BT-Drucksache 16/7039

Einmarsch der Türkei in den Irak verhindern

Vom 8. November 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/7039
16. Wahlperiode 08. 11. 2007

Antrag
der Abgeordneten Dr. Norman Paech, Monika Knoche, Hüseyin-Kenan Aydin,
Dr. Lothar Bisky, Sevim Dag˘delen, Dr. Diether Dehm, Wolfgang Gehrcke,
Heike Hänsel, Inge Höger, Ulla Jelpke, Michael Leutert, Dr. Gesine Lötzsch,
Paul Schäfer (Köln), Alexander Ulrich und der Fraktion DIE LINKE.

Einmarsch der Türkei in den Irak verhindern

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Der drohende Einmarsch des türkischen Militärs in den Nordirak ist in höchstem
Maße besorgniserregend. Sollte sich die türkische Regierung entschließen, im
Kampf gegen die Kurdische Arbeiterpartei (PKK) großangelegte grenzüber-
schreitende Militäroperationen durchzuführen, würde in völkerrechtswidriger
Weise die territoriale Integrität des Irak verletzt und die ohnehin angespannte
Lage im Nahen Osten weiter eskalieren. Ein Angriff der Türkei auf den Irak
könnte zur vollständigen Destabilisierung des Irak bis hin zum Auseinanderbre-
chen seiner Staatlichkeit führen. Unweigerlich würden auch die Nachbarstaaten
Syrien und Iran in die Auseinandersetzung hineingezogen. Die wiederholte Zu-
sicherung der US-Administration, die türkische Armee bei ihren Vorstößen auf
irakisches Territorium gegebenenfalls zu unterstützen, trägt unverantwortlich
zur Verschärfung der gespannten Situation bei.

Seit das türkische Parlament am 17. Oktober 2007 militärisches Vorgehen der
türkischen Armee gegen die PKK auf irakischem Territorium autorisiert hat, hat
sich in der Türkei eine emotional stark aufgeheizte Situation entwickelt. Deut-
lich belegen dies die massiven Angriffe auf die kurdische Bevölkerung und die
Verwüstung von Büros der prokurdischen Partei DTP. Weitere Gewalteskala-
tionen drohen die Gesellschaft zu polarisieren und könnten das Land in eine tiefe
Krise stürzen.

Militärische Gewalt wird die Konflikte nicht lösen, sondern noch verschärfen
und zu weiteren Opfern in der Zivilbevölkerung führen. Der Deutsche Bundes-
tag ist davon überzeugt, dass ausschließlich politische Lösungen zu einer fried-
lichen Beilegung der Konflikte führen können. Dazu ist die Abkehr der PKK
vom bewaffneten Kampf, der auch Opfer in der Zivilbevölkerung fordert, und
die Einhaltung des von der PKK verkündeten Waffenstillstandes ebenso zwin-
gend notwendig, wie umfassende Reformen in der Türkei, die auch die politi-

sche und rechtliche Situation der Kurdinnen und Kurden deutlich verbessern.

Sowohl die Bundesregierung als auch die Europäische Union haben die gravie-
rende Missachtung der Menschen- und Minderheitenrechte in der Türkei in der
Vergangenheit nur mit großer Zurückhaltung kritisiert. Im Interesse einer fried-
lichen und demokratischen Entwicklung in der Türkei muss die Bundesregie-
rung darauf drängen, dass die Frage der sozialen, politischen und rechtlichen

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Stellung der kurdischen Bevölkerung im Rahmen der Beitrittsverhandlungen
einen zentralen Platz einnimmt.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. die Türkei von einem völkerrechtswidrigen Einmarsch in den Irak abzuhalten
und sie dazu aufzufordern, die Bombardierungen sofort einzustellen, einen
Waffenstillstand auszurufen und ihre Truppen aus dem türkisch-irakischen
Grenzgebiet zurückzuziehen;

2. die PKK aufzufordern, vom bewaffneten Kampf Abstand zu nehmen und den
angekündigten Waffenstillstand einzuhalten;

3. an die türkische Regierung eindringlich zu appellieren, mit Vertreterinnen
und Vertretern der Kurden, insbesondere mit den gewählten Parlamentsmit-
gliedern der DTP, Verhandlungen über die verfassungsmäßige Anerkennung
und Durchsetzung der Rechte der Kurdinnen und Kurden in der Türkei auf-
zunehmen und auf die Anwendung militärischer Gewalt gegen die kurdische
Bevölkerung zu verzichten;

4. innerhalb der Europäischen Union darauf hinzuwirken, dass die Beitrittsver-
handlungen mit der Türkei an eine politische Lösung der Kurdenfrage gekop-
pelt werden.

Berlin, den 7. November 2007

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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