lokaler Ebene rechtlich zur Verantwortung gezogen und die kriminellen
Jugendbanden entwaffnet und aufgelöst werden;

7. die zeitnahe Einsetzung der im Grundsatz beschlossenen Wahluntersu-
chungs- und Wahrheitskommission, zusammengesetzt aus unabhängigen
Persönlichkeiten zu unterstützen, damit die Ereignisse nach der Wahl und
deren tiefer liegenden Ursachen transparent und öffentlich diskutiert und die
Spaltung in der Gesellschaft überwunden werden kann;

8. angesichts der massiven Menschenrechtsverletzungen den UN-Menschen-
rechtsrat einzuschalten und die Ermittlungen des UN-Sonderberaters für
Völkermord und Massenverbrechen auch im Hinblick auf ein mögliches
Verfahren vor dem Internationalen Strafgerichtshof zu unterstützen;

9. innerhalb der EU auf die fortgesetzte internationale Mitverantwortung zum
Schutz und Wohle der kenianischen Bevölkerung zu verweisen und sich für
eine einheitliche Position gegenüber Kenia einzusetzen, die eine rasche Sta-
bilisierung und dauerhafte Entwicklung in Frieden aktiv fördert;

10. sich selbst und innerhalb der EU weiterhin für eine angemessene Bereitstel-
lung humanitärer Hilfe zur Versorgung der Flüchtlinge einzusetzen, solange
dies erforderlich ist;

11. sicherzustellen, dass vor der Umsetzung der Vereinbarungen keine weiteren
direkten EU-Zuschüsse an den kenianischen Staatshaushalt erfolgen;

12. sich in der Weltbank und der Afrikanischen Entwicklungsbank dafür einzu-

setzen, dass keine Neuzusagen erfolgen, solange die Vereinbarungen nicht
umgesetzt werden;

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13. im Falle des Bruchs der Vereinbarungen und erfolglosem politischem Dia-
log (Artikel 8 und 9 Cotonou-Abkommen) sich für eine dauerhafte Suspen-
dierung der EEF-Zuschüsse (Artikel 96 Cotonou-Abkommen) einzusetzen;

14. angesichts der voreiligen Überweisung von EU-Entwicklungsgeldern an die
kenianische Regierung die Missstände in der EU-Entwicklungspolitik zu
beheben. Insbesondere muss die Bundesregierung künftig sicherstellen,
dass die Mängel bzgl. der Kommunikation, Koordination zwischen den EU-
Wahlbeobachtern, der EU-Kommission, der EU-Ausführungsorganisation
EuropeAid, dem EEF-Verwaltungsausschuss und den Mitgliedstaaten wie
auch der Bundesregierung abgestellt werden;

15. sich dafür einzusetzen, dass der EEF sobald als möglich regulärer Teil des
EU-Budgets wird und der transparenten Kontrolle des Europäischen Parla-
ments unterstellt wird;

16. ihre eigene internationale Mitverantwortung zum Schutz von Menschen
künftig wirksamer wahrzunehmen und hierzu die Funktionsfähigkeit ihrer
Instrumente zur Konfliktprävention und Frühwarnung sowie vor allem der
frühzeitigen Reaktionsfähigkeit auf den Prüfstand zu stellen und im Rah-
men des EU-Afrika-Dialogs die Vernetzung zu den Frühwarnsystemen der
AU und ihren Subregional-Organisationen zu verbessern, um künftig früh-
zeitiger Konfliktursachen identifizieren und abbauen zu können;

17. im Rahmen des EU-Afrika-Dialogs auf die Umsetzung des kenianischen
Aktionsplans zu drängen, der im Zuge des „African Peer Review“ entstand
und entsprechende Reformschritte entschlossen zu unterstützen;

18. vor einer Umsetzung der Vereinbarungen keine Neuzusagen im Rahmen der
Entwicklungszusammenarbeit in Betracht zu ziehen und im Falle des
Bruchs der Vereinbarungen die Aussetzung sonstiger Formen der deutschen
Entwicklungshilfe zu prüfen, soweit hiervon nicht die ärmsten Teile der Be-
völkerung getroffen werden;

19. im Falle eines Bruchs der Vereinbarungen Sanktionen für Regierungsmit-
glieder und Politiker in Betracht zu ziehen, die die Suche nach friedlichen
Lösungen stören; hierzu gehören die Verhängung von Einreiseverboten oder
das Einfrieren von Auslandskonten; auch weiter gehende Wirtschaftssank-
tionen sollten nicht ausgeschlossen werden; hierbei sollte die Bundesregie-
rung sich eng mit der EU, der internationalen Gemeinschaft und der AU ab-
stimmen.

Berlin, den 5. März 2008

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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