BT-Drucksache 16/6162

Aufklärung der Korruptionsvorwürfe in Sachsen durch Generalbundesanwaltschaft

Vom 27. Juli 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/6162
16. Wahlperiode 27. 07. 2007

Antrag
der Abgeordneten Ulrich Maurer, Dr. Barbara Höll, Dr. Dagmar Enkelmann,
Dr. Gesine Lötzsch, Kersten Naumann, Wolfgang Neskovic, Dr. Gregor Gysi,
Oskar Lafontaine und der Fraktion DIE LINKE.

Aufklärung der Korruptionsvorwürfe in Sachsen durch
Generalbundesanwaltschaft

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die in der öffentlichen Debatte befindlichen Netzwerke der Korruption in
Sachsen und die anhaltenden Probleme bei der juristischen Aufarbeitung zerstö-
ren in gefährlichem Maße das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in das
Funktionieren rechtsstaatlicher Institutionen und Kontrollmechanismen nicht
nur in Sachsen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesministerin der Justiz auf,

bei Vorliegen der entsprechenden Tatbestandsvoraussetzungen von ihrer Wei-
sungskompetenz nach den §§ 146, 147 Abs. 1 Nr. 1 des Gerichtsverfassungs-
gesetzes (GVG) Gebrauch zu machen und die Generalbundesanwaltschaft
anzuweisen, ihrem Evokationsrecht gemäß § 120 Abs. 2 GVG folgend, die dies-
bezüglichen strafrechtlichen Ermittlungen in Sachsen an sich zu ziehen.

Berlin, den 26. Juli 2007

Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

Begründung

1. Seit Wochen werden in Medien und Politik Vorwürfe erhoben, in Sachsen
verhinderten kriminelle Netzwerke, in die auch hochrangige Juristen und
Politiker verwickelt seien, die konsequente Aufklärung von Korruption, Im-
mobiliendeals, Amtsmissbrauch. Selbst ungeklärte Morde werden in diesen

Zusammenhang gebracht (vgl. zuletzt DIE WELT, 28. Juni 2007). Der auf or-
ganisierte Kriminalität spezialisierte Autor Jürgen Roth stellt in der Illustrier-
ten „stern“ vom 13. Juni 2007 drei „Fallkomplexe“ organisierter Kriminalität
vor, die in den Akten des Landesverfassungsschutzes eine Rolle spielten.

2. Nachdem schon vor Wochen die Vernichtung von 40 Aktenordnern durch den
Verfassungsschutz bekannt wurde, wird jetzt berichtet, dass dieselbe Behörde

Drucksache 16/6162 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
bereits im Herbst mit der Aktenvernichtung möglicherweise der Aufklärung
dienender Unterlagen begonnen habe. Man muss also davon ausgehen, dass
bisher weder der Sächsische Landtag noch die Landesregierung umfassend
über Sachstand und Ermittlungen in Sachsen informiert worden sind. Der
nunmehr gebildete parlamentarische Untersuchungsausschuss kann wichtige
Aufklärungsarbeit leisten, aber niemals die notwendigen unvoreingenomme-
nen strafrechtlichen Ermittlungen ersetzen.

3. Die Mitte Juni dieses Jahres verbreitete Garantieerklärung der sächsischen
Landesregierung für die Sicherheit im Lande und die „Verfolgung schwarzer
Schafe“ (www.mz-web.de) entbehrt bisher jeder Grundlage.

4. Angesichts dieser Entwicklung ist die bisherige Weigerung der Generalbun-
desanwaltschaft, den sächsischen Korruptionsskandal aufzuklären, nicht
mehr akzeptabel. Die Zuständigkeit des Generalbundesanwalts ergibt sich
aus § 142a Abs. 1, § 120 Abs. 2 Nr. 1 und § 74a Abs. 1 Nr. 4 GVG. Voraus-
gesetzt wird ein Verdacht auf Bildung einer kriminellen Vereinigung nach
§ 129 des Strafgesetzbuches und die besondere Bedeutung des entsprechen-
den Falls. Beides scheint in Sachsen gegeben zu sein. Die bisherige Argu-
mentation der Generalbundesanwaltschaft, ihr sei die Übernahme der Straf-
verfolgung aus Rechtsgründen verwehrt (Andreas Christeleit, stellvertreten-
der Sprecher der Generalbundesanwaltschaft am 15. Juni 2007, u. a.
www.mz-web.de), ist nicht länger aufrecht zu halten.

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