BT-Drucksache 16/7231

Aufklärung des Einsatzes von Bundeswehr und Polizei anlässlich des G8-Gipfels in Heiligendamm

Vom 16. November 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/7231
16. Wahlperiode 16. 11. 2007

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Hans-Christian Ströbele, Volker Beck (Köln), Monika Lazar,
Irmingard Schewe-Gerigk, Silke Stokar von Neuforn, Wolfgang Wieland,
Josef Philip Winkler und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Aufklärung des Einsatzes von Bundeswehr und Polizei anlässlich des G8-Gipfels
in Heiligendamm

Der Polizei- und Bundeswehreinsatz beim diesjährigen G8-Gipfel in Heiligen-
damm hatte bundesweite und sogar internationale Bedeutung.

Im Zusammenhang mit dem Sicherheitskonzept zum G8-Gipfel in Heiligen-
damm und dessen Umsetzung durch Bundeswehr und Polizei sind trotz der Ver-
suche parlamentarischer Aufarbeitung bisher viele Fragen ungeklärt geblieben:
Einsatz von verdeckt aufklärenden Polizisten sowie von Bundeswehreinheiten,
Zusammenarbeit von Bundesstellen mit der Polizei sowie politische Verantwort-
lichkeiten.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Warum entsprach die Bundesregierung dem Ersuchen, Tornadoflugzeuge der
Bundeswehr zur Aufklärung einzusetzen, wenn polizeiliche Aufklärung im
Camp durch verdeckte Ermittler stattfand und aus der Luft Aufklärung durch
Polizeiaufnahmetechnik (z. B. in Helikoptern installiert) durchgeführt wer-
den konnte?

2. Kann die Identifikation einzelner Personen aufgrund der Bildaufnahmen der
Tornados ausgeschlossen werden?

3. Warum wurden gezielt Personengruppen bildtechnisch aufgenommen, wenn
offizielles Ziel der Tornadoaufklärungsflüge das Aufdecken von „Erddepots
und Manipulationen an Straßenzügen“ war?

4. Wie erklärt die Bundesregierung die ungewöhnlichen Flugprofile der Flüge
von Tornados und anderen Flugzeugen der Bundeswehr über den Demonst-
ranten?

5. Warum fand die Flughöhenunterschreitung, die mit Witterungsbedingungen
begründet wurde, ausgerechnet über dem Camp statt?

6. a) Wurde die einschüchternde Wirkung des Einsatzes von Militär auf De-

monstranten in Überlegungen zur der Rechtmäßigkeit der Maßnahmen
einbezogen?

b) Wenn ja, hält die Bundesregierung die Militäreinsätze für verhältnis-
mäßig?

7. Wie und in welchem Umfang hat die BAO Kavala (Besondere Aufbauorga-
nisation) auf welchem Weg direkt weitere Flüge angefordert?

Drucksache 16/7231 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

8. Weshalb fanden Eurofighterflüge wahrnehmbar über dem Camps Wich-
mannsdorf statt?

9. Mit welchen technischen Möglichkeiten zur Aufklärung (wie beispielswei-
se Wärmebildgerät, CCD-Tageslichtkamera und Laserentfernungsmesser,
Radar, ABC-Waffen-Spürsysteme etc.), zum Schutz (wie beispielsweise
Bewaffnung sowie integrierte Nebelmittelwurfanlage etc.) oder anderer Art
wie (Gps-Jammer, Mobilfunkjammer oder anderen Störsendern etc.) sind
deutsche Fenneks ausgestattet?

a) Über welche dieser technischen Möglichkeiten verfügten die eingesetz-
ten Fenneks?

b) Welche dieser Möglichkeiten wurden genutzt?

c) An welche Stellen wurden Informationen, die durch Fenneks gewonnen
wurden, übertragen?

d) Zu welcher Zeit wurden diese Informationen jeweils übermittelt?

e) Waren in bzw. bei den Fennek-Einheiten Polizisten anwesend, die das
Fennek-Aufklärungssystem direkt mitnutzen oder die Erkenntnisgewin-
nung in Echtzeit mitverfolgen konnten?

Wie war die Zusammenarbeit zwischen Bundeswehr und der Polizei
geregelt?

10. Hat die Bundesregierung Kenntnisse davon, dass bei einer Kontrolle wäh-
rend des G8-Gipfels in und um Heiligendamm Sprengstoffe entdeckt
wurden?

Wenn ja, wer brachte solche Stoffe bei, und wie wurden diese aufgespürt?

Wurde nach Erkenntnissen der Bundesregierung ein strafrechtliches Ermitt-
lungsverfahren eingeleitet?

Welchen bisherigen Stand hat das gegebenenfalls eingeleitete Verfahren?

11. Wie war die Zusammenarbeit insbesondere zwischen BAO Kavala und der
Bundeswehr geregelt, organisiert, und wie wurde sie praktiziert?

12. Welche Dienststellen von Bundeswehr und Polizei haben während des Gip-
fels miteinander kommuniziert?

13. a) Wurden Informationen im Zusammenhang mit dem G8-Gipfel im Gebiet
um Heiligendamm durch das deutsche Satellitensystem „SAR Lupe“ ge-
wonnen oder im Rahmen des mit Frankreich vertraglich vereinbarten
Kontingents optische Bilder des Satellitensystem „Hellios“ durch deut-
sche Stellen bezogen.

Wenn ja, durch welche?

b) Wie wurden gegebenenfalls solche Informationen genutzt?

14. Wurden im Zusammenhang mit den Protesten gegen den G8-Gipfel durch
Nachrichtendienste des Bundes Informationen gewonnen?

Wenn ja, welche?

An welche Stellen wurden gegebenenfalls solche Informationen übermit-
telt?

15. Welche Informationen wurden für die Erstellung der täglichen „auf den G8-
Gipfel bezogene Sicherheitslage“ durch MAD-Amt (MAD = Militärischer
Abschirmdienst) und ZNBw (Zentrum für Nachrichtenwesen der Bundes-
wehr) erfasst, zum Beispiel aufgrund des entsprechenden Befehls Nr. 2 des

Streitkräfteunterstützungskommandos vom 18. Mai 2007?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/7231

16. Welchen Stellen haben MAD-Amt und ZNBw erlangte Informationen über-
mittelt oder kann die Bundesregierung solche Übermittlungen ausschlie-
ßen?

17. Wie haben MAD-Amt und ZNBw jeweils mit der Polizei zusammen-
gearbeitet?

18. Kann die Bundesregierung ausschließen, dass Helikopter der Bundeswehr
Polizisten zu Einsätzen im Zusammenhang mit dem G8-Gipfel transportier-
ten, etwa – mehreren Augenzeugenberichten zufolge – am 6. Juni 2007 zu
einer Blockade bei Börgerende-Rethwisch?

19. a) Wie viel kosteten die Unterstützungsleistungen des Bundes für das Land
Mecklenburg-Vorpommern im Zusammenhang mit dem G8-Gipfel nach
Vollkosten und nach Amtshilfesätzen?

b) Aufgrund welcher Erwägungen verzichtete die Bundesregierung gegen-
über dem Land auf eine Erstattung von Kosten in welcher Höhe?

c) Wann genau wurde diese Entscheidung getroffen?

d) Wer entschied das?

e) Wie wurde die Weisung Nr. 1 bezüglich des Bundeswehreinsatzes des
Bundesministers der Verteidigung, Dr. Franz Josef Jung, vom 18. Mai
2006 umgesetzt, wonach „bei allen Maßnahmen mit haushaltsrecht-
lichen Auswirkungen der Beauftragte für den Haushalt gemäß § 9 Abs. 2
der Bundeshaushaltsordnung (BHO) vorher und zeitgerecht zu beteili-
gen“ sei?

f) Wurde etwa „zeitgerecht vor“ der haushaltbelastenden sukzessiven An-
forderung weiterer Fennek-Fahrzeuge und Tornadoflüge durch das Land
Mecklenburg-Vorpommern bzw. durch die BAO Kavala jeweils der
Haushaltsbeauftragte des Bundesministeriums der Verteidigung (BMVg)
beteiligt?

20. Welche Einsatzpläne der Bundeswehr lagen vor für den Fall von Eskalatio-
nen und Angriffe auf Bundeswehrangehörige?

21. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die Rechtsgrundlage
und die Einsatzpläne für verdeckt in szeneüblicher Aufmachung und Klei-
dung eingesetzte Mitarbeiter der Polizei im Rahmen des G8-Gipfels?

a) Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung bezüglich der in den Ein-
satzplänen getroffenen Regelungen, dass verdeckt tätige Polizisten sich
zwar szenetypisch verhalten dürfen, aber gewährleistet ist, dass sie Straf-
taten weder verüben noch dazu anstiften oder dazu provozieren dürfen?

b) Wurden die verdeckt eingesetzten Polizisten nach Kenntnis der Bundes-
regierung auch entsprechend angewiesen, weder Straftaten zu verüben
oder zu provozieren noch zu Eskalationen beizutragen?

c) Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung dazu, dass verdeckt tätige
Polizisten zu Straftaten aufgefordert oder zu solchen provoziert haben
oder selbst Straftatbestände erfüllt haben sollen?

d) Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung dazu, ob zivilgekleidet
US-Sicherheitskräfte in und um das Gebiet von Heiligendamm auffällig
wurden, so dass diese durch deutsche Polizei kontrolliert wurden?

Berlin, den 16. November 2007
Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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