BT-Drucksache 16/8051

Plenarsitzungen des Europäischen Parlaments gänzlich in Brüssel und Tagungen des Europäischen Rates in Straßburg abhalten

Vom 13. Februar 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/8051
16. Wahlperiode 13. 02. 2008

Antrag
der Abgeordneten Rainder Steenblock, Jürgen Trittin, Omid Nouripour, Marieluise
Beck (Bremen), Volker Beck (Köln), Alexander Bonde, Dr. Uschi Eid, Thilo Hoppe,
Ute Koczy, Kerstin Müller (Köln), Winfried Nachtwei, Claudia Roth (Augsburg)
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Plenarsitzungen des Europäischen Parlaments gänzlich in Brüssel und Tagungen
des Europäischen Rates in Straßburg abhalten

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Das Europäische Parlament der Europäischen Union hat einen offiziellen Sitz,
aber drei Arbeitsorte. Der offizielle Sitz ist in Straßburg. Dort finden monatlich,
insgesamt zwölf Mal im Jahr, jeweils viertägige Plenarsitzungen statt. Ein wei-
terer Dienstort ist Luxemburg, wo sich das Generalsekretariat des Europäischen
Parlaments befindet. In Brüssel schließlich, dem Hauptarbeitsort, finden häufig
zusätzliche zweitägige Plenarsitzungen statt und tagen die Ausschüsse und die
Fraktionen. In Brüssel sind außerdem die Europäische Kommission und der Rat
der Europäischen Union ansässig, mit denen das Parlament täglich zusammen-
arbeitet. Damit hat das Europäische Parlament de facto drei Sitze. Die monat-
lichen Plenarsitzungen in Straßburg verursachen hohe Ausgaben von Steuer-
geldern und Belastungen für die Umwelt, wie die aktuelle Studie „European
Parliament two-seat operation: Environmental costs, transport and energy“ (von
John Whitelegg) aufzeigt:

– Jeden Monat reisen 785 Abgeordnete sowie etwa 3 000 Mitarbeiter und Mit-
arbeiterinnen ihrer Büros, der Fraktionen und der Verwaltung von Brüssel
nach Straßburg. Dazu kommen neun Sattelschlepper, die das Aktenmaterial
transportieren. Die damit verbundenen Kosten der Verwaltung belaufen sich
auf mehr als 200 Mio. Euro pro Jahr.

– In Straßburg werden ein Mal im Monat von Montagnachmittag bis Donners-
tagnachmittag, also an nur 48 Tagen pro Jahr, Plenarsitzungen abgehalten.
Den Rest des Jahres stehen die Straßburger Gebäude leer, die dennoch mit
Steuergeldern unterhalten werden müssen.

– Zu den Kosten von über 200 Mio. Euro summieren sich zusätzlich CO2-
Emissionen, die durch den monatlichen Umzug nach Straßburg ausgestoßen

werden. Der Betrieb eines Gebäudes, welches fast 90 Prozent des Jahres leer
steht, und der CO2-Ausstoß der über 3 000 Pendlerinnen und Pendler im
Monat belaufen sich insgesamt auf ca. 20 000 Tonnen CO2 im Jahr.

Die Entscheidung über den jeweiligen Sitz der Organe und Institutionen der Eu-
ropäischen Union liegt bei den Mitgliedstaaten. Es ist damit an ihnen bzw. dem
Europäischen Rat, die Umweltbelastung und die unnötige Ausgabe von Steuer-
geldern zu beenden, indem die Plenarsitzungen des Europäischen Parlaments

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nach Brüssel verlegt werden, wo bereits die Ausschuss- und Fraktionssitzungen
sowie die tägliche Zusammenarbeit mit der Kommission stattfinden.

Die französische Stadt Straßburg gilt zu Recht als ein Symbol der Aussöhnung
in Europa, insbesondere zwischen Deutschland und Frankreich. Sie hat erhebli-
che Anstrengungen unternommen, um das Europäische Parlament und andere
europäische Einrichtungen gastfreundlich aufzunehmen. Dem Interesse Frank-
reichs, den Sitz eines europäischen Organs nicht aufgeben zu wollen, muss ent-
gegengekommen werden. Als Ausgleich für die Verlegung der Sitzungen des
Europäischen Parlaments an den Arbeitsort Brüssel sollte der Europäische Rat
in Straßburg seinen offiziellen Sitz erhalten. Da der Europäische Rat nicht täg-
lich mit den Organen der Europäischen Union zusammenarbeitet, müssen seine
vierteljährlichen Tagungen nicht zwingend in Brüssel stattfinden. Er kann als
Alternative zum Europäischen Parlament in Straßburg tagen, denn die hierfür
notwendige Infrastruktur ist dort bereits vorhanden.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

sich im Europäischen Rat dafür einzusetzen, dass die Sitzungen des Euro-
päischen Parlaments in Brüssel abgehalten werden und die Tagungen des Euro-
päischen Rates künftig in Straßburg stattfinden.

Berlin, den 13. Februar 2008

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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