BT-Drucksache 16/5951

zu dem Antrag der Abgeordneten Mechthild Dyckmans, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Jörg van Essen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP - Drucksache 16/5605 - Verfahrensrechte in Strafverfahren in der Europäischen Union

Vom 4. Juli 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/5951
16. Wahlperiode 04. 07. 2007

Beschlussempfehlung und Bericht
des Rechtsausschusses (6. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Mechthild Dyckmans, Sabine Leutheusser-
Schnarrenberger, Jörg van Essen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
– Drucksache 16/5606 –

Verfahrensrechte in Strafverfahren in der Europäischen Union

A. Problem

Die Antragsteller fordern den Deutschen Bundestag auf festzustellen, dass unter
der Geltung des Titels VI des Vertrages über die Europäische Union zahlreiche
Instrumente für die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen geschaffen wur-
den. Voraussetzung für die gegenseitige Anerkennung justizieller Entscheidun-
gen sei ein hohes Maß an Vertrauen und Solidarität zwischen den Mitglied-
staaten. Ein solches Vertrauen könne es aber nur dann geben, wenn die
Grundsätze über straf- und strafverfahrensrechtliche Normen in den europäi-
schen Mitgliedstaaten auf gemeinsamen Rechtsstandards beruhten und daher im
Wesentlichen vergleichbar seien. Eine Konkretisierung der besonders in der
EMRK angesprochenen Gewährleistungen sei für die justizielle Zusammen-
arbeit in Strafsachen in der Europäischen Union bislang jedoch nicht erfolgt.

Vor diesem Hintergrund solle der Deutsche Bundestag die Bundesregierung ge-
mäß Artikel 23 Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes auffordern, sich bei den weite-
ren Verhandlungen im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen
dafür einzusetzen,

1. dass der Anwendungsbereich des Rahmenbeschlusses angesichts der anderen
bereits verabschiedeten und noch geplanten Rechtsinstrumente zur justiziel-
len Zusammenarbeit in Strafsachen nicht auf die Fälle des Europäischen
Haftbefehls beschränkt wird;

2. dass der Vorschlag einer verstärkten Zusammenarbeit angesichts der Tat-
sache, dass sich die anderen bereits verabschiedeten und noch geplanten
Rechtsinstrumente zur justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen nicht auf
die Mitglieder beschränken, die von der verstärkten Zusammenarbeit Ge-
brauch machen, fallen gelassen wird;

3. dass eine Rechtszersplitterung dergestalt, dass nicht alle in der Rechtspre-
chung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte entwickelten Be-
schuldigtenrechte in den Rahmenbeschluss über Verfahrensrechte in Straf-
verfahren in der Europäischen Union übernommen werden, vermieden wird;

Drucksache 16/5951 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

4. dass auf die oben unter I. Nr. 3 erwähnten Grundsätze des deutschen Straf-
prozessrechts nicht verzichtet wird;

5. dass die Rechte des Beschuldigten bereits ab einem Stadium gelten, in dem
der Beschuldigte zum ersten Mal mit den Strafverfolgungsbehörden in Kon-
takt kommt und

6. dass eine Verabschiedung der derzeit in der Beratung befindlichen Vorschlä-
ge für Rechtsinstrumente zur gegenseitigen Anerkennung justizieller Ent-
scheidungen in Strafsachen nicht in Betracht kommt, solange nicht alle teil-
nehmenden Mitgliedstaaten sich auf den so umrissenen Katalog von
Beschuldigtenrechten geeinigt haben.

B. Lösung

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und SPD gegen die Stimmen der Fraktion der FDP bei Stimmenthaltung
der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

C. Alternativen

Keine

D. Kosten

Wurden im Ausschuss nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/5951

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 16/5606 abzulehnen.

Berlin, den 4. Juli 2007

Der Rechtsausschuss

Andreas Schmidt (Mülheim)
Vorsitzender

Siegfried Kauder
(Villingen-Schwenningen)
Berichterstatter

Joachim Stünker
Berichterstatter

Dr. Peter Danckert
Berichterstatter

Mechthild Dyckmans
Berichterstatterin

Sevim Dag˘delen
Berichterstatterin

Jerzy Montag
Berichterstatter

Drucksache 16/5951 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Siegfried Kauder (Villingen-Schwenningen),
Joachim Stünker, Dr. Peter Danckert, Mechthild Dyckmans, Sevim Dag˘delen
und Jerzy Montag

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache
16/5606 in seiner 105. Sitzung am 21. Juni 2007 in erster
Lesung beraten und zur federführenden Beratung dem
Rechtsausschuss sowie zur Mitberatung dem Innenaus-
schuss und dem Ausschuss für die Angelegenheiten der
Europäischen Union überwiesen.

II. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Der Innenausschuss hat die Vorlage in seiner 46. Sitzung am
4. Juli 2007 beraten und mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen FDP
und DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beschlossen zu empfehlen,
den Antrag abzulehnen.

Der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
Union hat die Vorlage in seiner 37. Sitzung am 4. Juli 2007
beraten und mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen FDP und DIE
LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN beschlossen zu empfehlen, den Antrag ab-
zulehnen.

III. Beratung im Rechtsausschuss

Der Rechtsausschuss hat die Vorlage in seiner 71. Sitzung
am 4. Juli 2007 abschließend beraten und mit den Stimmen
der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen
der Fraktion der FDP bei Stimmenthaltung der Fraktionen
DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beschlossen
zu empfehlen, den Antrag abzulehnen.

Die Fraktion der FDP unterstrich, dass es der am 30. Juni
2007 zu Ende gegangenen deutschen Ratspräsidentschaft

nicht gelungen sei, die Verhandlungen über einen Rahmen-
beschluss für einen Mindeststandard an Verfahrensrechten in
Strafverfahren in der Europäischen Union zum Abschluss zu
bringen. Der Deutsche Bundestag solle deutlich machen,
was er als Mindeststandards an Verfahrensrechten in Straf-
verfahren in der EU erwarte. Dies bedeute über den bisheri-
gen Verhandlungsstand hinauszugehen, der noch nicht ein-
mal die Garantien der Europäischen Menschenrechtskon-
vention umfasse. Die Bundesregierung solle auf Grundlage
des Antrags der Fraktion der FDP neu in Brüssel verhandeln.
Es sei nicht hinnehmbar, dass der Grundsatz der gegenseiti-
gen Anerkennung in Strafsachen immer weiter ausgedehnt
werde, ohne dass dem ein Mindeststandard an Verfahrens-
rechten in Strafverfahren gegenüberstehe. Sie warb daher
um Unterstützung ihres Antrags.

Die Fraktion der CDU/CSU führte aus, der Antrag wäre
zutreffend, wenn die Bundesrepublik Deutschland in Europa
das alleinige Sagen hätte. So sei es aber nicht. Die Bundes-
regierung habe eine klare Position zu einem Mindeststan-
dard an Verfahrensrechten in Strafverfahren, habe diese bis-
lang aber nicht durchsetzen können. Nur eine Verhandlungs-
lösung könne zum angestrebten Ziel führen. Der dies nicht
bedenkende Antrag verdiene keine Zustimmung.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betonte die
Übereinstimmung mit der Zielsetzung des Antrags. Er sei je-
doch veraltet, weil er mangels Einbeziehung der Ergebnisse
des Europäischen Rates einen überholten Beratungszustand
reflektiere. Ohne die aktuelle Lage zu bedenken, könne ein
solcher Antrag gegenwärtig nicht hilfreich sein. Die Fraktion
werde sich – bei inhaltlicher Zustimmung und dem Angebot,
rasch eine neue Formulierung zu suchen – enthalten.

Die Fraktion der SPD bekräftigte, dass sich der Antrag auf
eine alte Sachlage beziehe. Sie könne ihm nicht zustimmen,
auch wenn sie das Anliegen für berechtigt halte.

Berlin, den 4. Juli 2007

Siegfried Kauder
(Villingen-Schwenningen)
Berichterstatter

Joachim Stünker
Berichterstatter

Dr. Peter Danckert
Berichterstatter

Mechthild Dyckmans
Berichterstatterin

Sevim Dag˘delen
Berichterstatterin

Jerzy Montag
Berichterstatter

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