BT-Drucksache 16/8290

Zur Ankündigung Frankreichs über die Gründung einer Mittelmeer-Union

Vom 25. Februar 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/8290
16. Wahlperiode 25. 02. 2008

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Rainder Steenblock, Jürgen Trittin, Omid Nouripour, Marieluise
Beck (Bremen), Volker Beck (Köln), Alexander Bonde, Dr. Uschi Eid, Thilo Hoppe,
Ute Koczy, Kerstin Müller (Köln), Winfried Nachtwei, Claudia Roth (Augsburg) und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Zur Ankündigung Frankreichs über die Gründung einer Mittelmeer-Union

In seiner außenpolitischen Grundsatzrede vom 27. August 2007 stellte der fran-
zösische Staatspräsident, Nicolas Sarkozy, abermals sein Konzept einer „Union
de la Méditerranée“ dar, durch die die Beziehungen zwischen den Mittelmeer-
anrainern verstärkt werden sollen. Die vier tragenden Pfeiler dieser „projekt-
basierten Union“ sollen sein: 1. Umwelt und nachhaltige Entwicklung, 2. kultu-
reller Dialog, 3. Wirtschaftswachstum und soziale Entwicklung, 4. mediterra-
ner Sicherheitsbereich. Diese Politikfelder sind jedoch allesamt grundlegende
Bestandteile der Europäischen Nachbarschaftspolitik (ENP), die die seit 1995
bestehende Euro-Mediterrane Partnerschaft (EUROMED) und den „Barcelona-
Prozess“ ergänzt. Im Gegensatz zur geplanten Mittelmeer-Union sind in den
bestehenden Kooperationen alle EU-Mitgliedstaaten einbezogen. Damit ge-
fährdet dieses Projekt die Einheit der Europäischen Union und spaltet die durch
den Reformvertrag verstärkte Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der
EU.

Zum Auftakt der französischen Ratspräsidentschaft soll diese Mittelmeer-
Union am 13. Juli 2008 in Paris gegründet werden. Grundlegende Fragen wie
die Finanzierung, die Beteiligung und die Parallelität zur ENP sind jedoch nicht
geklärt.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Liegt der Bundesregierung ein konkretisiertes Konzept für eine Mittelmeer-
Union vor,

a) wenn ja, wie sieht dieses aus,

b) wenn nein, für wann erwartet die Bundesregierung eine Vorlage?

2. Hält die Bundesregierung die bisher vorgestellten Ideen zur Strukturierung
der projektbasierten Mittelmeer-Union in vier Pfeiler für sinnvoll?
Gibt es Konkretisierungen zur inhaltlichen Ausgestaltung?

3. Hat nach Erkenntnissen der Bundesregierung bereits die Konstituierung einer
Sherpa-Gruppe der Mittelmeeranrainer zur Vorbereitung des Juli-Gipfels
stattgefunden, und wenn ja, wer sind die jeweiligen Personen?

Drucksache 16/8290 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

4. a) Welchen Auftrag hat die im November 2007 errichtete deutsch-franzö-
sische Arbeitsgruppe zur Mittelmeer-Union?

b) Wer ist an dieser Arbeitsgruppe beteiligt?

c) Wann werden dem Deutschen Bundestag Ergebnisse dieser Arbeits-
gruppe vorgelegt?

d) Wie wurde in der Arbeitsgruppe die Einigung von Italien, Frankreich
und Spanien am 20. Dezember 2007 auf eine Mittelmeer-Union thema-
tisiert?

5. Welche Positionen vertreten die anderen EU-Mitgliedstaaten hinsichtlich
der Gründung einer Mittelmeer-Union?

Im welchem Rahmen finden hierzu Gespräche zwischen allen EU-Mit-
gliedstaaten statt?

6. Welche Positionen vertreten die südlichen Mittelmeeranrainer?

Hat die Bundesregierung hierzu bereits direkte Gespräche mit den Regie-
rungen der südlichen Mittelmeeranrainer geführt?

Wenn nein, wann wird sie dies tun?

7. Wie realistisch schätzt die Bundesregierung die Chance ein, die Etablie-
rung einer eigenständigen Mittelmeer-Union zu verhindern, bzw. den fran-
zösischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy zu einer Veränderung seiner
Position zu bewegen und stattdessen die bestehenden euromediterranen
Institutionen, den Barcelona-Prozess und die EU-Nachbarschaftspolitik, zu
stärken?

8. Verfolgt die Bundesregierung das Ziel, die Überlegungen des französi-
schen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy zu einer projektbasierten Mittel-
meer-Union in eine Modernisierung des Barcelona-Prozesses zu integrie-
ren?

9. Wie kann nach Meinung der Bundesregierung die Duplizierung der beste-
henden Institutionen in den euromediterranen Beziehungen verhindert
werden, bzw. wie könnte eine Kompatibilität der vorhandenen Strukturen
mit der Mittelmeer-Union und ein Mehrwert sichergestellt werden?

10. Hat die Bundesregierung konkrete Pläne und eine Strategie, um die beste-
henden euromediterranen Institutionen mit neuem Leben zu füllen, den
Barcelona-Prozess und die EU-Nachbarschaftspolitik zu stärken, und
wenn ja, welche?

11. Welche konkrete Rolle soll nach Information der Bundesregierung den
EU-Mitgliedstaaten, die nicht Anrainer des Mittelmeeres sind, in einer
solchen Mittelmeer-Union zukommen?

12. Welche Auffassung vertritt die Bundesregierung zu den Überlegungen,
eine eigenständige Mittelmeer-Union außerhalb der EU-Strukturen zu
etablieren?

13. Wie gestalten sich die Pläne nach Erkenntnissen der Bundesregierung, zur
Gründung einer Parlamentarischen Versammlung mit den Ländern der
östlichen Dimension der EU-Nachbarschaftspolitik am Beispiel der Euro-
mediterranen Parlamentarischen Versammlung?

Berlin, den 22. Februar 2008

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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