BT-Drucksache 16/7452

Urwaldschutzpolitik der EU - Stand der Verhandlungen über FLEGT-Partnerschaftsabkommen und der Diskussion über die Fortentwicklung von FLEGT

Vom 14. März 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/7452
16. Wahlperiode 14. 03. 2008

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Cornelia Behm, Dr. Uschi Eid, Marieluise Beck (Bremen),
Volker Beck (Köln), Alexander Bonde, Hans-Josef Fell, Bettina Herlitzius,
Winfried Hermann, Dr. Anton Hofreiter, Thilo Hoppe, Ute Koczy, Sylvia Kotting-
Uhl, Nicole Maisch, Kerstin Müller (Köln), Winfried Nachtwei, Omid Nouripour,
Claudia Roth (Augsburg), Rainder Steenblock, Jürgen Trittin und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Urwaldschutzpolitik der EU – Stand der Verhandlungen
über FLEGT-Partnerschaftsabkommen und der Diskussion über die
Fortentwicklung von FLEGT

Mit unabsehbaren Folgen für das Klima, die biologische Vielfalt und die Lebens-
bedingungen eines bedeutenden Teiles der Menschheit ist zu rechnen, wenn der
Raubbau an den Urwäldern unserer Erde so fortschreitet wie bisher. Laut dem im
März 2007 veröffentlichten Bericht der Welternährungsorganisation FAO ver-
schwanden allein zwischen 1990 und 2005 rund 3 Prozent der Wälder weltweit.
Dies entspricht dem Dreifachen der Fläche der Bundesrepublik Deutschland.

Die Zahlen der Welternährungsorganisation zu globalen Nettoverlusten (d. h.
inklusive Wiederaufforstungen und Plantagen) geben aber nur einen Teil der
Dramatik beim Verlust von Primärwäldern wieder. Der Waldflächenzuwachs in
Nordamerika und Europa sowie großflächige Aufforstungen in China und den
USA sind zwar positiv zu bewerten, können aber die zerstörerische Nutzung von
natürlichen Urwäldern mit ihrer einzigartigen Artenvielfalt nicht aufwiegen.

Das besorgniserregende Ausmaß, in dem global agierende Unternehmen der
Holz- und Agrarindustrie bisher unerschlossene Waldgebiete übernutzen und
zerstören, wird nicht zuletzt auch durch die europäische Nachfrage nach Holz
und Agrarprodukten mit verursacht. Der Bundesrepublik Deutschland als dritt-
größtem Holzverbraucher der Welt, der jährlich etwa 105 Mio. Kubikmeter
Holz- und Holzprodukte importiert (zwei Drittel davon Papier und Zellstoff),
muss beim Schutz der Urwälder eine Schlüsselrolle zukommen.

Die Bundesrepublik Deutschland hatte im vergangenen Jahr mit der EU-Rats-
präsidentschaft die Chance, die Maßnahmen gegen den illegalen Holzhandel
auf internationaler und EU-Ebene voranzutreiben. Im Zuge der Ablehnung
eines nationalen Urwaldschutzgesetzes im Oktober 2006 hat die Bundesregie-

rung zugesagt, sich für Nachbesserungen der FLEGT-Verordnung und des
FLEGT-Aktionsplanes einzusetzen (FLEGT = Forest Law Enforcement, Gover-
nance and Trade). Zahlreiche Umweltverbände fordern nun mit Recht von der
Bundesregierung einen klaren Vorstoß für eine verbindliche Regelung für Holz-
importe und den Handel mit Holz und Holzprodukten.

Drucksache 16/7452 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche Rückschlüsse zieht die Bundesregierung aus der EU-Konsultation
zu möglichen zusätzlichen Maßnahmen im Rahmen der FLEGT-Ver-
ordnung, in der sich die Mehrheit der Akteure für die stärkste Option 4B
(Handelsverbot für illegales Holz) ausgesprochen hat, und was bedeutet
dies für die eigene Position der Bundesregierung?

2. Hat sich die Bundesregierung im Rahmen dieser EU-Konsultation bezüg-
lich der verschiedenen Optionen positioniert, und wenn ja, wie?

3. Wie positioniert sich die Bundesregierung hinsichtlich einer Weiterent-
wicklung der Maßnahmen im Rahmen des FLEGT-Aktionsplanes und der
FLEGT-Verordnung, und welche inhaltlichen Initiativen sind von deut-
scher Seite eingebracht worden oder sind geplant, eingebracht zu werden?

4. Wie wird die Bundesregierung die 9. Vertragsstaatenkonferenz zur Kon-
vention über biologische Vielfalt nutzen, um mit den Vertragsstaaten in
eine Diskussion über den illegalen Holzhandel einzutreten und sich auf
gemeinsame Grundsätze und Kriterien für den Erhalt der Wälder zu
einigen sowie dabei auf den FLEGT-Prozess aufzubauen und diesen
weiterzuentwickeln?

5. Wie beurteilt die Bundesregierung die Bestrebungen Dänemarks, an-
gesichts der zähen Fortentwicklung bei FLEGT, nationale Maßnahmen
anzugehen, um den Handel mit illegalen Hölzern zu stoppen?

Ist der Bundesregierung bekannt, ob auch andere europäische Staaten an
ähnliche Maßnahmen denken?

6. In welchem Umfang und Zeitrahmen sollen zukünftig Nachweismethoden
zur Herkunft von Holz und Holzprodukten zum Einsatz kommen?

7. Wie schätzt die Bundesregierung die Einsatzfähigkeit der zwei präferierten
Methoden (Isotopenanalyse/DNA-Analyse) ein, bzw. welche Schritte wer-
den unternommen, um deren Weiterentwicklung voranzutreiben?

8. Mit welchen Ländern führt die EG zusätzlich zu den in ihrer Antwort auf
die Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu FLEGT
aus dem Jahr 2007 (Bundestagsdrucksache 16/6177) bereits genannten
Ländern Verhandlungen über den Abschluss von freiwilligen FLEGT-Part-
nerschaftsabkommen (Voluntary Partnership Agreements, VPA)

9. Wie ist der aktuelle Stand der VPA-Verhandlungen?

10. Für welche weiteren Länder sind für die nächsten Jahre Verhandlungen
vorgesehen?

11. Welchen Zeitraum veranschlagt die Bundesregierung für den Abschluss
der aktuellen VPA-Verhandlungen, und welche Chancen sieht sie, die Ver-
handlungen in absehbarer Zeit zum Abschluss zu bringen (beabsichtigter
Abschluss mit Länderangaben)?

12. Zeichnet sich der Abschluss eines VPA mit Malaysia ab, dem nach Ansicht
der Bundesregierung (Bundestagsdrucksache 16/6177) eine Schlüsselrolle
zukommt?

Wie sehen in diesem Zusammenhang die Anforderungen von Seiten der
Bundesregierung an eine Legalitätsdefinition aus, und was gedenkt die
Bundesregierung zu unternehmen, um die Malaysia gegenüber zugesicher-
ten Absatzmärkte und Premium-Preise sicherzustellen?

13. Wie ist der neueste Stand der VPA-Verhandlungen mit Indonesien, und wie

ist das indonesische Interesse an einem zügigen Fortgang der Verhandlun-
gen einzuschätzen?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/7452

14. Wie lautet die offizielle Legalitätsdefinition, die den Verhandlungen der
Bundesregierung mit Kamerun zugrunde liegt?

Inwieweit ist eine ökologische und sozialverträgliche Nachhaltigkeit der
Holzentnahme hierbei berücksichtigt?

15. Werden die Definitionen der Legalität bei den einzelnen VPA-Verhandlun-
gen aneinander angepasst, um faire vergleichbare Handelsvoraussetzungen
für die VPA-Partnerländer zu schaffen, und wenn ja, wie?

16. Inwieweit sieht die Bundesregierung nach den ersten Erfahrungen in der
Aushandlung von VPAs eine ausreichende Lösung, um dem illegalen Holz-
handel und der nicht nachhaltigen Holznutzung entgegenzutreten?

17. Welche Nachbesserungsmöglichkeiten sieht die Bundesregierung bei der
Ausgestaltung der Beschaffungsregeln für die Bundesverwaltung in Bezug
auf eine Ausweitung auf Papierprodukte?

Berlin, den 13. März 2008

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

Kleine Anfrage
Urwaldschutzpolitik der EU – Stand der Verhandlungen über FLEGT-Partnerschaftsabkommen und der Di...

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.